Protocol of the Session on October 11, 2001

setzungen diesbezüglich bei uns in der Fraktion. Wir waren der Meinung, wenn die Situation im Moment so ist, also wirklich schlecht, dass die Kommunen eigentlich fast überhaupt nichts mehr investieren können, sie aber eine geringe Investitionspauschale bekommen, dann könnten sie ja diese Pauschale letztlich mit nutzen, um auch bestimmte Anträge zu stellen für Investitionen in der kommunalen Infrastruktur und damit wären, wenn sie 20 Prozent dazugeben, noch 80 Prozent Förderung. Das würde schon ein Stück helfen.

Also dass der Investitionsbedarf unstrittig ist, hat auch vor wenigen Wochen das Deutsche Institut für Urbanistik in einer Studie zum kommunalen Investitionsbedarf in diesem Jahrzehnt einmal vorgelegt. Ich will einmal hier auf ein paar Zahlen eingehen: Es wurde festgestellt, dass in den neuen Bundesländern ein Investitionsbedarf von 413 Mrd. DM für den Zeitraum bis 2009 besteht. Er liegt damit pro Kopf annähernd doppelt so hoch wie der Investitionsbedarf in den alten Bundesländern. Knapp 27.000 DM pro Einwohner, Herr Mohring hat mit Prozenten gearbeitet vorhin, müssten die ostdeutschen Kommunen nach Auffassung dieses Instituts in den nächsten Jahren investieren, um die kommunalen Aufgaben erfüllen zu können.

Schwerpunkt der kommunalen Investitionstätigkeit bilden die Bereiche Verkehr mit 25 Prozent, soziale Einrichtungen mit 14 Prozent, der Wohnungs- und Städtebau mit 15 Prozent und die Wasser- und Abwasserentsorgung sowie der Umweltbereich mit 17 Prozent. Den größten Teil der Investitionen machen dabei nicht Neuinvestitionen aus, sondern Ersatzinvestitionen, so diese Studie. Es zeigt sich zudem, dass die Kommunen seit 1995 doch gezwungen waren, Kürzungen bei den Werterhaltungen vorzunehmen. Das fällt ihnen jetzt auf die Füße, weil sie in den nächsten Jahren verstärkt Ersatzinvestitionen vornehmen müssen. Um diese Investitionen tätigen zu können, müssten die Kommunen im Vergleich zum Jahr 2000 50 Prozent mehr investieren. Diese Einschätzung für die neuen Bundesländer trifft auch auf Thüringen zu. Sie machen die Herausforderung und auch die Dramatik deutlich, vor denen unsere Gemeinden, Städte und Landkreise des Freistaats stehen. Ich meine, dass die angespannte Finanzsituation, ich sagte es eingangs schon, eben wirklich kaum Spielräume lässt. Sie, meine Damen und Herren von der Regierung und von der CDU-Fraktion, Sie können unserem Antrag wieder einmal entgegenhalten, dass die PDS wieder zusätzliche finanzielle Mittel zulasten des Landes einfordert, das Land aber ebenfalls zur Konsolidierung gezwungen ist.

Unser Antrag, und damit gebe ich auch Antwort auf Herrn Mohring, zwingt letztlich die Landesregierung auf Grundlage der Landeshaushaltsordnung § 37 und auch des Haushaltsgesetzes § 7 zum Nachtragshaushalt. Deswegen mussten wir diesen Teil der Umschichtung usw. in der Begründung und auch im Antrag herausnehmen, weil wir sonst gesetzwidrig handeln würden. Also, wir

haben uns auf diese 80 Mio. DM gestürzt, weil, ich habe es teilweise schon begründet, um diese 80 Mio. DM letztlich der Haushalt im kommunalen Bereich mit der Haushaltsdiskussion gekürzt wurde, und das wollen wir nicht länger hinnehmen. Es ist auch Gegenstand der Mitgliederversammlung des Gemeinde- und Städtebundes gewesen. Der Ministerpräsident hat übrigens dort auch gesagt, dass es darum geht und er hat den Bürgermeistern zugesagt, die kommunale Investitionskraft im Land zu stärken. Wir hätten auch ganz gern gewusst, wie das konkret aussehen soll.

Wir wollen mit unserem Antrag die Kürzungen, die gebracht wurden für das nächste Jahr, wieder ausgleichen, nicht mehr aber auch nicht weniger. Wir meinen auch, dass ab dem Haushaltsjahr 2003 aus unserer Sicht generell neu über den Kommunalen Finanzausgleich entschieden werden muss. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der PDS)

Herr Minister Trautvetter, bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, das einzige, was an dem Antrag der PDS richtig ist und was ich voll unterstütze, das ist der erste Satz in der Begründung, nämlich: "Unbestritten besteht in den Kommunen des Freistaats ein hoher Investitionsbedarf in der kommunalen Infrastruktur."

(Beifall bei der CDU)

Das ist so und das wird auch niemand hier negieren. Nun zum Antrag selbst. Es erinnert mich an den Änderungsantrag zu den Haushaltsberatungen, kommunale Investitionen für 2001 100 Mio. DM, 2002 50 Mio. DM. Finanzierung: "Der Finanzminister hat die regionale Steuerschätzung nach unten korrigiert, wir sehen seine Prognose als zu pessimistisch und berichtigen die Ansätze einiger Steuerarten." Gott sei Dank haben wir das damals nicht gemacht. Ansonsten würden wir jetzt noch über größere Einsparungen im Haushalt reden. Es war richtig, dass ich die Steuerschätzung nach unten korrigiert habe, weil ich den allzu optimistischen Konjunkturprognosen der Bundesregierung keinen Glauben gestellt habe.

(Beifall bei der CDU)

Das hat sich ja bestätigt, leider bestätigt, da will ich gar keinen Beifall dafür haben, dass sich das bestätigt hat. Mir wäre es viel lieber, ich hätte Unrecht und wir hätten nur noch dreieinhalb Mio. Arbeitslose und wir hätten mehr Beschäftigungen und wir hätten mehr Steuereinnahmen. Das wäre mir viel lieber an dieser Stelle zu sagen, dann hätten wir wahrscheinlich auch nicht die

Probleme und dann würden wir allein aus dem Zur-Verfügung-Stellen von Mehrsteuereinnahmen entsprechend Kommunalen Finanzausgleichsgesetz die Kommunen mit an den Steuermehreinnahmen beteiligen und dann hätte sich der Antrag auch erledigt.

Frau Sedlacik, Sie haben bei Herrn Lenz gut abgeschrieben. Nur spätestens seit unserer Auseinandersetzung mit den kommunalen Spitzenverbänden aus dem Jahr 1997 waren sich Landesregierung und kommunale Spitzenverbände einig, dass man die Jahre von vor 1995 nicht mehr in Vergleiche einbeziehen kann. Denn von 1990 bis 1994 wurden die Länder im Osten Deutschlands über den Fonds "Deutsche Einheit" finanziert und nicht über den Länderfinanzausgleich und nicht über die Beteiligung an der Gesamtheit der Steuereinnahmen. Dass Herr Lenz auf der Jahrestagung des Gemeinde- und Städtebundes die alten Kamellen wieder vorgeholt hat, ich kann es nicht ändern, aber falsche Aussagen werden, wenn man sie immer wieder wiederholt, deswegen nicht wahrer. Man kann nicht auf der einen Seite den Verschuldungsstand beklagen sowohl im Land als auch im kommunalen Bereich und auf der anderen Seite dann im gleichen Satz oder einen Satz danach die kreditfinanzierten Investitionsprogramme von 1993 zum Vergleich heranziehen zu den Investitionsausgaben 2000/2001. Etwas anderes war das auch 1993 damals nicht. Sowohl das Land als auch die Kommunen haben ihre hohen Investitionskosten über Kredite finanziert. Ich sage heute noch, wir haben gut daran getan, denn sonst wäre Thüringen nicht so weit, wie es heute ist.

(Beifall bei der CDU)

Man muss in dem Fall auch sagen, ich wäre froh, wenn ich in der Lage der Kommunen wäre. Der Thüringer Finanzminister gibt immer noch das Geld aus, was er nicht hat. Die Kommunen sind seit letztem Jahr wenigstens in der Lage, Geld, was sie haben, zurückzubehalten. Es ist noch zu wenig, aber seit letztem Jahr werden die Schulden im kommunalen Bereich getilgt und der Schuldenstand wird reduziert. Ich bin gern bereit, wenn ich in dieser Lage wäre, als Thüringer Finanzminister jede Mark an Steuermehreinnahmen zusätzlich für kommunale Infrastrukturinvestitionen zur Verfügung zu stellen, denn ich weiß, dass sie dort am besten aufgehoben wären, aber ich habe dieses Geld nicht. Wir werden uns sehr wohl demnächst darüber unterhalten müssen, wie gehen wir mit den Steuermindereinnahmen des Jahres 2002 um. Wir werden uns auch im Kommunalen Finanzausgleich darüber unterhalten müssen, wie gehen wir mit den Bundesergänzungszuweisungen um, wenn wir keine IFG-Mittel mehr haben, denn ich möchte, dass die Umschichtung von IFG zu Bundesergänzungszuweisungen dann auch 1 : 1 in Investitionen umgesetzt wird. Es bringt uns überhaupt nichts, wenn wir dieses Geld, was uns zur freien Verfügung zusteht, dann wieder über Anträge umsetzen in konsumtive Leistungen, sondern wir müssen Investitionen damit finanzieren. Das haben wir uns auch fest

vorgenommen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Lippmann hat das "Sonderprogramm Ost" angesprochen. Herr Lippmann, es ist schon ein gewisser Unterschied, was wir gefordert haben und was wir nach wie vor fordern, obgleich ich Ihnen zugestehe, allein aufgrund der konjunkturellen Entwicklung sind Finanzierungsvorschläge, die wir damals gemacht haben, heute nicht mehr realisierbar. Der Zuschuss zur Bundesanstalt für Arbeit muss erhöht werden und steht nicht mehr zur Finanzierung des Sonderprogramms zur Verfügung. Aber mein Kollege Hans Eichel hat eben die 7 Mrd. DM zusätzlichen Gewinn der Bundesbank einkassiert, darum hat er es jetzt auch etwas einfacher als die Länderfinanzminister zu sagen, wir erreichen unser Ziel der Reduzierung der Nettoneuverschuldung trotz schlechter Konjunkturdaten. Ich habe nicht diese Sondereinnahmen, deswegen werden wir das gleiche Ziel weiter verfolgen. Da gibt es überhaupt keinen Unterschied zwischen meinem Kollegen Hans Eichel und mir und übrigens auch keinen Unterschied zu den anderen Kollegen aus dem Finanzministerkreis. Es muss das Ziel sein, in absehbarer Zeit, und dazu haben wir uns alle mit dem Solidarpakt II verpflichtet, eine Mittelfristige Finanzplanung für ausgeglichene Haushalte vorzulegen. Der Bund möchte es bis zum Jahr 2006. Ich hoffe, dass ihm das gelingt. Bei der jetzigen Einnahmensituation glaube ich nicht, dass wir uns an die gleiche Zeitschiene halten können in Thüringen, aber wir werden nicht weit davon abweichen, bis auch der Freistaat Thüringen einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen muss. Wir sind allein durch die Vorgaben aus Brüssel hier aufgefordert.

Herr Minister Trautvetter, dürfte ich Sie einen kleinen Moment unterbrechen?

Aber gern.

Wir haben Gäste auf der Tribüne. Ich begrüße sehr herzlich den Außenminister Litauens, seine Exzellenz Herrn Dr. Valionis.

(Beifall im Hause)

Ebenfalls herzlich willkommen von Seiten der Thüringer Landesregierung.

Meine Damen und Herren, wenn wir für die Thüringer Kommunen etwas mehr tun wollen und für die Finanzausstattung der Thüringer Kommunen, so kann man das

eigentlich nur in eine Richtung machen, nämlich dass wir gemeinsam die Forderung nach einer schnellen und frühzeitigen Umsetzung der vom Bund bereits zugesagten und geplanten Projekte erheben, die Verkehrsinfrastruktur in den neuen Ländern und die Bedingungen am Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Thüringen zu verbessern. Das wäre, glaube ich, eine Zielrichtung, der wir uns alle verpflichtet fühlen sollten. Der Antrag in dieser Form ist aus Sicht der Landesregierung abzulehnen.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nun nicht vor. Ich schließe die Aussprache zu Tagesordnungspunkt 12. Wir kommen zur Abstimmung. Ausschussüberweisung ist nicht beantragt worden, so dass wir direkt über den Antrag der PDS-Fraktion in Drucksache 3/1848 abstimmen werden. Wer für den Antrag votiert, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei einer größeren Anzahl von Jastimmen ist aber der Antrag mit Mehrheit abgelehnt. Wir schließen den Tagesordnungspunkt 12.

Ich rufe den neuen Tagesordnungspunkt 13 a auf

Konsequente Weiterentwicklung der Förderung der Verbundforschung im Freistaat Thüringen Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/1857

Gibt es den Wunsch, diesen Antrag zu begründen? Bitte, Herr Abgeordneter Schwäblein.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Verbundforschung zwischen den Hochschulen und den industrienahen Forschungseinrichtungen unserer Wirtschaft erweist sich seit Jahren als erfolgreiches Instrument, um unsere Produkte weltmarktfähig zu machen, um zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen, um die gesamte Wirtschaft in Verbindung mit den Hochschulen und den Forschungseinrichtungen voranzubringen. Durch eine externe Studie ist jetzt zum zweiten Mal die Arbeit der Verbundforschung überprüft worden. Diese Studie liegt vor. Sie war bereits einmal im Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Sie erschien uns so wichtig, dass wir diesen Antrag gestellt haben, um aus den Erfahrungen der letzten Jahre Schlussfolgerungen zu ziehen. Wir werden ob der Bedeutung für den Landeshaushalt des Freistaats und der Wirtschaft, das werde ich hier gleich mitmachen, beantragen, dass wir das federführend an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst überweisen, begleitend an den Haushalts- und Finanzausschuss und an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich eröffne die Aussprache und bitte als nächste Rednerin Frau Abgeordnete Kaschuba an das Rednerpult.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich könnte jetzt wie der Finanzminister sagen, der einzige Punkt, in dem man dem Antrag der CDU-Fraktion zustimmen muss, ist, dass die Verbundforschung weiter gefördert werden muss. Das will ich aber nicht tun, ich denke, der Antrag ist in seiner Gänze in Ordnung. Die Landesregierung hat eine Studie zur Evaluation der Verbundforschung vorgelegt. Wir befassen uns also heute mit dem konkreten Antrag der CDU-Fraktion zur konsequenten Weiterführung der Förderung der Verbundforschung. Unstrittig ist, dass in Thüringen durch die Förderung der Verbundforschung gute Ergebnisse erreicht wurden, in einigen Bereichen sogar sehr gute. Unstrittig ist auch, dass in diesem Bereich die Effizienz des Fördermitteleinsatzes hoch ist, sowohl in Bezug auf die durchschnittlich erzeugten Umsätze von 8,90 DM pro ausgereichter Mark und einer hohen Beschäftigungseffizienz von 4,9, bezogen auf den Mitteleinsatz in den Unternehmen selbst von durchschnittlich 1,08. Damit werden auch Ausgaben für Arbeitslosigkeit vermieden. Insofern ist eine weitere Förderung der Verbundforschung unter den in der Studie genannten Aspekten, das heißt der Verbesserung der Förderkonditionen für außeruniversitäre Einrichtungen, eine noch größere Vereinfachung der Antragstellung, Qualität und Transparenz der Antragsberatung, Flexibilisierung der Mittel und unkomplizierte Finanzabrechnung, was von vielen wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen moniert wird, und eine Schaffung von besseren personellen Voraussetzungen für Akquisition, Verwaltung, Marketing und Management unbedingt zu unterstützen. Besonders wesentlich ist der angezeigte Bedarf der wirtschaftnahen Forschungseinrichtungen an Finanzmitteln für Investitionen. Die Vorfinanzierung von Aufträgen und die Stabilisierung der Liquiditätslage.

Meine Damen und Herren, Letzteres ist auch ein grundlegendes Problem der beteiligten Unternehmen. Stärkstes Innovationshemmnis ist der Mangel an Finanzmitteln für die Forschung und Entwicklung und deren Umsetzung und Markteinführung. Zusätzlich beklagen Unternehmen den Mangel an qualifiziertem Personal. Ich erinnere Sie hier an die Diskussion um den Fachkräftebedarf in Thüringen, wo die Fraktion in der Mitte des Hauses sich sehr empört darüber gezeigt hat, dass man diesen Fachkräftemangel vielleicht auch in der Planung von Ausbildung berücksichtigen müsste. Eine weitere Aussage bezieht sich auf die Leistungsfähigkeit und zeitliche Beständigkeit der Netzwerke von Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft.

Das wird von vielen als problematisch angezeigt, bis auf die, und hier zitiere ich: "Die mit überkritischen Potenzialen ausgestatteten Gebiete Ilmenau und Jena, wo, wahrscheinlich, wenn das Potenzial überkritisch ist, demnächst auch eine Explosion in andere Gebiete zu erwarten ist." Ich denke, das kann man aber in jedem Falle auch von Seiten der Oppositionspartei PDS so zur Kenntnis nehmen, dass diese Gebiete tatsächlich sehr gut entwickelt sind. Die Studie sagt auch aus, dass zahlreiche Unternehmen über die Förderung der Verbundforschung gar nicht informiert sind. Ich stelle hier die Frage, wie dieses Informationsdefizit künftig behoben werden kann, welche Maßnahmen dafür vorgesehen sind. Sicher gibt es da auch eine Pflicht von Seiten der Unternehmen.

Meine Damen und Herren, das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung - also nicht die PDS - schätzt ein, dass die ostdeutsche Wirtschaft sich elf Jahre nach der Wiedervereinigung in der schwierigen Phase der Aufholjagd befindet. Bis 1996 wird eine progressive, gute Entwicklung bestätigt, danach wird eine schleppendere Entwicklung festgestellt. Strukturdefizite, kaum Präsenz von Großindustrie, das trifft auch auf Thüringen zu, das wissen Sie ja, infrastrukturelle Probleme, unterschiedliche Löhne und Gehälter, sinkende Steuereinnahmen, Herr Trautvetter hat darauf hingewiesen, führen zu wachsenden Finanznöten und zum Sparen bei Investitionen. Sparen wäre aus unserer Sicht der falsche Weg, aber auch das Einfrieren der Mittel auf den jetzigen Stand wäre ebenfalls aus unserer Sicht der falsche Weg. Diese Woche war in Thüringer Zeitungen zu lesen, dass 41,5 Prozent der Unternehmen mit einer verschlechterten Ertragslage rechnen. 24 Prozent planen Entlassungen. Dazu sei gesagt, auch im produzierenden Gewerbe hat sich im ersten Halbjahr dieses Jahres das Umsatzwachstum halbiert im Vergleich zum Vorjahr, 4,4 Prozent Wachstum im Vergleich zu 11,8 Prozent im Vorjahr. Selbst Minister Schuster hat seine Erwartung bezüglich des Bruttoinlandsprodukts deutlich heruntergeschraubt auf unter 2 Prozent, knapp über 1 Prozent. Trotz vollmundiger Ankündigungen der Landesregierung, in Thüringen Großunternehmen anzusiedeln und eines dafür durchaus in Thüringen vorhandenen deutlichen Überhangs an Gewerbeflächen, gibt es auch in Thüringen kaum Großunternehmen, die über eigene Forschungs- und Entwicklungsbereiche verfügen. So nahmen an der besagten Studie drei Unternehmen, von insgesamt 64 Befragten, mit über 500 Beschäftigten teil und keine Unternehmen in der Klasse 250 bis 499 Beschäftigte. Wenn Sie sich den Bericht der Enquetekommission zur Wirtschaftsförderung ansehen und auch die Studie gelesen haben sollten, werden Sie feststellen, dass der höchste Fördermitteleinsatz in Unternehmen mit bis zu neun Beschäftigten liegt. Die strukturellen Disproportionen lassen sich auch im Folgenden verdeutlichen: Laut Aussagen der Landesregierung arbeiteten 1998 3.700 Erwerbstätige im Bereich Forschung und Entwicklung in den Unternehmen und damit hatte Thüringen in den neuen Bundesländern den größten Anteil an Beschäftigten in diesem Bereich nach Sachsen.

Allerdings liegt das Land mit 3,8 in Forschung und Entwicklung Beschäftigten pro Tausend Erwerbstätigen um 60 Prozent unter dem Durchschnittsniveau der alten Länder. Hinzu kommt, dass in Thüringen vor allem Kleinunternehmen mit bis zu 49 Beschäftigten forschungsintensiv arbeiten, bezogen auf den Aufwand.

Einen Moment, Frau Abgeordnete. Meine Damen und Herren Abgeordneten, bitte würden Sie sich etwas ruhiger verhalten, man kann ja überhaupt nicht die Worte der Rednerin verstehen.

Ich denke, die CDU-Fraktion hört auch der extremistischen Partei PDS nicht mehr in dem Umfang zu, selbst wenn es um Sachfragen geht.

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Vielleicht sollte Sie nicht vorlesen. Sie liest ja nur vor. Reden Sie mal frei.)

Im bundesweiten Vergleich, meine Damen und Herren, stellt sich die aufwandsbezogene F- und E-Intensität in Thüringen bei über 5.000 Beschäftigten mit 2,9 Prozent, bei über 1000 mit 4,0 Prozent dar, insgesamt durchschnittlich mit 3,4 Prozent. Es existiert also durchaus ein festzustellendes Defizit im Bereich der betrieblichen Forschung und damit haben wir ein Problem mit der absatzorientierten Erzeugnis- und Technologieentwicklung. Die weitere Förderung der Verbundforschung und die Sicherung von Drittmitteln sind für eine positive Arbeitsmarktentwicklung aus unserer Sicht unabdingbar. Das beziehe ich auch auf die Notwendigkeit einer dringenden staatlichen Förderung,

(Beifall bei der PDS)

auch in Bezug auf die Ausstattung der Akteure in allen Bereichen, die an der Verbundforschung beteiligt sind, vor dem Hintergrund dieser Wirtschaftssituation, wie ich sie eben dargestellt habe.

Die Äußerungen des Ministerpräsidenten, die heute in der Presse zu lesen waren, dass er sich für eine weitere Ansiedlung von Fraunhofer- und Max-Planck-Instituten und der Helmholtz-Gemeinschaft einsetzt, kann man nur begrüßen. Ich möchte aber darauf verweisen, dass auf eine noch zu behandelnde Antwort auf unsere Große Anfrage zur Forschungs- und Technologiepolitik in Thüringen die Aussage steht, dass die Helmholtz-Gesellschaft nicht beabsichtigt, sich in der nächsten Zeit in Thüringen anzusiedeln. Ich würde mich sehr freuen, wenn die Landesregierung dort sehr aktiv werden würde und Erfolge erzielt.

Des Weiteren bedarf es aus unserer Sicht des Ausbaues von technischen Infrastrukturprojekten, der Begleitung

der Thüringer Existenzgründerinitiative und Innovationsberatung von bestehenden Unternehmen, der Clusterbetreuung - in einem der von mir benannten Dokumente ist gesagt, dass die Wirksamkeit der Cluster auf lange Sicht noch nicht untersucht werden kann-, der technologieorientierten Akquisition von Investoren und eines Standortmarketings, der Entwicklung und Pflege von Datenbanken mit Angaben zu technologieorientierten Unternehmen, der Unterstützung beim Management von F- und E-Projekten und der Förderung zur Erlangung von Schutzrechten und last, not least eine Veränderung der Vergabepraxis bei Aufträgen für Unternehmen. Ich denke, das Letztere betrifft vor allen Dingen kleine und mittelständische Unternehmen. Jeder, der hier in diesem Plenarsaal sitzt und Mitglied eines Stadtrates ist, wird wissen, wie wichtig das ist. Der Einsatz der Fördermittel im Rahmen der Thüringer Verbundforschung zeigt, dass der überwiegende Teil der Mittel, die für die Vorbereitung von Verbundprojekten und die Durchführung von Verbundprojekten beansprucht wurden, Unternehmen zuflossen, insgesamt 40,7 Prozent der Zuwendungen. Darüber hinaus macht der Mitteleinsatz deutlich, dass eine große Kluft zwischen den Universitäten als Zuwendungsempfängern und den Fachhochschulen besteht - 30,2 Prozent zu 2,7 Prozent. Wenn auch diese Differenz sicher der Tatsache geschuldet ist, dass in den Universitäten eher eine forschungsintensive gegenüber einer praxisorientierten Ausrichtung zu sehen ist, macht sie aber doch deutlich, dass Kapazitäten für die Innovation in Thüringen sehr differenziert genutzt werden.