Protocol of the Session on June 14, 2001

Ich spreche jetzt zu unseren Änderungen, die sich unter dem Tagesordnungspunkt 7 - Änderung der Thüringer Kommunalordnung - ergeben.

Punkt 1 - stärkere Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger: Wie wollen wir das erreichen, wie wollen wir das garantieren? Wir möchten ein gemeindliches Petitionsrecht einführen, dass sich der Bürger wie auf der Landesebene, Petition ist ein Grundrecht, an seine Gemeinde mit Anliegen, Wünschen, Anregungen oder auch Beschwerden wenden kann und dass es ein festes Verfahren gibt, wie beantwortet wird und dass diese Petitionen - so ähnlich, wie es auch der Landtag auf der Landesebene durchführt dann in bestimmten Abständen auch im Kreistag oder in der Gemeindevertretung beraten werden. Ich denke, die Einführung dieses gemeindlichen Petitionsrechts ist eine Sache, über die wir sicherlich auch Einigung erreichen könnten. Wir wollen natürlich nur ein Petitionsrecht, das ist jedem von uns klar, das sich auf die gemeindlichen Belange bezieht. Das ist klar, die Gemeinde kann nur die Fragen der gemeindlichen Belange beantworten und entsprechende Beschwerden aufnehmen. Wir wollen des Weiteren die Institution Bürgerantrag, Bürgerentscheid und Bürgerbegehren auch auf der Kreisebene einführen, natürlich nur bei kreislichen Belangen. Und wir wollen das schon bestehende Institut Bürgerantrag, Bürgerbegehren, Bürgerentscheid, was es in der Kommune, also in den Gemeinden und Städten gibt, etwas bürgerfreundlicher, sage ich einfach einmal, gestalten dadurch, dass wir das Verfahren revidieren, und dadurch, dass wir die Zustimmungsquoren maßvoll senken. Wir haben Stufen gebildet, und zwar bis 3.000, von 3.000 bis 10.000, über 10.000 und senken in diesen Stufen die Quoren für die einzelnen Schritte Bürgerantrag, Bürgerbegehren oder Bürgerentscheid ab, behalten aber bei der kleinen Gemeindegröße, also bis 3.000, die Quoren bei, die bisher die Kommunalordnung Thüringens vorsieht. Ich denke, das ist ein guter Weg, dass wir dieses Quorum wie bisher vorgesehen haben für die kleineren Gemeinden und dass wir den etwas größeren Gemeinden mit niedrigeren Quoren die Möglichkeit geben, Entscheidungen in den Gemeinderat bzw. Stadtrat zu bringen.

Wir wollen auch in die Kommunalordnung schreiben und schlagen dieses vor mit unserer Novellierung, dass es

möglich ist, Kinder- und Jugendbeiräte und Seniorenbeiräte zu bilden. Ich weiß, dass dies natürlich fakultativ schon jetzt möglich ist, und ich weiß, dass es Kinder- und Jugendparlamente schon in verschiedenen Städten gibt, auch in Altenburg, wo ich herkomme bekanntlicherweise. Aber die Festschreibung dieser Beiräte für Kinder, Jugendliche und Senioren, die gibt natürlich auch diesen Beiräten einen anderen Status.

(Beifall bei der SPD)

Der ermöglicht auch ein besseres Zusammenarbeiten mit der Gemeinde und vielleicht sogar auch eine gewisse Unterstützung durch die Gemeinde für diese Kinder- und Jugendparlamente und diese Seniorenbeiräte.

Dann legen wir Wert - und das ist unter dem Stichwort Transparenz zu sehen - auf eine Verbesserung der Unterrichtung der Bürgerinnen und Bürger, insbesondere dann, wenn die Gemeinde Maßnahmen plant, die die Bürger außerordentlich stark betreffen, z.B., wenn am Horizont Beiträge und Ähnliches auftauchen. Dort verstärken wir die Informationspflicht für die Bürger, weil nur durch Transparenz, wie schon gesagt, auch Verständnis für eine bestimmte Maßnahme erreicht werden kann. Und wir schlagen eine ganze Menge Veränderungen im Ortschaftsrecht vor, auf die möchte ich jetzt wegen der Zeit nicht eingehen, wir werden intensiv darüber beraten können; eine ganze Menge Veränderungen im Ortschaftsrecht, die an der Basis in den Ortsteilen eine demokratische Mitwirkung ermöglichen sollen. Das waren einige Beispiele, wie wir die Bürgerinnen und Bürger stärker beteiligen wollen.

Ich komme jetzt zu einem Punkt - der Verstärkung der Rolle der Gemeinde-, Stadträte und Kreistage. Das ist natürlich ein sehr schwieriger Punkt, denn seit 1994 in Thüringen die Urwahl der Bürgermeister und Landräte eingeführt worden ist, ist das Verhältnis zwischen dieser Verwaltungsspitze und Gemeinde- und Stadträten etwas anders zu bewerten. Die Urwahl gibt der Verwaltungsspitze eine bestimmte Legitimation und man kann diese Legitimation nicht durch eine Verstärkung der Rechte bzw. maßlose Verstärkung der Rechte des Stadtrats wieder aufwiegen wollen. Deshalb mussten wir an dieser Stelle behutsam vorgehen. Ich werde einige der behutsamen Schritte noch nennen.

Bei der Arbeit an dieser Novelle in dieser Form, in diesem Punkt ist uns etwas aufgefallen, was ich auch dem Herrn Innenminister mit auf den Weg geben möchte. Als 1993 die Kommunalordnung geändert wurde, die dann 1994 in Kraft trat, und man dieses Institut der Urwahl einführte, dann hätte man an dieser Stelle auch überprüfen müssen, ob die 5-Prozent-Hürde im Kommunalwahlrecht überhaupt noch ihre Berechtigung hat. Als wir an dieser Stelle gearbeitet haben und auch Verfassungsgerichtsurteile des Verfassungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern mit herangezogen haben, inwieweit man den Gemeinderat und urgewählte Verwaltungsspitze abwiegen

muss, da ist uns das nämlich aufgefallen, dass diese Meinung durchaus berechtigt ist, die in Mecklenburg-Vorpommern vorgetragen wurde, nämlich dass dadurch, dass es die Urwahl gab und diese gefestigte Verwaltungsspitze, dem Rat - Stadtrat, Gemeinderat, Kreistag - ein wichtiges Handlungsfeld aus der Hand genommen worden ist, nämlich die Wahl und die Stützung der gemeindlichen Regierung. In dem Moment, wo ich in Wahl und Stützung der gemeindlichen Regierung, ich sage einmal verkürzend dem Parlament, aus der Hand nehme, muss ich natürlich abwägen, ob dieser Einschnitt in das Wahlrecht, nämlich eine 5-Prozent-Klausel, noch gerechtfertigt ist in Abwägung der Aufgaben, die das Parlament noch hat.

Wir sollten uns diese Frage in der nächsten Zeit - wir haben sie nicht bearbeitet, weil sie zum Kommunalwahlgesetz gehört - wirklich einmal vornehmen, diese Sache einmal untersuchen, ehe wir wieder von einem Verfassungsgericht gezwungen werden, diese Novellierung durchzuführen. Ich bin der Meinung, es steht einem Parlament wesentlich besser zu Gesicht, eine solche notwendige Novellierung selbst und in Handlungsfreiheit zu beschließen, als dass man durch ein Verfassungsgericht wieder einmal den Tipp bekommt, also Leute, hier müsst ihr mal eure eigenen Gesetze überprüfen. Wir sollten das im Innenausschuss beraten. Ich rege das an, Herr Minister, dass wir das einmal genauestens besprechen. Aber das war Abschweif zum Kommunalwahlrecht mit dem Versuch, diese 5-ProzentKlausel in Frage zu stellen.

Ich komme wieder zu dem, was wir jetzt den Gemeinderäten und den Kreistagen mehr an die Hand geben wollen und ihren Mitgliedern, um stärker an Verwaltungshandlungen beteiligt zu sein. Da handelt es sich nämlich um eine stärkere Mitsprache bei Personalentscheidungen, um eine Einflussnahme auf das Ausschreibungsverfahren für die Beigeordneten. Sie kennen den Kuddelmuddel, den es da gibt. Ich sehe Herrn Kölbel dort aus Gera, ich meine nicht die aktuelle Lage in Gera, sondern die vergangene Lage in Gera. Man weiß, wie das mit den Ausschreibungsverfahren für Beigeordnete ist. Wir haben niedergeschrieben in unserer Novelle ein verstärktes Frage- und Auskunftsrecht für die Mitglieder des Stadtrats und der Kreistage. Wir wollen auch eine Verstärkung des bereits bestehenden Akteneinsichtsrechts für diese Mitglieder erreichen.

Weiterhin möchten wir gern wieder dazu zurückkehren, dass die Versammlungsleitung im Rat, sei es Gemeinderat, Stadtrat oder Kreistag, wieder regelmäßig durch ein Mitglied des Kreistags durchgeführt wird und nicht durch den Bürgermeister. Wenn ich Gemeindeparlamente besuche - ich gebrauche immer einmal diesen Ausdruck, den Sie mir nachsehen wollen - und sehe den Bürgermeister und die Verwaltungsspitze vorn residieren und den Stadtrat auf eine Linie einpauken, dann kommt mir das immer äußerst spanisch vor. Deshalb haben wir den Regelfall wieder so organisiert, wie er vor 1994 war, dass ein Mitglied aus dem Stadtrat gewählt wird, der den Vorsitz der Versammlung übernimmt. Wir haben aber die Ausnahme

auch gestattet, besonders im Hinblick auf kleine Gemeinderäte mit einer sehr geringen Anzahl von Gemeinderatsmitgliedern, dass auf Beschluss auch weiterhin der Ehrenamtliche oder der Bürgermeister dort die Versammlung leiten soll. Wir wollen dem Stadtrat oder dem Gemeinderat auch die Möglichkeit einer Einberufung der Einwohnerversammlung geben. Das sind einige sehr maßvolle Schritte, wo wir die Rechte der Mitglieder der Gemeinden, Stadträte und Kreistage verbessern wollen. Zur Verbesserung der wirtschaftlichen Betätigung nur noch eine kurze Anmerkung, denn wir hatten ja die Debatte im Vorjahr ausführlich. Uns geht es prinzipiell um eine Erleichterung dieser wirtschaftlichen Betätigung, und zwar sowohl in den Betätigungsfeldern als auch im territorialen Bereich. Ich weiß, dass wir besonders an dieser Stelle hitzige Debatten bekommen werden. Wir hatten sie auch beim letzten Mal schon, weil es natürlich eine gewisse Lobby gibt, das ist ja nicht zu verkennen, die einer solchen Ausweitung der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen natürlich entgegen steht. Wir sind auf diese Debatte gespannt, aber die Vorschläge durften natürlich in dieser Gesetzesnovelle nicht fehlen.

Punkt 4: Neue Modelle, neue Instrumente, dort nenne ich bloß diese drei Schlagworte. Wir setzen uns ein und wir schreiben es in diesem Kommunalverfassungsentwurf nieder für eine Ausgleichsfunktion der Landkreise. Jeder Experte weiß, was sich darunter verbirgt, Urteil von Nordhausen und diese ganzen Verteilungskämpfe. Wir setzen uns ein für eine Experimentierklausel. Das heißt, dass die Rechnungsführung der Gemeinden auch nach modernen Gesichtspunkten organisiert werden kann - Stichwort Budgetierung und Ähnliches. Wir wollen bei der Kommunalaufsicht das derzeitig geltende Legalitätsprinzip durch das Opportunitätsprinzip ersetzen, weil das einfach auch allen anderen Bundesländern entspricht und eigentlich auch den Grundzügen einer kommunalen Selbstverwaltung und deren natürlicher Kontrolle und auch den Möglichkeiten der Kommunalaufsicht selbst näher kommt als das bisherige Legalitätsprinzip, das vorschreibt, dass jeder noch so kleine und auch so entfernt zurückliegende Fehler beanstandet werden muss.

Zu meinem letzten Punkt - Sie sehen, trotz der Vielfalt der Thematik, habe ich mich bemüht, die Zeit einigermaßen kurz zu halten -, was war erkennbar, was hat eigentlich nicht funktioniert in der Kommunalverfassung, was wollen wir sicherlich ändern? Ich nenne nur zwei Stichpunkte, diese so genannte Doppelspitze, das heißt, dass es gestattet ist, dass in einer Verwaltungsgemeinschaft, die einen bestellten Verwaltungschef hat, trotzdem noch eine Gemeinde oder mehrere theoretisch sogar existieren können, die hauptamtliche Bürgermeister haben. Wir haben dieses Beispiel in Thüringen vielfältig und es ist für mich nicht verständlich, wieso neben einer Verwaltungsspitze, die für alle Gemeinden zuständig ist, eine dieser Gemeinden noch einen eigenen hauptamtlichen Bürgermeister sich leisten kann, auch gerade vor dem Hintergrund der knappen Kassen. Auch diese Arbeitsteilung ist ja dann völlig ungerechtfertigt. Wir wollen verhindern, dass es eine solche Doppel

spitze gibt. Die entsprechende Formulierung steht in unserem Gesetzentwurf. Wir wollen natürlich auch ändern, das weiß jeder, dass in der Kommunalordnung das Abwahlverfahren für den ehrenamtlichen Bürgermeister fehlt. Wir haben auch diese Lücke oder diese Fehler der Kommunalordnung in unserem Gesetz berücksichtigt.

Ich glaube insgesamt sagen zu können, dass es ein sehr maßvolles, ein sehr gutes, ein recht konsensfähiges Gesetz ist. Ich freue mich auf die Diskussionen dazu im Innenausschuss und sicherlich ist das auch notwendig, diesen Gesetzentwurf nach den uns selbst vorgegebenen Verfahren an den Justizausschuss zur Mitberatung zu überweisen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und fordere Sie auf, dem Gesetzentwurf, obwohl er von einer Oppositionsfraktion stammt, aufgeschlossen entgegenzutreten.

(Beifall bei der SPD)

Herr Abgeordneter Schemmel, gilt das für beide Drucksachen? Nein, ich meine jetzt die Überweisung an den Innen- und den Justizausschuss.

(Zuruf Abg. Schemmel, SPD: Für beide.)

Für beide, ja. Als nächster Redner hat sich der Abgeordnete Fiedler, CDU-Fraktion, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter Kollege Schemmel, wir stehen der Änderung der Thüringer Kommunalordnung aufgeschlossen gegenüber. Ich glaube, es sind uns hier zwei Gesetzentwürfe vorgelegt worden. Der eine Gesetzentwurf, der gerade benannt wurde - Zweites Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen -, wir erkennen hier das Bemühen, dass man eine Vereinfachung schaffen will, damit man nicht, wenn es zu freiwilligen Zusammenschlüssen kommt, jedes Mal ein Gesetz machen muss. Wir erkennen das Bemühen und sagen, das ist erst einmal in der Überlegung zu verfolgen. Aber wir sagen auf der anderen Seite, dass das hohe Gut der Verfassung, denke ich, die ja nicht einfach so nach Bedarf gerade geändert werden sollte, auch hier sehr ins Gewicht fällt, denn wir haben es bisher vermieden, dass wir die Verfassung angefasst haben, weil wir der Überzeugung sind, sie ist damals uns gemeinsam, jedenfalls ich spreche von den zwei Fraktionen, die hier sitzen, CDU und SPD, ja beschlossen worden, die andere Fraktion hat ja wohl damals dem nicht zugestimmt, denn die PDS hatte sich ja dort wohl, wenn ich es noch richtig weiß, verweigert. Wir sollten dieses hohe Gut, ich sage einmal, nicht ohne Not angreifen. Darum denke ich, ich wünsche mir, dass es viele freiwillige Zusammenschlüsse in der nächsten Zeit gibt. Aber wir sollten erstens das verfolgen und sehen, was dort an freiwilligen Zusammenschlüssen kommt und dann sollten wir gegebenenfalls die

ses in einen Gesamtzusammenhang Bearbeitung Thüringer Kommunalordnung uns näher betrachten. Ich sage hier, uns überwiegt das hohe Gut der Verfassung. Wir sehen keine Möglichkeit, dass wir das im Ausschuss weiter beraten, weil politisch das ganz klar ist, da brauchen wir gar nicht drumherum zu reden. Darum lehnen wir diesen Gesetzentwurf, der vorgelegt wurde, ab, dass wir den auch im Ausschuss beraten, weil jedem klar ist, um was es geht.

Weiterhin komme ich jetzt zum Vierten Gesetz der Änderung der Thüringer Kommunalordnung. Auch hier ist ja den Eingeweihten und den meisten klar, um was es geht. Ich habe bewusst vorangestellt, dass es viele überlegenswerte Dinge gibt, die vorgetragen wurden. Ich denke, wir werden uns intensiv weiterhin mit der Änderung der Thüringer Kommunalordnung befassen. Wir alle wissen, dass die Landesregierung ja auch schon seit langer Zeit an der Kommunalordnung arbeitet. Ich kann auch den Satz unterstreichen, der hier drinsteht: "Dabei sind im Vollzug erkennbar gewordene Ungereimtheiten zur korrigieren." Das ist Sinn und Zweck, denn wir wissen, dass in den letzten sieben Jahren sich die Thüringer Kommunalordnung sehr gut bewährt hat.

Herr Kollege Schemmel, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die CDU-Fraktion hat sich schon mehrfach intensiv mit der Kommunalordnung und wie sie sich bewährt hat hier im hohen Hause befasst. Wir haben im letzten Jahr eine große Anhörung der kommunalen Ebene durchgeführt, volles Haus hier im Plenarsaal, und haben dort intensiv über die Bewährungsprobe der Kommunalordnung gesprochen. Letzten Samstag waren dankenswerterweise auch Kolleginnen der anderen Fraktionen mit anwesend und haben einmal mit zugehört, Frau Dr. Wildauer, wie die Kommunalen des Landes hier ihre Dinge vorgetragen haben. Es waren auch hier und nicht jetzt Masse und gleichzeitig Klasse, es haben sich am Samstag immerhin ca. 200 Kommunale auf den Weg gemacht und haben hier dieser Anhörung nicht nur beigewohnt, sondern sich aktiv mit Diskussionen hier eingebracht. Ich glaube, es war für viele Abgeordnete - und ich danke auch meinen Kolleginnen und Kollegen noch einmal -, die ja ausgiebig dran teilgenommen haben bis zum Innenminister, der ja den ganzen Tag mitgestaltet hat, dass wir hier einfach feststellen können, was uns klar gemacht wurde, die Kommunalordnung hat sich in den großen Zügen bewährt.

(Beifall bei der CDU)

Was sich bewährt hat, sollte man nicht ohne Not, sage ich einmal, vollkommen abändern. Das war die Grundprämisse. Wir haben jetzt zu den entsprechenden Anhörungen viele Dinge gehört. Ich gehe auf einige noch kurz ein. Mir ist aber wichtig schon vorab, dass die Landesregierung an ihrem eigenen Gesetzentwurf arbeitet und wir wissen, dass im Laufe des Jahres, denke ich, der Gesetzentwurf zur Reife kommt und dass er dann in den nächsten Monaten bis Anfang nächsten Jahres den Landtag ge

gebenenfalls erreicht. Ich schlage jetzt schon vor, dass wir den Gesetzentwurf der SPD, ohne dass der falsche Eindruck entsteht, dass er auf die lange Bank geschoben werden soll, sondern ganz klar, dass wir dort gemeinsam beide Entwürfe beraten, denn es sind viele Dinge drin, die überlegenswert sind. Wir sollten großen Wert darauf legen, vielleicht gelingt es uns über die Grenzen hinweg, dass wir hier die Kommunalordnung, die ja, ich sage einmal, neben der Verfassung doch ein hohes Gut ist, zumindest für die kommunale Ebene, weitestgehend Einvernehmen herzustellen.

Es gibt aber einige Punkte, die hier angesprochen wurden, ich will jetzt auch nicht wegen der gebotenen Kürze auf alles eingehen, aber man muss schon einiges noch mal kurz beleuchten. Insbesondere möchte ich den strittigen Punkt der wirtschaftlichen Betätigung voranstellen. Auch hier haben wir in den zwei Anhörungen, wir hatten auch dieses Thema in der Anhörung mit drin, wir haben uns in der letzen Anhörung auch mit der wirtschaftlichen Betätigung beschäftigt. Dort ist an uns dieses noch einmal herangetragen worden. Wir werden also in absehbarer Zeit wieder die kommunale Ebene und die betroffenen Kammern und alle anderen noch einmal zu einer Anhörung in den Landtag bitten, dass wir die wirtschaftliche Betätigung ausgiebig beleuchten, insbesondere unter den Gesichtspunkten Gerichtsurteile in Bayern, was kommt von Europa, wie weit ist der Bund vorgedrungen, werden sich die Herren Minister auf Landes- und Bundesebene, Innen und Wirtschaft zu bestimmten Dingen schon durchringen können, dass sie gemeinsam eine Empfehlung auf den Weg bringen oder auch nicht, dass wir diese Dinge aufmerksam betrachten. Wir verkennen nicht, dass es hier sehr, sehr unterschiedliche Meinungen gibt, diese gehen bis zur totalen Ablehnung oder wirtschaftliche Betätigung im Rahmen der Daseinsvorsorge hat bei der Kommune nichts zu suchen, das können die Privaten viel besser und es geht darüber hinaus, dass die Kommune mit Stadtwerken etc. auch eine gewisse Pflicht hat, ihre Dinge dort wahrzunehmen. In dem Spannungsfeld bewegt sich das Ganze und ich will dort niemandem unterstellen, dass der eine Recht hat oder der andere. Hier sollte man zu vernünftigen Kompromissen kommen, insbesondere auch, dass es sicher auch Übergangszeiten geben muss, dass eben Stadtwerke und andere bestimmte Dinge wahrnehmen. Das muss man einfach im Gesamtzusammenhang mit sehen, ohne dass man der Wirtschaft hier oder dem Handwerker auf die Füße tritt, dass sie dort weiter Dinge selber durchführen können.

Kollege Schemmel, es sind Dinge angesprochen worden bis zum Petitionsrecht auf kommunaler Ebene. Ich muss sagen nach erstem Lesen und Hören, dankenswerterweise habe ich auch die Synopse bekommen, wo man sich mit den Dingen noch einmal auseinander setzen kann. Wir haben uns ja auch seit Jahren damit beschäftigt. Ich halte es für nicht ganz sachgerecht, aber das muss man in der Beratung noch einmal auseinander nehmen, nicht dass man jede abgelehnte Baugenehmigung und alles dann immer doppelt und dreifach bearbeiten muss. Wir haben einen Bürgerbeauftragten im Land, wir haben einen Petitions

ausschuss im Land, ich will nur sagen, darüber muss man ernsthaft reden. Sie haben auch gesprochen von der so genannten Doppelspitze und was dort alles im Zusammenhang steht. Wir sind nach jetzigen Erkenntnissen der Meinung, dass sich das bewährt hat und die Hauptsatzung, das wissen Sie ja, lässt es ja jetzt schon zu, dass man, ich sage einmal, Versammlungsleiter oder wie auch immer dort entsprechend einsetzen kann. Wir überlassen das der kommunalen Selbstverwaltung vor Ort, wie sie das handhaben. Sie wollen es wieder einen Schritt zurücknehmen zu der alten Fassung. Aber darüber muss man reden und muss sehen, wie kann und muss man damit umgehen. Ich denke auch, wir müssen sehr darauf achten, wir haben mittlerweile - Gott sei Dank - die urgewählten Bürgermeister, Landräte, dass wir nicht den Urgewählten, ich sage einmal, von hinten durch die kalte Küche ihre Rechte wieder aushöhlen. Wir müssen auch sehr darauf achten, wir haben die Diskussion ja auch auf Landesebene mit Bürgerbegehren. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht unseren Gemeinderäten, Stadträten und gewählten Bürgermeistern und Landräten die Grundlage des Handelns entziehen, die sich teilweise über Monate mit Dingen beschäftigen, sich heftig streiten und dass sie auch ihre Verantwortung wahrnehmen können und nicht dass es uns wirklich einmal so geht wie die Befürchtungen schon zur letzten Wahl waren, dass hier dann keine Gemeinderäte oder sich keiner mehr zur Verfügung stellt. Ich sage nur, in dem Spannungsfeld müssen wir uns bewegen, müssen aufpassen, dass auch vor Ort die Dinge wahrgenommen werden. Ich erinnere, und da stimme ich Ihnen zu, wir müssen sehen, dass wir entsprechend auch über die, es ist genannt worden, Abwahlverfahren sprechen müssen, auch für Ehrenamtliche. Ich denke, es war gut und richtig, ich betone das ausdrücklich, gut und richtig und von uns gewollt, dass es bis jetzt diese Abwahlmöglichkeit nicht gab, weil wir das wussten, ich erinnere nur an Straßenausbaubeiträge, Wasser etc., ich glaube, da wären schon sehr, sehr viele Bürgermeister in diesem Land nicht mehr in ihrem Amt, wenn es bis jetzt nicht so gewesen wäre. Es gibt ja noch die beamtenrechtlichen Dinge, wenn dort irgendwas passiert, dass sie natürlich auch dort aus dem Amt gebracht werden können. Hier muss man jetzt das angleichen an die Zeit, die jetzt ist und man muss auch gleichzeitig überlegen, ob man, ich sage einmal etwas lax, die so genannten halbamtlichen Bürgermeister, also die Halbtagsbürgermeister, denn alle in den Verwaltungsgemeinschaften mussten ihr Amt abgeben und die, die nur soundso viele Stunden arbeiten, die konnten also weiterhin bleiben. Ich glaube, solche Dinge müssen genau betrachtet werden. Ich denke auch, es ist angesprochen worden mit den Kinder-, Jugend- und Seniorenbeiräten u.ä. Im Land gibt es derer schon viele. Ob man das nun festschreiben muss oder nicht, darüber muss man sich auseinander setzen.

Meine Damen und Herren, ich denke, es ist wichtig, dass wir hier die gesammelten Erfahrungen der letzten sieben Jahre entsprechend auch mit in die ganze Beratung einbringen. Hier gibt es wirklich sehr, sehr viele Dinge und ich kann nur alle Kolleginnen und Kollegen auffordern,

dass sie sich kundig machen vor Ort und an den praktischen Gegebenheiten sollten wir auch die Änderung der Kommunalordnung durchführen. Ich glaube, wir werden dort gemeinsam mit der Landesregierung, da bin ich mir sicher, die Dinge gemeinsam betrachten. Es gab schon die entsprechenden Dinge noch zu Zeiten von Minister Dewes, wo schon Gruppen zugange waren mit dem Gemeindeund Städtebund, dem Landkreistag u.a., wo das Ergebnis sicher in einer Schublade noch aufzufinden ist, dass man alle Dinge, die dort gesammelt wurden, schon mit einbringt. Vielleicht sind sie auf der Festplatte, man kann es nicht wissen, was dort alles drauf war. Aber, ich denke, wir werden auf alle Fälle auch diese Erkenntnisse, sie sind ja aus der Praxis heraus mit aufgenommen worden von den Spitzenverbänden. Wir bieten auch die Zusammenarbeit mit den Spitzenverbänden weiterhin an. Am Samstag waren beide Verbände hier voll vertreten.

Meine Damen und Herren, man könnte hier, wie der Kollege Schemmel sagte, die Dinge noch weit auswalzen. Ich glaube, das sollten wir heute nicht machen. Wir jedenfalls stimmen dem zu, dass der Antrag der SPD in Drucksache 3/1597 an den Innenausschuss federführend überwiesen wird und an den Justizausschuss begleitend. Wir werden dort gemeinsam mit dem Regierungsentwurf diese Dinge beraten und werden hoffentlich zu einer gemeinsamen Kommunalordnungsänderung kommen. Uns wurde letzten Samstag gesagt von sehr vielen, eigentlich ist nur eine kosmetische Korrektur notwendig. Wir werden also diese kosmetische Korrektur mit der inhaltlichen gemeinsam vornehmen. Dazu wünsche ich uns viel Erfolg.

(Beifall bei der CDU, Abg. Gentzel, SPD)

Für die PDS-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Dr. Wildauer zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich sehe es auch so wie meine beiden Vorredner, dass letztlich alle Fraktionen anerkennen, dass die Thüringer Kommunalordnung schnellstens geändert werden muss. Es gibt unterschiedliche Auffassungen dahin gehend, wann die Änderung erfolgen soll und auch in welchem Umfang. Heute hat nun die SPD-Fraktion ein Änderungsgesetz vorgelegt, das letztlich eine ziemlich lange Vorgeschichte hat. Eine Vorgeschichte, die nicht nur zur Ankündigungspressekonferenz in den Oktober des vergangenen Jahres zurückgreift, wir haben ja immerhin schon Juni, sondern vielmehr in die Mitte der 90er Jahre. Als die SPD und CDU 1994 eine Regierungskoalition in Thüringen bildeten wurde im Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass die Wirksamkeit der Thüringer Kommunalordnung spätestens 1997 überprüft wird, damit notwendige Gesetzesänderungen möglichst mit der neuen kommunalen Wahlperiode 1999 wirksam werden können. Die damalige Landesregierung bildete auch eine

Arbeitsgruppe, die im November 1997 einen Bericht zum Novellierungsbedarf der Kommunalordnung vorlegte. Der SPD-Parteitag im Mai 1997 hatte ebenfalls einen umfangreichen Novellierungsbedarf für die Thüringer Kommunalordnung sichtbar gemacht. Unmittelbar davor, im März 1997, legte die PDS-Fraktion ein Änderungsgesetz zur Kommunalordnung vor. Bereits damals war auffällig, dass die Positionen von SPD und PDS in vielen Punkten übereinstimmten. Hieran hat sich bis heute nichts geändert, wobei es selbstverständlich in Einzelfragen und in der Regelungstiefe Unterschiede gibt. Diese, denke ich, werden wir in der weiteren Diskussion zum vorliegenden Gesetzentwurf weiter deutlich machen. In der großen Koalition konnte sich offenbar die SPD gegen die CDU nicht durchsetzen, so dass erst jetzt, wo die SPD nicht mehr Juniorpartner der CDU ist, ein Gesetzentwurf vorgelegt wurde. Die CDU hat im Zusammenhang mit der halbherzigen Novellierung des kommunalen Wirtschaftsrechts im vergangenen Jahr auch grundlegende Änderungen des Kommunalrechts angekündigt. Aber bisher wurde noch keinem Abgeordneten solch ein Diskussionsangebot unterbreitet. Ich bin gespannt, wie seitens der CDU die jüngst gemachten Äußerungen und Auffassungen auch umgesetzt werden. Ich erinnere, Herr Fiedler ging auf die Konferenz am Sonnabend ein, an die Aussage des Ministerpräsidenten gestern Abend vor dem Thüringischen Landkreistag, wo wohl im 2. Halbjahr diesen Jahres noch mit einer Novelle zu rechnen ist. Wir meinen, dass Thüringen ein modernes Kommunalrecht braucht, auch wenn Sie immer wieder und sehr häufig betonen, dass die geltende Thüringer Kommunalordnung ein solches modernes Kommunalrecht ist. Nach unserer Auffassung erfüllt sie in Gänze diesen Anspruch nicht.

Meine Damen und Herren, ich hatte bereits darauf verwiesen, dass in einer Vielzahl von Punkten Übereinstimmung zwischen den Positionen von SPD und PDS vorhanden ist. Es wird Sie, meine Damen und Herren von der CDU, deshalb sicher nicht überraschen, dass wir diese Gesetzesinitiative auch unterstützen. Wir machen aber dennoch auf einige Unterschiede aufmerksam: So will die SPD die Teilhabemöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger am Handeln der Kommunen stärken. Hierzu reicht aus unserer Sicht jedoch nicht aus, nur die Quoren zu senken. Vielmehr muss auch der so genannte Negativkatalog sehr kritisch bewertet und neu definiert werden. Die meisten Bürgerbegehren und -entscheide werden anderenfalls wegen der inhaltlichen Unzulässigkeit von vornherein scheitern. Die Folge wäre nicht ein Mehr an Demokratie, sondern Enttäuschung und Abwendung von der Mitwirkung. Weiterhin will die SPD die Rechte der gewählten Räte stärken. Hier ist unverkennbar, dass der Gesetzentwurf durch SPDPolitiker erstellt wurde, die die Kommunalpolitik vorrangig aus der Sicht der Verwaltung kennen und letztlich auch bewerten. Wir appellieren diesbezüglich an die SPD, die Vertretung und die Verwaltung konsequent als gleichberechtigte Organe einer Kommune anzusehen. Wenn dieser Grundsatz angewendet wird, dann muss am SPD-Entwurf noch einiges nachgebessert werden, wir bieten auf jeden

Fall unsere konstruktive Mitwirkung an.

Meine Damen und Herren, erst im vergangenen Jahr wurde das kommunale Wirtschaftsrecht novelliert. Diese Novelle war halbherzig und wurde durch mich damals - und ich möchte auch heute sagen zu Recht - als Sterbehilfe für die Stadtwerke bezeichnet. Hilfreich war sie den Kommunen nicht. Die SPD sieht dies ähnlich und hat deshalb auch zu diesem Bereich

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Dann machen Sie doch einen klaren Ansatz.)

umfangreiche Änderungsvorschläge unterbreitet. Unsere Vorstellungen hierzu sind bekannt, wir werden sie in der bevorstehenden Diskussion erneut thematisieren und ich bin auch gespannt, wie weit hier die CDU-Vorschläge gehen und wo wir uns treffen werden.

Meine Damen und Herren, in den letzten Wochen wird verstärkt über die Notwendigkeit von Gemeindeneugliederungen diskutiert. Wir haben für diese Plenarsitzung ja u.a. auch einen Antrag zur finanziellen Förderung von freiwilligen Gemeindeneugliederungsmaßnahmen eingebracht. Doch neben einer solchen finanziellen Förderung muss sich auch am rechtlichen Rahmen etwas Entscheidendes ändern. Hierzu zählt u.a. die Ausgestaltung der Ortschaftsverfassung. Es reicht nicht aus, dass nur die Ortschaftsratsmitglieder analog der Gemeinderäte gewählt werden, wie die SPD vorschlägt, vielmehr müssen auch die Rechte und Pflichten der Ortsbürgermeister und der Ortschaftsräte gestärkt werden.

(Zwischenruf Abg. Sonntag, CDU: Die Pro- vinz,...)

Ich habe aber am vergangenen Sonnabend eigentlich Töne gehört, die in diese Richtung gehen. Wir sind davon überzeugt, dass dadurch eine ganze Reihe von Vorbehalten und Bedenken gegen die Bildung größerer Verwaltungseinheiten auf der gemeindlichen Ebene wegfallen würden. Auch die Verwaltungsgemeinschaften, meine Damen und Herren, sind zu reformieren, wenn sie dauerhaft bestehen sollen. Es reicht nicht aus, bloß das Problem der so genannten Doppelspitze zu lösen. Ich bin davon überzeugt, dass hier auch viele SPD-Kommunalpolitiker mehr fordern. Dass die Ausgleichs- und Ergänzungsfunktion der Landkreise, die bis 1994 bestand, wieder eingeführt wird, ist eine Notwendigkeit, die in der kommunalen Praxis täglich belegt wird.

Meine Damen und Herren, die Mehrheitsverhältnisse in diesem Haus sind bekannt. Es ist sicher nicht zu erwarten, dass die CDU-Mehrheit den Gesetzentwurf viel anders behandelt als Gesetzentwürfe der PDS. Ich würde mich freuen, wenn wir so optimistisch herangehen könnten und würden, wie Herr Fiedler das heute deutlich gemacht hatte.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Sie wissen doch, die... haben es auch überwiesen.)

Ich sage nur, die Notwendigkeit ist gegeben, es ist jetzt sinnvoll, auch wirklich aktiv zu werden und ich kann versprechen, dass wir uns aktiv und auch konstruktiv beteiligen. Danke.

(Beifall bei der PDS)