Protocol of the Session on June 14, 2001

Genau dies hat die Staatsanwaltschaft in einem Schreiben am 31.05. dieses Jahres dem Innenministerium mitgeteilt. Sie hat auch mitgeteilt, dass sie den Anfangsverdacht nicht für gegeben hält, weil offen sei, welcher Personenkreis außerhalb der PKK ebenfalls über die in Frage stehenden Einzelheiten unterrichtet war. Möglicherweise könne zwar aus den abgedruckten Äußerungen des SPDLandesvorsitzenden der Schluss gezogen werden, dass Erkenntnisse aus der PKK parteiintern verwertet worden seien, allerdings sei dem Interview nicht zu entnehmen, um welche Art von Erkenntnissen es sich im Einzelnen gehandelt haben soll.

Meine Damen und Herren, man kann unterschiedlicher Meinung sein über diese Einschätzung der Staatsanwaltschaft, aber niemand denkt daran, die freie Entscheidung des Staatsanwalts zu beeinflussen oder zu kritisieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Die Schublade Verfassungsschutz sollten wir langsam schließen, denn das Thema eignet sich nicht für den Marktplatz, auch nicht für die politische Polemik.

(Beifall bei der CDU)

Wir jedenfalls, meine Damen und Herren, werden konsequent den in Gang befindlichen internen Reorganisationsprozess fortführen, denn in der momentanen Situation gilt es energisch vorzugehen, dabei aber nicht völlig jegliches Augenmaß zu verlieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter Dr. Dewes, Sie haben als Nächster das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, Herr Kollege Fiedler, ich war mit den Ausführungen des Kollegen Dittes auch nicht zufrieden.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das ist in Ordnung.)

Ich bin allerdings in der hoffnungsvollen Erwartung, dass, wenn es um die konkrete Frage der Weiterentwicklung dieses Bereiches geht, auch aus den Reihen der PDS die Zustimmung dafür vorhanden ist, diesen Bereich auf der Grundlage des Grundgesetzes und der Landesverfassung als sensiblen wichtigen Bereich fortzuentwickeln und das nicht grundsätzlich in Frage zu stellen.

(Beifall bei der SPD)

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Genau so ist es.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, vielleicht zunächst einige Anmerkungen zu dem, was der Herr Ministerpräsident hier dargetan hat. Herr Dr. Vogel, ich muss Ihnen sagen, ich bin sehr enttäuscht darüber, ich habe mich zunächst gewundert, dass Sie sich gemeldet haben, aber ich bin vor allem enttäuscht über das, was Sie gesagt haben. Vor allem was Sie gesagt haben im Hinblick auf das Kapitel: Anzeigen des Staatssekretärs im Innenministerium gegen einen Bundestagsabgeordneten (gleichzeitig Lan- desvorsitzender der Thüringer SPD) und den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion. Herr Innenminister Köckert, wenn Sie sagen, es ist keine Anzeige, als Jurist kann ich Ihnen sagen, ein Brief an die Staatsanwaltschaft, der einen Sachverhalt wiedergibt, bei dem es möglicherweise um die Erfüllung von Straftatbeständen geht, braucht nicht das Vokabular Anzeige zu enthalten. Die Staatsanwaltschaft ist nach einem Zeitungsartikel von Amts wegen verpflichtet zu ermitteln und dies ist hier geschehen. Hier ist,

(Zwischenrufe aus der CDU-Fraktion )

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Das ist doch selbstverständlich.)

- nein - und das muss man doch schlicht und ergreifend sagen, der Versuch gemacht worden, den SPD-Landesvorsitzenden und das Mitglied der PKK Günter Pohl öffentlich zu diskreditieren und zu versuchen, öffentlichen Druck auszuüben durch einen solchen Brief.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, einmal was die rechtliche Seite angeht, es gibt eine Strafvorschrift dazu im StGB, im Strafgesetzbuch, nämlich § 353 b Abs. 4. Dort heißt es, dass es zwei Ermächtigungen voraussetzt, um solches zu tun, in diesem Fall. Die erste Ermächtigung ist eine Ermächtigung der Landesregierung und Herr Ministerpräsident, soweit ich mich noch erinnere an die fünf Jahre unserer gemeinsamen Zusammenarbeit, es gibt eine Geschäftsordnung der Landesregierung. Es hätte eines Kabinettsbeschlusses bedurft - belehren Sie mich - meine Auffassung ist es, es hätte eines Kabinettsbeschlusses bedurft, die Ermächtigung der Landesregierung hier zu erteilen und nicht des Briefes - und nicht nur in der großen Koalition, Herr Gnauck. Ich weiß nicht, ob Sie die Geschäftsordnung mittlerweile geändert haben. Es gibt rechtlich zunächst erst einmal keine Ermächtigung und Herr Ministerpräsident, was mich auch gewundert hat, ich habe der Frau Parlamentspräsidentin nach diesem Ereignis einen Brief geschrieben als Abgeordneter und dort dargelegt, dass ich dieses Verfahren weder für rechtlich geboten, noch für politisch angemessen halte und dass ich dies als einen Eingriff in Parlamentsrechte sehe. Wir haben auch ein Gespräch geführt und ich hatte den Eindruck, dass sie zumindest persönlich weder involviert noch besonders einverstanden waren mit dieser Verfahrensweise. Deshalb hat mich das gewundert, was Sie hier ex cathedra nun zum Besten gegeben haben, nämlich dass Sie sich vorbehaltlos vor den Innenminister und seinen Staatssekretär gestellt haben. Das ist für mich eine Offenbarung, Herr Dr. Vogel. Ich muss Ihnen sagen, mich wundert es, weil ich Sie bisher, was diese Dinge angeht, anders gekannt habe, nicht nur, was die politische Klugheit angeht, sondern auch was die demokratische Kultur und deren Begrifflichkeit und Ausfüllung angeht.

(Zwischenruf Dr. Vogel, Ministerpräsident: Ich habe den Staatssekretär gar nicht ge- nannt.)

Herr Dr. Vogel, der Staatssekretär hat aber den Brief an den Staatsanwalt geschrieben und er hat ihn geschrieben im Auftrag und, so steht es in seiner Ermächtigung, für die Landesregierung.

(Zwischenruf Dr. Vogel, Ministerpräsident)

Nein, Herr Dr. Vogel, der Staatssekretär im Innenministerium hat den Brief an die Staatsanwaltschaft gerichtet für die Landesregierung, die von Ihnen geführt wird. Ich hätte von Ihnen erwartet, dass zu dieser Vorgehensweise Sie sich klipp und klar distanziert hätten, distanziert hätten, weil dies ein Vorgehen ist, das ungeheuerlich ist, weil es dazu dient, Parlamentarier, insbesondere die Opposition, mundtot zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Was Ihre Anmerkung zum Abgeordneten Ramelow angeht, auch dies einmal in aller Deutlichkeit, die Präsidentin war ja aufgrund der Geschäftsordnung gehindert, Ihnen einen Ordnungsruf zu erteilen. Aber ich will hier in aller Deutlichkeit sagen, dies war unter der Gürtellinie. Auch dies muss ich Ihnen sagen,

(Beifall bei der SPD)

bin ich von Ihnen in der Vergangenheit nicht gewöhnt gewesen, eine solche Bemerkung, die so ehrverletzend war.

(Zwischenruf Abg. Wolf, CDU: Das haben doch Sie der Presse erzählt.)

(Zwischenruf Dr. Vogel, Ministerpräsident: Wieso eigentlich?)

Doch ehrverletzend, weil Sie einem Abgeordneten in aller Öffentlichkeit hier unterstellen, nicht zu wissen was er sagt. Das ist ehrverletzend, Herr Dr. Vogel. Ich will das nicht kommentieren, das mag die Öffentlichkeit selber tun. Herr Dr. Vogel und meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU: Ich kann Ihnen nur auch mit einer gewissen Süffisanz hier sagen, es sind noch etwas über 3 Jahre bis zur nächsten Landtagswahl. Aber ich kann Ihnen nur sagen, was die Anzeige angeht gegen den Landesvorsitzenden der SPD, machen Sie nur so weiter und glauben Sie nicht, dass wir einfach über solche Dinge zur Tagesordnung übergehen. Das verspreche ich Ihnen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Das soll wohl eine Drohung sein?)

(Beifall bei der SPD)

Das ist ein Hinweis darauf, wie man miteinander umgeht. Ich kann Ihnen sagen, ich werde persönlich sehr viel dafür tun, dass meine Partei solche Dinge nicht vergisst.

(Beifall bei der SPD)

Herr Abgeordneter Dewes, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Herr Kollege Dewes, ich frage Sie jetzt einmal als Jurist: Wenn jemand in der Zeitung darüber berichtet, dass er in einer Landesvorstandssitzung die Sitzung der PKK auswertet, ist das nicht in Ihren Augen eine Selbstbezichtigung?

Herr Kollege, ich kann Ihnen versichern und ich habe die Zeitung auch gelesen, dass der Landesvorsitzende der SPD weder Mitglied der PKK ist noch im Landesvorstand der SPD PKK-Sitzungen ausgewertet werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, vielleicht noch einige Anmerkungen zu dem aus meiner Sicht wichtigsten Teil des heutigen Antrags, nämlich dem Antrag, das Landesamt für Verfassungssschutz aufzulösen und es neu zu gründen. Herr Innenminister, wir nehmen für uns in Anspruch, keine Anträge in die Welt zu setzen, von denen wir der Auffassung sind, dass sie sachlich nicht begründbar und dass sie nicht umsetzbar sind. Ich sage dies in voller Verantwortung für das, was ich weiß und ich fühle mich mit meiner Fraktion nach wie vor verantwortlich dafür, dass wir einen funktionsfähigen Inlandsgeheimdienst in diesem Lande haben. Nach den vergangenen Wochen und Monaten steht für uns und auch für mich fest, das Landesamt für Verfassungsschutz ist derzeit nicht arbeitsfähig. Wenn es so ist, wie es heute zum Beispiel in der "Thüringer Allgemeinen" gewesen ist, dass wiederholt, und das war eine Wiederholung, interne Aktenstücke aus dem Landesamt, nämlich Verfügungen mit Aktenzeichen, in der Zeitung veröffentlicht werden. Heute hat Herr Pfeiffer in einem Artikel eine Verfügung dargetan mit dem entsprechenden Aktenzeichen und hat dargetan, dass im Zusammenhang mit dem Abschalten von Herrn Brandt ein bestimmter Vorgang stattgefunden hat und da sage ich, das ist wiederholt nun vorgekommen. Ich habe den Eindruck, dass dieses Amt nicht mehr dicht ist.

Ich will Ihnen auch etwas sagen im Kontext mit der heutigen Meldung, was die Festplatten aus dem Innenministerium angeht. Herr Dr. Vogel, ich bin sehr gespannt darauf, dass die Ermittlungsbehörden des Freistaats jetzt tätig werden, dass von der Zeitung "Freies Wort", da geht es nicht um das Privileg der Presse, Informanten zu schützen, sondern es geht darum, dass Datenträger, die durch strafbare Handlungen erlangt worden sind, die im Hinblick auf ihre staatspolitische Bedeutung einen bestimmten Geheimhaltungsgrad haben. Ich erwarte, dass die Justizbehörden entsprechende rechtliche Maßnahmen ergreifen, in den Besitz dieser Datenträger zu gelangen. Ich bin gespannt und ich habe es heute auch in einer Pressekonferenz gesagt, es gibt zwei Möglichkeiten. Es gibt Möglichkeiten, dass es Datenträger sind, die Kopie der Originale, die entwendet worden sind, darstellen oder es gibt eine Möglichkeit, das ist die zweite, dass es sich um Kopien der Datenträger handelt, die als Sicherungskopien 1997 gefertigt worden sind und die sich immer noch im Zuständigkeitsbereich des Innenministeriums befinden. Ich warte auf diese Ergebnisse. Denn nach Versicherung des Bundeskriminalamtes ist es kein Problem festzustellen, ob und von wem dann von welchen Datenträgern diese Kopien gezogen worden sind. Ich wünsche mir und Sie verstehen das sicher, dass es keinen gibt, der ein größeres Interesse daran hat, dass dies aufgeklärt wird und dass diese verschwun

denen Datenträger wieder aufgefunden werden.

Zurück zu der Neugründung: Unsere Auffassung ist es, dass es sinnvoll wäre und Herr Innenminister Köckert, hier geht es nicht um ein Mißtrauen gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesamtes für Verfassungsschutz, Fakt ist, dass es in diesem Landesamt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt, die Geheimschutz nicht als ihre Aufgabe ansehen, die bereit sind, Strafrechtsgrenzen zu überschreiten und Geheimnisse aus dem Amt weiterzugeben. Es ist eine Frage der staatspolitischen Klugheit, auch der staatspolitischen Verantwortung, wenn man die Arbeitsfähigkeit dieses Amtes wieder herstellen will. Wenn der neue Präsident des Amtes, den Sie installiert haben, tatsächlich eine Chance haben soll, dann wird er diese Chance nur bekommen, wenn das Amt vollständig neu personalisiert wird. Ich weiß vom Bundesinnenministerium, dass es bereit ist, hier mitzuhelfen.

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich bin ganz sicher, dass auch die Innenminister der benachbarten Bundesländer, dass die Innenminister von Bayern, von Sachsen und Hessen und Sachsen-Anhalt bereit sind, hier mitzuhelfen, das Landesamt in einer überschaubaren Zeit neu aufzubauen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDULandtagsfraktion, ich kann Ihnen versichern, dies ist möglich und dies ist auch sachlich geboten. Der Innenminister wäre gut beraten, würde er auf diesen Vorschlag eingehen. Ich bin ganz sicher, er wird große Probleme haben und sein Amtschef auch in den nächsten Wochen und Monaten, die Arbeitsfähigkeit dieses Amtes wieder herzustellen. Was die Übergangszeit angeht, Herr Innenminister Köckert, Sie haben, ich habe mir das aufgeschrieben, von einem El Dorado der Radikalen in Thüringen geredet. Ich bin ganz sicher, wenn mit Verstand an diese Problematik herangegangen wird, dass diese Situation nicht eintreten wird. Ich bin ganz sicher, dass Sie dann in spätestens einem halben bis einem Jahr wieder ein Amt zur Verfügung haben, das in der Lage ist, seine Aufgabe zu erfüllen. Dies sollte unser gemeinsames Interesse sein. Und, Herr Ministerpräsident Vogel, der Schluss Ihrer Ausführungen in allen Ehren, der Aufruf zur Gemeinsamkeit, dafür sind Sie berühmt, dies zu tun. Nun, dann tun Sie auch etwas dafür.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben bisher Anträge gestellt und Vorschläge gemacht, die haben Sie allesamt abgelehnt. Sie waren nicht bereit, uns mit einzubeziehen, die Parlamentsfraktionen, Sie waren nicht bereit, die Verbände mit einzubeziehen, Sie waren nicht bereit, wirklich einen runden Tisch zu bilden zur Bekämpfung des Rechtsextremismuis. Diese Sprüche, die hier von diesem Pult aus abgesetzt werden, sind das eine, aber die Taten, nämlich uns mit einzubeziehen, die ausgestreckte Hand, unsere ausgestreckte Hand

tatsächlich wirklich aufzunehmen, das ist eine andere Sache und das würde ich mir wünschen. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Abgeordneter Althaus. Bitte, Sie haben das Wort.