Protocol of the Session on April 5, 2001

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Dr. Klaus zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wie mein Vorredner gerade feststellte, ist es ja nicht zum ersten Mal, dass sich der Landtag mit der Frage BSE beschäftigt,

(Beifall bei der CDU)

sondern zum wiederholten Male. Sicherlich sind wir alle froh, darin stimmen wir überein, dass wir nach wie vor keinen BSE-Fall in Thüringen haben. Wir wissen, dass in den letzten Wochen verstärkt ältere Tiere in dem Schlachtund Aufkaufprogramm geschlachtet wurden, das heißt, das Risiko, Tiere zu entdecken, war deutlich höher als zuvor. Trotzdem - toi, toi, toi, Klopfen auf Holz ist da angesagt - sind wir BSE-frei. Nun hoffen natürlich alle in der Landwirtschaft, in der Lebensmittelindustrie, überall, dass bei diesem Thema eine gewisse Ruhe einzieht. Man darf es kaum noch in den Mund nehmen, weil man sofort verdächtigt wird, man will alles unter den Teppich kehren, was natürlich mitnichten der Fall ist. Deswegen war ich erschrocken - und vielleicht ist es einigen von Ihnen auch so gegangen -, als ich heute früh im Radio hörte, dass sowohl Ökotest als auch das ZDF schwer wiegende Vorwürfe gegen die BSE-Bekämpfung dergestalt erhoben haben, dass sie sagen, es sei überhaupt nicht gewährleistet, dass tatsächlich auf BSE getestetes Fleisch in die Nahrungsmittelkette kommt. Ich denke, hier ist dringend angesagt, dass Aufklärung passiert. Der zweite Vorwurf bezog sich darauf, dass die Tiere, die mit einem positiven Anfangsverdacht im Schnelltest sind, so lange untersucht würden, bis sie negativ seien. Ich denke, das ist auch ein Vorwurf, den kann man nicht im Raum stehen lassen. Ich glaube, da geschieht denen, die in den Un

tersuchungsanstalten wirklich mit hohem Aufwand und mit großem Engagement arbeiten, bitteres Unrecht.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Und wenn jemand, der so etwas behauptet, es nicht beweisen kann, dann ist es einfach schlicht ein Verbrechen an der Verbraucherpolitik nach den schwierigen Wochen, die wir hinter uns haben, eine derartige Verunsicherung in die Bevölkerung zu streuen. Das muss man ganz klar sagen.

(Beifall im Hause)

Was die nicht getesteten Tiere betrifft, ich will das hier auch gleich aufgreifen: Natürlich werden Tiere unter 24 Monaten nicht getestet - aber warum nicht? Weil der Test dort nicht sicher ist. Die Verbraucher könnten zu Recht einen Vorwurf an die Politik richten, wenn wir mit dem Alter der Tiere beim Test weiter heruntergehen, dass wir hier falsch negative Ergebnisse präsentieren und eine Scheinsicherheit suggerieren, die nicht da ist. Also, bitte sehr, meine Damen und Herren, ich habe großes Verständnis für die Journalisten, die sich jetzt mit diesem Thema seit Wochen herumschlagen müssen, dass da einmal dieses oder jenes nicht so ganz hundertprozentig vielleicht dem entspricht, was die fachliche Meinung ist. Es ist ein sehr schwieriges Thema, aber solche Dinge dürfen einfach nicht in die Welt gesetzt werden.

(Beifall bei der SPD)

Nun zum Antrag der Fraktion der PDS: Es ist so, Gott sei Dank, das muss man sagen, dass eine ganze Reihe von Dingen dort schon in der Vergangenheit umgesetzt worden ist, insbesondere in den letzten Wochen. Es gibt aber immer noch eine ganze Reihe von Fragen, die unserer erhöhten Aufmerksamkeit bedürfen.

(Beifall bei der PDS)

Das ist natürlich nicht der ganze Antrag, aber wesentliche Teile daraus, wo wir wirklich kritisch hinterfragen müssen: Tun wir dort schon genügend selber und tun andere, wo wir unsere Informationen einspeisen, schon genügend? Es ist weiter ein ganz wichtiges, brisantes Thema von größter wirtschaftlicher Bedeutung auch für unsere Landwirtschaft. Deswegen, denke ich, wird man mit einer pauschalen Ablehnung des Ganzen diesem Antrag nicht gerecht.

(Beifall bei der PDS)

Den Bezug zu dieser Radiosendung hatte ich schon genannt. Daraus ergibt sich für mich und für unsere Fraktion, dass es ganz wichtig ist, die Verbraucheraufklärung voranzutreiben.

Meine Damen und Herren, was da passiert ist in der Vergangenheit im Thüringer Landtag, war nicht immer so das Gelbe vom Ei, das will ich hier auch einmal erwähnen. Im Doppelhaushalt 2001/2002 wurde die Verbraucherzentrale deutlich im mehreren 100.000-DM-Bereich gekürzt in erster Lesung. Einsparungen überall, unter diesem Kontext lief das. Dann kam der erste BSE-Fall und unsere Fraktion dachte sich, unser Antrag auf eine moderate Erhöhung dieser Mittel müsste doch nun eine überzeugende Mehrheit hier im Hause finden. Dem war mitnichten so. Ich muss das auch noch einmal sagen. Es wundert einen schon, wie dann die objektiv eingetretenen Realitäten sich hier so im Parlament widerspiegeln. Aber das Ganze ist ja noch nicht zu Ende, es wurde dann im Januar, glaube ich, war es, verkündet, die Verbraucherzentrale bekommt in jedem Jahr 500.000 DM mehr. Wir haben das mit Begeisterung zur Kenntnis genommen. Nur, meine Damen und Herren, jetzt haben wir April und soviel ich weiß, haben sie das Geld immer noch nicht.

(Zwischenruf Dr. Pietzsch, Minister für So- ziales, Familie und Gesundheit: Das ist ande- res Geld.)

Diese 500.000 DM kann man nur vernünftig umsetzen, wenn man sie auch in einem vertretbaren Zeitraum zur Verfügung bekommt.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Also: Geld erst kürzen, dann nicht wieder aufstocken, zum Schluss versprechen und immer noch nicht auszahlen, das ist ja wohl das Kontraproduktivste, was so einem Verein passieren kann. Ich hoffe sehr, dass Frau Arenhövel als neue Vorsitzende und Herr Dr. Koth als Geschäftsführer rechtzeitig an diese Gelder kommen, damit sie auch wirklich der Verbraucherberatung in Thüringen zugute kommen.

Meine Damen und Herren, ich will noch auf einen Punkt eingehen, der jetzt nicht direkt in diesem Antrag steht, der aber in den letzten Tagen immer wieder für Wirbel gesorgt hat, das ist die Frage: Wie kommen wir denn zu Geld, um die BSE-Krise zu bewältigen? Und da wird beklagt, dass Frau Künast dieses Geld allein aus dem Landwirtschaftshaushalt aufbringen soll und hier speziell aus der GA. Ich meine, wenn man weiß, dass 70 Prozent des Bundeslandwirtschaftshaushalts für landwirtschaftliche Sozialpolitik verwendet werden, quasi als Pflichtaufgabe, dann muss man ehrlicherweise sagen, wenn sie es aufbringen soll, kann sie es nur aus der GA aufbringen und alle Landwirtschaftspolitiker wissen das auch. Aber ich muss hier auch ganz deutlich sagen, dass ich mir an dieser Stelle wünschte, dass der Finanzminister, der "eiserne Hans", seine Taschen weniger zuknöpfen würde, denn, ich denke, es ist eine nationale Aufgabe, den Bauern in der Landwirtschaft beizustehen

(Beifall bei der PDS, SPD)

und hier doch auch einen Anteil aus dem restlichen Bundeshaushalt mit zu finanzieren, denn sonst wird es für ein Umsteuern in der Agrarpolitik finanziell auch sehr eng. Und, Herr Dr. Sklenar, Sie müssten hier großes Nachempfinden haben für Frau Künast, wie es ihr da geht mit dem Finanzminister, weil Sie selber ja auch noch an den 21 Mio. DM kratzen, die nun zusammengebracht werden müssen auf Thüringer Seite. Leider haben Finanzminister auf allen Ebenen die gleiche Mentalität.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Frau Klaus, wir kratzen nicht, wir haben das Geld.)

Ja, es ist schön, wenn wir das haben.

(Zwischenruf Trautvetter, Finanzminister: Wir haben einen Landtagsbeschluss.)

Ich denke, sowohl Frau Künast als auch Herr Dr. Sklenar sollten in ihrem Bemühen unterstützt werden, zusätzliche Mittel für die Landwirtschaft lockerzumachen, um diese Krise zu überwinden. Wenn wir das in Thüringen schon geregelt haben, umso besser. Dann kann ich mir gut vorstellen, dass die überzeugenden Argumente, die Herr Dr. Sklenar offensichtlich hatte, vielleicht auch mit Frau Künast mal ausgetauscht werden sollten. Wir sind dafür, wie gesagt,

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Das müssen Sie mal dem Bund sagen.)

Die Mitglieder der Landesregierung können sich gern nach dem Beitrag von Frau Dr. Klaus zu Wort melden.

dass der gesamte Haushalt herangezogen wird, um diese Summen zusammenzubringen und tatsächlich eine gewisse Solidarität auch mal deutlich zu machen. Ich denke, das ist hier ganz wichtig.

Darüber hinaus, denke ich, muss man sich auch mal an der Nase ziehen, was kann man denn selber tun. Es ist immer so schön zu sagen, ja, die in Berlin, die müssen und so weiter und so fort. Ich denke, hier ist es ganz wichtig in Thüringen, wenn wir schon ein eigenes BSE-Gesetz einreichen und sagen, wir sind hier ganz gut voran auf diesem Gebiet, dass wir bitte schön dann auch ganz dringend Gespräche mit der Milch- und Fleischindustrie aufnehmen müssen, und zwar intensive Gespräche. Was nützt uns eine wie auch immer geartete Kohortenlösung, wenn der Rest der Herde keinerlei wirtschaftlichen Nutzen für den Landwirt bringt. Dann verlagere ich die Entscheidung über das Verbleiben der Tiere, was damit werden

soll, letztendlich nur auf die Landwirte und das finde ich nicht besonders redlich, das muss ich hier auch mal sagen.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt)

Ja, es wäre schön, wenn Sie sagen könnten, die Milchindustrie ist bereit und die Fleischindustrie, Milch und Fleisch aus Herden, bei denen ein BSE-Fall aufgetreten ist und wo nur ein Jahrgang geschlachtet wurde, hier in den Verkehr zu bringen. Da habe ich meine erheblichen Bedenken.

(Zwischenruf Dr. Pietzsch, Minister für So- ziales, Familie und Gesundheit: Das war eine klare Festlegung.)

Ja, das ist immer so schön, auf den Bund zu verweisen,

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Sind Sie auch... verstehen Sie das nicht?)

wenn die Thüringer Industrie, die Sie ja jederzeit fragen können, hier aus sehr wohl bekannten Gründen sich um eine klare Aussage im Moment drückt. Also das muss man klären.

Und das Zweite, was ich hier auch mal anbringen möchte: Ich habe mit Freude zur Kenntnis genommen, dass nach Beschluss des Kabinetts die Briefbögen für das neue Amt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz schon gedruckt und im Umlauf sind mit den entsprechenden Sitzen. Sie alle wissen, dass dort nicht unter optimalen Bedingungen gearbeitet wird und dass Herr Trautvetter es über Jahre verstanden hat, eine gute Lösung für so ein Amt erfolgreich zu verhindern. Man kann froh sein, dass Frau Ellenberger wenigstens die inhaltlichen Dinge so vorangetrieben hat, dass man jetzt darauf zurückgreifen kann.

Ich sage Ihnen nur eins, die Kreativität, die hier im Landtag immer üblich ist, wenn es z.B. um den Bau eines Landtags geht oder um die Erfurter Oper,

(Unruhe und Heiterkeit bei der CDU)

ich frage mich, ob die gleiche Kreativität walten wird, wenn es um den Bau eines solchen Amtes geht. Da habe ich im Moment noch erhebliche Zweifel. Die Größenordnung wird die gleiche sein. Vielleicht weiß das mancher aus Ihrer Fraktion noch nicht, die Größenordnung ist also so. Es würde mich freuen, wenn die BSE-Krise wenigstens dazu beitragen würde, dieses leidige Problem ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die PDS-Fraktion hat sich Abgeordneter Scheringer zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, wir hatten im Ausschuss für Landwirtschaft ausführlich über alles geredet. Wir haben das erste Mal geredet zu dieser Geschichte im Dezember. Wir sehen mit Freude, dass das Ministerium in Thüringen relativ viel erledigt hat, meinetwegen auch beide Ministerien, für mich sehr unterschiedlich. Aber ich muss sagen, Herr Grob, wenn Sie das verwundert, dass das heute wieder draufsteht, dann müssen Sie erst mal zu Herrn Wunderlich zum Nachhilfeunterricht gehen. Der hat formuliert: Das ist Tagesaufgabe im Ausschuss für Landwirtschaft, dem ich zustimme. Alles, was neu ist, muss immer wieder hier besprochen werden, weil es ja doch, wie Sie auch von Frau Dr. Klaus gehört haben und wie unsere Landesregierung Proteste abgibt über die 125 Mio. Verwendung von Mitteln für den ländlichen Raum und für die Bauern, dass das dafür eingesetzt wird. Für mich ist das kein "eiserner Hans", für mich ist das etwas ganz anderes.

Da ich sonst nur einen Ordnungsruf kriegen könnte, muss ich das nicht sagen. Es ist eine ganz schlimme Sache. Das Geld ist dort nicht aufzubringen, weil die Menschen im ländlichen Raum in Größenordnungen gegenüber allen anderen gesellschaftlichen Kräften, wo Menschen in Thüringen und in der Bundesrepublik weiter, weiter, meine Damen und Herren, benachteiligt und ausgegrenzt werden. Und deswegen ist das nicht erledigt, Herr Grob.

(Beifall bei der PDS)

Wenn ich heute in der Zeitung lese - ich kann ja nicht so viel zitieren, sonst dauert das viel zu lange -, wieder das Fleisch mit BSE-Risikomaterial aus Deutschland nach England, also Verschmieren von Rückenmark ins Fleisch usw., das will ich nicht wiederholen. Heute lese ich das, Zeitung von gestern, dann wissen Sie, wie das gefährlich ist. Wie bitte, was haben Sie gesagt?

(Zwischenruf Abg. Dr. Kraushaar, CDU: Sie haben die Zeitung von gestern erst heute gelesen. Ich stehe schon um 5.00 Uhr auf und bin um 6.00 Uhr mit der Zeitung fertig.)

Es ist ja nicht so wie bei Ihnen, dass ich so viel Zeit habe. Das mache ich früh um 6.00 Uhr, da pennen Sie noch. Lassen Sie mich in Ruhe mit so einem Zeug, also so etwas.