Wissen Sie, es gibt da einen Vergleich, den man vielleicht mit einbringen könnte. Wenn es denn so ist nach Ihrer Auffassung, dass nur noch die Mehrheit Recht hat, dann kann man das - vielleicht eine Empfehlung an den Kultusminister - auch in der Schule einmal erwägen umzusetzen. Bislang entscheidet dort der Lehrer, ob eine Aufgabe ausreichend und korrekt erledigt ist. Wenn es die Mehrheit entscheidet, entscheiden künftig die Schüler selber, das halte ich dann auch für eine gute Variante.
All diese Änderungen, die Sie hier mit eingebaut haben, zeigen im Prinzip Ihre Zielrichtung. Wenn Sie ehrlich wären, dann würden Sie das auch sagen. Es geht Ihnen gar nicht um eine Verbesserung, um eine Veränderung, um möglicherweise mehr Effizienz in diesem Parlament, Sie sind es einfach leid, dass Opposition Ihre Arbeit in Deutlichkeit in Frage stellt.
Wer eine solche Verfahrensweise an den Tag legt und dieses auch noch schriftlich mit diesen Änderungen dokumentiert, tut mir Leid, wird seiner Aufgabe in diesem Parlament nicht gerecht. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Geschäftsordnung eines Thüringer Landtags wird es vermutlich viel länger geben als uns alle hier in diesem Landtag, die wir hier sitzen.
Wie in Zukunft mit dieser Geschäftsordnung umgegangen wird, das wird auch ganz entscheidend von den Abgeordneten der 3. Legislaturperiode abhängen. Die Thüringer Verfassung beschreibt die Aufgaben des Thüringer Landtags, sie beschreibt die Rechte und Pflichten der Abgeordneten. Dann gibt es eine Geschäftsordnung, die in ganz erheblichem Maße bestimmt, wie diese Rechte eigentlich wahrgenommen werden können.
Meine Damen und Herren, ich werbe dafür, diese Geschäftsordnung, die letztendlich so wichtige Dinge regelt, nicht der Beliebigkeit einer momentanen Mehrheit anheim zu stellen.
Wo kommen wir denn hin, meine Damen und Herren, insbesondere von der Mehrheitsfraktion CDU, Sie spreche ich jetzt besonders an, wenn nach jeder Wahl in jeder Legislaturperiode eine neue Mehrheit sich hier die Geschäftsordnung schmiedet, die ihr am besten passt. Schauen Sie einmal, Sie können jetzt vielleicht sagen, na ja, die nächste Mehrheit, egal, wer das ist, die haben ja auch die Regierung und der müsste die Geschäftsordnung auch so ähnlich gefallen, wie wir sie vielleicht jetzt machen wollen, wenn die mehrheitsfraktionsstabilisierend und regierungsstabilisierend wäre. Ich will mich jetzt gar nicht in die inhaltliche Diskussion stürzen. Ich werbe dafür - ich hoffe, Sie merken es -, dass wir hier wieder zusammenkommen. Sie könnten das vermuten, es muss aber nicht sein. Es kann ja sein, dass eine andere Mehrheitsfraktion oder Mehrheitsfraktionen sich besinnen und die Dinge, die so oft gesagt werden - wie Achtung der Opposition, wie wichtig sie ist für die Demokratie - diese Sache mit Leben erfüllen und deutlich anders sehen. Man muss nicht, auch wenn man eine Wahl - eine Wahl ist immer eine Momentaufnahme, meine Damen und Herren, denken Sie immer daran - sehr überzeugend gewonnen hat, bis zum Letzten durchziehen. Was ich damit meine, will ich Ihnen an einem Beispiel schildern, das mit der Geschäftsordnung zu tun hat, aber hier gar nicht in Frage steht. Schauen Sie einmal, wenn Sie diesen Landtag einmal durchzählen, die Relation Regierungsfraktion gegen Opposition, das ist doch auf keinen Fall 4 : 2. Sie haben aber durchgesetzt, dass hier ein Verteilerschlüssel letzten Endes stattfindet 4 : 1 : 1. Ich habe das übrigens an dieser Stelle schon einmal reklamiert, an einer Stelle, als es relevant war, als es um die Besetzung der Enquetekommission ging, glaube ich. Man kann das machen, es ist absolut legal, ich stelle das gar nicht in Frage.
Man kann das machen, aber man muss es nicht machen. Was will ich damit sagen? Wenn man möchte, dass ein solches Dokument wie die Geschäftsordnung des Thüringer Landtags Bestand hat, stabil ist, sich auch künftige Generationen, die hier sitzen, einvernehmlich auf eine solche Geschäftsgrundlage stützen, dann darf man sie nicht einer Beliebigkeit einer jeweiligen Mehrheit anheim stellen. Ich werbe dafür, und es ist in anderen Bundesländern, Sie haben so oft Bayern als Beispiel, dort üblich und selbstverständlich, dass bei jeder Änderung der Geschäftsordnung hier der Konsens ernsthaft gesucht wird. Was man dann im Konsens vereinbart, das hat auch Bestand. Wenn bestimmte Dinge dringend der Änderung bedürfen, beispielsweise gefällt es sicher niemandem, wenn hier jemand steht und ewig lange Referate abliest, das hat nichts mit der freien Meinungsäußerung von Abgeordneten zu tun. Man weiß ja oft gar nicht, ob derjenige,
Das gefällt mir auch nicht und das gefällt den allermeisten nicht. Da gibt es aber andere Möglichkeiten, z.B. die gegenwärtige Geschäftsordnung - mein Kollege Dr. Pidde hat schon darauf hingewiesen - konsequent durchzusetzen, nämlich dass hier in freier Rede gesprochen wird und keine Referate abgelesen werden. Dazu gibt es Möglichkeiten. Eine Möglichkeit ist, dass die Präsidentin so etwas kraft ihres Amtes durchsetzt. Da kann man auch technische Regularien erlassen, um das durchzusetzen, das muss man dann einmal bereden. Aber das wäre z.B. ein Schritt, einen gewissen Missstand, der die allermeisten ärgert, hier abzustellen. So kann man Punkt für Punkt über die Dinge reden. Dazu muss man aber nicht der Opposition die Redezeit derart abschneiden, dass man sagt, wir geben ein Gesamtkontingent vor, das ist der Kuchen für alle Abgeordneten und davon haben wir natürlich den größten Teil, wir sind ja die stärksten. Es spielt auch keine Rolle, dass die Regierung vorher das Gleiche gesagt hat, was wir dann auch noch einmal sagen. Kurz und gut, über so etwas muss man ganz einfach reden können. Ich bitte darum, dass im Justizausschuss ernsthaft zu jedem einzelnen Punkt das Für und Wider beraten wird. Noch ist es nicht zu spät,
Ja, ich hoffe, dass es möglich ist. Dazu ist es übrigens gar nicht notwendig, dass aus der Opposition, wie das
hier zum Teil ein bisschen hämisch gesagt wurde, wo sind denn ihre Gegenvorschläge dazu, das ist ja nicht notwendig, dass jetzt Punkt für Punkt zu jedem einzelnen, was Sie hier aufgeschrieben haben, dieser Punkte die Opposition einen Gegenvorschlag macht, wenn die zunächst einmal sagt, die gegenwärtige Geschäftsordnung, ist ja nicht so übel.
Das sagt ja nicht nur die Opposition allein. Das heißt ja nicht, dass man nicht über manche Dinge dann reden kann, aber im Sinne eines Konsens. Ich appelliere noch einmal, setzen Sie nicht kraft Ihrer Mehrheit ein solch wichtiges gemeinsames Dokument für die nächsten Legislaturperioden ohne Einvernehmen durch. Ich denke, es wäre gut für die künftige Arbeit des Thüringer Landtags.
Gibt es eine Anfrage oder eine Redemeldung? Eine Redemeldung. Abgeordneter Schwäblein, CDU-Fraktion, hat sich zu Wort gemeldet. Ich möchte bemerken, dass der Abgeordnete Dr. Schuchardt § 28 Abs. 1 der Geschäftsordnung konkret ausgefüllt hat - Reden in freier Rede.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte genau auf Dr. Schuchardt eingehen. Herr Dr. Schuchardt, ich schätze Sie als Mensch, als Politiker und achte Ihr Wort sehr hoch. Und wenn Sie hier auf die Gemeinsamkeit der Demokraten abheben, ist das von Gewicht. Aber ich habe, seit Ihre Partei beim so genannten Volksbegehren für mehr Demokratie mitmacht, gewisse Zweifel, inwieweit denn schwierige Konsensfindungen dann Bestand haben. Sie haben zu Recht gesagt, diese Geschäftsordnung wird über lange Zeit bestehen, aber ich nehme das für die Verfassung des Freistaats auch in Anspruch. Wir haben in den Jahren 1993 und 1994 in mühsamer Arbeit, aber mit dem guten Ziel, eine Verfassung für Thüringen zu machen, einen Konsens gefunden, der hier zwei Drittel Zustimmung gefunden hat. Dann sogar von der Bevölkerung mit 72 Prozent mit Jastimmen belegt wurde, per Volksentscheid auf den Weg gebracht und dann musste ich mit Erstaunen feststellen, ein Protest ist von Ihrer Person leider nicht gekommen, dass Ihre Partei am Ende sogar mit der PDS und ungewollt sogar mit den Republikanern gemeinsame Sache gemacht hat. Insoweit habe ich also Sorge, dass dieser Kompromiss, den wir durchaus anstreben sollten, möglicherweise ganz schnell wieder nicht mehr Bestand hat, wenn es eine neue Konstellation hier gibt und möglicherweise mit einem anderen Partner dann Sinn macht, ja doch plötzlich wieder die Geschäftsordnung zu ändern. Das Klima der Konsensfindung ist durch
Moment mal, Herr Abgeordneter Schwäblein, ich glaube, der Abgeordnete Schemmel hat eine Anfrage an Sie.
Eine Wortmeldung. Als nächster Redner hat sich zunächst der Abgeordnete Dewes, SPD-Fraktion, zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Kollege Dr. Schuchardt ist für seine Milde bekannt.
Ich will an dieser Stelle meine Einschätzung zu diesem Thema sagen. Das, was Sie hier vorgelegt haben, ist ein Affront, ein Affront für alle Demokraten in diesem Parlament.
Es ist eine Herausforderung für jeden, der parlamentarische Arbeit ernst nimmt und für jeden, der möchte, dass dieses Parlament in der Öffentlichkeit als Stütze demokratischer Auseinandersetzung ernst genommen wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn über Geschäftsordnungsfragen geredet wird, dann entsteht oft der Eindruck, als ginge es nicht um Essentials, als ginge es nicht um Bedeutendes und Wichtiges, sondern um Abläufe und Formalien. Das ist mitnichten so. Die Geschäftsordnung dieses Landtags beruht auf der Verfassung des Freistaats Thüringen und dem so genannten Geschäftsordnungsgesetz, das eigens dafür von diesem hohen Haus beschlossen worden ist. Es ist deshalb so bedeutend, weil es regelt, wie in diesem Parlament Meinungsbildung stattfindet und wie Entscheidungen in diesem Hause vorbereitet werden. Und wenn hier der Abgeordnete Wolf eben angeboten hat, über diesen Entwurf zu reden; das ist eine Selbstverständlichkeit. Aber Gerhard Schuchardt hat Recht, wenn er den Hinweis gegeben hat auf die anderen Parlamente in Deutschland, auf den Deutschen Bundestag und die Landesparlamente. Es ist schlechter Stil, einen solchen Entwurf den anderen vor die Füße
zu knallen, es ist schlechter Stil, sie dann aufzufordern, in Gespräche einzutreten, wenn der Versuch gemacht wird von einer Mehrheitsfraktion aus, die Minderheitenrechte der Opposition in dieser Weise mit Füßen zu treten, wie dies hier mit diesem Entwurf versucht wird.
In anderen Parlamenten ist es demokratischer Stil, dass, bevor solche Entwürfe in den Landtag eingebracht werden, man miteinander redet und gemeinsam werden in der Regel diese Entwürfe in das Parlament eingebracht. Dies ist die Vorgehensweise unter Demokraten in den deutschen Parlamenten.
Dies gilt für den Bundestag und dies gilt auch für die Landtage. Es passt alles so schön in dieses Regieren und Operieren nach Gutsherrenart, wie wir es seit knapp anderthalb Jahren hier im Lande und auch in diesem hohen Hause immer wieder erleben. Ich kann Ihnen sagen, wenn Sie diese Geschäftsordnung so beschließen, sie ist beschlossen für gut dreieinhalb Jahre und nicht mehr. Da bin ich ganz sicher. Denn ich bin ganz sicher, die Bürgerinnen und Bürger des Freistaats werden dies zur Kenntnis nehmen und ich kann hier nur dem Kommentator einer großen Thüringer Zeitung von vorgestern zustimmen, der Ihnen auf der ersten Seite hier einiges, was ich sehr für richtig halte, ins Stammbuch geschrieben hat und von dem ich hoffe, dass Sie es sich auch so zu Herzen nehmen, dass dies dazu führt, dass dieser Entwurf hier keine Umsetzung findet, sondern dass es tatsächlich noch zu einem Konsens in demokratischer Kultur in diesem Hause kommt.
Ich will noch einige Sätze zu den meines Erachtens Essentials sagen, die hier in diesem Entwurf berührt sind. Ich habe mir heute und gestern die Geschäftsordnungen der anderen Landtage in Deutschland angesehen.
Ich will nur, Herr Dr. Zeh, auf eine Geschäftsordnung Bezug nehmen, in einem Land, das uns so nahe ist und Ihnen noch näher, das ist der Freistaat Bayern. Ich würde Ihnen Folgendes vorschlagen, was die Redezeit angeht die Regelungen zur Redezeit in der bayerischen Geschäftsordnung -, dass wir diese nahtlos übernehmen, denn dort in Bayern haben alle - übrigens auch in Baden-Württemberg - Fraktionen im Landtag die gleiche Redezeit. Dies ist auf drei Seiten in einer Anlage ausgeführt. Mein Vorschlag - ich denke, dies wäre eine gute Grundlage, wenn es um demokratische Kultur geht: Nehmen wir doch diese Geschäftsordnung des bayerischen Landtags zum Thema "Redezeit" und machen wir sie zur Grundlage unserer Arbeit. Sie wird dem Anliegen gerecht, dass vielleicht die
eine oder andere Debatte nicht so lange und ausschweifend geführt wird, aber sie schafft Chancengleichheit zwischen den Fraktionen in diesem Landtag. Ich glaube, das ist doch etwas, über das Sie reden müssen, können mit uns, nämlich sicherzustellen, dass diese Grundregel - Parlamentskultur - nicht vor den Verfassungsgerichten, sondern hier in diesem hohen Haus selber entschieden wird.