Protocol of the Session on December 19, 2000

(Beifall bei der CDU)

3. Der Staat kann nicht jedes Lebensrisiko abnehmen, zunächst ist Eigenverantwortung jedes Einzelnen gefordert, meine Damen und Herren. Das ist nicht aus der aktuellen Diskussion meiner Partei um eine neue soziale Marktwirtschaft, sondern das hat der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie Herr Müller im November in Berlin vorgetragen. Deshalb finde ich das Echo aus dem Deutschen Gewerkschaftsbund von Herrn Spieth auf unseren Haushaltsplan überhaupt nicht verständlich, der dazu auffordert, mehr Schulden zu machen, um öffentliche Investitionen zu vertreten. Aus dem Finanzministerium kam dazu die Wertung, finanzpolitisches Neandertal - ich würde sagen, marktwirtschaftliches Sodom und Gomorrha, was hier Herr Spieth uns vorführt.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb ist es vielleicht gar nicht so verkehrt, dass wir bei der Agentur "Start" e.V. einen Sperrvermerk anbringen,

(Beifall Abg. Wackernagel, CDU)

damit diese Agentur in der Evaluierung zunächst dafür sorgt, dass sie nicht Renitenz, sondern Kompetenz herausbildet, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Die Globalisierung der Märkte und der Wandel von der Industrie- zur Wissenschafts- und Informationsgesellschaft bestimmt die Entwicklung, neue Produkte und Dienstleistungen in immer schnellerem Tempo, die EU-Osterweiterung und - ich sage einmal - die Nizza-Konfusion stellen uns auf neue Bedingungen für den Mittelstand und insbesondere auch der teilungsbedingte Nachholbedarf. Das sind die Rahmenbedingungen, in denen wir uns bewegen. Unsere Aufgabe mit dem Haushalt ist, die Innovationskraft und den Jobmotor "Mittelstand" reibungslos und möglichst auf hohen Touren laufen zu lassen.

Welche Möglichkeiten haben wir da? Zunächst sind es die Mittel der Wirtschaftsförderung. Ich bin stolz, dass es uns gelungen ist, die Mittel der Gemeinschaftsaufgabe auch in den folgenden Jahren voll weiter zu komplementieren.

(Beifall bei der CDU)

Wenngleich der Bundesanteil in 2001 minus 49 Mio. DM und 2002 minus 43 Mio. DM beträgt, gelingt es doch durch EFRE-Zuführung die Höhe der Gemeinschaftsaufgabe zu halten. Herr Minister Schuster, die Gemeinschaftsaufgabe ist der Hauptpfeiler der Wirtschaftsförderung und sie

geht insbesondere an das verarbeitende Gewerbe, an die produktionsnahen Dienstleistungen, an das produzierende Handwerk. Wir dürfen aber, und da bin ich mir mit Ihnen einig, die Infrastruktur dabei nicht vernachlässigen, denn bei der einzelbetrieblichen Förderung ist es doch schon bemerkenswert, dass es auch Unternehmensgründungen gibt, die ausschließlich aus dem Blick des Förderkatalogs her resultieren. Was passiert denn nach Auslauf der Förderung? Entweder sind sie fort, im Rahmen der Globalisierung kann man den Produktionsstandort verlagern, oder sie schreiben nach der Förderung rote Zahlen und da gibt es den Schrei nach Nachförderung. Deshalb meine ich, die Förderung der Infrastruktur am Standort, die immobil ist, ist insbesondere für den Standort Thüringen sehr wichtig.

Das zweite für uns sehr wichtige Kapitel ist die Mittelstandsförderung,

(Beifall bei der CDU)

das heißt also die Förderung außerhalb der Gemeinschaftsaufgabe. Dort kann man formell zunächst beklagen, dass im Haushalt die Zinszuschüsse von ehemals 25,7 Mio. DM auf 20 Mio. DM zurückgehen und auch das Landesinvestitionsprogramm auf 5 Mio. DM heruntergefahren wird. Man muss aber im Hinterkopf haben und auch wissen, dass es ab dem kommenden Jahr ein Zusammengehen der Förderung zwischen dem Bund, der Deutschen Ausgleichsbank und dem Freistaat geben wird in einem neuen Programm für Gründungs- und Wachstumsfinanzierung. Nach meinem bisherigen Erkenntnisstand überwiegen die Vorteile dieses Programms für Gründungs- und Wachstumsfinanzierung gegenüber dem Landesinvestitionsprogramm. Das heißt, wir können Existenzgründungen und Mittelständler ohne Branchenbeschränkung fördern. Das heißt, man kann durch dieses Zusammengehen mit der Deutschen Ausgleichsbank wesentlich mehr Mittel für Förderung des Mittelstandes akquirieren. Ich will aber auch nicht verhehlen, dass eine gewisse Vorsicht und eine gewisse Skepsis da ist, weil der Förderzeitraum nur für acht Jahre nach Geschäftseröffnung möglich ist und weil wir Sanierungsfälle nicht mehr in den Leitlinien in diesen Förderfällen berücksichtigen können und weil auch Umschuldungen von kurzfristigen Bankverbindlichkeiten nicht mehr möglich sind und das Zuschussprogramm direkt über die Aufbaubank nicht mehr enthalten ist. Es ist, glaube ich, deshalb auch folgerichtig, dass wir im Entschließungsantrag vereinbart haben, dass zu Mitte des Jahres 2002 einmal berichtet wird, wie diese Kooperation mit der Deutschen Ausgleichsbank wirksam wird und mit welchen Ergebnissen wir dort rechnen können.

Ich möchte noch erwähnen, dass wir auch einen erheblichen Anteil für den Komplex Thüringenakquisition, Standortmarketing, Absatzförderung und Thüringer Außenwirtschaftsfördergesellschaft eingestellt haben, denn die Produkte und die Dienstleistungen müssen wettbewerbsfähig werden in einer globalisierten Welt. Wir wollen im Konzept "Starke Mitte" deutlich sagen, dass es sich lohnt, nach Thüringen zu kommen und zu bleiben, es sich lohnt,

hier zu investieren, es sich lohnt, sich zu erholen, zu erleben, aber auch zu arbeiten.

Einen wesentlichen Punkt möchte ich jetzt in dieser Zusammenschau noch benennen - den weiteren Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Das ist eines der zentralen Anliegen der Landesregierung

(Beifall bei der CDU)

und der CDU-Fraktion. So werden insgesamt im Jahreshaushalt 2001 1,2 Mrd. DM und im Jahr 2002 etwas mehr dazu eingestellt, immerhin 6,5 Prozent des Gesamthaushalts, meine Damen und Herren.

Ich möchte jetzt noch zu einzelnen Punkten kommen, die sich auch durch Änderungsanträge der Fraktionen darstellen. Der erste Änderungsantrag, den ich hier nachdrücklich erwähnen will, ist der Leertitel für die Stiftung "Handwerker in Not". Ich glaube, über das Anliegen brauche ich nicht allzu viel erzählen, das hieße, Eulen nach Athen tragen.

Aber, meine Damen und Herren, wir haben es mit einem Leertitel zu tun, weil die Bundesregierung zwar erklärt hat, sie will sich den "Handwerkern in Not" annehmen, aber wir noch nicht wissen, wie dieses Programm aussieht und, meine Damen und Herren, auch die Überlegungen der Handwerkskammer noch nicht in der Form sind, dass wir genau wissen, wo die Reise hingeht.

(Beifall Abg. Wackernagel, CDU)

Wir unterstützen dieses Anliegen "Handwerker in Not" und stellen dafür einen Leertitel ein, in der Hoffnung, dass sich in wenigen Monaten klärt, wie man den "Handwerkern in Not" helfen will. Ein sicher eher marginaler Antrag, aber doch auch ein Sinneswandel. Wir werden in der Förderung der alternativen Energieanlagen - so ist unser Antrag - die Windkraftanlagen auf null stellen.

(Beifall bei der CDU)

Das ist ein Sinneswandel, ich gebe das auch gern zu, weil ich die Windkraftanlagen jetzt überall in Thüringen finde, aber sie werden durch die Bundesregierung, glaube ich, recht stark unterstützt, so dass das also kein allzu großes finanzielles Risiko mehr ist, sich eine Windkraftanlage dorthin zu stellen. Die Mittel sollten sinnvollerweise, das ist unser Antrag, in den Bereich der Biomassen und der erneuerbaren Energie und nachwachsenden Rohstoffe umgelenkt werden.

(Beifall bei der CDU)

Ich will es der guten Ordnung halber nur erwähnen: Wenn man Tourismus betreibt und erfolgreich in Thüringen betreibt, dann hat man es auch mit den Bergen zu tun. Deshalb war es uns ein Anliegen, dass eine der Institutionen, die in dem Bereich tätig ist - die Bergwacht - auch wieder

im Haushaltsplan erscheint. Auch das ist ein Änderungsantrag der Fraktion. In einem Entschließungsantrag, weil ich beim Thema "Tourismus" bin, wollen wir erreichen, dass die Theater-, die Kulturlandschaft Thüringens, die sich gut entwickelt hat, aber noch einen zusätzlichen Beitrag für den Tourismus beibringen kann. Das bedeutet, dass über den Tourismus auch ein gewisses Kontingent von Karten verkauft werden kann über die Theater, um sozusagen Pakete für den Tourismus in Thüringen zu schnüren.

Eine zweite Sache, die ich hier noch aus den Entschließungsanträgen nennen will. Wir fordern die Landesregierung auf, die Standards im Bereich der Denkmalpflege zu überprüfen. Das ist wohlgemerkt kein Antrag gegen Denkmalpflege, denn, meine Damen und Herren, nur wer seine Vergangenheit kennt, wird die Zukunft meistern. Wir brauchen also Denkmäler, aber wir beobachten, insbesondere - ich will einmal sagen - im Bereich der Kleindenkmalpflege, doch Hindernisse, die verhindern, dass private Investitionen kommen. Wir könnten mit dieser Formulierung, indem man vielleicht überzogene Forderungen der kleinen Denkmalpflege abschmilzt, doch zusätzliche Investitionen im Bereich des Städtebaus initiieren. Wir haben deshalb die Landesregierung gebeten, gerade dort zu überprüfen, ob es nicht zu weiteren Impulsen kommen kann, indem man die Standards überprüft.

Zu weiteren grundsätzlichen Anträgen im Bereich des Arbeitsmarkts und des Verkehrs wird meine Frau Kollegin Vopel sprechen und Herr Kollege Kallenbach. Ich meine, aus meinen Ausführungen deutlich gemacht zu haben, Sparen und Gestalten: Sparen - nicht Kaputtsparen, aber Gestalten - Verbesserung des Wirtschaftsstandortes, ganz deutlich. Ich habe mir natürlich zu diesem schwierigen Unterfangen auch gerade mit der Kritik, die man dort erlebt, einen Spruch von Albert Schweitzer aufgeschrieben: "Wer sich vornimmt, Gutes zu wirken, darf nicht erwarten, dass die Menschen ihm deswegen Steine aus dem Weg räumen, sondern muss auf das Schicksalhafte gefasst sein, dass sie ihm welche draufrollen." Das beobachte ich, Herr Kollege Gerstenberger; wissen Sie, an Sie und Ihre Fraktion gerichtet, will ich sagen: Statt zu klagen, dass wir nicht alles haben, was wir wollen, sollten Sie lieber dankbar sein, dass Sie nicht alles bekommen, was Sie verdienen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Verbesserung des Wirtschaftsstandorts Thüringen, das ist nicht Selbstzweck, sondern für die in Thüringen notwendigen Arbeitsplätze; sozial ist, was Arbeitsplätze schafft. Die wirtschaftliche Bilanz Thüringens soll sich auch nach dem Doppelhaushalt 2002 sehen lassen können und dem Ziel nahe kommen, den Platz Thüringens zu sichern, den es in der Wirtschaftsgeschichte Deutschlands schon einmal innehatte. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Lippmann, SPDFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, normalerweise oder sehr oft werden von diesem Pult Danksagungen ausgesprochen, die dann von einem Rauschen des Beifalls begleitet werden. Als vorhin die Kollegin Lehmann eine Danksagung an die Finanzämter gemacht hat, haben zwei Mann geklopft. Einer davon war von der Seite und einer war in der Mitte, das ist bedenklich.

(Zwischenruf Trautvetter, Finanzminister: Ich habe auch geklopft.)

Sie haben auch geklopft? Da haben Sie aber nicht laut genug geklopft. Ich habe es jedenfalls nicht gehört.

Herr Trautvetter, Sie hatten ein Beispiel angeführt von dieser Schulfinanzierung. Sie haben beklagt, man müsse ja diesen Landtag bauen, weil nicht genug Schulen gebaut werden, weil nicht genug Investitionen in die Schulbauten flössen und weil die Kommunen sich so zögerlich verhielten. Das hat man dann halt. Wenn der Kommunale Finanzausgleich immer geringer wird, dann kann nicht erwartet werden, dass die Kommunen nun auch noch Investitionen tätigen. Das ist ein ganz logischer Fall.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Sie können nicht sagen, die Kommunen verlangen nichts mehr ab, da bauen wir nicht nur einen, da bauen wir zwei Landtage. Ich meine, die EU hat ja auch zwei Parlamente. Also ich muss sagen, nichts ist erfreulicher, als über die Einzelpläne bei einer Haushaltsdebatte zu debattieren, und nichts ist vor allen Dingen Erfolg versprechender, als über die Einzelpläne zu debattieren. Man spürt ja förmlich, wie sich 30 Mann hier reinhängen, um die Argumente aufzunehmen, um alles noch mal zu debattieren, und ernsthaft bemüht sind, da einen Ausgleich zu schaffen.

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: 30!)

(Zwischenruf Abg. Ellenberger, SPD: 80!)

Manchmal denke ich gerade bei solchen Dingen, wir verkommen hier zu einer Unterhaltungssendung mit einer ganz begrenzten Einschaltquote.

(Beifall bei der SPD)

Ich will mal so sagen, um einige ernsthafte Sätze zu sagen: In dem Haushalt 07 haben wir uns auch in der Opposition und auch in Regierungsverantwortung in der Regel damals und auch heute von fünf Grundsätzen leiten lassen. Die galten damals und gelten auch heute noch.

Erstens, dass die Transfers, die in das Wirtschaftsministerium gehen, auch kofinanziert werden. Sie hatten es gerade gesagt. Das haben wir nie beklagt, das haben wir immer gefordert und das war immer unstrittig und das ist gut so. Es sind ja immerhin 1,8 Mrd. DM, die hier rüberwachsen allein in dem 07-er Haushalt.

Der zweite Punkt unserer Grundsätze war, in der einzelbetrieblichen und auch in der infrastrukturellen Förderung flexibel zu sein. Ich bin schon der Auffassung, dass man unter den gegenwärtigen Bedingungen mehr Wert auf infrastrukturelle Förderung legen müsste, wobei ich nicht unbedingt den Spaßbädern das Wort rede, um das noch mal und ein letztes Mal aufzugreifen. Das war sehr unglücklich, Sie haben nicht immer die besten Entscheidungen getroffen, wie man im Grunde genommen, das sei zu Ihrer Entschuldigung gesagt, nicht immer die besten Entscheidungen treffen kann, weil man nicht weiß, wie es dann ausgeht. Das ist ganz logisch so.

Der dritte Punkt - die Mittelstandsförderung auszubauen, das war immer unstrittig, in jeder Form, in jeder Art. Ich komme dann noch bei einem unserer beiden Anträge auf die Mittelstandsförderung zu sprechen. Ich glaube, das ist diesmal ausgesprochen windig weggekommen. Herr Kretschmer, Sie hatten gesagt, Sie haben in einem beispiellosen Gewaltakt einen Leertitel eingestellt. Da sind Sie aber mit voller Wucht über Ihren eigenen Schatten gesprungen. Also einen Leertitel einzurichten für Handwerker in Not, da gehört schon was dazu. Das ist eine Leistung, die wirklich einen Applaus verdient hat. Nun klopft doch auch mal.

(Beifall bei der SPD)

Unser viertes Prinzip im Rahmen des Wirtschaftshaushalts war, Forschung und Entwicklung hochzuhalten. Das haben wir gemeinsam getan. Ich glaube wir sind, die SPD-Fraktion, nicht ganz unschuldig gewesen, dass das sich zugunsten von Forschung und Entwicklung, in Sonderheit der wirtschaftsseitigen Forschung und Entwicklung, geändert hat.