Protocol of the Session on December 14, 2000

(Zwischenruf Abg. Dr. Botz, SPD: Ein Antrag, Herr Kollege.)

Aber es gab nicht einen einzigen Antrag seitens der PDS, sondern nur einen der SPD.

(Zwischenruf Abg. Dr. Botz, SPD: Was heißt hier "nur".)

Ich will das nicht abwerten; über die Qualität habe ich etwas gesagt. Aber nach der Ankündigung der PDS hätte ich eine Flut von Anträgen zur Nachbesserung des Gesetzentwurfs erwartet,

(Zwischenruf Abg. Nitzpon, PDS: Frau Stangner hat doch nur Fragen gestellt.)

und da das komplett ausgeblieben ist, kann dieser Gesetzentwurf wahrlich nicht so schlecht gewesen sein.

(Beifall bei der CDU)

Im Umkehrschluss, wenn Sie von der PDS etwas kritisieren, machen wir es offensichtlich richtig. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Um das Wort hat gebeten Frau Ministerin Prof. Schipanski.

Eine Bemerkung zur der Stellungnahme des Wissenschaftsrates, die übrigens nach der Frist eingegangen ist. Es heißt in der Stellungnahme des Wissenschaftsrates von 1995: "Der Wissenschaftsrat hält es für erforderlich, das vom Land selbst zugrunde gelegte ereignisorientierte Gründungskonzept konsequent durchzuhalten und fortzuentwickeln." Er hat neben diesen grundsätzlichen Bemerkungen dann Vorstellungen entwickelt, die die Zeitabfolge auf 2002 orientiert haben. Wenn ich aber diesen Satz richtig interpretiere, dann ist ein ereignisorientiertes Gründungskonzept von uns fortentwickelt worden in der Weise, dass wir nämlich die Ereignisse vorziehen können, denn der Grund- und Kernaufbau der Universität Erfurt ist abgeschlossen. Das möchte ich einfach an dieser Stelle noch einmal betonen. Wir haben entsprechend den Vorstellungen des Wissenschaftsrates das Max-Weber-Kolleg im April 1998 gegründet. Die Arbeit haben aufgenommen die Philosophische Fakultät zum Wintersemester 1999/2000 und zum Wintersemester 2000/2001 die Staatswissenschaftliche Fakultät. Damit ist der Kern- und Grundaufbau der Universität Erfurt abgeschlossen und wir haben parallel dazu die Integration der Pädagogischen Hochschule Erfurt zeitgleich und qualitätsgerecht vorgenommen. Deshalb möchte ich nur eine abschließende Bemerkung machen zu dem Redebeitrag aus den Reihen der PDS. Es ist nicht unter Duldung des Ministeriums die Integration und die Zusammenführung vorangeführt worden, sondern unter konstruktiver kreativer Begleitung der Beamten aus meinem Ministerium.

(Beifall bei der CDU)

Ich lege darauf außerordentlich Wert, dass diese Zusammenführung sehr gut vorbereitet worden ist und auch nach wie vor von uns gut begleitet werden wird. Wir werden auch die Fach-zu-Fach-Zuordnung der einzelnen Mitarbeiter, wo noch Bedenken von den Personalräten angemeldet worden sind, in dieser Weise begleiten, dass es

ohne Reibungspunkte abgewickelt werden kann. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Danke. Es gibt noch eine Wortmeldung. Herr Abgeordneter Schwäblein.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe einen wesentlichen Punkt vergessen, insoweit, dass wir jetzt vor der Notwendigkeit stehen, auch noch für den Landeshaushalt etwas zu korrigieren. Deshalb kündige ich heute schon einmal einen Änderungsantrag zum Landeshaushalt an. Der betrifft die Integration der Einzeltitel und der Mitarbeiter der Pädagogischen Hochschule in den Haushalt der Universität, damit nicht im kommenden Jahr zwei getrennte Haushaltskapitel fortgeführt werden müssen, die teilweise ja dann noch Personal enthalten, das möglicherweise dann nur noch einmal vorhanden ist, insbesondere dass den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Pädagogischen Hochschule Sicherheit gegeben wird, dass all ihre auch durch Finanzen unterlegten Aspekte Berücksichtigung finden. Das ist ein etwas umfänglicher Antrag. Ich wollte Sie nur schon einmal darauf hinweisen, dass wir mit dem noch zusätzlich kommen werden. Vielen Dank.

Darüber werden wir dann in der kommenden Woche abstimmen. Frau Abgeordnete Dr. Klaubert hat sich noch gemeldet.

Frau Präsidentin, Herr Schwäblein, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, noch einmal auf Ihre Polemik eingegangen, die Sie auf die ersten Aussagen von Frau Dr. Stangner bezogen haben, zu denen in der heutigen Plenarsitzung: Wir hatten in der ersten Lesung folgende Fragen aufgemacht: Wenn wir es also mit einer Fusion zu tun haben, von der jeder davon ausgegangen ist, dass sie kommen wird und dass sie sinnvoll vollzogen werden muss, dann muss es eine Willensbildung im Parlament dazu geben. Diese Willensbildung im Parlament, die haben wir eingefordert. Dann sind wir mit dieser Auffassung und einigen Fragestellungen, auf die Frau Dr. Kaschuba heute eingegangen ist, in den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst gegangen und wollten dort eine Anhörung beantragen. Dankenswerterweise, Herr Schwäblein, haben Sie den Antrag gestellt und haben gesagt, wir möchten auch eine schriftliche Anhörung dazu haben. Da waren wir sehr erfreut. Das haben wir auch gesagt, dass wir uns so geeinigt haben und haben eine schriftliche Anhörung dazu durchgeführt. Die Stellungnahmen sind zum großen Teil fristgerecht eingegangen, bis auf die

eine, auf die ist auch schon eingegangen worden, die des Wissenschaftsrates. Damit waren, auch durch Nachfragen unserer Seite in der Pädagogischen Hochschule, viele Fragen geklärt. Wir konnten in dieser Debatte parlamentarisch beraten. Wir haben am Ende dem Antrag der SPD im Ausschuss zugestimmt; der ist allerdings trotzdem abgelehnt worden. Wir waren aber der Meinung, dass man mit einer Berichtspflicht, die man nach einem Jahr über diese Fusion einschiebt, gut leben kann, wenn man als Parlamentarier diesen Prozess aufmerksam begleitet.

Frau Klaubert, Sie sehen eine ganze Weile den Herrn Schwäblein stehen.

Ja, will er fragen?

Ja, er will fragen, ob...

Darf ich noch zu Ende reden?

Dann haben wir den Antrag nach einem Bericht in einem Jahr gestellt und der Antrag der PDS ist dort im Ausschuss angenommen worden - zur großen Verblüffung, aber es ist so -, so dass wir sagen, dieses Gesetz ist auf einem guten Weg. Man kann ja zwischen zwei Lesungen arbeiten. Das haben wir getan und ich denke, damit ist das ordentlich vollzogen und so wird unser Abstimmungsverhalten heute sein.

Gut. Jetzt die Nachfrage von Herrn Schwäblein.

Kollegin Dr. Klaubert, ich darf zitieren, Ihre Kollegin Frau Dr. Stangner hat in der ersten Lesung gesagt: "Wir meinen, dass am Gesetzentwurf viel nachzuarbeiten ist." Ich frage Sie: Wie viel ist von dieser Aussage übrig geblieben?

Sie gehen jetzt davon aus, dass an der Textfassung nachzuarbeiten ist. Ich habe doch jetzt recht umfänglich erklärt, wie wir das in dem Bereich der parlamentarischen Willensbildung gemeint haben, das heißt also Anhörung der Betroffenen in schriftlicher oder mündlicher Form. Ich will das jetzt nicht alles noch einmal wiederholen. Ich hoffe, dass Sie das beim Nachlesen vielleicht verstehen können.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Nein, das ist nicht zu erwarten!)

(Beifall bei der PDS, SPD)

Damit ist die Rednerliste erschöpft. Wir kommen zur Abstimmung, und zwar direkt über den Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 3/994 in zweiter Beratung, da die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst in - Drucksache 3/1133 - die Annahme des Gesetzentwurfs empfiehlt. Ich bitte um Handzeichen, wer dem Gesetzentwurf der Landesregierung zustimmt. Danke. Gegenstimmen? Keine. Enthaltungen? Eine Enthaltung. Damit ist der Gesetzentwurf mit übergroßer Mehrheit angenommen.

Damit kommen wir zur Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zustimmen wollen, sich von den Plätzen zu erheben. Danke. Ich bitte diejenigen, die dagegen stimmen, sich zu erheben. Das ist nicht der Fall. Derjenige, der sich enthält, bitte ich auch, sich zu erheben.

(Heiterkeit im Hause)

Herr Abgeordneter Dittes, gut. Damit ist der Gesetzentwurf angenommen und auch in der Schlussabstimmung bestätigt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt.

Wir kommen jetzt zum Tagesordnungspunkt 3

a) Sechstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Abgeordnetengesetzes Gesetzentwurf der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1010 dazu: Beschlussempfehlung des Justizausschusses - Drucksache 3/1143 dazu: Änderungsantrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1174 ZWEITE BERATUNG

b) Sechstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Abgeordnetengesetzes Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 3/1016 dazu: Beschlussempfehlung des Justizausschusses - Drucksache 3/1144 ZWEITE BERATUNG

c) Sechstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Abgeordnetengesetzes Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drucksache 3/1025 dazu: Beschlussempfehlung des Justizausschusses - Drucksache 3/1145 ZWEITE BERATUNG

Ich bitte nun um gemeinsame Berichterstattung zu allen drei Punkten - a, b und c - durch den Abgeordneten Wolf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, wie eben bereits vorgetragen, hat der Landtag am 12. Oktober des Jahres 2000 getagt und die drei hier zur Beratung stehenden Gesetzentwürfe an den Justizausschuss überwiesen. In seiner 14. Sitzung am 9. November 2000 hat der Justizausschuss zum ersten Mal über diese Gesetzentwürfe beraten und sich dabei darauf geeinigt, den in der Drucksache 3/1025 vorliegenden Gesetzentwurf der Fraktion der CDU als Beratungsgrundlage zu nehmen. Die Gesetzentwürfe, die in der Drucksache 3/1010 von der Fraktion der PDS und Drucksache 3/1016 von der Fraktion der SPD vorliegen, wurden damit abgelehnt und Ihnen liegt in den Drucksachen 3/1143 bzw. 3/1144 die jeweilige Beschlussempfehlung des Justizausschusses zu diesen Gesetzentwürfen vor, die auch noch einmal in der Beratung am 6. Dezember in der 15. Sitzung des Justizausschusses so bestätigt wurden. In der 15. Sitzung des Justizausschusses ist auch noch einmal ein Änderungsantrag zu dem Gesetzentwurf der CDUFraktion beraten worden, der uns allen schriftlich in der Drucksache 3/1145 vorliegt. Die Hauptänderung der Beschlussempfehlung in Einwirkung auf das Gesetz ist das, was uns in der Änderung des Artikels 1 unter Ziffer 1 und dann die Änderung in 2 bewirkt, dass dem § 6 des jetzigen Thüringer Abgeordnetengesetzes ein neuer Absatz 3 angefügt werden soll, der wörtlich lautet: "Eine zusätzliche steuerfreie Aufwandsentschädigung erhalten 1. je ein parlamentarischer Geschäftsführer jeder Fraktion und 2. die Vorsitzenden der Ausschüsse. Die Höhe der zusätzlichen Aufwandsentschädigung beträgt 1.300 Deutsche Mark. Die zusätzliche Aufwandsentschädigung wird monatlich gezahlt. § 5 Abs. 2 Satz 3 gilt entsprechend." Die sich dann noch daran anschließenden Änderungsanträge sind daraus sich ergebende Folgeänderungen; denn wenn eine solche Änderung eingefügt wird, muss auch festge

legt werden, wann diese zusätzliche Zahlung für einen Ausschussvorsitzenden oder für einen parlamentarischen Geschäftsführer wieder außer Kraft tritt, wenn also die Funktion nicht mehr wahrgenommen wird. Das wird mit den zusätzlichen Änderungen, die vorgeschlagen sind, geregelt. Das Gesetz und die Beschlussempfehlung wirken ja gemeinsam, deswegen sollte man den Text dann auch gemeinsam lesen. Jedem liegt es vor. Ich will das Wichtigste noch einmal hier erläutern. Die Annahme des Gesetzes - und davon gehe ich heute aus - wird dazu führen, dass die Streichung der Zusatzentschädigung gemäß § 5 Abs. 2 des heutigen Thüringer Abgeordnetengesetzes durchgeführt wird, was bedeutet, dass sowohl parlamentarische Geschäftsführer als auch Ausschussvorsitzende und stellvertretende Vorsitzende der Fraktionen keine zusätzliche Entschädigung nach dem Thüringer Abgeordnetengesetz mehr erhalten. Die andere Änderung, die in der Beschlussempfehlung steht, habe ich Ihnen soeben vorgetragen. Danke schön.

Damit kommen wir jetzt zur Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Hahnemann, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich weiß nicht, ob es einen Zusammenhang gibt zwischen der weihnachtlichen Stimmung außerhalb dieses Hauses und dem Selbstbeschenkungsdrang hier drinnen. Aber ich glaube, dass der Zeitpunkt dieser Gesetzgebung mehrfach ungeeignet ist für das, was heute hier über die parlamentarische Bühne gehen soll in der Art und Weise, wie es Herr Wolf jetzt auch vorausschauend angekündigt hat, nämlich die wundersame Metamorphose der verfassungswidrigen zusätzlichen Grundentschädigungen für parlamentarische Geschäftsführer und Ausschussvorsitzende in zusätzliche Aufwandsentschädigungen für eben diese Abgeordnetenkolleginnen und -kollegen. Ich möchte aber nicht beim Thema des Bescherens, besser des Sich-selbst-Bescherens, in Diätenangelegenheiten verweilen. Stattdessen möchte ich auf das Begründungsdefizit und auf die verfassungsrechtliche Bedenklichkeit der beabsichtigten Regelungen näher eingehen. Beide Defizite ließen es der CDU-Fraktionsspitze wohl ratsam erscheinen, die öffentliche Bekanntmachung ihrer Absicht, die Verfassungswidrigkeit der bisherigen zusätzlichen Grundentschädigungen kurzerhand durch die Einführung einer pauschalierten steuerfreien Aufwandsentschädigung teilweise zu kompensieren, bis kurz vor Beginn der Beratung ihres Gesetzentwurfs im Justizausschuss in der vergangenen Woche zu vertagen. Damit folgt die CDU-Mehrheit einer auch sonst hinlänglich aus Gesetzgebungsverfahren in anderen, aber besonders gern eben in Diätenangelegenheiten bekannten Methode, nämlich politisch wie verfassungsrechtlich bedenkliche Regelungen im Schnellverfahren durchs Parlament zu jagen.

Bis zum Beginn der vergangenen Woche durfte man davon ausgehen, die CDU-Fraktion beabsichtige mit ihrer Gesetzgebungsinitiative den vom Bundesverfassungsgericht festgestellten verfassungswidrigen Zustand hinsichtlich der zusätzlichen Grundentschädigungen zumindest mit Wirkung für die Zukunft zu beheben. Dann kommt es aber in der vergangenen Woche überraschend zu einer Wende. Die CDU-Fraktion beschließt die mit der Streichung der verfassungswidrigen zusätzlichen Grundentschädigungen verbundene Einkommenseinbuße der parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen und der Ausschussvorsitzenden kurzerhand durch die Einführung einer pauschalierten zusätzlichen Aufwandsentschädigung teilweise auszugleichen. Hätte der Gesetzentwurf der CDUFraktion die zusätzliche Aufwandsentschädigung bereits zum Zeitpunkt seiner Einbringung vorgesehen oder hätte Frau Präsidentin Lieberknecht in der ersten Beratung der Gesetzentwürfe ansatzweise von der Möglichkeit einer solchen Aufwandsentschädigung gesprochen, so hätte man einer kritischen Öffentlichkeit nicht vermitteln können, dass es sich bei dieser zusätzlichen Aufwandsentschädigung nicht um die Umgehung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts handelt. Eine sich über Wochen hinziehende Diätendebatte wäre die Folge gewesen. So aber, fünf Monate nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, hoffen ganz offensichtlich die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion darauf, schlichte Gemüter würden ihnen schon abkaufen, man habe nach eingehender monatelanger Befassung mit der Materie entdeckt, die Versorgung der Ausschussvorsitzenden und parlamentarischen Geschäftsführer sei eine zwangsläufige Folge des Urteilsspruchs von Karlsruhe. Schon allein aber durch solche taktischen Überlegungen wird dieses Gesetzgebungsverfahren zur Farce. Bereits im Diätenurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1975 findet sich eine seiner Kernaussagen: Da ein Parlament bei Diätenangelegenheiten in eigener Sache entscheidet, ist die Kontrolle des parlamentarischen Willensbildungsprozesses durch die Öffentlichkeit unabdingbare Voraussetzung für ein demokratisches Verfahren. Der Gesetzentwurf der CDUFraktion in der Fassung der Beschlussempfehlung sieht nun einerseits eine vom Bundesverfassungsgericht vorgegebene, nämlich die Streichung von Zusatzentschädigungen, und eine vom Bundesverfassungsgericht nicht vorgegebene materiell rechtliche Regelung, nämlich eine zusätzliche pauschalierte Aufwandsentschädigung für Ausschussvorsitzende und parlamentarische Geschäftsführer vor. Wird der Gesetzentwurf heute in der Fassung der Beschlussempfehlung verabschiedet, so bedeutet dies nicht zum ersten Male Folgendes: Der letztgenannte Teil wird trotz seiner hochgradigen verfassungsrechtlichen Bedenklichkeit - auf die Bedenken komme ich gleich noch zu sprechen - nur in einer Beratung verabschiedet, nachdem zuvor eine "Scheinberatung" zu nennende Behandlung im Justizausschuss stattfand. Diese Vorgehensweise mag zwar formal verfassungsgemäß sein, sie widerspricht aber dem Geist des vom Verfassungsgericht im Diätenurteil aufgestellten Grundsatzes, das Gesetzgebungsverfahren in Diätenangelegenheiten müsse transparent und kontrollier

bar stattfinden. Beides wurde durch das Gesetzgebungsverfahren der CDU-Fraktion auf ein Minimum reduziert. Der Änderungsantrag der CDU-Fraktion wurde erst am Tage der Ausschuss-Sitzung, am 6. Dezember, verteilt. Die Ausschussmitglieder der Oppositionsfraktionen hatten somit keine Möglichkeit, sich auf die Beratung dieser Vorlage im Ausschuss vorzubereiten. Die Beratung, meine Damen und Herren, lief dann auch entsprechend ab. Der Vertreter der Landtagsverwaltung äußerte unter Verweis auf das Diätenurteil von 1975 und abweichende Regelungen in den anderen Bundesländern erhebliche Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der beabsichtigten zusätzlichen Aufwandsentschädigungen. Daraufhin vertrat die CDU-Fraktion die Auffassung, die Angemessenheit der vorgesehenen Aufwandspauschale sei eingehend geprüft. Damit war die Beratung im Grunde genommen schon zu Ende. Zuvor hatte man noch schnell einen nicht weniger peinlichen Vorschlag eines Abgeordneten niedergestimmt, nämlich jetzt nur über die Streichung der verfassungswidrigen zusätzlichen Grundentschädigungen zu entscheiden und in einem späteren Gesetzgebungsverfahren zusätzliche Aufwandsentschädigungen einzuführen. Dankenswerterweise abgelehnt, denn dieser Vorschläge hätte nur Gelegenheit geboten, die Umgehung eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts zu verschleiern.

Tatsache ist, die CDU-Fraktion hat sich zu keinem Zeitpunkt die Mühe gemacht, sachliche Gründe für die Begründetheit und Angemessenheit der beabsichtigten zusätzlichen Aufwandsentschädigung darzulegen. Man muss geradewegs die Meinung gewinnen, die CDU-Fraktion wolle es dem Thüringer Verfassungsgerichtshof überlassen, sich über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit dieser Aufwandspauschale Gedanken zu machen. Dies wäre aber nichts anderes als der Versuch, sich aus demokratischer Verantwortung zu stehlen. Die Kriterien für die Zulässigkeit einer steuerfreien Aufwandsentschädigung hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung des Jahres 1975 und in einer weiteren Diätenentscheidung - ich glaube, 1978 - wiederholt und präzisiert. Danach unterscheidet das Bundesverfassungsgericht strikt zwischen einer Entschädigung als Einkommen und einer Aufwandsentschädigung. Letztere, die Aufwandsentschädigung nämlich, ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Nur der - Zitat - "sachlich angemessene, mit dem Mandat verbundene besondere Aufwand", nicht jedoch der allgemeine Aufwand darf mit einer steuerfreien Aufwandsentschädigung ausgeglichen werden. Eine gesetzliche Pauschalierung ist zulässig, sie muss sich jedoch am tatsächlichen Aufwand, d.h. am tatsächlichen Aufwand wie er vom Bundesverfassungsgericht im Diätenurteil von 1975 verstanden und definiert wird, orientieren. Diese Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht in seiner jüngsten Entscheidung nicht aufgehoben, sie ist daher nach wie vor für jeden Gesetzgeber bindend. Aus ihr folgt, dass eine verfassungswidrige Zusatzentschädigung, bei der es sich um zu versteuerndes Einkommen handelt, weder ganz noch teilweise durch eine Aufwandsentschädigung kompensiert werden darf. In der juristischen Literatur

wird in der Frage der Zulässigkeit von Aufwandsentschädigungen nichts Abweichendes vertreten. Vielmehr wird aus dem Grundsatz formalisierter Gleichheit und Gleichbehandlung der Abgeordneten der Schluss gezogen, dass sich die mit der Pauschalierung zwangsläufig verbundene Abweichung vom tatächlich entstandenen Aufwand in engen Grenzen halten muss. Unter diesem Gesichtspunkt ist es daher schon höchst problematisch, im Verhältnis der Ausschussvorsitzenden zueinander, zumindest aber im Verhältnis der Ausschussvorsitzenden zu den parlamentarischen Geschäftsführern der Fraktionen jeweils von den gleichen, tatsächlichen funktionsbedingten Aufwendungen auszugehen.

Meine Damen und Herren, betrachten wir nur die Genese dieser Änderung Ihres Gesetzentwurfs, die Regelung zusätzlicher Aufwandsentschädigung für Funktionsträger in den Abgeordnetengesetzen anderer Bundesländer, die beträchtliche Höhe der vorgesehenen Aufwandsentschädigung, ihre Beschränkung auf Ausschussvorsitzende und parlamentarische Geschäftsführer und last, but not least die fehlende Begründung, so ist der Beschlussempfehlung bereits zwischen die Zeilen geschrieben, dass es sich bei den geplanten zusätzlichen Aufwandsentschädigungen schlicht und ergreifend um ein partielles Kompensat für die verfassungswidrigen zusätzlichen Grundentschädigungen der Ausschussvorsitzenden und parlamentarischen Geschäftsführer handelt.

(Beifall bei der PDS)

Sollte es sich bei der 1.300 DM-Aufwandsentschädigung eventuell doch um eine am tatsächlichen Aufwand orientierte Pauschale handeln, was Sie bisher noch nicht einmal ansatzweise zu belegen versuchten, so muss man fragen, weshalb Sie ausgerechnet diesen Zeitpunkt für Ihr Vorhaben gewählt und Ihren Änderungsantrag erst zur letzten Sitzung des Justizausschusses eingebracht haben. Außerdem muss man Sie fragen, weshalb Sie von einem erheblich höheren tatsächlichen funktionsbedingten Aufwand der Ausschussvorsitzenden ausgehen als die Landtage in den sechs anderen Bundesländern, die zusätzliche Aufwandsentschädigungen für Ausschussvorsitzende vorsehen. Ein Vergleich mit diesen Ländern zeigt nämlich, dass dort entsprechende Pauschalen wesentlich niedriger sind. Könnten Sie einmal darlegen, was denn, verglichen mit diesen Regelungen, die Thüringer Besonderheiten ausmacht?