Was ein Thema bleibt, ist der teilweise mangelhafte Ausbildungsstand der Lehrer; denn Lehrer müssen zuerst Zugang finden, ehe sie das Wissen vermitteln können. Das wird wahrscheinlich Thema unserer Bildungspolitiker bleiben müssen. Wir haben noch ein anderes Problem, das Problem der Wartung der Rechentechnik an den Schulen. Dafür werden die Fachkräfte nicht da sein, sie sind es jetzt schon nicht, sie werden auch in Zukunft nicht da sein. Sie werden von den Schulträgern nicht bezahlbar sein. Sie dürfen auch nicht anders bezahlt werden, als im öffentlichen Dienst üblich, und dafür kriegen sie die nicht. Sie sind auf dem Markt schier nicht vorhanden, die besser bezahlte Wirtschaft hat sie auch nicht. Also, was bleibt? Ich kann Ihnen hier die Lösung in Erfurt ans Herz legen. Man treibt die Lehrer finanziell an, sich selber fit zu machen und die Wartung der Rechnernetze mit zu übernehmen. Dafür kriegen sie eine Aufwandsentschädigung, die sich in Grenzen hält, die beileibe nicht die Mehraufwendungen abdeckt, aber die Lehrer sind ja bereit, über das Maß des Üblichen hinaus tätig zu werden, und diese moralische Anerkennung ist gut und richtig. Als solche würde ich es bezeichnen, wenn sie 200 oder 300 Mark im Monat kriegen. Hier muss auch die Wartung der Schulnetze stärker in den Blick genommen werden.
Bei Schulen alleine bleiben wir nicht. Wir kommen jetzt zum Bereich der Hochschule. Herr Lippmann, hier muss ich ihre Unterstellung, dass die Regierung in den letzten Monaten nichts unternommen hätte, auch kein eigenes Programm aufgelegt hätte, einfach in das Reich der Fabel verweisen. Sie sind doch intelligent genug, selbst Presseerklärungen der Regierung zu lesen, und da hätten Sie doch erkennen können, ich sage, geradezu erkennen müssen, dass das Wissenschaftsministerium ein Extraprogramm zur Verbesserung der IT-Ausbildung an den Thüringer Hochschulen aufgelegt hat.
Ich vermute mal, dass Ihnen das heute nur mal so rausgerutscht ist. Bei Ihrem Kollegen Dewes unterstelle ich da mal gleich Absicht, wenn er Falsches erzählt. Was er vorhin hier abgelassen hat, hat eigentlich schon gewisse Tatbestände erfüllt, und alleine die Idemnität wird ihn davor schützen, dass er noch für seine Falschaussagen hier vorne zur Rechenschaft gezogen wird.
Die Indemnität hilft in manchen Fällen, Kollege Kretschmer, Sie sollten das sehr gut wissen. Also an den Hochschulen passiert erfreulicherweise sehr viel. Wir haben einen Zulauf an den Thüringer Hochschulen, der wirklich sehr erfreulich ist, der mittlerweile auch die Kapazitätsgrenzen unserer Hochschulen sprengt. Damit haben
wir ganz neue Probleme und wir werden in den Haushaltsberatungen noch darüber zu befinden haben, wie wir das eine oder andere Problem der Hochschulen lösen können. Wir haben da auf jeden Fall schon etwas im Blick. Wir können feststellen, dass Hochschulen, die bisher nicht oder sehr wenig im IT-Bereich ausgebildet haben, die Chance erkannt haben, ihr Profil zu verbreitern. Ich erinnere an die Aktivität der Fachhochschule hier in Erfurt, die angewandte Wirtschaftsinformatik in das Programm aufzunehmen, im Moment mit noch sehr wenig Studenten. Ich sage voraus, wenn sich das rumspricht, werden es nächstes Jahr viel mehr sein. Die Berufsakademie in Gera hat die Anregung aufgegriffen, sich der IT-Ausbildung zu widmen. Man hatte dort Zweifel, weil in der Nähe im Sächsischen gleich eine ähnliche Ausbildung schon angeboten wird. Die Resonanz ist überwältigend. Es ist gut und richtig. In Ilmenau laufen entsprechende Studiengänge über, auch in Jena werden die Ausbildungsplätze nicht reichen. Hier können wir aber andererseits feststellen, dass die Absolventen nur zum ganz geringen Teil in Thüringen bleiben. Ich bitte also die Vertreter der Landesregierung, bei den anstehenden Finanzausgleichsverhandlungen und Solidarpaktverhandlungen auch diesen Umstand mit in das Feld zu führen. Hier leistet Thüringen mit seiner vorbildlichen IT-Ausbildung an den Hochschulen Entwicklungshilfe für Länder im Westen, die teilweise ihre Ausbildungskapazitäten eingeschränkt oder ganz und gar abgeschafft haben. Hier ist der heutige Bundeskanzler wahrlich kein Ruhmesblatt, weil er als Ministerpräsident von Niedersachsen die Fakultät in Hildesheim 1996 hat schließen lassen.
Auch das muss einmal gesagt werden. Es gab tatsächlich eine Zeit in diesem Land, in der die Wirtschaft Diplomingenieure in vielen Branchen nicht eingestellt hat. Man hat geglaubt, alles ins Ausland verlagern zu können. Die Wirtschaft hat dazugelernt, die Politik auch und wir in Thüringen haben die Fehler vermieden. Wir haben unsere technischen Bereiche gehalten, auch wenn sie damals nicht so stark nachgefragt waren. Jetzt profitieren nicht nur die Thüringer davon, sondern mittlerweile auch Wirtschaftsunternehmen in Hessen, Bayern, Niedersachsen und sonst wo, die natürlich - vielleicht auch leider - viel besser bezahlen können, und ich kann die jungen Leute partiell verstehen, wenn sie erst einmal ein paar Jahre dorthin gehen. Ich hoffe, dass unsere Wirtschaft an Fahrt gewinnt und auch besser bezahlen kann und die jungen Leute zurückkommen werden. Aber es ist weiterhin richtig, eine volle Ausbildung anzubieten, so viel wie möglich auszubilden. Es sind gleichzeitig auch Entwicklungschancen für unsere Jugend. Deshalb sollten wir nicht nachlassen in dem Bemühen, möglichst jeden, der einen Studienplatz dort begehrt, auch diesen Studienplatz zu ermöglichen. Ich unterstütze heute noch einmal das Handeln unserer Wissenschaftsministerin, die den Numerus clausus an diesen Hochschulen abgelehnt hat.
Hier werden auch Illusionen wahrscheinlich platzen, denn das Studium der Informatik ist knüppelhart. Das ist nicht mit einfachem Zuhören und Aussitzen zu machen, da muss man ganz intensiv einsteigen, um dort zu bestehen. Die Erfahrungen weisen aus, dass mancher da mit Illusionen rangeht, deshalb ist es richtig, wirklich diese Selbstfindungsphase abzuwarten, das Sieben über sich ergehen zu lassen und dann stellt sich heraus, dass möglicherweise ein Teil aufhört, und dann werden die Ausbildungskapazitäten für die, die es wirklich durchstehen, tatsächlich auch in voller Breite genutzt. Es nützt nichts, die Beschränkungen am Anfang vorzunehmen und dann festzustellen, dass die Hälfte der Kapazitäten in den letzten Jahren nicht genutzt wird. Also hier ist richtig gehandelt worden, wir unterstützen das nachdrücklich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, über die Hochschule hinaus geht es natürlich in den Unternehmen selbst darum, die Leute, die da sind, fortzubilden, sie fit zu machen und auch Leute zu qualifizieren, die die Eignung dazu haben, aber vielleicht noch nicht auf diesem Gebiet tätig sind. Auch in den Unternehmen verändern sich die Tätigkeitsprofile und hier weiß ich jetzt schon, es ist angekündigt worden, dass das Wissenschaftsministerium ein Gesetz vorbereiten wird, das die Hochschulen verstärkt anreizen wird, Ausbildung für die Wirtschaft anzubieten. Das ist theoretisch jetzt schon möglich. Kollege Schuchardt hat es neulich schon einmal in Frage gestellt, als ich das geäußert habe, dass wir da ein Problem haben. Aber Hochschulen profitieren im Moment finanziell nicht im ausreichenden Maße davon, wenn sie zusätzlich für die Wirtschaft ausbilden. Das Geld verbleibt ihnen nicht oder nicht im vollen Maße oder es wird gegengerechnet über unsere Finanzordnung, die wir haben. Deshalb ist da Handlungsbedarf und er wird auch tatsächlich so wahrgenommen. Die Wirtschaft wird über die Jahre wahrscheinlich auch bei den Gehältern zulegen müssen, um gute Leute zu halten. Das passiert partiell schon und, Herr Lippmann und andere, die Situation unserer IT-Branche ist von Ihnen nicht komplett dargestellt worden. Wohl haben wir sehr viele kleine und Kleinstunternehmen, aber wir haben auch schon mehrere, die weit über 20 Beschäftigte haben, und erste IT-Unternehmen aus Thüringen sind bereits an der Börse notiert und das könnten sie schlecht, wenn sie weniger als 20 Beschäftigte haben, da reicht die Wirtschaftskraft gar nicht aus. Zwei sind es, die ich kenne, ein drittes hat den Börsengang angekündigt. Die sollten wir zur Kenntnis nehmen und hoch schätzen und auch würdigen, auch öffentlich würdigen, dass es den Mut gibt, auch in der IT-Branche aus Thüringer Regionen heraus an die Börse zu gehen und das nötige Kapital, um weiter wachsen zu können, auch zu gewinnen.
Herr Abgeordneter Schwäblein, einen kleinen Moment mal. Würden Sie bitte die Privatgespräche im Raum einstellen, um dem Redner hier zuhören zu können.
Gut, vielen herzlichen Dank. Ich kann jetzt noch einmal auf Frau Dr. Kaschuba eingehen, die ja heute das Gefühl erweckt hat - der Antrag ist im April eingebracht worden und wurde nicht verändert -, ja, haben die überhaupt nichts verändert oder daraus gelernt. Ich habe eben schon sehr deutlich gemacht, was alles passiert ist. Es geht noch weiter, im Bereich der Wirtschaft hat der Wirtschaftsminister eine sehr gute Initiative angeschoben, nämlich mit dem Arbeitsamt. Die Bundesanstalt für Arbeit hat da sehr gut mitgespielt, spezielle Programme für ältere Arbeitnehmer und auch für welche im mittleren Alter anzubieten, um wieder in den Beruf zu kommen und wenn sie die Fähigkeit, die Chance haben, sich fortzubilden, sie ihnen auch zu bieten. Hier kann eine Kritik an der Wirtschaft nicht ausbleiben. Ich will sie auch ganz offen benennen. Wenn die Wirtschaft heute 20-jährige Informatiker mit 30-jähriger Berufserfahrung fordert, geht sie deutlich über das Ziel hinaus. Das ist einfach nicht leistbar. Ich sage auch noch einmal sehr deutlich, wer 30 Jahre alt ist und vielleicht schon zwei Jahre Berufserfahrung mitbringt oder fünf und wer 40 ist und 10 Jahre Berufserfahrung mitbringt, ist trotzdem ein vollwertiger Mitarbeiter, wenn man seine Chance und seine Fähigkeiten nutzt.
Jugend allein ist kein Qualifikationsnachweis. Die Fähigkeit, Neues aufzugreifen, ist auch Leuten jenseits der 50 in weiten Teilen nicht verloren gegangen. Man sollte ihnen die Chance bieten. Und nehmen wir uns doch nur selber damit rein, wir haben doch fast jeden Tag hier Neues zu bewältigen. Was hier so teilweise an Anträgen kommt, verlangt schon sehr viel Auffassungsgabe, um dahinter zu kommen, was eigentlich gemeint ist. Auch der eine oder andere von uns ist durchaus in der Lage, auch noch Neues aufzunehmen und sich ganz engagiert einzubringen. Was man natürlich feststellen muss: In der IT-Branche sind herkömmliche Arbeitszeitmodelle nur noch rudimentär vorhanden. Da wird kaum noch gefragt, wann einer zur Arbeit kommt und wann er geht, sondern es wird gefragt, welche Leistungen hat er in der Woche oder im Monat erbracht. Da ist es nicht unüblich, dass Mitarbeiter, wenn sie sich an einem Problem richtig festsetzen, bis spät in die Nacht arbeiten, oder sie tun es von zu Hause aus. Hier haben Gewerkschaften teilweise Probleme, auf diese neuen Herausforderungen einzugehen, und man sollte allen, die vielleicht Teilzeit begeh
ren wegen der familiären Situation, die Chance einräumen, sie auch zu bekommen. Man sollte die Möglichkeit einräumen, das von zu Hause zu machen, und Unternehmer, die an dem Wachstum ihrer Firma interessiert sind, tun das ja heute schon in weiten Teilen. Aber ich sage noch einmal, auch ältere Arbeitnehmer, Arbeitswillige sind zumindest zum Teil in der Lage, in diese Branche einzusteigen oder ihre früheren Kenntnisse wieder aufzufrischen und sehr Nützliches dort zu vollbringen. Das Programm der Landesregierung, von der PDS ignoriert, deshalb sage ich es noch einmal in aller Öffentlichkeit, ist ein sehr guter Beitrag zur Normalisierung unserer Arbeitsmarktverhältnisse. Ich bedanke mich ausdrücklich beim Wirtschaftsminister dafür.
Meine Damen und Herren, allein mit diesen Anstrengungen, die hier unternommen werden, können wir den derzeitigen Arbeitskräftebedarf in dieser Branche nicht decken. Das zeigt sich seit diesem Frühjahr verstärkt. Auch dort ist ein Meinungsumschwung in der Gesellschaft festzustellen. Es gibt mittlerweile in Deutschland, aber auch in Thüringen in anderen Branchen weiterhin Arbeitskräftbedarf. Die Maschinenbaubranche bekommt nicht mehr genügend Werkzeugmacher, schon das nicht mehr, aber auch nicht mehr genügend Entwickler und Konstrukteure, zumindest nicht flächendeckend im Lande. Andererseits melden sich im östlichen Teil Thüringens Werkzeugmacher arbeitslos und sind nicht bereit, im Thüringer Wald Arbeit anzunehmen. Auch da wird einfach mehr Flexibilität verlangt. Trotzdem zeigt sich, dass in der Bruttorechnung der Arbeitskräftebedarf in mehreren Branchen auch mittlerweile in Thüringen nicht mehr gedeckt werden kann. Und es zeigt sich, wenn man ein paar Jahre vorausschaut, dass durch unsere Bevölkerungssituation und das Ausbleiben der Kinder wahrscheinlich dauerhaft der Arbeitskräftebedarf für diese Gesellschaft nicht mehr gedeckt werden kann. Deshalb hat der Bundeskanzler das Privileg, mit der Greencard, wenn auch relativ unmotiviert, die Debatte über verstärkte Zuwanderung in Deutschland angestoßen zu haben. Die Greencard ist ein Fehlbegriff, sie entspricht nicht der Greencard der USA. Dort ist ja dann die dauerhafte Einreisegenehmigung damit verbunden. Sie ist aber im Moment nicht geeignet, die Thüringer Probleme zu lösen. In den letzten Tagen hat sich herausgestellt, dass der einzige Greencard-Besitzer Thüringens in ein Altbundesland abgeworben wurde. Die Greencard zeigt in Thüringen keine Wirkung. Warum? Sie ist an die Bedingung gebunden, mindestens 100.000 DM Jahresgehalt zu zahlen. Das können und wollen die Thüringer Unternehmen derzeit nicht leisten. Und selbst wenn, wie nachzulesen war, einzelne ausländische Bürger bereit wären, für weniger zu arbeiten, sie dürfen es nach dieser jetzigen Regelung nicht. Also muss man ernsthaft darüber nachdenken: Wie kriegen wir dieses Problem geregelt? Insoweit haben wir auch in unserer Anhörung die Innenpolitiker gebeten, sich da mit einzubringen, weil es natürlich ein innenpolitisches Thema wird, wie wir denn die Zuwanderung in Deutschland gestalten wer
den. Sie darf beileibe nicht unkontrolliert laufen, wenn man die Akzeptanz dafür in der Bevölkerung dauerhaft hoch halten will. Es ist eine ganz schwierige Materie. Die Akzeptanz für Zuwanderer hoch halten heißt, sie tatsächlich zu begrenzen. Auch wenn es jetzt wieder einigen nicht passt, ich sage sehr deutlich, das ganze Thema lässt sich ohne eine erneute und nun endlich gründliche Debatte über das Asyl nicht lösen. Das eine ist nicht losgelöst vom anderen zu klären.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wenn ich jetzt Gefahr laufe, im Ranking der selbst ernannten Gesinnungspolizisten wieder ein paar Stufen nach oben zu steigen, ich meine die Spezialabteilung "politische Korrektheit", so darf ich anmerken, dass es zunehmend Diskussionen über die Begrenzung von Zuwanderungen gibt und dass diese Überlegungen sich nicht auf meine eigene Partei beschränken. Leider ist es so, wenn zwei das Gleiche sagen, dann ist es noch lange nicht dasselbe. Wenn ein CSU-Politiker sagt, wir brauchen mehr Zuwanderer, die uns nützen, und weniger die uns ausnutzen, hat das zu einem Aufschrei geführt, weil man den bayerischen Innenminister falsch verstehen wollte. Wenn dagegen - jetzt darf ich zitieren, deshalb habe ich den Zettel mit vor genommen - sein Bundeskollege, der Bundesinnenminister Schily, Folgendes sagt - Frau Präsidentin, ich zitiere: "Wir brauchen mehr Ausländer, die unseren wirtschaftlichen Interessen entsprechen, und weniger die, die Sozialkassen erheblich belasten.", so stelle ich fest, dass damit dasselbe gemeint ist. Aber in einem Falle werden die Worte bewusst falsch ausgelegt und verstanden und im anderen Falle gibt es vielleicht in den eigenen Reihen etwas Grummeln, aber damit hat sich die Debatte der SPD erledigt. Nein, hat sie nicht. Der Wettbewerb der Zukunft wird über einen Wettbewerb über die Köpfe entschieden. Da haben uns andere Staaten - Australien, Vereinigte Staaten von Amerika, Kanada, Neuseeland - einiges voraus. Die Anhörung hat gerade auch in diesem Punkt unseren Handlungsbedarf in diesem Bereich sehr deutlich gemacht. Wir werden, ob das moralisch nun immer zu rechtfertigen ist oder nicht, in den Wettbewerb um die besten Köpfe dieser Welt eintreten müssen, um sie für bestimmte Zeit oder auf Dauer hier in Deutschland zu beschäftigen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir diese Zuwanderung für die Bevölkerung akzeptabel halten wollen - machen wollen und halten wollen -, müssen wir auch über Zuwanderungskriterien sprechen. Da gehört die Kenntnis der deutschen Sprache dazu, da gehört die Akzeptanz mindestens des Grundgesetzes wie unserer kulturellen Traditionen dazu. Und da gehört am Ende auch eine Debatte über Leitkultur dazu, ob Sie es nun wahr haben wollen oder nicht. Hier bitte ich Sie, das wirklich auch
kulturell zu verstehen und nicht nationalistisch. Es ist unfair und unverschämt, das in dieser Richtung auszulegen.
Es wird dem Originalautor überhaupt nicht gerecht. Hier meine ich Herrn Bassam Tibi, einen deutschen Wahlbürger, der in Göttingen Politikwissenschaft lehrt. Jetzt darf ich Sie vielleicht ein Stückchen belehren, aber es scheint offensichtlich nötig zu sein, denn sein 1988 - bitte bedenken Sie die Jahreszahl - erschienenes Buch "Europa ohne Identität - die Krise der multikulturellen Gesellschaft" hat sein Konzept der Leitkultur eingeführt in Deutschland und diese Debatte mit einem neuen Buch "Der Islam und Deutschland" jüngst wieder belebt. Ihm geht es wie uns um individuelle Menschenrechte, westliche Demokratie und religiösen Pluralismus. Damit will ich es zu diesem Thema, was Bassam Tibi angeht, auch schon bewenden lassen. Das Thema wird uns bestimmt in den nächsten Wochen und Monaten weiter beschäftigen.
Dass jetzt mittlerweile in weiteren Parteien die Debatte darüber eingesetzt hat, belegt der Aufschrei in der PDS, den die Vizevorsitzende Frau Pau erzeugt hat, als sie die Notwendigkeit von Begrenzung von Zuwanderung für die PDS plötzlich in die Debatte eingebracht hat. Um das politische Bild abzurunden, bei den Grünen gibt es den Antrag seitens der Grünen Jugend - so heißt die Jugendgruppe -, die jüngste Europaabgeordnete Ilka Schröter aus der Partei rauszukomplimentieren, weil sie u.a. EUZuschüsse für Menschenschmuggler fordert.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, dass Thema ist gesellschaftliche Realität. Wir tun gut daran, auch im Interesse unserer Wirtschaft und im Interesse der Kultur, die wir hier vertreten, über Zuwanderung im positiven Sinne zu sprechen, sie so zu steuern, dass wir menschlich und wirtschaftlich davon profitieren. Diese Debatte lässt sich auch nicht mit politischen Kraftworten des Basta-Kanzlers beenden. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen, meine Herren, ich glaube und ich hoffe auch, dass die Divergenzen, die zwischen Herrn Lippmann und Herrn Schwäblein aufgetreten zu sein scheinen, sich in der Sache überbrücken lassen, zumal wir ja auch im Ausschuss bereits eine sehr viel weiter gehende Übereinstimmung erreicht hatten, als sie hier zum Ausdruck zu kommen schien.
Erlauben Sie mir aber zwei Anmerkungen - die eine ist eine sehr persönliche. Ich war in einer früheren Phase meines Berufslebens zehn Jahre in der nicht staatlichen Entwicklungsarbeit tätig. Angesichts der so genannten Greencard-Diskussion - Herr Schwäblein hat dankenswerterweise darauf hingewiesen, dass das ja eigentlich mit Greencard nichts, aber auch gar nichts zu tun hat stelle ich mir doch die Frage, ob wir eigentlich das Recht haben, Fachleute aus Ländern anzuwerben, die entwicklungspolitisch sich in einem ganz kritischen Stadium befinden, die um den Anschluss z.B. an den wirtschaftliche, sozialen, politischen, rechtlichen Standard der EUStaaten kämpfen, und denen nehmen wir nun in einem ganz entscheidenden wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Bereich - für die Zukunft entscheidenden Bereich die Fachleute weg. Wir können sie wegnehmen, weil wir das Geld haben.
Meine Damen und Herren, das ist ein Aspekt, den wir nicht so einfach unter den Tisch kehren können. Wir
haben hier mit Versäumnissen zu kämpfen und ich finde es schon einigermaßen bemerkenswert, dass ausgerechnet der heutige Bundeskanzler diese so genannte Greencard-Diskussion vom Zaun gebrochen hat - übrigens, wenn man sein damaliges Redemanuskript mal nachliest, das war gar nicht vorgesehen, die Greencard war ein spontaner Einfall -, der als niedersächsischer Ministerpräsident den Studiengang Informatik an der Universität Hildesheim geschlossen hat und - ich meine das
ohne Polemik - das war vor vier Jahren. Wenn ich das richtig sehe, war das die letzte bildungspolitische Maßnahme, die Herr Schröder zu verantworten hat.
Meine Damen und Herren, die Nachfrage in der Informatik, der Wirtschaftsinformatik und angrenzenden Fachgebieten, hat natürlich auch in Thüringen und damit auch an den Thüringer Hochschulen in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Unser Ministerium ist, und ich glaube, das auch gleich belegen zu können, bestrebt, die entsprechenden Rahmenbedingungen an den Thüringer Hochschulen für eine Befriedigung dieser Nachfrage bereitzustellen, so dass jeder Abiturient, der ein Informatikstudium anstrebt, auch tatsächlich dieses Studium aufnehmen kann und nicht abgewiesen wird. Das Wissenschaftsministerium reagiert auf die steigende Nachfrage zum einen mit einer Stärkung der den Hochschulen für diesen Bereich zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel. Hierdurch wurde in dem jetzt begonnenen Wintersemester u.a. verhindert, dass die stark nachgefragten Studiengänge mit einer Zulassungsbeschränkung, dem so genannten Numerus clausus, belegt wurden. Beispielhaft kann in diesem Zusammenhang auf die Entwicklung
an der Technischen Universität Ilmenau verwiesen werden. Die TU Ilmenau hat bereits im Haushaltsjahr 2000 aufgrund der starken Nachfrage in den informatikbezogenen Studiengängen zusätzliche Haushaltsmittel in Höhe von fast 800.000 DM erhalten. Ab dem Haushaltsjahr 2001 wird diese Universität zusätzliche Zuweisungen aus dem so genannten Sonderprogramm für die Informatik aus der Bund-Länder-Vereinbarung zum Sofortprogramm zur Weiterentwicklung des Informatikstudiums an den deutschen Hochschulen, das so genannte WIS-Programm, sowie, was nicht unterschätzt werden darf, aus dem Berufungsfonds unseres Ministeriums erhalten. Das Sonderprogramm für die Informatik, und auch darauf hat Herr Schwäblein kurz angespielt, als Landesprogramm mit einem geplanten Volumen von über 11 Mio. DM bis zum Jahr 2005 soll mit dem Doppelhaushalt 2001/2002 anlaufen. Aus dem Sonderprogramm werden zusätzliche Personalmittel, Sach- und Investitionsmittel für Studiengänge in der Informatik zur Verfügung gestellt.
Wir fördern in unserem Ministerium darüber hinaus jegliche Bemühungen, das bereits vorhandene breite Studienangebot für Informatik in Thüringen um weitere interessante Angebote zu ergänzen. So wurde in einem Verfahren von wenigen Tagen, andernorts dauert so etwas etliche Monate, innerhalb des Ministeriums dem Wunsch der Fachhochschule Erfurt entsprochen, bereits im Wintersemester 2001/2002 einen neuen Studiengang "angewandte Informatik" anbieten zu können. Das sechssemestrige Studium schließt mit einem Bachelor of Computer Science als erstem berufsqualifizierenden Abschluss ab.
Die Hochschule kommt damit dem Bedarf der Wirtschaft nach einer praxisorientierten Ausbildung von Spezialisten für das mittlere Management entgegen. Darüber hinaus zeigt die Vorgehensweise, wie schnell und kooperativ Hochschule und Ministerium daran arbeiten, Wirtschaft und Abiturienten zusammenzubringen.
Nun hat Herr Lippmann u.a. die Frage aufgeworfen, ob wir mit den bisherigen konventionellen Ausbildungsangeboten auskommen können. Ich will Ihnen an einigen Beispielen hier kurz erläutern, wie differenziert dieses Ausbildungsangebot an Thüringer Hochschulen bereits ist. Ich beziehe mich zunächst einmal auf die Hochschulen insgesamt und nenne Ihnen dann einige Zahlen wieder von der Universität Ilmenau. Wir haben an der TU Ilmenau die Studiengänge im Bereich Informatik und verwandte Studiengänge Informatik, Ingenieurinformatik, Wirtschaftsinformatik, Medientechnologie, Medienwirtschaft und angewandte Medienwissenschaft; an der Bauhausuniversität Weimar Informatik, Mediensysteme, Mediengestaltung; an der FSU Jena Informatik, Bio-Informatik und Medienwissenschaft; an der Fachhochschule
Schmalkalden Informatik, Wirtschaftsinformatik und Informationstechnik; an der Fachhochschule Nordhausen technische Information und an der Fachhochschule Erfurt angewandte Informatik.
Um das einmal mit Zahlen zu unterlegen, die sich jetzt ausschließlich auf die Technische Universität Ilmenau beziehen: In den angewandten Medienwissenschaften haben wir 389 Studierende, in der Informatik 670, in der Ingenieurinformatik 158, in der Medientechnologie 535, in der Medienwirtschaft 557 und in der Wirtschaftsinformatik 610 Studierende. Meine Damen und Herren, das sind fast 3.000 Studierende.
Ich glaube, dass wir vor diesem Hintergrund in Thüringen recht zuversichtlich in die Zukunft schauen dürfen und diese Zahlen berechtigen auch die Annahme, dass wir hier sehr viel weiter sind als in vergleichbaren Bundesländern. Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung, und zwar - Entschuldigung Frau Nitzpon.