In Kapitel 07 14 sind Fördermaßnahmen für Vorhaben der einzelbetrieblichen Technologieförderung, der Innovationsberatung und der wirtschaftsnahen Forschung veranschlagt. Hier wird nicht nur in zweistelligen Prozentsätzen gekürzt, es wird auch Innovation und Forschung zumindest im wirtschaftsnahen Bereich aufs Spiel gesetzt. Hier ist ein rigider Sparkurs praktiziert und das ist mehr als falsch.
Meine Damen und Herren, bevor ich in den Bereich Bildung gehe, möchte ich nicht versäumen, auch von Seiten der SPD dem Staatssekretär Ströbel gute Besserungswünsche zu schicken, wir wünschen uns,
dass er und seine Frau so schnell wie möglich wieder genesen und dass er dann da sitzt, wo er hingehört.
Meine Damen und Herren, alle Welt betont, wie wichtig Bildung für unsere Zukunft ist. Die Landesregierung schließt sich dem leider nur verbal an und kürzt zugleich die Mittel des Thüringer Kultusministeriums weit überproportional. Der bedauerliche Rückgang der Schülerzahlen führt tatsächlich zu einem partiellen Lehrerüberhang. Dieses be
stätigen nicht nur die SPD, sondern sogar die Lehrergewerkschaft und die ÖTV. Doch bereits jetzt sind von 29.516 Stellen im Kultusbereich nur 28.064 besetzt. Überall aus dem Land kommen Hilferufe von Eltern, weil Unterricht ausfällt, wenn Lehrer krank sind und fehlen. Vertretungsreserven sind bereits ausgeschöpft. Deshalb fordern wir unnachgiebig und zuerst eine Unterrichtsgarantie für alle Schüler, d.h. volle Unterrichtsversorgung entsprechend den gesetzlichen Stundentafeln.
Mit erhöhtem Stellenabbau (ohne Konzept) will die Landesregierung bis 2002 3.156 Stellen an allen allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen abbauen, davon allein 1.769 an den Regelschulen, die durch die CDU zum Herzstück des Thüringer Schulsystems deklariert wurden. Meine Damen und Herren, Sie programmieren eine Herzschwäche voraus.
Neben der Regelschule trifft die Planung der Landesregierung im Kultusbereich die Schulhorte am härtesten. Hier sollen 2001 und 2002 ein Drittel aller Erzieherinnenstellen wegfallen. Damit wird nicht nur die Existenz von Schulhorten an vielen Grundschulen gefährdet, sondern das bisher gültige Prinzip eines bedarfsgerechten und flächendeckenden Angebots von Plätzen in Schulhorten in Frage gestellt. Dieses ist so nicht hinnehmbar. Die SPD fordert und schlägt Ihnen vor, den Stellenabbau in den Jahren 2001 und 2002 um 1.000 Stellen zu vermindern, dann werden immer noch mehr als 2.000 Stellen abgebaut; wir sparen immer noch erheblich an Personalkosten, aber 1.000 Lehrerinnen und Lehrer und Erzieher mehr sichern den Standortvorteil Thüringer Schulen.
Nirgendwo sind die Unterschiede zwischen Ankündigung im Wahlprogramm und Realität im Haushalt größer als im Bereich des zweiten Arbeitsmarkts. Im Landtagswahlprogramm der CDU wird noch verkündet, Arbeitslosigkeit ist ungerecht und sozial ist, was Beschäftigung schafft. Doch wie sieht die Haushaltswirklichkeit aus? Im Einzelplan 07 08 "Förderung der Arbeit für Thüringen", Titelgruppe 74, zeigt sich die ganze soziale Kälte der Thüringer CDU. Das Landesarbeitsmarktprogramm "Arbeit für Thüringen" wird insgesamt um 24 Mio. DM auf 31 Mio. DM gekürzt. 1999 hatten wir hier 120 Mio. DM eingestellt. Geht man zusätzlich davon aus, dass alle Verpflichtungsermächtigungen bereits belegt sind, bleibt für das Jahr 2001 ein finanzieller Spielraum von ca. 10 Mio. DM. Da in diesem bescheidenen Teil auch noch die ABM-Kofinanzierung enthalten ist, ist der Verlust von mindestens 3.000 ABM-Stellen zu befürchten und das trotz der finanziellen
Absicherung durch den Bund auf hohem Niveau. Eine wirksame arbeitsmarktpolitische Intervention, wie immer angekündigt, z.B. in Schwerpunktregionen wie Nordthüringen, ist in diesem Finanzrahmen nicht leistbar, aber sie ist auch nicht gewollt. Meine Damen und Herren der Regierung, Sie veranstalten hier das gleiche Chaos, wie Anfang des Jahres, als Sie schon einmal laienhaft arbeitsmarktpolitische Entscheidungen zurücknehmen mussten, weil der Druck von außen und der Opposition zu groß war.
Gleiches gilt für den Bereich Arbeitsförderung Ost. Hier wird in einer Art und Weise mit der Sense gemäht, dass die Wurzeln gleich mitgenommen werden. Man riskiert den Verlust von weiteren 4.000 Stellen durch Kürzung von insgesamt 68 Mio. DM. Wer jetzt aber - entsprechend des Wahlkampfslogans "Arbeitslosigkeit ist ungerecht" -, den Sparzwang beachtend, wenigstens für 2000 nur den gleichen Mittelansatz erwartet, der ist betrogen worden. Meine Damen und Herren, diese CDU-Landesregierung verhindert insgesamt im Bereich des zweiten Arbeitsmarkts die Schaffung von 7.000 Arbeitsplätzen.
Sie verhindert also Kaufkraft, sie verhindert zusätzliche Bundesmittel, sie nimmt 7.000 Familien die Hoffnung auf ein selbstständiges Erarbeiten ihres Einkommens,
Meine Damen und Herren, es ist eine Zumutung, wenn ausgerechnet diese Regierung das Wort "Familie" in den Namen eines Ministeriums einfügen lässt. Familie hat etwas mit Geborgenheit, hat etwas mit Sicherheit zu tun, aber diese Landesregierung schürt gerade an diesem Punkt die größte Verunsicherung. Ich spreche von der neuen geplanten Regelung für Kindertageseinrichtungen. Herr Trautvetter, wenn Sie uns vorwerfen, wir würden Sie nicht verstehen, also wenn ich so, wie der Herr Ministerpräsident, ich will dieses Argument mal nehmen, in die Zeitung gucke, Ihre Leute verstehen es doch auch nicht. Oder habe ich das falsch gelesen, dass es schon die ersten Ankündigungen Ihrer Fraktion gibt, dass man diesem Gesetz nicht zustimmen wird. Also wenn Sie diesen Vorwurf richten, dann richten Sie ihn bitte an alle Fraktionen oder nicht nur an eine Fraktion in diesem Haus. Auch in Ihrer Fraktion gibt es mehr als Nichtverständnis für das, was da passiert.
Meine Damen und Herren, die Regelung für Kindertageseinrichtungen steht unter dem Motto: "Lasst uns sparen auf Kosten der Eltern, der freien Träger und der Gemeinden". Dass der so genannte Familienminister Pietzsch
immer nur den Vergleich mit den schlechtesten Ländern sucht, ist demaskierend. Anstatt diesen wichtigen Standortfaktor der bezahlbaren Kinderbetreuung zu nutzen, betreibt er die Abwanderung von jungen Familien und schiebt sie voran. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass hier einige Leute fernab von jeder Realität schalten und walten.
Diese scheinheilige Familienpolitik heißt in Zahlen konkret: Kürzung von 17 Mio. DM mit allen dazu beschriebenen Folgen, dazu kommt eine schlechte, oberflächlich bearbeitete Gesetzesnovelle. Wollen wir uns das wirklich leisten? Gerade den integrativen Bereich wird diese Novelle besonders treffen. Deshalb kann hier unsere Forderung nur sein,
eine Integration behinderter Kinder in Regeleinrichtungen darf nicht zu einer Betreuung nach Kassenlage werden.
Sehr geehrter Herr Sozialminister, es gibt ja mittlerweile auch aus Ihren Reihen den Vorschlag - und ich sage mal, das ist ein Vorschlag zur Güte, da könnten wir mitgehen -, diese Gesetzesnovelle aus der Haushaltsdebatte herauszulösen und dann getrennt vom Haushalt noch mal mit den freien Trägern zu besprechen. Das gäbe uns im Übrigen auch die Möglichkeit - und das wissen Sie, Herr Trautvetter -, die Unklarheiten in Bezug auf Haushaltslänge zu sichern. Sie wissen, wir machen Haushalt von Januar bis Dezember und dort ist die Haushaltslage von September bis September, auch das ist schon nicht passfähig. Der Vorschlag ist schon aus Ihren Reihen gekommen, wir würden den gern annehmen, Zustimmung; lassen Sie es uns herauslösen aus dieser Haushaltsberatung und in Ruhe, nach Anhörung auch der freien Träger, beraten, wie wir mit diesem Thema zukünftig umgehen.
Meine Damen und Herren, von der Ankündigung, die kommunale Selbstverwaltung zu stärken, ist nicht viel übrig geblieben. Heißt es in Ihrem Wahlprogramm noch "Kommunen müssen über den Kommunalen Finanzausgleich, das kommunale Steuer- und Gebührenaufkommen finanziell so ausgestattet sein, dass sie ihrer Verantwortung im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung auch gerecht werden", so ist in diesem Doppelhaushalt von Ihren Ankündigungen nichts übrig geblieben. Im Jahr 2001 wird der Kommunale Finanzausgleich um ca. 133 Mio. DM sinken; im Jahr 2002 werden den Kommunen dann gegenüber dem Vorjahr 60 Mio. DM mehr zur Verfügung gestellt. Wir lehnen die Kürzung der Zuführung aus dem Landeshaushalt ab. So sehr auch die Konsolidierung des Landeshaushalts zu begrüßen ist, es gibt in dem Zusammenhang vieles zu bedenken, z.B. dass sich die Einnahmen
der Kommunen in Thüringen in den Jahren 1993 bis 1999 um 5,7 Prozent reduziert haben und die Einnahmen des Landes im gleichen Zeitraum um 26,3 Prozent angestiegen sind. So wundert kaum, dass die Kommunen in Thüringen im Vergleich mit den Kommunen der anderen neuen Bundesländer den höchsten Verschuldungsgrad haben. Vor diesem Hintergrund wäre einer Konsolidierung der kommunalen Haushalte sicher der Vorrang vor der Konsolidierung des Landeshaushalts einzuräumen.
Wir schlagen vor, dass man den für 2002 wieder geplanten Anstieg um 60 Mio. DM bei den Zuweisungen an die Kommunen über die Zuführungen aus dem Landeshaushalt auf zwei Jahre verteilt. Zusätzlich zu den beschriebenen Belastungen durch den niedrigen KFA verlangt das Haushaltsbegleitgesetz einiges von den Kommunen zusätzlich, beispielsweise beim Vollzug des Bundesund Landeserziehungsgeldes. Auch die bereits besprochene geplante Änderung des Thüringer Kindertagesstättengesetzes wird neben der Belastung für die Eltern auch eine Mehrbelastung für die Kommunen bringen. Der Gemeindeund Städtebund beziffert den Verlust der Kommunen durch den Doppelhaushalt auf insgesamt 400 Mio. DM.
So lassen Sie z.B. die Gemeinden auch im Umweltbereich im Regen stehen. Die zweckgebundene Feldes- und Förderabgabe taucht nicht bei den Gemeinden auf, die vom Bergbau Nachteile haben, sondern sie wird im Haushalt allgemein verwurstelt. Die Mittel für die gemeindeeigenen Gewässer werden eingefroren, obwohl jeder weiß, dass sich das bald bitter rächen wird.
Für die Sicherung der gemeindeeigenen unterirdischen Hohlräume aus Altbergbau wollen Sie gleich gar keine Mittel mehr zur Verfügung stellen.
Meine Damen und Herren, seit Regierungsübernahme sind Polizei und Verfassungsschutz in die Kritik geraten. Das hängt im Wesentlichen mit rechten Aktivitäten, Aufmärschen und Übergriffen zusammen, die seit November 1999 nicht mehr abreißen wollen.
An dieser Stelle - er ist nicht da, aber ich spreche ihn trotzdem an -, Herr Ministerpräsident und auch Herr Innenminister, möchte ich einen Einschub machen. Wenn ich die Nachrichten gestern richtig verfolgt habe, hat sich der Fraktionsvorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion von dem gemeinsamen Anliegen, von dem gemeinsamen Konsens, ein Verbot der NPD herbeizuführen, verabschiedet. Ich halte
es, auch wenn es Haushaltsdebatte ist, für mehr als angemessen, dass sich diese Landesregierung dazu äußert und ihren Standpunkt klar macht. Ist es immer noch so, wie damals bei den Konsensgesprächen mit der PDS in der Staatskanzlei besprochen, dass wir gemeinsam hinter dem Weg, den Otto Schily und z.B. der Innenminister aus Bayern gehen, stehen, oder fällt diese Landesregierung genauso schnell und vor allen Dingen genauso oft wie der Herr Merz? Dieses bitte ich im Rahmen dieser Debatte klarzustellen.
Ich will auch noch einen Einschub machen zu Ihnen, Frau Neudert. Auch ich wünsche mir ein Land, ich gehe sogar weiter, ich wünsche mir sogar eine Welt ohne Geheimdienst. Aber stellen wir die Frage: Wer in diesem Raum eigentlich nicht? Aber die Realitäten sagen einfach, es ist noch nicht soweit. Und ich hoffe nie, dass es schmerzhaft ist, was ihren Stimmungsumschwung bewirken wird, der noch kommen wird, weil auch Sie wissen im tiefsten Innern, dass wir im Augenblick noch einen Verfassungsschutz brauchen.
Meine Damen und Herren, Polizei und eben dieser Verfassungsschutz schienen teilweise überrascht und überrollt durch die rechten Aktivitäten. Woran lag es? Durch teilweise willkürliche Umsetzungen in der Thüringer Polizei wurde diese verunsichert und in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt. Durch Untätigkeit des Innenministers wurde zugelassen, dass sich der Thüringer Verfassungsschutz selbst in die Arbeitsunfähigkeit hineinmanövrierte. Nun will Kronprinz Köckert die harte Linie. Schlägt sich das im Haushalt nieder? Nein. Zunächst einmal plant man durch die Änderung der Polizeistrukturen jetzt funktionierende Strukturen aufzulösen und zu zerstören; eine Landespolizeidirektion wird wieder eingeführt, die PIs sollen umstrukturiert werden. Die Landesregierung rückt von einem flächendeckenden System der Kontaktbereichsbeamten ab. Wir aber brauchen die Präsenz der Polizei in der Fläche.
Der erhöhte Verfolgungsdruck auf die rechte Szene wurde bisher im Wesentlichen durch Überstunden bei der Polizei abgesichert. Will man diesen Druck verstetigen, muss dies durch Stellenmehrung im Haushalt seinen Ausdruck finden. Dieses wurde zwar angekündigt, passiert ist de facto nichts. Zwar erhöhen sich die Planstellen beim LKA bis 2002 um 26 Stellen, das Personal bei der Polizeidirektion, also vor Ort, sinkt aber um weitere 41 Planstellen. Das heißt, bei der insgesamt anzustrebenden Polizeidichte von 1 : 340 Planstellen im Bereich des Polizeivollzugs fehlen uns im Augenblick 265 Stellen, und ich rede in dem Zusammenhang nicht, Gott sei Dank, über das Mehr an Autobahnen und dass uns da auch noch mal ca. 110 Beamte fehlen. Herr Köckert, in Bezug auf Ihre Ankündigungen sind Sie einer der großen Verlierer des Doppelhaushalts.
In meiner Antwort auf die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten vor einem Jahr habe ich Ihnen freundschaftlich geraten, den Mund mit Ankündigungen nicht so voll zu nehmen, sondern Ihren Laden zur Arbeit zu bringen hätten Sie es nur mal getan!