Die Bürger fühlen sich übergangen, da sie hohe Beitragsforderungen begleichen müssen, ohne zu wissen wofür. Gerade im Bereich der Kommunalabgaben versuchte der Ausschuss daher durch ausführliche Informationen die Akzeptanz bei den betroffenen Bürgern für die Erhebung von Beiträgen und Gebühren zu erhöhen.
Der Petitionsausschuss hat 1999 die erste Anhörung der 2. Legislatur im Rahmen eines Petitionsverfahrens gemäß § 6 Petitionsgesetz durchgeführt. Im Rahmen dieser Anhörung des Gemeinde- und Städtebundes als Sachverständigem sollte geklärt werden, ob für die Entstehung der Beitragspflicht auf dem Gebiet des Kommunalabgabenrechts das Vorliegen einer Beitragssatzung erforderlich ist oder ob bereits der Abschluss der beitragspflichtigen Maßnahme dafür ausreicht. Mit der Klärung dieser Rechtsfrage auf dem Wege der Anhörung sollte vermieden werden, dass in Zweifelsfällen Betroffene Widerspruchs- und gegebenenfalls Gerichtsverfahren führen. Im Ergebnis dieser Anhörung hat der Gemeinde- und Städtebund mitgeteilt, dass die Beitragspflicht frühestens mit Erlass der den Beitragsbestand begründenden Satzung entsteht. Diese Auffassung wurde zwischenzeitlich durch die zu dieser Thematik ergangenen Urteile Thüringer Verwaltungsgerichte bestätigt. Mit dieser Anhörung konnten daher zwar bestehende Unsicherheiten im Hinblick auf die zu klärende Rechtsfrage nicht vollständig ausgeräumt werden, jedoch konnte das Ergebnis dieser Anhörung schon vor dem Vorliegen entsprechender Rechtsprechung zur Rechtssicherheit im Umgang mit dieser Frage beitragen.
Schließlich soll in diesem Bereich noch auf Petitionen hingewiesen werden, mit denen die Petenten eine Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes dahin gehend erzielen wollten, dass Beiträge zinslos zu stunden sind, solange Grundstücke als Kleingärten im Sinne des Bundeskleingartengesetzes genutzt werden. Nachdem sich die Landesregierung anfangs ablehnend gegenüber dem Anliegen der Petenten geäußert hatte, hat sie dann dem Petitionsausschuss zugesagt, die von den Petenten begehrte Gesetzesänderung erneut zu prüfen. Auf den Gesetzentwurf zur Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes und zur Einführung von Verbraucherbeiräten ist hier zu verweisen, der ja gerade am gestrigen Tag verabschiedet wurde.
Im Vorgriff auf eine entsprechende Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes hat das Innenministerium die Kommunalaufsichtsbehörden bereits gebeten, darauf zu achten, dass die geplante Gesetzesnovellierung bei der Beitragserhebung schon berücksichtigt wird. Die Petitionen konnten daher im Hinblick auf die beabsichtigte Novellierung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes für erledigt erklärt werden.
Aus dem Bereich Finanzen ist eine Petition zu offenen Vermögensfragen hervorzuheben, die u.a. die Frage betraf, ob der Erbe eines durch Vermögensentzug geschädigten Neubauern dessen Rechtsnachfolger und damit Berechtigter im Sinne des § 2 Vermögensgesetz sein kann.
Der Petent begehrt die Rückübertragung der Grundstücke des ehemaligen Landwirtschaftsunternehmens seines Großvaters. Der Großvater des Petenten erhielt als Neubauer Grundstücke aus der Bodenreform. 1952 wurde der Großvater und seine Familie zwangsausgesiedelt. Daraufhin verließ der Großvater mit seiner Familie die DDR. Die Bodenreformgrundstücke wurden in den staatlichen Bodenfonds der DDR zurückgeführt. Als Erbe nach seinem Großvater beantragte der Petent u.a. die Rückübertragung dieser Bodenreformgrundstücke. Das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen hat den Antrag des Petenten abgelehnt. Zur Begründung hat das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verwiesen. Danach könne im Falle des Entzugs einer Neubauernwirtschaft der Erbe des geschädigten Neubauern nicht dessen Rechtsnachfolger und damit nicht Berechtigter im Sinne des § 2 Vermögensgesetz sein. Von einer Berechtigung im Sinne des § 2 Vermögensgesetz könne nur dann ausgegangen werden, wenn der Antragsteller Bodenreformgrundstücke erworben habe und er selbst von einer schädigenden Maßnahme nach § 1 Vermögensgesetz betroffen gewesen sei. Gegen den Bescheid des Landesamts zur Regelung offener Vermö
gensfragen hat der Petent Klage vor dem Verwaltungsgericht Weimar erhoben. Die Klage wurde abgewiesen, da das Verwaltungsgericht den Vermögensentzug, der mit der Zwangsaussiedlung erfolgte, entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht als eine schädigende Maßnahme im Sinne von § 1 Vermögensgesetz angesehen hat. Dabei hat das Gericht ausdrücklich offen gelassen, ob Bodenreformeigentum überhaupt im Wege der Rechtsnachfolge zur Anspruchsberechtigung im Sinne des § 2 Vermögensgesetz und damit auch grundsätzlich zum Rückübertragungsanspruch führen kann. Neben dem vermögensrechtlichen Verfahren hatte der Petent beim Landesamt für Rehabilitierung und Wiedergutmachung in Hildburghausen die Aufhebung der gegen seinen Großvater gerichteten Zwangsaussiedlungsmaßnahme sowie die Aufhebung der Vermögensbeschlagnahme beantragt.
Die Entscheidung des Landesamts zur Regelung offener Vermögensfragen kann der Petitionsausschuss wegen der zurzeit bestehenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht beanstanden. Diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann man aber angesichts eines Urteils des Bundesgerichtshofs für überdenkenswert halten, denn der Bundesgerichtshof hat die Erbfolge in Bezug auf Bodenreformgrundstücke anders bewertet. Er ist davon ausgegangen, dass die Erben eines Bodenreformeigentümers mit dessen Tod zunächst Eigentümer der Bodenreformgrundstücke geworden sind. Dies konnte erst danach durch die Entscheidung des Rates des Kreises nach der Besitzwechselverordnung eingeschränkt werden. Das hat zwar bisher zu keiner Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geführt, sollte aber eine verwaltungsrechtliche Rehabilitierung für die Zwangsaussiedlung der Familie des Großvaters des Petenten und den damit verbundenen Vermögensentzug erfolgen, wird erneut darüber zu entscheiden sein, ob der Erbe eines geschädigten Neubauern dessen Rechtsnachfolger und damit Berechtigter im Sinne des § 2 Vermögensgesetz sein kann.
Der Petitionsausschuss wird diese Problematik weiterverfolgen und sich bei einer Änderung der Rechtsprechung für die vom Petenten begehrte Rückübertragung der Grundstücke des ehemaligen Landwirtschaftsunternehmens seines Großvaters einsetzen.
Im Bereich des Strafvollzugs betreffen die meisten Beschwerden den Vollzugsalltag. Dabei geht es häufig um die Behandlung im Vollzug, es geht um das Essen, es geht um Vollzugslockerungen. Mit diesen Beschwerden befasste sich auch die Strafvollzugskommission als ständiger Unterausschuss des Petitionsausschusses. Wie in den Jahren zuvor war die Strafvollzugskommission auch im letzten Jahr wieder bemüht, sich ein Bild von den örtlichen Gegebenheiten durch Besuche im Strafvollzug, gewissermaßen vor Ort, zu machen. Dieses Mal
Erwähnt werden sollte vielleicht noch, dass die Beschwerden in diesem Bereich etwas zurückgegangen sind, so insbesondere in den Justizvollzugsanstalten Untermaßfeld, Hohenleuben und Ichtershausen. In der Justizvollzugsanstalt Erfurt ist allerdings ein starker Anstieg der Petitionen zu registrieren, was in Anbetracht des baulichen Zustandes, der noch sehr stark an DDRZeiten erinnert, auch nicht verwunderlich, da durch Umbaumaßnahmen in den anderen Haftanstalten der Abstand zu den noch nicht renovierten nun besonders augenfällig wird.
Zwar gab es auch im letzten Jahr wieder einige Petitionen, die sich gegen Gerichtsentscheidungen richteten, so dass sich der Petitionsausschuss dieser Angelegenheiten wegen der verfassungsrechtlich garantierten Unabhängigkeit der Richter nicht annehmen konnte, jedoch waren diese im letzten Jahr schon weniger als in den Jahren zuvor. Ob man hieraus Schlüsse ziehen kann, inwieweit die Menschen mit der Unabhängigkeit der Justiz vertrauter geworden sind, kann noch nicht beurteilt werden. Für ein abschließendes Urteil ist es dafür sicherlich noch zu früh.
Im Bereich Wissenschaft, Kultur und Bildung sind diese Petitionen im Wesentlichen die gleichen wie in den Jahren zuvor. Den Petitionsausschuss beschäftigten besonders Fragen zur Schulnetzplanung, Gastschulanträge und Stundenausfall. Auch die Schülerbeförderung wird zum Teil bemängelt. Ein Punkt allerdings verdient besondere Berücksichtigung, und zwar wird zum Teil vehement beanstandet, dass es für durchgefallene Abiturienten keine Möglichkeit gibt, wie dies in anderen Bundesländern möglich ist, mit Abschluss der 10. Klasse des Gymnasiums gleichzeitig den Regelschulabschluss zu erwerben, um zu verhindern, dass Gymnasiasten bei nicht bestandenem Abitur völlig ohne Schulabschluss dastehen.
In einigen Petitionen wandten sich die Bürger gegen die Unterschutzstellung ihrer Häuser als Denkmal. Insoweit bestand für den Ausschuss meist nur die Möglichkeit, auf die in Thüringen geltenden Vorschriften zu verweisen, wonach ein Denkmal bereits dann vorliegt, wenn der Erhalt im öffentlichen Interesse liegt und eine Eintragung in die Denkmalliste nur deklaratorischen Charakter hat.
Eine beträchtliche Zahl von Petitionen betraf erneut das Dienstrecht, insbesondere Versetzungen, Beförderungen, Verbeamtungen, Eingruppierungen. Auf eine Petition, mit der der Petent geltend macht, dass er nur deshalb versetzt werden soll, weil er sich gegenüber seinem Dienstherrn strikt an Recht und Gesetz gehalten hat, soll besonders eingegangen werden. Der Petent ist Beamter und wendet sich gegen seine Abordnung und geplante Versetzung. Der Petent ist seit 1993 im Landesdienst tätig.
1999 hatte der Petent den Auftrag erhalten, eine Verwaltungsentscheidung rechtlich zu prüfen. Da die rechtliche Prüfung anscheinend nicht das vom Dienstherrn gewünschte Ergebnis brachte, wurde dem Petenten vorgehalten, diesen Auftrag nicht erfüllt zu haben, und gedroht, disziplinarische Schritte gegen ihn zu prüfen. Um gegen diesen Vorwurf anzugehen, beantragte der Petent ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst, das heißt, ein so genanntes Selbstreinigungsverfahren nach § 34 der Bundesdisziplinarordnung. Die Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens gegen den Petenten wurde jedoch vom Dienstherrn mit der Begründung abgelehnt, dass es sich zwar um eine unvollständige Leistung, aber nicht um ein Dienstvergehen gehandelt habe. Sehr kurzfristig wurde der Petent darüber informiert, dass er zunächst abgeordnet und später versetzt werden soll. Die Abordnung und spätere Versetzung wurde vom Dienstherrn mit einer nun eingetretenen Änderung des Personalbedarfs und einer schlechteren Beurteilung des Petenten von 1998 begründet. Dabei wurde die Beurteilung dem Petenten erst 1999 zeitgleich mit dem Vorwurf, den übertragenen Auftrag nicht erfüllt zu haben, eröffnet. Der Petitionsausschuss hat die Eingabe inzwischen mehrfach beraten und eine Erklärung und rechtliche Begründung des Dienstherrn für seine Entscheidung gefordert.
Weiter wurde in den Bürgersprechstunden des Petitionsausschusses in Altenburg am 17. Juni 1999 eine Petition zum Dienstrecht eingereicht, die die unzumutbaren Zustände für das Personal während der Umbauarbeiten im Sozialgericht in Altenburg zum Inhalt hatte. Hier konnte der Ausschuss erreichen, dass sich die Landesregierung der Angelegenheit annahm, wobei diese ankündigte, künftig mögliche Verstöße gegen die Bestimmungen des Arbeitsschutzes auszuschließen, indem ein Baubeauftragter neu bestellt und mit Emissionen verbundene Bauarbeiten nach Dienstschluss durchgeführt werden sollten.
Die Petitionen aus dem Bereich des Baurechts richteten sich wiederholt auf die Genehmigung von Bauvorhaben und Festlegungen in Bebauungsplänen. Besonders die Abgrenzung zwischen dem so genannten Innen- und Außenbereich, die Einhaltung von Abstandsflächen sowie die Geltendmachung von Bestandsschutz für Baumaßnahmen noch aus der DDR-Zeit beschäftigten den Petitionsausschuss immer wieder. Dabei ist eine Petition, bei der der Petitionsausschuss erfolgreich vermitteln konnte, besonders zu nennen. Die Petentin hat die nachträgliche Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines kleinen Gartenhauses in landschaftlich reizvoller Lage begehrt. Das Gartenhaus befindet sich auf einem Grundstück am Stadtrand. Auf dem Nachbargrundstück befindet sich ein Einfamilienhaus, in der näheren Umgebung befinden sich sowohl Einfamilienhäuser als auch Wochenendhäuser. Das Gartenhaus wurde 1998 ohne Baugenehmigung errichtet. Erst danach wurde ein entsprechender Bauantrag gestellt. Der Bauantrag wurde von der zuständigen Baubehörde abgelehnt. Zugleich wurde der Petentin aufgegeben, das bereits illegal
errichtete Gartenhaus innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Bescheids entschädigungslos zu beseitigen. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass die Stadt ihr gemeindliches Einvernehmen wegen der Lage im so genannten Außenbereich gemäß § 35 Baugesetzbuch versagt habe. Wegen der Lage im Außenbereich sei das Bauvorhaben nicht nur formell, sondern auch materiell rechtswidrig und somit zu beseitigen. 1999 fand eine Ortsbesichtigung des Petitionsausschusses auf dem Grundstück selbst statt. Dabei kam zur Sprache, dass die Gemeinde Planungsabsichten gerade für dieses betreffende Gebiet habe. Im Hinblick auf die Planungsabsicht in der Gemeinde kamen die Anwesenden überein, dass der Vollzug der Beseitigungsanordnung für die Dauer von zwei bis zweieinhalb Jahren ausgesetzt wird. Dies entspricht dem Zeitraum, den das laufende Widerspruchsverfahren sowie ein sich anschließendes gerichtliches Verfahren in Anspruch nehmen würde. Die Aussetzung des Vollzugs der Beseitigungsanordnung gibt der Petentin die Möglichkeit, den Widerspruch gegen die Beseitigungsanordnung zurückzunehmen und sich bei einer in diesem Zeitraum vorliegenden Planung dieses Gebiets der Gemeinde erneut mit einem Bauantrag an die Baubehörde zu wenden. Im Gegenzug verpflichtete sich die Petentin gegenüber der Baubehörde, den Abriss dieses Gartenhauses unverzüglich nach dem Ende der vereinbarten Frist vorzunehmen und sich der sofortigen Vollstreckung zu unterwerfen. Das Ergebnis der Ortsbesichtigung wurde in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen dem Landratsamt und der Petentin vereinbart. Damit wurde zwar nicht dem Anliegen der Petentin entsprochen, die Petentin kann jedoch nun darauf hoffen, dass sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeitsvoraussetzung doch noch zugunsten ihres Gartenhauses bis zum Ablauf der Frist ändern könnte. Damit wurden wohl auch alle zurzeit für die Petentin bestehenden Möglichkeiten ausgeschöpft.
Wie in den vergangenen Jahren wurde in einer Vielzahl der Petitionen im Bereich Straßenrecht die noch nicht erfolgte Sanierung von Landesstraßen beanstandet. Im Fall der Kreisstraße 312 im Landkreis Weimarer Land und der Gemeindestraße in Niederzimmern konnte erreicht werden, dass eine grundhafte Erneuerung noch in den Jahren 2000/2001 erfolgen sollte. Soweit dies in weiteren Eingaben wegen der im Landeshaushalt ausgewiesenen nur begrenzt zur Verfügung stehenden Mittel nicht möglich war, wurde zumindest eine Straßenausbesserung vorgenommen. Auch setzten sich einige Petenten für eine veränderte Verkehrsführung ein. In zwei Eingaben wandten sich die Petenten gegen das hohe Verkehrsaufkommen in der Binderslebener Landstraße und forderten einen schnellen Weiterbau der A 71 im Norden von Erfurt zur Entlastung der Binderslebener Landstraße. Zunächst war die Fertigstellung für das Jahr 2012 vorgesehen. Zwischenzeitlich soll noch in diesem Jahr die Planfeststellung zumindest des ersten Bauabschnitts erreicht werden.
In einer weiteren Petition hatten sich mehrere Anlieger einer Straße in Greiz darüber beschwert, dass in der Straße, die über mehr als 50 Jahre öffentliche Straße war, die Eigentümer nun keine Durchfahrt mehr hatten. Die Stadt ist im Laufe des Petitionsverfahrens von ihrer ursprünglichen Rechtsauffassung abgekehrt und hat die Straße als dem öffentlichen Verkehr gewidmet angesehen, wobei es im Ergebnis den Anliegern möglich wurde, nunmehr wieder ungehindert zu ihren Grundstücken zu gelangen.
In ihrem letzten Tätigkeitsbericht für das Jahr 1998 hat schon meine Vorgängerin Frau Köhler die Problematik angesprochen, wie erreicht werden kann, dass nicht nur Behinderte mit dem Merkzeichen "außergewöhnlich gehbehindert", sondern auch solche, die nach der gesetzlichen Definition nicht außergewöhnlich, sondern nur einfach gehbehindert sind, die Möglichkeit der Parkerleichterung erhalten, also die Möglichkeit, auch Behindertenparkplätze zu benutzen. Letztes Jahr hat Frau Köhler darüber berichtet, dass es mit Hartnäckigkeit dem Ausschuss gelang, hier Änderungen anzuregen. Ich bin nun in der glücklichen Lage, Ihnen mitteilen zu können, dass die Arbeit des Petitionsausschusses in diesem Punkt Früchte getragen hat und vom zuständigen Ministerium für Wirtschaft und Verkehr eine Verordnung verabschiedet wurde, die weitgehend den von den Betroffenen geforderten Änderungen auch Rechnung trägt.
Die Zahl der Petitionen zum Ausländerrecht ist im Verhältnis zum Vorjahr in etwa gleich geblieben. Während z.B. in Nordrhein-Westfalen ca. 25 Prozent aller eingegangenen Petitionen und in Hessen derzeit 69 Prozent der eingegangenen Petitionen das Ausländerrecht betreffen, sind es in Thüringen etwa 4 Prozent. Die Erwartungen, die die Petenten in diesen Fällen mit der Einreichung ihrer Petitionen verbinden, können oft nicht erfüllt werden. Hier möchte ich den Fall einer Petentin aus Lettland erwähnen, den Sie sicher alle noch aus der Presse kennen. Diese begehrte aufgrund ihres persönlichen Schicksals ein Bleiberecht in Deutschland. Sie sei in einem Konzentrationslager in Lettland geboren. Aufgrund ihrer Tätigkeit für ehemalige KZ-Insassen werde sie in Lettland verfolgt. Das Asylverfahren wurde rechtskräftig zum Nachteil der Petentin abgeschlossen. Der Petitionsausschuss befasste sich bereits in seiner konstituierenden Sitzung mit dieser Petition. Letztlich konnte er sich praktisch nur dafür einsetzen, dass der Petentin die freiwillige Ausreise ermöglicht wurde, um ihr damit die Möglichkeit der Wiedereinreise zu geben. Rechtlich und tatsächlich gab es keine Möglichkeit, der Petentin ohne Ausreise den weiteren Aufenthalt in der Bundesrepublik zu ermöglichen. Denn die Petentin war vollziehbar ausreisepflichtig. Es gab auch keine rechtlichen oder tatsächlichen Gründe, die einer Abschiebung entgegengestanden hätten. Dies ist auch in vielen anderen Petitionen, die das Ausländerrecht betreffen, der Fall. Häu
fig hat hier das Bundesamt bereits über die Frage der Anerkennung der Asylberechtigung entschieden, ebenso über mögliche Abschiebungshindernisse. Sind die Petenten aber vollziehbar ausreisepflichtig, dann besteht auch für das Land nur noch sehr begrenzte Handlungsmöglichkeit.
Während sich zum Teil Petitionen gegen das Verhalten von Polizei, z.B. bei der Aufnahme von Verkehrsunfällen, richten, sind natürlich Polizisten selbst auch Petenten. Die Petitionen beinhalten meistens die gleichen Probleme wie von sonstigen Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes, z.B. Beförderungen, Versetzungen. In Verbindung mit dem Fall Heldrungen wurde auch eine weiter gehende Ausbildung der Polizisten gefordert.
Weiterhin möchte ich auf die Überarbeitung der Kostenordnung für Leistungen der Katasterbehörden hinweisen. Da sich das Verfahren der Abrechnung des tatsächlichen Aufwands gegenüber dem Verursacher im Allgemeinen als die gerechteste und auch für den Kunden plausibelste Abrechnungsart darstellt, soll dies im Grundsatz beibehalten werden. Allerdings gab es einige Vorschläge von Petenten zu Gebäudeeinmessungen; diese wurden, nachdem auch Erfahrungswerte vorlagen, aufgegriffen. Die Kostenordnung sollte entsprechend überarbeitet werden. So sollten unter anderem Entlastungen im Bereich der Gebäudeeinmessung erfolgen. Neben der Einführung eines neuen niedrigeren Wertbereichs mit entsprechend niedrigeren Gebührensätzen ist auch eine so genannte Rabattierung der Gebühren vorgesehen, z.B. wenn von mehreren Gebäudeeigentümern die Einmessung verschiedener Gebäude gemeinsam beantragt wird und die Arbeiten dann auf einmal erledigt werden können. Die neue Verordnung vom 18. April 2000 ist am 1. Juli in Kraft getreten.
Der Petitionsausschuss begrüßt diese Novellierung ausdrücklich, ist dies doch ein sichtbares Zeichen dafür, dass Vereinfachung auch zu einer Kostensenkung führt, die in diesem Falle sogar direkt an die Bürger weitergegeben werden kann, der sich darüber und über die etwas geringere Gebühr natürlich freut. Ich bin darüber hinaus auch der Meinung, dass diese Kostenklarheit auch zur Akzeptanz von Kosten, die durch Staats- oder Verwaltungsaufgaben entstehen, beim Bürger beitragen kann, denn er erfährt das unmittelbare Resultat der Verringerung von Verwaltungsaufwand.
Wie an dem vorliegenden Bericht zu erkennen und allgemein bekannt ist, bedeutet die Tätigkeit im Petitionsausschuss viel Arbeit, und zwar für alle Beteiligten, die wir gern im Interesse unserer Bürger in Thüringen erledigen. Wir freuen uns, dass die Bürger mit dem Bürgerbeauftragten zukünftig einen weiteren Ansprechpartner über den Petitionsausschuss hinaus haben werden, der sich ihrer Anliegen annimmt.
Lassen Sie mich aber an dieser Stelle außerdem allen Bediensteten des Petitionsbereichs in der Landtagsver
waltung, an ihrer Spitze Frau Roth, im Auftrag aller Mitglieder des Petitionsausschusses meinen allerherzlichsten Dank versichern.
Ich hoffe, das ist auch im Namen der übrigen Mitglieder dieses hohen Hauses, die nicht in diesem Ausschuss sind. Ich danke Ihnen.
Ich danke Herrn Abgeordneten Kölbel für diesen Bericht. Damit kommen wir jetzt zur Aussprache. Es hat sich der Abgeordnete Dittes, PDS-Fraktion, gemeldet.
Meine Damen und Herren, das Petitionsrecht ist ein verfassungsmäßig garantiertes Grundrecht für jedermann, sowohl für Bürgerinnen und Bürger als auch für jeden in der Bundesrepublik lebenden Nichtdeutschen, ganz gleich, über welchen Aufenthaltsstatus er verfügt. Angesichts der Anerkennungsquote von unter 5 Prozent der Asylanstragstellerinnen und Asylantragsteller ist es geradezu zwangsläufig, dass sich Flüchtlinge mit Petitionen an die Petitionsausschüsse der Landtage und des Bundestags wenden, denn die von mir angesprochene geringe Anerkennungsquote ist keineswegs Ausdruck über die tatsächlichen Fluchtgründe, sondern Ergebnis einer Asylrechtsverhinderungspolitik, aber das, meine Damen und Herren, soll an dieser Stelle nicht mein Thema sein.
In Artikel 14 der Thüringer Verfassung heißt es: "Jeder hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich oder mündlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden. Es besteht Anspruch auf begründeten Bescheid in angemessener Frist."
Meine Damen und Herren, dieser Anspruch auf Bescheid wird aber dadurch eingeschränkt, dass der Vollzug der Abschiebung in Fällen, in denen eine Petition, ob durch Anwälte, Flüchtlingsorganisationen oder Unterstützerinnen und Unterstützer eingereicht, vorliegt, einen Bescheid wert-, aber vor allem auch wirkungslos macht. Am Mittwoch der vergangenen Woche wurde der nigerianische Staatsbürger Jean Paul nach Lagos abgeschoben, und das, obwohl er rechtskräftig nach deutschem Recht verheiratet ist mit einer deutschen Staatsbürgerin, obwohl es Darstellungen gibt, dass er in seinem Heimatland staatlicher Verfolgung wegen politischer Betätigung unterliegt und obwohl dem Thüringer Landtag eine Petition seiner Ehefrau vorgelegen hat. Der Petitionsausschuss hatte damit keinerlei Möglichkeit mehr, zwischen den Vorgaben des Ausländergesetzes und dem im Grundgesetz verankerten Schutz von Ehe und Fami
lie abzuwägen. Zumindest aber hätte hier möglich sein müssen, wie bei dem im Bericht des Petitionsausschusses geschilderten Fall der lettischen Staatsbürgerin auch, eine freiwillige Ausreise in ein Land seiner Wahl bei entsprechender Verkürzung der Wiedereinreisesperre zu ermöglichen und der Landesregierung seitens des Ausschusses zu empfehlen und letztendlich auch daraufhin ihr Handeln einzufordern. Nunmehr kann der Petitionsausschuss, meine Damen und Herren, die Akten schließen, den Fall für sich als erledigt betrachten, weil ihm einfach die Grundlage für die weitere Arbeit fehlt. Nicht nur, dass im konkreten Fall die vollzogene Abschiebung sämtlichen menschlichen Überlegungen krass entgegensteht, meine Damen und Herren, mit dieser Vorgehensweise entwertet die Thüringer Landesregierung einerseits das Petitionsverfahren und damit auch das Petitionsrecht und den garantierten Anspruch auf einen begründeten Bescheid entsprechend der Thüringer Verfassung. Die Thüringer Landesregierung entwertet mit diesem Vorgehen auch den Petitionsausschuss selbst, weil dieser keinerlei Einfluss mehr auf behördliches Handeln ausüben kann, obwohl er gerade dafür geschaffen wurde. Nun ist uns auch bewusst, meine Damen und Herren, dass ein Petitionsverfahren eine gerichtliche Entscheidung im Vorfeld weder beeinflussen noch nachträglich verändern kann, aber er kann prüfen, meine Damen und Herren, ob in Fällen anstehender aufenthaltsbeendender Maßnahmen humanitäre Gründe entsprechend § 55 Abs. 4 Ausländergesetz vorliegen, die eine Abschiebung ausschließen und entsprechend empfehlend auf die Landesregierung und ihre nachgeordneten Behörden einwirken, die ihrerseits die Empfehlungen des Petitionsausschusses in ihren Entscheidungen berücksichtigen. Erst eine derartige Verfahrensweise, meine Damen und Herren, die Herr Kölbel in dem Bericht des Petitionsausschusses als Aufgabe und Recht charakterisierte, wird der beschriebenen Bedeutung des Petitionsverfahrens gerecht und nicht auch zuletzt dem berechtigten und ernsthaft vorgetragenen Anliegen der Petenten selbst. Ein solches Vorgehen, meine Damen und Herren, und lassen Sie mich das auch zum Schluss sagen, wird aber keineswegs eine dann immer noch notwendige Härtefallkommission für derartige Asylrechtsfälle ausschließen oder unnötig machen. Ich danke Ihnen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache und damit auch den Tagesordnungspunkt. Wir kommen jetzt vereinbarungsgemäß zu dem Punkt, der heute Morgen beantragt worden ist.
Wahl des Präsidenten und der weiteren Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs und ihrer Stellvertreter hier: Wahl eines weiteren Mitglieds des Verfassungsgerichtshofs dazu: Unterrichtungen durch die Präsidentin des Landtags - Drucksachen 3/826/827
Für die Nachwahl des bisherigen Mitglieds Reinhard Lothholz liegen zwei Anträge vor, zum einen der Wahlvorschlag der CDU in Drucksache 3/826, Frau Prof. Dr. Johanna Hübscher, und der Wahlvorschlag der PDS in Drucksache 3/827, Herrn Lothar König zu wählen.
Ich darf jetzt einmal die Verwaltung fragen, inwieweit die Wahlscheine schon zur Verfügung stehen. Es gilt das gleiche Verfahren wie am gestrigen Tag. Wir haben den Stimmzettel mit diesen beiden Wahlvorschlägen. Es ist der entsprechende Wahlvorschlag mit einer Stimme zu versehen, anzukreuzen. Gewählt ist, wie auch am gestrigen Tag, wer mindestens zwei Drittel der Stimmen der Abgeordneten dieses hohen Hauses auf sich vereint, also mindestens 59.
Ich darf die Wahlhelfer bitten, wieder ihrer Pflicht nachzukommen, das waren Frau Abgeordnete Bechthum, Herr Abgeordneter Braasch und Herr Abgeordneter Huster. Stehen die Wahlhelfer zur Verfügung? Zunächst die Stimmzettel in Empfang nehmen und sich wieder hier aufstellen. Sind damit alle Vorbereitungen geklärt? Es sieht so aus, dann bitte ich Frau Abgeordnete Wackernagel mit dem Aufruf der Namen zu beginnen.
Althaus, Dieter; Arenhövel, Johanna; Bechthum, Rosemarie; Becker, Dagmar; Bergemann, Gustav; Böck, Willibald; Bonitz, Peter; Dr. Botz, Gerhard; Braasch, Detlev; Buse, Werner; Carius, Christian; Dr. Dewes, Richard; Dittes, Steffen; Doht, Sabine; Döring, HansJürgen; Ellenberger, Irene; Emde, Volker; Fiedler, Wolfgang; Dr. Fischer, Urlsula; Gentzel, Heiko; Gerstenberger, Michael; Prof. Goebel, Jens; Grob, Manfred; Groß, Evelin; Grüner, Günter; Dr. Hahnemann, Roland; Heß, Petra; Heym, Michael; Höhn, Uwe; Huster, Mike; Illing, Konrad; Jaschke, Siegfried; Kallenbach, Jörg; Dr. Kaschuba, Karin; Dr. Klaubert, Birgit; Dr. Klaus, Christine; Dr. Koch, Joachim; Köckert, Christian; Kölbel, Eckehard; Dr. Kraushaar, Ingrid; Krauße, Horst; Kretschmer, Otto; Kretschmer, Thomas;