Protocol of the Session on July 5, 2000

Wir haben - insgesamt gesehen, muss ich sagen - versucht, über die Landräte hier schon darauf Einfluss zu nehmen, dass verstärkt mit darauf geachtet wird, dass wir, sagen wir mal, jedenfalls versuchen wollen, wenige Verursacher in dieser Richtung zu haben. Wir müssen insgesamt aufpassen, doch es ist relativ schwierig, dann festzustellen, wer der Verursacher ist, wenn nach einem halben Tag oder nach einem Tag erst festgestellt wird, hier sind tote Fische vorhanden, wo kommen die denn her. Es wird schon eine ganze Menge in dieser Richtung getan, glaube ich mal, aber wir werden alles daran setzen, damit die Aufklärungsquote noch größer wird.

Weitere Nachfragen sehe ich nicht, dann kommen wir zur nächsten Frage, zugleich die letzte Frage, die ich für heute aufrufe, und zwar in der Drucksache 3/755. Frau Abgeordnete Arenhövel.

Umsetzung des Programms zur Förderung des Ehrenamtes älterer Arbeitsloser "50 PLUS"

Der Landtag hat mit dem Haushalt 2000 bis zu acht Millionen D-Mark für den Einstieg in das oben genannte Programm zur Verfügung gestellt. Dabei ist eine Aufwandsentschädigung von 100 D-Mark pro Monat bei einem ehrenamtlichen Engagement von 10 bis 20 Stunden und von 200 D-Mark bei einer Zeit von über 20 Stunden ehrenamtlicher Tätigkeit im Monat vorgesehen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist die vorgesehene und inzwischen ja auch erschienene Richtlinie mit der Arbeitsverwaltung abgestimmt?

2. Kann seitens der Landesregierung ausgeschlossen werden, dass diese Aufwandsentschädigung auf das Arbeitslosengeld angerechnet wird?

3. Inwiefern gilt der genannte Personenkreis als uneingeschränkt verfügbar für den Arbeitsmarkt?

4. Inwieweit ist mit den kommunalen Spitzenverbänden die Umsetzung dieser Richtlinie vereinbart?

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Dr. Pietzsch.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, verehrte Frau Abgeordnete Arenhövel, im Namen der Landesregierung beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu Frage 1 ein ganz klares Ja.

Zu Frage 2, ob es ausgeschlossen werden kann, dass die Aufwandsentschädigung auf das Arbeitslosengeld angerechnet werden kann, sage ich auch: Ja, es ist ausgeschlossen. Die Anrechnung von Aufwandsentschädigungen auf das Arbeitslosengeld ist unter anderem abhängig von der Höhe der Entschädigung. Es bleibt grundsätzlich ein Betrag von 315 DM anrechnungsfrei. Beide Leistungen liegen unter diesem Betrag nach § 4 Abs. 3 der Richtlinie. Es wird also einzelnen ehrenamtlich Tätigen eine Aufwandsentschädigung von monatlich 100 DM, sofern die Tätigkeit zwischen 10 und 20 Stunden im Monat liegt, und 200 DM monatlich für den Fall, wenn die Tätigkeit mehr als 20 Stunden im Monat in Anspruch nimmt, gezahlt. In jedem Fall bleibt die Aufwandsentschädigung unter dem Betrag von 315 DM und ist damit anrechnungsfrei.

Zu Frage 3: Die Beschäftigungssuche durch das Arbeitsamt schließt die Verfügbarkeit des Arbeitslosen ein, das ist richtig. Das bedeutet, dass der Arbeitslose den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamts zur Verfügung stehen muss. Im Ergebnis darf der Arbeitslose durch nichts gehindert sein, ohne Verzug eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden umfassende Beschäftigung aufzunehmen. Allerdings ist die ehrenamtliche Tätigkeit kein Arbeitsrechtsverhältnis und kann jederzeit geändert werden. Durch die von Ihnen angesprochene ehrenamtliche Tätigkeit wird die Verfügbarkeit insoweit nicht beeinträchtigt und steht damit dem Anspruch auf Arbeitslosengeld oder -hilfe nicht entgegen.

Zu Frage 4: Die Umsetzung der Richtlinie erfolgt über die Landkreise und kreisfreien Städte. Die Richtlinie wurde mit den kommunalen Spitzenverbänden mehrfach abgestimmt, zuletzt in einem Spitzengespräch am 17. Mai diesen Jahres, an dem ich übrigens auch selbst teilgenommen habe. Dabei haben die kommunalen Spitzenverbände sinnvolle Anregungen gegeben, die sich in der jetzt vorliegenden Richtlinie wieder finden, so dass die kommunalen Spitzenverbände hier voll einbezogen worden sind. Danke.

Nachfragen sehe ich nicht, damit schließe ich diese Frage und gleichzeitig die Fragestunde für heute. Die weiteren Anfragen werden dann morgen zum Aufruf kommen.

Ich eröffne den Tagesordnungspunkt 21

Aktuelle Stunde

a) auf Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: "Hohe Preise an Thüringer Zapfsäulen Auswirkungen auf Bevölkerung und Wirtschaft" Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/739

Das Wort hat zunächst der Abgeordnete Kallenbach, CDUFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, und ganz besonders herzlich begrüße ich Thüringer Transportunternehmer auf der Besuchertribüne. Herzlich willkommen!

(Beifall bei der CDU)

"Lkw-Korso gegen Ökosteuer", "Front gegen Ökosteuer", "Thüringer Transportunternehmer fordern Abschaffung der

Ökosteuer", so und so ähnlich lauteten die Überschriften in den Zeitungen als Reaktion auf die Sternfahrt von über 100 Lkws vor dem Thüringer Landtag am 24.06.2000. Es war organisiert vom Landesverband des Thüringer Verkehrsgewerbes und den IHKs. Es war schon beeindruckend, meine Damen und Herren. Leider waren nur wenige da, insbesondere von der SPD-Fraktion besonders wenige, um nicht zu sagen gar niemand.

(Heiterkeit bei der CDU)

Es war schon beeindruckend, als die Lkws hier vorfuhren, um mit allem Nachdruck auf die bedrohliche Situation ihrer Branche hinzuweisen. Die Ursachen für die hohen Benzin- und Dieselpreise liegen in den hohen und stark gestiegenen Rohölpreisen, in dem schwachen Euro gegenüber dem Dollar und eben in der Ökosteuer oder - genauer gesagt - in der Energiesteuer. Es ist ja keine Ökosteuer, die bringt ja nichts, leider nichts, für die Umwelt.

(Beifall Abg. Arenhövel, CDU)

Es ist eine reine Energie-, eine Abkassiersteuer.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, SPD: Bei der CDU war das so.)

Inzwischen macht diese so genannte Ökosteuer, die Mineralölsteuer und die Mehrwertsteuer 1,38 DM bis 1,40 DM aus bei einem Liter Super-Benzin. Das macht den Umfang der Belastung deutlich, die jeder an den Zapfsäulen zu zahlen hat.

Nun ist klar, dass man so gut wie gar keinen Einfluss auf den Rohölpreis von Deutschland aus hat, nur sehr begrenzt auf den Euro. Aber wenn das so ist, meine Damen und Herren, dass die Preise so steigen, dann ist es doch Aufgabe der Politik, da gegenzusteuern. Aber was macht man? Man setzt eben noch eins obendrauf und setzt eine Stufe der Ökosteuer nach der anderen in Kraft, so dass eben die Preise immer mehr steigen und das wird insbesondere natürlich für das transportierende Gewerbe zu einer existenzbedrohenden Gefahr. Die Umsatzrendite in dieser Branche liegt inzwischen nur noch zwischen 0 und 1 Prozent. Wenn die nächste Stufe kommt, kommen sollte, dann können Sie sich ausrechnen, was dann passiert. Dann kommt sie gegen null oder unter null. Und dem typischen mittelständischen Gewerbe, insbesondere in Thüringen, muss doch an dieser Stelle geholfen werden. Wir können nicht tatenlos zusehen, dass diese Unternehmen in den Konkurs getrieben werden.

(Beifall bei der CDU)

Wir hatten dann ein Gespräch im Anschluss an diese Sternfahrt hier im Hause. Ich möchte nur einmal an zwei Zahlen demonstrieren, wie das der Herr Braun, der ehemalige Präsident des LTV, geschildert hat; wie es sich auswirken kann. Er sagte, 1999 hatte er zusätzliche Aufwen

dungen für seine sieben Lkws in Höhe von 47.000 DM durch die gestiegenen Dieselpreise. In diesem Jahr sind es bereits 87.000 DM. Und wenn es so weitergeht - Fragezeichen. Er sagt: In dieser Situation kann ich in diesem Jahr, was geplant war, keinen neuen Lkw anschaffen, d.h. nicht investieren. Damit wird deutlich, was das auch für die Fahrzeugindustrie für Auswirkungen hat. Es wird nicht mehr gekauft; demzufolge werden dort die Umsätze auch erheblich runtergehen. Die Insolvenzquote beträgt inzwischen 25 Prozent. Nun könnte ein grüner Naivling denken: Naja, jetzt wird eben der Verkehr auf die Schiene verlagert. Dem ist aber nicht so. Der Anteil auf der Schiene sinkt. Aber was steigt, ist der Anteil der ausländischen Lkws und das wollen wir doch gerade verhindern. Und die zahlen auch nicht bei uns die Steuern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Im Übrigen, in unseren Nachbarländern Frankreich, Niederlande und Dänemark bekommen die ausländischen Lkws eben aus diesen Ländern einen großen Teil der hier gezahlten Steuern wieder zurück von ihren einheimischen Regierungen. Da stellt sich schon die Frage, ob da die EU-Kommission auch so genau hinschaut bezüglich des Subventionstatbestands wie bei uns an der einen oder anderen Stelle. Ich bin sehr gespannt, wie da die Reaktion der EU sein wird.

Für uns sind diese Proteste der betroffenen Unternehmen außerordentlich verständlich. Die CDU wird sie auch künftig mit allen verfügbaren Mitteln und politischen Mitteln unterstützen. Ich erinnere hier an unseren Antrag vom März diesen Jahres, der die Landesregierung bittet, alles Mögliche auf Bundesebene zu unternehmen, um die Ökosteuer zu stoppen. Und ich erinnere an die Bundesratsinitiative von Baden-Württemberg, der Thüringen und Bayern beigetreten sind.

Herr Kallenbach, die Zeit ist erschöpft.

Gut. Ich komme zum letzten Satz, er ist sowieso auf meinem Zettel der letzte Satz. Damit wird die Rücknahme der Ökosteuer zum 01.01. diesen Jahres gefordert. Wir sind sehr gespannt auf die Abstimmung am 14.07. diesen Jahres, wie es dann im Bundesrat ausgehen wird. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Ramelow, PDSFraktion.

Werte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, auch ich grüße die Damen und Herren vom Speditionsgewerbe. Wir hatten ja eine spannende Diskussion am Sternfahrtag und ich wiederhole das, was ich dort in dem Landtagssaal gesagt habe: Die Ökosteuer ist weder ökologisch noch sozial, sie ist weder gerecht noch ausgeglichen. Große Unternehmen werden tatsächlich entlastet,

(Unruhe bei der CDU)

aber kleine Unternehmen werden doppelt und dreifach belastet. Deswegen hat die PDS-Fraktion im Deutschen Bundestag die Ökosteuer abgelehnt.

Allerdings teilen wir Ihre Schlussfolgerung nicht, Herr Kallenbach. Wir sind nicht für Absetzen oder Aussetzen, sondern wir sind für eine Neufassung einer Ökosteuer, die tatsächlich den Namen verdient. Denn, meine Damen und Herren, es macht keinen Sinn, dass lebende holländische Schweine durch Europa transportiert werden, damit sie in Südtirol geschlachtet werden, um anschließend mit Lkws wieder zu deutschen Supermärkten gebracht zu werden, um dann einerseits aus Subventionsgründen, aber andererseits für den Verbraucher für Pfennige in den Markt gebracht zu werden. Die Transportkosten stehen in keiner Relation zu den eigentlichen Produktionskosten.

Das Problem bei dieser Fragestellung der Belastung, die alle Beteiligten haben, ist tatsächlich - und deswegen nenne ich sie unsozial und von der Herangehensweise her für fatal und falsch -, dass die Belastung isoliert nur auf die Bundesrepublik Deutschland reduziert ist. Die Frage der ökologisch nachhaltigen Besteuerung des Preises für Transport müsste in Europa abgeglichen sein und wir bräuchten eine europäische Entwicklung, damit eben nicht die Spedition Betz 3.000 Lkws in Deutschland ausflaggt, um sie nach Rumänien zu bringen und sie dann sozusagen von Rumänien aus über die deutschen Straßen fahren zu lassen, für Pfennige, für die die deutschen Spediteure nicht fahren können. Aber, meine Damen und Herren - und da wiederhole ich auch die Frage, die ich den Spediteuren gestellt habe -, es kann nicht sein, dass sich die Damen und Herren des Verkehrsgewerbes in Deutschland hinstellen und sich vor's Loch schieben lassen von den Großunternehmen, die tatsächlich bei den Lohnnebenkosten entlastet werden. Ich habe es am Beispiel des FIEGE WDZ ja klar gemacht. Während derselbe Verband bei den LKWKutschern belastet wird, wird der Lohnfaktor im FIEGE WDZ entlastet. Diese Wirkung ist der Steuer ja anheim gestellt, dass nämlich die Lohnnebenkosten tatsächlich reduziert werden, weil die Rentenkassen damit aufgefüllt werden. Es ist dringend notwendig, dass die Sozialkassen entlastet werden, aber eben nicht über den Spritpreis, sondern wir bräuchten eigentlich eine Politik, in der die 4 Mio. Menschen Arbeit haben und in die Rentenkassen bzw. Arbeitslosenkassen einzahlen. Dann würden die Lohn

nebenkosten auch sinken.

Insoweit, meine Damen und Herren, will ich es kurz und knapp machen. Ich halte den CDU-Antrag heute für heuchlerisch. Sie hatten 16 Jahre Zeit, die Sache mit den Lohnnebenkosten in Ordnung zu bringen. Sie haben sich davor gedrückt. Ich bedauere, dass Rotgrün einen guten Ansatz, nämlich die ökologische Belastung, europäisch isoliert angegangen hat und damit deutsche Spediteure besonders belastet, während andere - davon Großunternehmen - profitieren. Ein bisschen war ich geneigt, bei dem Titel, den Sie der Aktuellen Stunde gegeben haben, von den Zapfsäulen zu glauben, dass es um die Zapfhähne geht, dass es vielleicht um den Bierpreis geht und damit um die bayerischen Verhältnisse. Aber ich glaube, es wäre besser, wenn wir ehrlich genug den Bürgern sagen würden, dass Transport tatsächlich Geld kostet. Aber es darf nicht so sein, dass innerhalb Europas in einem freien Markt eine bestimmte Gruppe allein belastet wird, während andere lächelnd dabei rausgehen. Insoweit denke ich, dass wir tatsächlich dem Verkehrsgewerbe in Thüringen mehr Aufmerksamkeit schenken sollten. Und ich hätte mich gefreut, wenn die SPD-Kollegen anwesend gewesen wären, um direkt mit den Spediteuren zu diskutieren. Ich hoffe, dass das, was wir im Wirtschaftsausschuss beschlossen haben, nämlich eine Gesamtbelastungs- und -entlastungsrechnung zu bekommen, zur Versachlichung des Themas beiträgt. Insoweit finde ich tatsächlich die Aktuelle Stunde ein durchschaubares Manöver, das ich heuchlerisch nenne. Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Es hat jetzt die SPD das Wort, der Abgeordnete Lippmann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, kürzlich war ich zu einer Festveranstaltung in Berlin, wo alle die eingeladen waren, die der letzten Volkskammer angehört hatten. Dort wurden sehr viele und schöne - auch kluge - Reden gehalten. Ich möchte mit einer Sequenz die fünf Minuten beginnen, die mich beeindruckt hat. Es wurde dort von dem Herrn Gysi - wo er Recht hat, hat er Recht - gesagt, es war im Unterschied zu den anderen zurzeit bestehenden Ländern - auch Bundesparlamenten - in der Volkskammer so, dass man noch überzeugen konnte, auch den politischen Gegner überzeugen konnte durch die Kraft der Argumente und durch die Realität. Und das ist auch passiert. Es ist nicht immer so passiert, aber es ist passiert. Das hat mich beeindruckt. Wir haben es ja alle selber erlebt, oder zumindestens die, die dem Parlament angehört hatten. Das ist nun heute nicht mehr möglich - woanders nicht, und hier schon gar nicht.