Protocol of the Session on June 8, 2000

Meine Damen und Herren, in der Begründung des Antrags wird mir vorgehalten, ich hätte diese Wirkung auf Thüringen als marginal bezeichnet. Ich kann dem Text allerdings nicht entnehmen, worauf man sich bezieht, das hätte schon etwas deutlicher gemacht werden müssen. So ist die Aussage, jedenfalls für mich, offensichtlich aus dem Zusammenhang gerissen. Wie Ihnen bekannt ist, habe ich die Auswirkungen der Pläne der Bundesregierung zur Unternehmenssteuerreform, dem Steuersenkungsgesetz untersuchen lassen und dem genannten Gesetzentwurf wurde der Antrag der Länder Bayern, BadenWürttemberg und Thüringen für eine Steuerreform für mehr Wachstum und Beschäftigung gegenübergestellt. Bei der Vorstellung der Ergebnisse dieser Studie habe ich die von Ihnen angeführte Terminologie, die Auswirkungen in Thüringen seien marginal, gebraucht. Allerdings hat sich diese Aussage auf den Vergleich der beiden Modelle hinsichtlich der Entwicklung des Landesanteils an der Einkommens- und Körperschaftssteuer bezogen und das

habe ich aus gutem Grund gemacht. Wer die Auseinandersetzungen im Bundestag, im Bundesrat verfolgt hat, so wird uns ja von der Bundesregierung vorgeworfen, dass die in unserem Gesetzentwurf vorgesehenen Steuermindereinnahmen von 50 Mrd. DM nicht stimmen würden, sondern sie würden wesentlich höher ausfallen. Nur muss ich da sagen, wenn ich die Auswirkungen auf Thüringen vergleiche, so führt das Regierungsmodell der Bundesregierung im Jahr 2001 zu 383 Mio. DM Steuermindereinnahmen, das Modell von Bayern, Baden-Württemberg und Thüringen zu 379 Mio. DM Steuermindereinnahmen und im Jahr 2003 sind es beim Regierungsmodell 394 Mio. DM und bei unserem Model 441 Mio. DM. Das heißt, wir liegen nach unseren berechneten Ergebnissen wirklich in den Entlastungswirkungen insgesamt marginal auseinander, wobei die dabei berechneten Steuermindereinnahmen nicht gleichzusetzen sind mit den bei der Haushaltsplanung zu berücksichtigenden Einnahmenausfällen, denn diese beinhalten zusätzlich noch die Folgewirkungen des Länderfinanzausgleichs, die in der Studie nicht untersucht wurden. Einnahmeausfälle in der zuvor genannten Größenordnung sind für Thüringen keineswegs marginal. Es bedarf gewaltiger Anstrengungen, diese Ausfälle im Haushalt zu bewältigen. Allerdings setzt sowohl die Bundesregierung als auch die Union mit dieser Steuerreform auf einen wirtschaftlichen Effekt, der zu mehr Wachstum und Beschäftigung und damit auch zu mehr Steuereinnahmen führen wird, so dass auch diese Zahlen momentan Schätzzahlen sind, deren Auswirkungen wir erst mit der Wirkung der Steuergesetzgebung dann reell betrachten können. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich gehe davon aus, dass Aussprache gewünscht wird und gebe Frau Abgeordneten Neudert, PDS-Fraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Minister Trautvetter, ich denke zunächst einmal, der Antrag, den wir heute gestellt haben, auf Berichterstattung ist nichts Ehrenrühriges und muss auch nicht von vornherein gering geschätzt werden. Wir befinden uns in der Phase der Aufstellung des Haushalts des Landes; die Kommunen arbeiten auch an der Aufstellung ihrer Haushalte für das kommende Haushaltsjahr und da ist es doch nun wirklich nichts als recht und billig, dass man sich darüber verständigt, mit welchen Wirkungen wir uns hier in Bezug auf die kommenden Haushalte einrichten müssen. Sie haben gesagt, es kann so oder auch anders kommen, ich gebe Ihnen Recht, das ist bei Schätzungen immer so die Frage und der eine berücksichtigt dies bei den Schätzungen und der andere etwas anderes. Mir ist durchaus bewusst, dass es da zu unterschiedlichen Aussagen kommen kann. Dennoch stellt sich ganz einfach die Frage, wenn es

von Finanzministern ostdeutscher Länder derartig gravierend unterschiedliche Aussagen gibt - und ich sage Ihnen auch gleich, in welcher Form gravierend -, dann muss man sich schon die Frage stellen, wie kann das sein und worauf richten wir uns in Thüringen nun wirklich ein. Wenn man weiß, dass wir uns auf einen Doppelhaushalt vorbereiten und demzufolge ja auch irgendwo dann mit Zahlen hantieren müssen, in denen Einnahmen des Landes auch in dem Doppelhaushalt verankert werden - und das habe ich natürlich heute vermisst, worauf Sie sich dann wirklich stützen -, dann muss man einfach diese Fragen in irgendeiner Form beantworten. Sie haben versprochen, Herr Minister, Sie werden Anfang September - und ich hoffe, dass das diesmal tatsächlich verfassungsgemäß so passiert - den Haushalt einbringen. Dann ist da nicht mehr viel Zeit und demzufolge gehen wir davon aus, dass sich alle Fraktionen hier im Haus schon sehr vehement mit diesen Fragen beschäftigen sollten. Sie, Herr Minister, und vielleicht haben Sie an der Stelle das Wort "marginal" gar nicht verwandt, so wie Sie es heute auch nicht am Beginn Ihrer Rede verwandt haben und trotzdem haben Sie auch heute gesagt, die zu erwartenden Steuermindereinnahmen für das Jahr 2000 sind so gering, gemessen an den Gesamteinnahmen - und das ist nichts anderes als marginal, Herr Minister -, dass man sie eigentlich, sage ich einmal, vernachlässigen kann, auch wenn wir beide wissen, wir streiten uns im Haushalts- und Finanzausschuss manchmal um 10.000 DM und 25.000 DM und da sind dann 23 Mio. DM schon nicht mehr Peanuts. Man kann tatsächlich sagen, die 23 Mio. DM, die hier in Rede stehen für das Jahr 2000, sind erst einmal aus der Sicht der Gesamteinnahmen nicht so erheblich, dass man ein Theater darum machen müsste, aber wenn der sachsen-anhaltinische Finanzminister mit 600 Mio. DM rechnet und auch Herr Milbradt in Sachsen in derartigen Größenordnungen rechnet, dann muss man sich schon die Frage stellen, woraus resultiert ein derartiger Unterschied und was wird vielleicht in Thüringen anders berücksichtigt als in Sachsen und SachsenAnhalt, und das war die Frage, die wir hier eigentlich beantwortet haben wollten.

Wir wissen alle, meine Damen und Herren, die bereits vollzogenen und geplanten Steuerrechtsänderungen wirken sich in den einzelnen Steuerarten recht unterschiedlich aus. Während bei der Einkommenssteuer kräftige Einnahmeausfälle erwartet werden, soll das Aufkommen der Umsatzsteuer ansteigen. Wenn man aber weiß, dass die Kommunen an der Einkommenssteuer mit 15 Prozent beteiligt sind, an der Umsatzsteuer aber nur mit 2,2 Prozent, dann muss man einfach darüber reden, ob hier von Kompensation die Rede sein kann. Das Aufkommen aus der Gewerbesteuer, Herr Finanzminister hat das selbst gesagt, soll steigen. Da die Kommunen damit zu stark begünstigt würden, wird über die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage der geschätzte Einnahmezuwachs gleich mal wieder abgeschöpft. Dies ist allerdings insofern fatal, dass sich die Steigerung der Gewerbesteuer im Augenblick aus Veränderungen der Abschreibungsmöglichkeiten ergeben, die, wie Sie alle wissen, einen kurzfristigen Effekt in sich bergen.

Die Erhöhung der Umlage aber, die wird bleiben. Demzufolge werden auf lange Sicht die Kommunen also wieder einmal die Verlierer sein. Zumindest muss man es nach der derzeitigen Lage so einschätzen. Gegenüber der Schätzung vom November steigert der Bund seine Steuereinnahmen in 2000 um 5,4 Mrd. DM und davon sind 5,1 Mrd. DM auf die, und ich sage es auch, so genannte Öko-Steuer zurückzuführen. Von einer Belebung der Konjunktur sprechen diese Zahlen also gewiss nicht. Die Länder sollen in ihrer Gesamtheit in diesem Jahr 2,8 Mrd. DM mehr, als noch im Mai 1999 geschätzt wurde, einnehmen. Dabei ist bekannt, dass die Schere hier ungeheuer weit auseinander geht und dass sich die Mehreinnahmen in der Regel auf die westlichen Bundesländer konzentrieren werden.

Für das nächste Jahr sollen die Einnahmeschätzungen der Länder gar um 1,6 Mrd. DM nach unten korrigiert werden. Das wird sich in den neuen Bundesländern am meisten auswirken. Der Sinn unseres Antrags war ganz einfach, dass man sich mit dieser Situation auseinander setzen muss, dass man in Anbetracht des zu erwartenden Doppelhaushalts genau sagen muss, womit rechnen wir, was werden wir in den Haushaltsplanentwurf einbeziehen, damit man sich darüber verständigen kann. Denn eines ist Fakt, wir werden für den Doppelhaushalt, natürlich wenn die Landesregierung ihr Versprechen einhält, vielleicht einen Monat länger Zeit haben als in den vergangenen Jahren zur Diskussion des Haushalts, aber es wird auch eine weit größere Aufgabe sein, sich damit auseinander zu setzen, und insofern kann man nur so viel wie möglich Arbeit voraustun und das wollten wir mit dem heutigen Antrag erreichen.

(Beifall bei der PDS)

Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Höhn, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist noch nicht oft vorgekommen, aber mir geht es bei diesem Antrag der PDS ähnlich wie unserem Finanzminister. So ganz habe ich das Anliegen dieses Antrags ehrlich gesagt auch noch nicht verstanden, auch nicht nach den Ausführungen von Frau Neudert jetzt eben. Wir kommen hier in ein ähnliches Fahrwasser wie bei dem gestrigen Antrag über das Schwerbehindertengesetz. Es lässt sich halt nur schwer über Dinge philosophieren, die noch gar nicht in voller Gänze beschlossen sind. Eines lehrt uns die Geschichte außerdem, eine Steuerreform ist eigentlich nie fertig. Es gibt immer Guppen, egal von welcher politischen Seite man eine Reform angeht, die sich benachteiligt fühlen und die Nachbesserungen fordern und denen auch hin und wieder nachgegeben wird. Das war so und ich bin überzeugt, das wird auch so bleiben. Ohne nun den Thüringer Finanzminister besonders in Schutz zu nehmen, so richtig umfassend ist der Antrag in der hier zur Verfügung stehen

den Zeit und vor allen Dingen zum jetzigen Zeitpunkt, wo sich durchaus noch ein Kompromiss im Vermittlungsausschuss abzeichnet, nicht zu beantworten. Aber, und das muss ich auch einmal an dieser Stelle sagen, Herr Trautvetter hat wirklich das Beste aus den zur Verfügung stehenden Daten gemacht

(Beifall bei der CDU, SPD)

und sein Berichtsersuchen hier durchaus respektabel erfüllt. Ich denke, sinnvoller wäre es - wie auch von Ihnen, meine Damen und Herren von der PDS, bereits geplant gemeinsam im Haushalts- und Finanzausschuss über die Ergebnisse der jüngsten Steuerschätzung zu reden und dabei auch die Steuereinnahmesituation der Kommunen zu beleuchten. Das Steuerrecht befindet sich in ständiger Wandlung. Insofern ist der vorliegende Antrag auch unkonkret gefasst. Es bleibt unklar, welche vollzogenen Steuerrechtsänderungen gemeint sind. Ich vermute einmal, es sind die der 14. Wahlperiode des Deutschen Bundestags. Davon gehe ich zumindest aus.

Meine Damen und Herren, der durch die alte Bundesregierung hinterlassene Reformstau, aber auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Familienbesteuerung machen seit Herbst 1998 eine Vielzahl von Gesetzesänderungen notwendig bzw. bedingen noch erforderliche Novellierungen. Was wurde denn in den letzten rund 20 Monaten bereits alles auf den Weg gebracht? Mit dem Steueränderungsgesetz vom 19.12.1998 wurden die ersten Maßnahmen für ein gerechteres Steuersystem beschlossen. Es folgte das Steuerentlastungsgesetz 1999, mit dem z.B. das Kindergeld ab 01.01.1999 erhöht wurde und eine erste Steuertarifsenkung bei den unteren Einkommensgruppen wirksam wurde. Mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 wurde die zweite Stufe der Einkommenssteuerreform beschlossen, deren Tarifsenkungen zum 01.01. diesen Jahres in Kraft traten. Mittelstand und Privathaushalte wurden dadurch um rund 22 Mrd. DM Netto entlastet. Dann folgte das Gesetz zum Einstieg in die erste Stufe der ökologischen Steuerreform, welches, wie auch das Gesetz zur Fortführung, weitestgehend aufkommensneutral gestaltet ist. Die Einnahmen kommen den Steuerzahlern über zurückgehende Rentenversicherungsbeiträge wieder zugute. Es ist im Übrigen die erste Steuer, die direkt und ohne Umwege zu den Steuerzahlern zurückfließt. Das Familienförderungsgesetzt brachte zusätzliche Entlastung in Höhe von 6,6 Mrd. DM für Familien mit Kindern und das Steuerbereinigungsgesetz 1999 entlastete die Steuerzahler um weitere 3,1 Mrd. DM. Mehrere große Vorhaben mit Auswirkungen auf das Steueraufkommen stehen vor ihrer Umsetzung, so das Steuersenkungsgesetz, das trotz aller Unkenrufe die größte Steuerreform im Unternehmensbereich in der Geschichte der Bundesrepublik perfekt macht. Und die wegen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts erforderliche weitere Entlastung der Familien wird die Binnennachfrage und damit auch die Konjunktur weiter beleben. Darüber hinaus steht eine Entscheidung zur Rentenbesteuerung beim Bundesverfassungsgericht an, weshalb vermutlich im

Zusammenhang mit den Rentenkonsensgesprächen bereits Änderungen bei der Rentenbesteuerung vereinbart werden, die vermutlich auch zu weiteren Steuerentlastungen der Bürger führen werden. Aus all dem Gesagten ergibt sich zwangsläufig, dass nur sehr schwer abschätzbar ist, welche Auswirkungen jede einzelne Steuerrechtsänderung im Detail auf Bund, Länder und Kommunen hatten und auch haben. Die steuerlichen Auswirkungen werden ja auch immer von anderen Faktoren wie Konjunktur, Binnennachfrage, Sparverhalten der Bürger als von Rechtsveränderungen beeinflusst. Zudem ist ja gar nicht klar, wie ein etwaiger Kompromiss im Vermittlungsausschuss aussieht. Ich gehe davon aus, dass es einen gibt, das sagte ich bereits.

Noch schwieriger sind die Auswirkungen auf Thüringen allein zu bewerten. Man muss auch dabei immer die Ausgleichsmechanismen des horizontalen und vertikalen Finanzausgleichs und des Kommunalen Finanzausgleichs im Auge behalten. Gerade diese Auswirkungen werden hin und wieder von der Landesregierung gern unterschlagen, wie z.B. beim Vergleich der Unternehmenssteuerreformmodelle der Bundesregierung und der CDU/CSU in einer Broschüre des Finanzministeriums. Herr Trautvetter hat das Werk schon angesprochen. Was den statistischen Teil dieser Broschüre betrifft, der ist ja noch zu gebrauchen, aber der vergleichende Teil der Steuermodelle von CDU und CSU und Bundesregierung ist nach meiner Auffassung schon etwas dünn. Haben Sie, Herr Trautvetter, gedacht, das merkt keiner, dass Ihre aufgelegte Broschüre die Folgen des CDU-Reformvorschlags auf den horizontalen Finanzausgleich, also den innerhalb der Länder, schamhaft verschweigt? Ihre Broschüre sagt doch selbst aus, ein Drittel der Personengesellschaften machen Defizite. Ein weiteres Drittel liegt unterhalb der Steuerfreigrenze und nur ein Prozent erwirtschaftet Gewinne über 1 Mio. DM. Wem soll denn dann in Thüringen eine weitere Spitzensatzsteuersenkung dienen? Im Gegenteil, Sie wissen doch ganz genau, dass eine weitere Senkung des Spitzensteuersatzes vor allen Dingen in den Geberländern zu massiven Steuerausfällen führen würde, die sich letztendlich natürlich auf den Länderfinanzausgleich mit Ausfällen gerade für Thüringen auswirken würden, unabhängig davon, dass man die Finanzierung nur zu Lasten anderer Einkommensgruppen vornehmen müsste, denn der Vorschlag der Opposition im Bundestag hat einen ganz entscheidenden Mangel; er ist nämlich nicht seriös gegenfinanziert. Das ist der entscheidende Punkt, meine Damen und Herren. Auch Sie wissen, Herr Trautvetter, dass man Steuerberechnungsvergleiche immer nur an konkreten Einzelfällen anstellen kann und solche Vergleiche fehlen in Ihrer Broschüre weitestgehend. Sie wissen sicherlich warum. Das hat übrigens die Bundesregierung anders gemacht im Vorfeld der Reformvorschläge mit der so genannten Brühler Kommission. Dort haben Fachleute aus der Praxis - Steuerrechtler, Unternehmer und unabhängige Institute - Planspiele und Modellberechungen vorgenommen, bevor es überhaupt zum ersten Referentenentwurf gekommen ist. Das hat Ihrer Fraktion im Deutschen Bundestag zwar viel zu lange gedauert, aber dafür war das Verfahren seriös. Ich kann nur

sagen, schade um die Steuergelder, Herr Trautvetter, die für diese aus meiner Sicht tendenziöse Auftragsarbeit aufgewendet worden sind.

Meine Damen und Herren, die kürzlich vorgestellte Steuerschätzung gibt allein auch nur bedingt Auskunft über die wirklichen Auswirkungen bereits vollzogener Steuerrechtsänderungen. Bei der Betrachtung der Auswirkungen auf die verschiedenen staatlichen Ebenen kann man sich auch nicht, wie häufig geschehen, einzelne Komponenten des Gesamtpakets herausgreifen. Eine solche isolierte Betrachtungsweise wird dem Gesamtprogramm nicht gerecht. Die Auswirkungen der Steuerreform auf die Kommunen werden beispielsweise durch Maßnahmen des Bundes abgemildert. Das beschlossene Haushaltssanierungsgesetz des Bundes führt u.a. zu geringeren Ausgaben der Kommunen, z.B. geringere Sozialhilfekosten, die bei der Steuerschätzung außen vor bleiben; es sei denn, meine Damen und Herren, man betreibt Sozial- und Arbeitsmarktpolitik im Stile der CDU-Alleinregierung hier in Thüringen. Hier werden durch veränderte Prioritätensetzungen bei SAM-Projekten massiv Menschen in die Sozialhilfe und damit in die Kassen der Kommunen "delegiert". Das ist eine Belastung und das muss auch einmal deutlich zum Ausdruck gebracht werden.

(Beifall bei der SPD)

Alle staatlichen Ebenen, ob Bund, Länder und Kommunen, werden nach Abschluss dieses gesamten Reformpakets weniger Steuern einnehmen als vorher. Aber Nettoentlastung der Bürger und Unternehmen bei solider Gegenfinanzierung ist ja ein originäres Ziel einer Steuerreform. Die ersten positiven Auswirkungen dieser positiven Steuerund Finanzpolitik bekommen wir über das Anziehen der Konjunktur bereits zu spüren. Die aktuellen Daten belegen dies eindrucksvoll. Das Ausland, nicht nur das europäische, nimmt die in Deutschland vollzogenen und noch zu vollziehenden Steuerrechtsänderungen vor allem im Unternehmensbereich sehr, sehr aufmerksam zur Kenntnis.

Zwei Dinge, meine Damen und Herren, lassen sich abschließend feststellen: Einen finanzpolitischen Crashkurs wie zu Waigels Zeiten, als Thüringen allein in einem Jahr Steuereinbrüche in Milliardenhöhe zu verkraften hatte, wird es trotz all der genannten Maßnahmen mit einem Finanzminister Eichel nicht geben. Die rotgrüne Steuerreform ist im Gegensatz zum Reformvorschlag der CDU auch durch die Maßnahmen der Haushaltssanierung des Bundes solide gegenfinanziert. Die Interessen der Kommunen, trotz einiger Detailprobleme, werden von Seiten der Bundesregierung gewahrt. Nicht umsonst haben die kommunalen Spitzenverbände in der Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags zur Unternehmenssteuerreform die Pläne der Bundesregierung denen der CDU/CSU vorgezogen, weil eben einerseits die Gewerbesteuer für die Kommunen als Haupteinnahmequelle nach wie vor erhalten bleibt und gleichzeitig jedoch für die Unternehmen durch das Anrechnungsverfahren sich

massive steuerliche Entlastungen ergeben. Allerdings, und das soll auch nicht verschwiegen werden, könnten sich in der Kommune Verteilungseffekte daraus ergeben, dass nun kleinere Gemeinden mit geringeren Hebesätzen stärker belastet sein könnten. Und dies wäre darauf zurückzuführen, dass die pauschale Anrechnung mit dem doppelten Steuermessbetrag einen umso größeren Anteil der Gewerbesteuer in die Verrechnung mit einbezieht, je geringer der örtliche Hebesatz ist. Dem steht aber entgegen, dass ausweislich der Gewerbesteuerstatistik mit zunehmender Gemeindegröße nicht nur die Hebesätze, sondern auch die Messbeträge zunehmen. Und daraus wiederum würde eine absolut und relativ größere Belastung einwohner- und wirtschaftsstarker Kommunen resultieren. Summa summarum - aus diesen gegenläufigen Effekten heraus resultieren keine nennenswerten interkommunalen Umverteilungen beim Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer. Es ist allerdings nicht zu verkennen, dass Gemeinden mit geringeren Hebesätzen zukünftig als Investitionsstandort noch attraktiver werden, da ihr relativer Vorteil bei der Gewerbesteuerbelastung der Betriebe einfach besser ist.

Meine Damen und Herren, durch all die genannten Maßnahmen und die noch zu erwartenden Mindereinnahmen sind die Kommunen in der Zeit von 1999 bis 2003 mit 9,2 Mrd. DM - das entspricht exakt 12,34 Prozent - beteiligt. Das liegt noch unter der kommunalen Steuerverbundquote bei der Lohn- und Einkommenssteuer. Die Länder sind mit 39,15 Prozent auch nur unterhalb der bestehenden Steuerverbundquote beteiligt. Trotz dieser relativ günstig erscheinenden Beteiligungsquoten am Einnahmeverlust sollte dennoch die Einnahmesituation der Thüringer Kommunen von Landesseite nicht aus dem Auge verloren werden. Denn nach dem Grundgesetz sind die Kommunen ja bekanntlich tatsächlich Teil der Länder und die Finanzausstattung der Kommunen ist Sache des jeweiligen Landes. Das Land, das über den Bundesrat direkt über die verschiedenen Gesetzgebungsverfahren mitwirkt, hat deshalb zu prüfen, inwieweit nach In-Kraft-Treten der genannten Gesetze über den Kommunalen Finanzausgleich zu Gunsten der Kommunen nachjustiert werden muss.

(Beifall bei der PDS)

Dies wird im Übrigen eine der interessantesten Fragen bei den bevorstehenden Beratungen zum Doppelhaushalt 2001/2002 sein.

Lassen Sie uns dieses Thema gemeinsam dort diskutieren, wo es eigentlich auch hingehört, im Haushalts- und Finanzausschuss. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Es hat jetzt der Abgeordnete Dr. Zeh, CDU-Fraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin der gleichen Meinung wie mein Kollege Höhn, dass wir uns hier über geplante Steuerrechtsänderungen nicht sehr qualifiziert äußern können, weil wir noch nicht wissen, wie es am Ende ausgeht. Was wir wissen, dass das, was geplant wird, nicht durch den Bundesrat geht. Ich glaube, das ist auch gut so. Denn wir sind der Meinung, dass wir für Thüringen eine Mittelstandskomponente in die Steuergesetzgebung hineinbringen müssen, die gerade die mittelständisch geprägte Wirtschaft in Thüringen berücksichtigt. Gerade wir Thüringer können nicht zulassen, dass der Mittelstand bei der Steuerrechtsänderung der Bundesregierung nicht in dem Maße berücksichtigt ist und wird, wie es notwendig ist.

Die Auswirkungen bereits vollzogener Steuerrechtsänderungen, die allerdings kennen wir, und hier insbesondere die Auswirkungen der Ökosteuer. Ich denke, hier ist gerade in den letzten Tagen Druck hineingekommen und, Herr Botz, auch Ihre Äußerungen heute anlässlich der Aussprache zur Regierungserklärung haben den Druck nicht weiter herausnehmen können. Ihre Diskussion Richtung CDU nach dem Motto "die CDU war viel schlimmer" hat überhaupt keinen Druck aus der Diskussion herausnehmen können. Denn ich denke, Sie müssen sich nun endlich mal klar sein, was Sie eigentlich wollen. Entweder Sie sind der Meinung, dass die Ökosteuer ein hervorragendes Instrument zur ökologischen Lenkung des Verbrauchsverhaltens ist, dann können Sie die CDU-geführte Regierung nicht dafür schelten, dass sie es vor Ihrer Zeit viel besser und konsequenter gemacht hat,

(Beifall bei der CDU)

oder Sie sind der Meinung, die Erhöhung durch die CDU war damals schlecht - und das haben Sie ja so gesagt -, dann ist die Erhöhung der Mineralölsteuer heute noch viel schlechter und es gehört konsequenterweise die Schlussfolgerung dazu: Die Ökosteuer gehört abgeschafft!

(Zwischenruf Abg. Bechthum, SPD: Ach erzählen Sie doch nicht so einen Unsinn.)

(Beifall bei der CDU)

Aber, Herr Botz, Sie haben doch gemerkt, dass die Aufgeregtheit unter Ihren Genossen gerade in letzter Zeit besonders zugenommen hat. Was hört man da für Äußerungen zur Abmilderungen der Auswirkungen des Preisanstiegs. Die verrücktesten Ideen werden in die Welt gesetzt, z.B. Änderung der Kilometerpauschale. Es fragt sich jeder, der das hört: Wo bleiben dann die Arbeitslosen, die Rentner

(Zwischenruf Abg. Dr. Botz, SPD: Sie wollen sie doch kürzen.)

und andere nicht abzugsberechtigte Steuerbürger? Aber auch das haben natürlich einige Ihrer Genossen erkannt und haben sofort nachgelegt und gesagt, man brauche Benzinmarken für Minderbemittelte, die wurden ins Gespräch gebracht. Wollen Sie wirklich eine Zuteilungswirtschaft à la DDR machen? Meine Damen und Herren, ich glaube, das ist ein falscher Weg. Machen Sie das einzig Richtige: Schaffen Sie die Ökosteuer wieder ab.

(Beifall bei der CDU)

Und, Herr Höhn, geben Sie doch zu, dass Sie längst in Ihre eigene Steuerfalle getappt sind.

(Unruhe bei der SPD)

Ich kann nur sagen: Pech gehabt. Denn damals, als Sie die erste Stufe der Ökosteuer eingeführt haben, gab es sogar die Meinung, man könne doch gleich die zweite und dritte Stufe nachlegen, denn der Benzinpreis hatte damals einen Tiefststand, dass das keiner so richtig merken würde. Ich erinnere mich an die Diskussion von Frau Röstel. Ja, aber Sie haben damals offenbar übersehen, dass der Erdölmarkt seine eigene Gesetzmäßigkeit und Dynamik hat. Jetzt haben Sie das offenbar erkannt und wollen mit untauglichen Mitteln wie Kilometerpauschale und Benzingutscheine zurückrudern. Ich kann nur noch einmal sagen, machen Sie das einzig Richtige: Ziehen Sie dieses Gesetz zurück.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Haben Sie das von mir gehört?)

Denn dieses Gesetz ist weder ökologisch noch sozial, und zwar nicht ökologisch deshalb, weil Sie als Lenkungsfunktion nicht Steuermindereinnahmen "durch Ressourcenschonung" im Vordergrund stehen haben, sondern Sie haben "Deckungsbeiträge für Lohnnebenkosten" zu erwirtschaften im Vordergrund. Zu Deutsch gesagt, Sie wollen Haushaltslöcher stopfen.

(Zwischenruf aus der SPD-Fraktion: Die Sie in die Höhe getrieben haben.)

Und wenn die Lenkungsfunktion ja wirklich einsetzen würde, dann hätten Sie ja ein weiteres Problem, die Kostenexplosion der Sozialversicherung hält nämlich unvermindert an und die langfristige Finanzierung zur Senkung der Lohnnebenkosten - wie versprochen - wäre dahin. Die Öko-Steuer ist aber auch unsozial, denn die Öko-Steuer ist eine Erhöhung der indirekten Steuern. Wir können heutzutage verzeichnen, dass eine vierköpfige Familie bereits 6.500 DM indirekte Steuern pro Jahr zu zahlen hat. Und die Öko-Steuer gehört in großem Maße dazu. Wie Sie wissen, die indirekte Steuer erhöht die Staatsquote und eine Erhöhung der Staatsquote bedeutet, sie ist arbeitsplatzfeindlich. Das ist aus unserer Sicht unsozial.

(Zwischenruf Abg. Dr. Pidde, SPD: Bisher hat die CDU immer wesentlich dazu beige- tragen.)

Meine Damen und Herren, und wenn die Preisentwicklung auf dem Benzinmarkt so weitergeht, dann schafft Deutschland auch noch den Ausstieg aus der Autowirtschaft, nachdem wir den Ausstieg aus anderen Wirtschaften bereits geschafft haben.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind der Meinung, wir wollen das Autofahren nicht nur den wohlhabenden Porschefahrern möglich machen, so nach dem Motto "Freie Fahrt für Porschefahrer", sondern wir wollen auch freie Fahrt für Volkswagenfahrer.