Protocol of the Session on June 8, 2000

terentwickelt werden. Bei etwa einem Drittel der Fläche im 737 Kilometer langen Grünen Band Thüringen wird dies sogar durch einen naturschutzrechtlichen Schutzstatus abgesichert werden. Auch außerhalb dieser so geschützten Flächen strebt die Landesregierung die naturverträgliche land- und forstwirtschaftliche Nutzung in Abstimmung mit den Eigentümern und Pächtern an. Bei aller notwendigen Entwicklung der wirtschaftlichen Potenziale unter Fremdenverkehrs- und unter Erholungsgesichtspunkten muss die künftige Landnutzung im Konsens mit den dort lebenden Menschen nachhaltig gestaltet werden.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Hochwasserschutz und Gewässerpflege sind zwei Seiten derselben Medaille. Thüringen ist ein Land mit einer Gewässerlänge von 1.525 km in der Unterhaltungspflicht des Landes und ca. 13.800 km in der Unterhaltungspflicht der Kommunen. Insbesondere wegen unsicherer Finanzierung und der Befürchtung neuer Abgabenbelastung für gewässeranliegende Bürger wurde die Gewässerpflege vielfach zurückgestellt.

Diese Probleme sind ausgeräumt. Das Thüringer Wassergesetz wurde novelliert und die Finanzierungspflichten auf mehrere Schultern verteilt. Die Arbeit zur Gewässerpflege und damit der weiteren Reduzierung der Hochwasserrisiken kann nun sehr wohl zielstrebig beginnen. Hierzu bieten sich Organisationsformen des Zusammenschlusses von Gemeinden auch mit Einbeziehung von Landschaftspflegeverbänden oder landwirtschaftlichen Betrieben an, um das angestrebte Ziel intakter Gewässer zu erreichen. Wir werden jede zielgerichtete und nach den Richtlinien förderfähige Organisationsform unterstützen. Wir wollen einen "guten ökologischen Zustand" unserer Gewässer. Im Wasser- und Abwasserbereich haben wir im Vergleich zur Gewässergüte des Jahres 1990 im Freistaat einen Quantensprung hinter uns gebracht. Gab es noch 1990 nur wenige Gewässer, die nicht massiv belastet waren, so besitzen heute wieder rund 91 Prozent der Fließgewässer eine gute bis befriedigende Qualität. Allerdings bleibt festzuhalten, dass sich die Schadstoffmatrix in den Gewässern verändert. Die bekannten Belastungsmuster der anorganischen und organischen Schadstoffe treten eher zurück. Dagegen werden Belastungen etwa endokriner und hormoneller Arten deutlicher. Die Landesanstalt für Umwelt unternimmt seit Jahren entsprechende beobachtende Messungen.

Übrigens, meine sehr verehrten Damen und Herren, der "gute ökologische Zustand" aller Fließgewässer, soll, so sieht es der Entwurf einer Europäischen Wasserrahmenrichtlinie vor, bis 2016 erreicht werden. Das mag so sein, aber die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass die von ihr mitzutragenden Entscheidungen in Brüssel sowohl für unsere Bürgerinnen und Bürger als auch für die Unternehmen bezahlbar bleiben.

(Beifall bei der CDU)

Nachdem wir zunächst die abwassertechnische Infrastruktur der Kommunen über 10.000 Einwohner zum Ziel gebracht haben, geht es nun in der zweiten Etappe um die Siedlungsschwerpunkte mit einer Abwasserlast über 2.000 Einwohnerwerten. Auch hier werden wir das erprobte Mittel der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung einsetzen, falls die Aufgaben nicht in finanziell zumutbarer Weise umgesetzt werden können. Entsprechende Absprachen zwischen dem Ministerium, den Verbänden und Kommunen sind bereits im Gang. Insgesamt rechnen wir mit erforderlichen Investitionen von 950 Mio. DM. Das Land wird sich daran mit etwa 600 Mio. DM beteiligen, um die Gebühren und Beiträge für die Bürger und die Wirtschaft auch künftig in vernünftigen bezahlbaren Grenzen zu halten.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, dass wir uns richtig verstehen: Das alles sind Investitionen in die Infrastruktur und die Lebensqualität und nicht Zwänge, die sich aus vermeintlichem Übereifer angeblich engstirniger, nicht den Gesamtüberblick wahrender "Umweltschützer" ergeben. Diesem Ziel besserer Infrastruktur dient auch das Strukturhilfeprogramm, mit dem die Landesregierung den freiwilligen Zusammenschluss von Wasser- und Abwasserzweckverbänden zu wirtschaftlich tragfähigen Einheiten unterstützt.

(Beifall bei der CDU)

Dieses Programm ist so erfolgreich, dass es Sachsen-Anhalt kopiert und bei sich einsetzt. Nur zur Erinnerung, meine sehr verehrten Damen und Herren, vor drei Jahren bereits hatte der Freistaat Sachsen unser Nachförderprogramm im Wasserbereich ebenso abgeschrieben und bei sich erfolgreich eingesetzt. Meine Frage an den Finanzminister ist jetzt: Sollten wir nicht Lizenzgebühren für unsere an den praktischen Erfordernissen erarbeiteten Lösungsrezepte nehmen?

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Zweckverbände sind Dienstleister, deren Aufgabe es ist, eine geordnete und kostengünstige Wasserversorgung bzw. Abwasserentsorgung sicherzustellen. Dies bedeutet direkten und kooperativen Umgang mit den Bürgerinnen und Bürgern, den eigentlichen Kunden, mit weit reichenden Informationsangeboten. Bei der Wasserversorgung hat sich das Mengenproblem sehr deutlich entspannt. Dies wird unterstützt durch den im bundesweiten Vergleich äußerst niedrigen spezifischen Wasserverbrauch in Thüringen. Dennoch wird es auch künftig einen Ausgleich zwischen Wasserüberschuss- und Wassermangelgebieten geben müssen. Verbundlösungen zwischen örtlicher Wasserversorgung und Fernwasserversorgung sind notwendig.

(Beifall bei der CDU)

Sie müssen gepflegt und zur Daseinsvorsorge für künftige Generationen ausgebaut werden. Gerade hier darf uns kein Fehler unterlaufen.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, treten wir auch weiterhin für die Komplettierung des Fernwasserversorgungssystems in Ostthüringen durch den Bau der Trinkwassertalsperre Leibis ein.

(Beifall bei der CDU)

Mit ihr wird die Wasserversorgung sicherer und die dort höchst angespannte Versorgungssituation aus dem Grundwasser entlastet. An diesem Willen ändert sich auch nichts in Folge der derzeitigen gerichtlichen Auseinandersetzung der Talsperrenverwaltung mit ihrem Auftragnehmer beim Bau der Talsperre. Es wird erwartet, dass das Gericht noch in dieser Woche den Weg für abschließende Bauverhandlungen frei macht. Dann könnte noch im August zusätzlich zu den bereits laufenden Vorarbeiten mit dem Bau begonnen werden. Wasserversorgung ist eine Aufgabe, die Vorausblick über vier bis fünf Generationen und Vorsorge erfordert.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Stadtväter von Gotha hatten diese Weitsicht, als sie Mitte des letzten Jahrhunderts bei Tambach-Dietharz eine Talsperre zu ihrer Trinkwasserversorgung bauten, die mit ihrer Kapazität den damaligen Bedarf bei weitem übertraf. Heute geht deren Rechnung von damals auf. Das ist verantwortliche Vorsorgepolitik, wie ich sie verstehe.

Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn ich mir im Gegensatz dazu die Argumente des BUND bei seinem Kampf gegen die Fernwasserversorgung für Ostthüringen beim Bau der Talsperre Leibis vor Augen führe, so erinnert mich das fatal an einen Geisterfahrer, der in einem Auto sitzt, dessen Frontscheibe verkleistert ist. Dennoch glaubt er, mit klarem Blick durch die freie Heckscheibe geradeaus nach vorn zu fahren.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dem Boden kommt eine besondere Bedeutung im Wechselgefüge von Umwelt und Landwirtschaft als Lebensgrundlage und als Lebensraum für Pflanzen und Tiere zu. Böden sind zentrale Bestandteile des Naturhaushalts und für uns Menschen lebensnotwendig als Ernährungsgrundlage, Rohstoffquelle und Siedlungsfläche. Der Erhalt und die Wiederherstellung der natürlichen Bodenfunktionen ist nicht nur ein wesentliches Umweltziel, sondern auch ein zwingendes Ziel der Sicherung unserer Ernährungsgrundlage. Böden vor Belastungen und Zerstörungen zu bewahren bzw. bereits belastete Böden zu sanieren, ist gerade auch für Thüringen mit einer

erheblichen Anzahl noch nicht bewältigter Altlasten eine zukunftsorientierte Aufgabe der Umweltpolitik. Dies gilt insbesondere, weil die Ressource Boden nicht vermehrbar ist. Wir begrüßen daher grundsätzlich die bundesrechtliche Gesetzgebung zum Bodenschutz und zur Altlastensanierung als einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass der Bundesgesetzgeber bereits in der vergangenen Legislaturperiode den Ländern im Bundesbodenschutzgesetz einen rechtlichen Rahmen gelassen hat, der von ihnen ausgefüllt werden kann. Die Landesregierung wird diesen Rahmen nutzen und für einen effektiven vor- und nachsorgenden Bodenschutz in Thüringen noch in dieser Legislaturperiode ein Landesgesetz auf den Weg bringen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sowohl im Bodenschutz als auch beim Grundwasser haben wir nach der Wende, vor allem was die Hauptbelastung Stickstoff angeht, erfreuliche Fortschritte gemacht. Das ist vor allem der "Guten Fachlichen Praxis" in der Landwirtschaft zu danken, die konsequent angewandt wird, aber auch der guten Ausstattung Thüringens mit Wäldern, deren Vorhandensein von erheblicher Bedeutung für den Boden und die Wasserqualität und -quantität ist.

(Beifall bei der CDU)

Dennoch bestehen in einigen Regionen des Landes weiterhin Probleme bei der Bodenbelastung und mit der Grundwasserqualität. Dies darf nicht verschwiegen werden. Die Stickstoffbelastungen aus der landwirtschaftlichen Düngung sowie aus den Verkehrsemissionen stehen hier im Mittelpunkt. Sie sind jeweils etwa gleich groß. Zwar ist der Stickstoffeinsatz in der Landwirtschaft seit 1990 deutlich im Schnitt um über 30 Prozent reduziert worden, aber die langfristigen Gefahren für das Grundwasser sind noch nicht überall gebannt.

Grundwasserbelastungen entwickeln sich zumeist "schleichend" über längere Zeiträume und werden daher oft erst spät erkannt. Dies ist ein typischer Fall von Umweltproblemen, die mit dem klassischen umweltrechtlichen Instrumentarium nicht in den Griff zu bekommen sind. Für die Landwirtschaft haben wir den Weg gewiesen, die "Gute Fachliche Praxis". Der Landwirt, der diesen Weg mitträgt, trägt aktiv zur Vorsorge von Boden- und Grundwasserschutz bei.

Verkehr und Umwelt stehen nach wie vor in einem Spannungsfeld. In Thüringen wuchs der Pkw-Bestand von 1993 bis 1999 insgesamt um rund 30 Prozent, wobei sich der Anteil schadstoffarmer Pkw in diesem Zeitraum von 50 auf 92 Prozent erhöht hat. Ziel der Umwelt- und Verkehrspolitik der Landesregierung ist es, die Mobilität der Bevölkerung und den lebensnotwendigen Wirtschafts- und Gewerbeverkehr umweltschonend zu gewährleisten. Von herausragender Bedeutung hierbei ist es, die Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs weiter zu erhöhen.

Keine Lösung, meine sehr verehrten Damen und Herren, weder für die Problemstellung aus der Landwirtschaft noch aus dem Verkehr, ist die Ökosteuer der Bundesregierung.

(Beifall bei der CDU)

Staatliche Lenkungseingriffe solcher Art erreichen nur eines: erhebliche Erhöhung der Kosten für alle Betroffenen, auch für diejenigen, die sich völlig richtig verhalten, für den öffentlichen Nahverkehr ebenso wie für die Arbeitnehmer, die jene viel verlangte Mobilität im Arbeitsalltag erbringen müssen.

(Beifall bei der CDU)

Abgesehen davon ist es Etikettenschwindel und Rosstäuscherei, eine Steuererhöhung mit dem Prädikat "Öko" zu versehen, die doch ausschließlich der Haushaltssanierung und der Rentenstabilisierung dienen soll.

(Beifall bei der CDU)

Dies ist nichts anderes als Täuschung des guten Glaubens der Bürgerinnen und Bürger, durch diese erhöhte Steuer würden sich positive Wirkungen für den Klimaschutz erreichen lassen.

(Beifall bei der CDU)

Tanken für die Rente, eine böse Täuschung.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bahn, obwohl keine Belastung von ihr für die Ökologie ausgeht, bezahlt die Ökosteuer, aber die Flugzeuge, nach wie vor große ökologische Belastungsfaktoren, werden mit einer Ökosteuer nicht belastet und erhalten so einen Wettbewerbsvorteil vor der ökologischeren Bahn. Natürlich verteuert die Ökosteuer, wie wir alle wissen, auch den Öffentlichen Nahverkehr, den wir auch unter Umweltgesichtspunkten unbedingt attraktiver und wirtschaftlicher machen wollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, Ressourcenschonung ist nur auf den ersten Blick ein ausschließlich umweltpolitisches Thema. Die Ressourcen dieser Welt sind endlich und nicht vermehrbar. Die Verfügbarkeit von Rohstoffen, Trinkwasser, fruchtbaren Böden, sauberer Luft und intakter Natur ist lebensnotwendig. Ressourcenschonung ist deshalb ein Gebot der Vernunft. Nachhaltiges Wirtschaften bedeutet für Industrieländer wie Thüringen, vor allem hinzuwirken auf den zunehmenden Einsatz erneuerbarer Rohstoffe und Energiequellen. Es verlangt auch die Verringerung des Material- und Energieeinsatzes in Produktion und Produkten, das Recycling von Produkten auf einer möglichst hohen Stufe, die umweltverträgliche Entsorgung nicht recycelbarer Stoffe sowie die Reduzierung der Freisetzung von Schadstoffen. Es ist eine Binsenweisheit: Staaten, die rechtzeitig die Energie- und Rohstoff

effizienz verbessern, werden davon auch wirtschaftlich profitieren. Die Landesregierung bekennt sich zur schonenden Nutzung unserer Ressourcen. Thüringen geht den Weg von der vornehmlich auf Beseitigung zielenden Abfallwirtschaft hin zur ökologisch sinnvollen Kreislaufwirtschaft.

In der Optimierung der Abfallbeseitigung sahen viele all zu lange die Lösung der Abfallprobleme. Heute stehen wir gemeinsam mit den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und breiten Teilen unserer Bevölkerung für das Konzept: Abfallvermeidung vor -verwertung, vor -beseitigung. Diese Auffassung ist Basis unserer Überlegungen für einen Landesabfallwirtschaftsplan. Dieser befindet sich derzeit in der breiten Abstimmung und soll noch in diesem Jahr eingeführt werden.

Hinzugekommen ist das abfallrechtliche Instrument Produktverantwortung, das zur Ressourcenschonung und zur Verwirklichung des Verursacherprinzips beiträgt.

Wie schwer dies in der Praxis ist, wissen wir alle aus den Diskussionen der Bundesrepublik um die Verpackungsordnung, die Altautoverordnung oder die Batterieverordnung: Im Ziel grundsätzlich einig, im Weg jedoch überwiegend holprig. Wir werden die getroffenen Normen und Regelungen vollziehen, aber ihre praktische Bewährung sorgfältig beobachten und erforderliche Anpassungen einfordern.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch bei bestmöglicher Abfallvermeidung und -verwertung fallen heute wie morgen erhebliche Mengen an Restabfällen an, die nicht wegzudiskutieren, sondern gemeinwohlverträglich zu beseitigen sind. Wir wollen in Thüringen deshalb, dass 2005 kein unbehandelter Müll mehr abgelagert wird. Und wir wollen, dass eine vernünftige Auslastung bestehender Anlagen auch künftig gewährleistet ist. Wir wollen nicht, dass unsere Deponien von heute die Altlasten von morgen werden. Wir werden selbstverständlich das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz und die Technische Anleitung Siedlungsabfall in Thüringen umsetzen. Aber das unentschlossene Reden und inkonsequente Handeln des Bundesumweltministers mit der TASi und ihrer Fortentwicklung erschwert dieses sehr.

(Beifall bei der CDU)

Wir fordern deshalb die Bundesregierung auf, endlich und verbindlich die notwendige Planungssicherheit für unsere kommunalen Entsorgungsträger zu gewährleisten.

(Beifall bei der CDU)