Ziel sind gleiche Rahmenbedingungen für die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Der Rahmen muss sachgerecht, transparent und umsetzbar sein. Die Ausgestaltung des Rahmens muss Sache der Regionen, also der Länder bleiben.
Wir setzen uns dafür ein, dass die zusätzliche Administration und Kontrolle der EU im Umweltbereich sachgerecht wird und nicht ausufert. Hierbei werden wir unsere Mitgestaltungsspielräume in der Rechtsetzung auf allen uns zur Verfügung stehenden Ebenen nutzen. Die Bundesregierung muss sich stärker als bisher für Harmonisierung, Vereinfachung und zusätzlich für die Wahrung der Subsidiarität einsetzen.
Lassen Sie mich, meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Beispiel für Vereinfachung und Harmonisierung des Umweltrechts aus dem nationalen Naturschutz ansprechen: Die Vielfalt der Schutzgebietstypen führt häufig nicht zum besseren Verständnis für den Naturschutz. Begriffliche Doppelungen erschweren uns hier völlig unnötig den Schutz der biologischen Vielfalt. Der Freistaat Thüringen strebt daher eine Reduzierung der Zahl der Schutzgebietstypen an. In diesem Zusammenhang bedauere ich sehr, dass die Bundesregierung das durch Frau Angela Merkel eingeleitete Gesetzgebungsverfahren zum Umweltgesetzbuch gestoppt hat. Damit wird eine Chance zur grundlegenden Neugestaltung und durchgreifenden Anpassung an das europäische Umweltrecht verpasst.
Abgesehen davon wird die Gelegenheit zur Vereinfachung des Umweltrechts mit allen positiven Wirkungen verspielt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluss und fasse zusammen: Die Landesregierung will unser an Natur- und Kulturschätzen reiches Land, diesen zugleich modernen und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort Thüringen wirtschaftlich, sozial und kulturell nachhaltig entwickeln. Diese Entwicklung muss umweltgerecht
und ökonomisch ausgewogen verlaufen. Ministerpräsident Dr. Bernhard Vogel hat dies in seiner Regierungserklärung am 13. Oktober 1999 wie folgt beschrieben: "Wir wollen mit einem auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Schutz unsere Umwelt bewahren." Meine sehr verehrten Damen und Herren, für die Landesregierung gilt:
1. Wir wollen unser reiches Naturerbe und die wieder erreichte Umweltqualität in Thüringen sichern, bewahren und weiterentwickeln. Dies entspricht unserem umweltpolitischen Leitbild von einer nachhaltigen Entwicklung.
2. Natur und Umwelt bedürfen unseres Schutzes und der Pflege. Wo Eingriffe in die Natur unumgänglich sind, muss Ausgleich geschaffen werden. Wir halten weiterhin am Vorsorgeprinzip beim Schutz unserer lebensnotwendigen Ressourcen Boden und Grundwasser fest.
3. Eine nach Qualität und Menge stets ausreichende Wasserversorgung, eine ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung sowie Hochwasserschutz sind unverzichtbare Infrastrukturelemente unserer Städte und Gemeinden. Sie sind von grundlegender Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Thüringen. Wir müssen deshalb die Reparatur der technischen Infrastruktur Schritt für Schritt vollenden und dies für Bürger und Unternehmen bezahlbar halten.
4. Für Thüringen als Industrie- und Technologieregion in der Mitte Deutschlands und Europas ist Ressourcenschonung und effiziente Ressourcennutzung von herausragender Bedeutung. Wir legen ein eigenständiges Förderprogramm für nachwachsende Rohstoffe auf, um die vorhandenen natürlichen Potenziale Thüringens zu nutzen.
5. Lärm macht krank. Lärmverminderung und Lärmvermeidung bleibt auch in Zukunft eine äußerst wichtige Aufgabe. Wir werden die Ursachen der Lärmentwicklung analysieren und erkennbaren Fehlentwicklungen frühzeitig entgegenwirken.
6. Thüringen beteiligt sich an der globalen Aufgabe Klimaschutz. Klimaveränderungen kennen keine Grenzen. Alle noch vorhandenen Potenziale zur Senkung von Treibhausgasemissionen müssen erschlossen werden. Wir werden bis zum Jahresende unser Klimaschutzkonzept vorlegen.
7. Thüringen geht den Weg von der vornehmlich auf Beseitigung zielenden Abfallwirtschaft hin zur ökologisch sinnvollen Kreislaufwirtschaft. Entscheidend für uns ist, dass keine neuen Altlasten geschaffen werden. Unser Ziel ist eine weitgehend nachsorgefreie Deponie.
8. Erfolge im Umwelt- und Naturschutz müssen messbar sein. Europaweite Maßstäbe und Bewertungsinstrumente sind hierbei erforderlich. Thüringen beteiligt sich an der gemeinsamen nationalen Entwicklung zweckmäßiger Maßstäbe und aussagekräftiger Bewertungsmethoden.
9. In Thüringen haben wir im Natur- und Umweltschutz einen hohen Stand erreicht. Diesen wollen wir halten und zukunftsorientiert weiterentwickeln. Gleiche Rahmenbedingungen und gleiche Wettbewerbschancen setzen vergleichbare Standards sowie deren Durchsetzung voraus. Wir appellieren an Brüssel, sich auf die Hauptaufgabe zu konzentrieren und gleiche Rahmenbedingungen für die Mitgliedsstaaten zu schaffen. Die Ausgestaltung des Rahmens muss Sache der Regionen und der Länder bleiben. Wir werden unsere Mitgestaltungsspielräume in der Rechtsetzung auf allen Ebenen nutzen.
10. Die europäische Rechtsetzung ist zunehmend gezeichnet von einer übertriebenen Bürokratie mit zunehmender engerer Überwachung und einer erschlagenden Fülle von Detailregelungen. Wir setzen uns dafür ein, dass die zusätzliche Administration und Kontrolle der EU im Umweltbereich sachgerecht wird und nicht ausufert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Umweltschutz lebt vom Mitmachen. Es ist deshalb erfreulich, dass nicht nur die Mitglieder in den Umweltvereinen, sondern viele Bürgerinnen und Bürger sich für die Umwelt einsetzen. Das praktische Zusammenwirken unserer Gesellschaft auf der Basis der Freiwilligkeit, Eigenverantwortlichkeit, Konsensbereitschaft und Kooperation ist gerade auf dem Gebiet des Umweltschutzes künftig von wachsender Bedeutung für Akzeptanz und Erfolg. Im Mittelpunkt sollte dabei stets das konkrete Handeln stehen.
Wir alle, Kommunen und Land, Politik und Verwaltung, Industrie und Gewerbe, Land- und Forstwirtschaft, Forschung und Lehre, Sie und ich, sind aufgerufen, unseren Beitrag zur Verbesserung und zum Schutz der Umwelt zu leisten. Wir werden uns weiter anstrengen müssen für eine nachhaltige Entwicklung in Thüringen. Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben die Regierungserklärung gehört und kommen damit zur Aussprache. Als Erstes hat das Wort der Abgeordnete Kummer, PDS-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, am Anfang meiner Ausführungen, die dem Thema geschuldet auch relativ umfangreich sein werden, möchte ich ausdrücklich begrüßen, dass Sie, Herr Minister Dr. Sklenar, heute diese Regierungserklärung zur Situation der Umwelt in Thüringen gegeben haben. Meines Wissens ist das die erste Regierungserklärung überhaupt zu diesem Thema im Thüringer Landtag. Ich hoffe, sie dokumentiert damit gleichzeitig, dass die Umweltpolitik in Zukunft einen hohen Stellenwert in der Politik der Lan
desregierung einnehmen wird. Scheinbar hat ja auch die CDU-Fraktion neuerdings die große Bedeutung der Umweltpolitik erkannt,
wie sonst darf man den Artikel in der TLZ vom 23. Mai verstehen, der ankündigte, dass die CDU grüne Themen besetzen will. Allerdings muss ich leider bezweifeln, dass die ressortübergreifende Bedeutung des heutigen Themas in der Landesregierung klar ist. Bei einer Regierungserklärung zum Thema "Neue Umweltqualität in Thüringen - von der Reparatur zur Vorsorge" hätte ich mir Beiträge mehrerer Ministerien gewünscht. Die Realität des Berichts sieht freilich anders aus. Das einzige andere Ministerium, das Sie, Herr Dr. Sklenar, überhaupt einmal erwähnten, war das Wirtschaftsministerium. So werden Sie, Herr Umweltminister, nun das ganze Lob, aber auch die ganze Kritik der Opposition allein verkraften müssen.
Schade, denn einige Minister lassen ja nichts unversucht, sich in Sachen Umweltpolitik zu profilieren. Erinnern möchte ich in diesem Zusammenhang an die Aussagen von Herrn Minister Trautvetter, die die "Thüringer Allgemeine" am 5. Juni veröffentlichte.
Frau Präsidentin, ich bitte zitieren zu dürfen: "Statt am Rohwasserpreis zu doktern, sollten die Zweckverbände ihre Hausaufgaben machen." Und ein wenig später: "Wer den Rohwasserpreis in Frage stellt, muss damit rechnen, dass seine eigene Kalkulation überprüft wird." Zu gut Deutsch: Verbände, die nicht spuren, bekommen mit dem Finanzamt zu tun. Ich glaube, diese Form von aktiver Umweltpolitik entspricht nicht den Erwartungen der Thüringer Bevölkerung an neue Qualitätsansprüche.
Ich möchte an dieser Stelle andere Formen der Zusammenarbeit zwischen den Ministerien in Sachen Umweltpolitik anregen. Dabei kann ich mich auf das Landtagswahlprogramm der PDS berufen, welches Umweltabteilungen in den einzelnen Ministerien nach dem Vorbild der "green cabinets" in England fordert. Damit könnte eine effektive Vernetzung umweltpolitischer Aktivitäten geschaffen werden.
(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Wenn Sie sich jetzt auf das Landtagswahlprogramm der CDU beziehen würden und nicht auf das der PDS, dann hätte das Sinn.)
Ich muss ja auch ein bisschen Werbung für unsere Partei machen. Nun zur Regierungserklärung selbst. Ihre Einschätzung, Herr Minister Sklenar, wir könnten in Thüringen jetzt von der Reparatur zur Vorsorge übergehen, kann ich nicht ganz teilen. Sie erinnert mich sehr an die Pressemitteilung des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt vom 26. Mai mit der Überschrift "Durchgängigkeit des Fließgewässers Ilm wiederhergestellt". Dieser Titel beschrieb die sehr positiv zu bewertende Tatsache, dass jetzt ein 11 km langer Ilmabschnitt durchgängig gestaltet wurde; die Ilm jedoch ist ca. 130 km lang. Ähnlich verhält es sich mit dem Erreichten im Umweltschutz. Die Meldungen der vorigen Woche, dass die letzten Wismutschächte geflutet werden, waren sicher ein Höhepunkt der erfolgreichen Sanierung von Altlasten, zum größten Teil durch den Bund, aber auch durch das Land. Genauso positiv war die Bilanz, die auf der Fachtagung "Salz in Werra und Weser" am 23. Mai gezogen werden konnte. Die Salzbelastung der Werra ist dort, wo vor Jahren fast nur noch Meeresorganismen leben konnten, nicht mehr das Hauptproblem dieses Flusses. Über 20 Süßwasserfischarten haben sich inzwischen wieder angesiedelt. Diesen positiven Aspekt haben Sie, Herr Dr. Sklenar, übrigens in ihrer sonst an Lob doch so reichen Regierungserklärung vergessen, und das, obwohl Sie Vorsitzender der ARGE Weser waren.
Nun drängt sich natürlich die Frage nach den Ursachen dieser Verbesserungen der Umweltsituation in Thüringen auf. Da muss ich zu der Feststellung kommen, dass diese eben nicht hauptsächlich in der Umweltpolitik zu finden sind, sondern im Niedergang der Industrie nach der Wiedervereinigung. Allein zwei Drittel der Salzlastreduzierung der Werra beruhen ausschließlich auf der Schließung Thüringer Kaligruben. Auch die CO2-Reduzierung in Thüringen von 1990 bis 1995/96, die in der Regierungserklärung mit mehr als 50 Prozent angegeben wird, beruht nicht etwa zum größten Teil auf dem Einsatz regenerativer Energien, sondern auf der Deindustrialisierung. Sie werden sich fragen, warum ich diese Tatsachen so hervorhebe. Mir geht es nicht darum, irgendwelche Verdienste zu schmälern, nein, ich möchte darauf aufmerksam machen, dass mit einem wirtschaftlichen Aufschwung Thüringens, wie er ja eigentlich zu erwarten ist, wieder Konflikte zwischen Industrie und Umwelt vorprogrammiert sind. Sie werden die Thüringer Umweltpolitik auch weiterhin vor große Herausforderungen stellen, die nur ressortübergreifend zu lösen sind.
Der Untertitel "von der Reparatur zur Vorsorge" verdeckt ein weiteres Problem; es ist das Problem der neuen Altlasten. Ein Beispiel möchte ich hier nennen; es trägt den schönen Namen "Landschaftspark Nohra". In der Berichterstattung zu diesem Thema im letzten Plenum zählten Sie, Herr Minister Sklenar, Maßnahmen auf, die eine weitere Belastung des Grundwassers durch die vollkommen überdimensionierte Klärschlammablagerung verhindern könnten.
Einer dieser Vorschläge war die Abdeckung des Parks mit Beton. Irgendwie erinnerte mich das an Bilder vom Unglücksreaktor in Tschernobyl. Sicher geht von Nohra keine vergleichbare Gefahr aus; die Langzeitgefährdung des Grundwassers in der Region stellt jedoch eine neue Altlast dar. Gebührenanstiege, wie sie durch mangelnde Deponieauslastung und Kläranlagenüberkapazität hervorgerufen werden, sehe ich übrigens auch als eine künftige Altlast, eine Altlast finanzieller Art, die unsere Nachfolger irgendwann ebenfalls tragen müssen.
Im Folgenden möchte ich auf einige ausgewählte Punkte der Regierungserklärung eingehen. Bei Themen, wo die PDS-Fraktion ähnliche Auffassungen hat, und davon gibt es immerhin einige, werde ich mich kürzer fassen. Zum Punkt "Neue Umweltqualität in Thüringen" stellen Sie, Herr Minister, fest, dass die Umweltpolitik gegenüber anderen drängenden Problemfeldern nicht so sehr im Bewusstsein ist. Das stimmt auch mit Ihrer Aussage in der "Thüringer Allgemeinen" vom 7. Juni überein, die lautet: "Ich glaube schon, dass die erste Begeisterung für die Umwelt nach der Wende zurückgegangen ist." Was sind nun die Ursachen dafür? Ich sehe einen großen Teil dieser Ursachen darin, dass die Bürgerinnen und Bürger in den letzten Jahren deutlich zu spüren bekamen, dass eine bessere Umwelt viel Geld kostet. Die Gebühren, gerade im Bereich Wasser/Abwasser und Abfall, sind in Thüringen ziemlich hoch, die Löhne im Vergleich dazu niedrig. Dass man dem Bau neuer Kläranlagen nicht gerade mit Begeisterung zustimmt, ist verständlich. Eine Erhöhung der Abwassergebühren ist damit nämlich vorprogrammiert und die Anschlusskosten des eigenen Grundstücks sind nicht gerade gering. Auf dieses Thema möchte ich nicht weiter eingehen, da meine Kollegin, die Frau Abgeordnete Dr. Wildauer, in ihrem Redebeitrag zum Gesetzentwurf der Landesregierung, Gesetz zur Änderung des Thüringer Kommunalabgabensetzes und zur Einführung von Verbraucherbeiräten, am heutigen Tag noch ausführlich darauf zurückkommen wird
Entschuldigung -, am gestrigen Tage ausführlich dazu gesprochen hat. Einem Gesetzentwurf, der Gebührenstundung nur mit Rechtsmittelverzicht gegen den Gebührenentscheid ermöglicht, konnten wir natürlich nicht zustimmen. In der Regierungserklärung wird auch auf die Ökosteuer eingegangen. Dafür kann die Landesregierung nun wirklich nichts. Hier werden Einnahmen aus der Besteuerung von Energie für die Rentenkassen verwendet, statt damit ökologisch akzeptable Alternativen zu finanzieren. Auch das ist neben der Gebührenspirale ein Grund, dass das Bewusstsein vieler Menschen leider noch nicht so umweltorientiert bzw. nachhaltig ausgeprägt ist, wie es eigentlich notwendig wäre. Dies soll auch als Appell verstanden werden, ab und zu das eigene Handeln kritisch zu überprüfen. Ich denke hier z.B. an ganz simple Dinge, die sicher jeder beeinflussen kann, wie die Einsparung von Müll, die Wahl des Fortbewegungsmittels, die Ressourcenschonung und das Verhalten in der Natur. Denn so wie wir
Nun zum Punkt 2 der Regierungserklärung: Wir wollen unser reiches Naturerbe und die wieder erreichte Umweltqualität in Thüringen sichern, bewahren und weiterentwickeln. Herr Sklenar, Sie sagten, das ethische Prinzip Verantwortung leitet unser Handeln, nicht Raubbau zu treiben und zu zerstören, sondern zu schützen, zu erhalten und zu entwickeln. Trifft dieses Prinzip auch auf die Wirtschaft zu? Als Erhaltung unserer Natur sehe ich es nicht an, wenn wir in den letzten Jahren mit Flächenversiegelungen - gerade im Bereich der Gewerbeansiedlung auf der grünen Wiese - zu kämpfen haben. Noch keine Generation vor uns hat in dem Maße wertvolle Naturräume mit Beton zugeschüttet. Sie kündigen ein Bodenschutzgesetz an, vergessen aber die Untersetzung. Ich hoffe, dass mit diesem Gesetz dem Versiegelungstreiben ein Ende gesetzt wird. Solange wie wir noch industrielle Altstandorte in großer Menge zur Verfügung haben, sollten erst diese revitalisiert werden.
Nun kommen Sie in der Regierungserklärung zum Thema Agenda 21. Auf dieses Politikfeld wird die Abgeordnete Sedlacik in einem gesonderten Redebeitrag eingehen. Nur eines möchte ich voranstellen: Der Ansatz des globalen Denkens und des lokalen Handelns darf nicht zu der Ausrede führen, dass man nichts unternehmen muss, solange andere noch nicht gehandelt haben. Thüringen darf ruhig Vorreiter in Sachen Umweltpolitik sein. Die Zahlen, die Sie zur Untersetzung der Agenda 21 aufführen, zeigen aber, dass wir von der Vorreiterrolle noch weit entfernt sind.
Nun zur Dorferneuerung: Sie führen die Dorferneuerung als Beispiel für nachhaltige Entwicklung an. Das wird begründet mit der Bezuschussung von Dach-, Fassaden- und Fenstererneuerung und den damit verbundenen Energieeinspareffekten u.a. Das geht mir nicht weit genug. Wir haben im ländlichen Raum durch den Verlust an Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft mit gewaltigen Umstrukturierungsvorgängen zu kämpfen. Im stadtnahen Raum entwickeln sich die Dörfer zu Schlafsiedlungen, in denen landwirtschaftliche Aktivitäten kaum noch akzeptiert werden. In einiger Entfernung von Städten nimmt die Einwohnerzahl der Dörfer dramatisch ab, eben weil keine Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Auch hier kann Umweltpolitik einen Beitrag leisten.
Sie gehen in einem späteren Teil Ihrer Regierungserklärung u.a. auf das Thema "nachwachsende Rohstoffe" ein. Gerade dieses Gebiet ist in der Lage neue Arbeitsplätze im ländlichen Raum zu schaffen, und das auch noch nachhaltig. Hier haben wir noch viele Reserven, denn der Anbau von nachwachsenden Rohstoffen läuft zwar schon recht gut, bei der Verarbeitung mangelt es jedoch. Ich kann mich an einen Besuch in Vachdorf erinnern, wo erzählt wurde, dass man Hanf angebaut hat, diesen nicht absetzen konnte und der Hanf deshalb immer noch auf Halde liegt. Die Einsatzmöglichkeiten von Hanf sind reichlich, man könnte also hier
etwas unternehmen. Entsprechendes Gewerbe in den Dörfern anzusiedeln und damit die Infrastruktur dort zu beleben ist meiner Ansicht nach auch eine Aufgabe der Dorferneuerung. Am Rande noch zu einem Problem der Dorferneuerung, das im "Freien Wort" vom 17. Mai anschaulich beschrieben wird: "Der Dorferneuerung ist zurzeit der Geldhahn zugedreht. Neue Finanzen sind erst im III. Quartal in Sicht." Das ist weder ein Beispiel für Wirtschaftsförderung, noch kann ein Beitrag zur Energieeinsparung damit erreicht werden.
Hätte man in den Haushaltsberatungen - ich komme schon zum Grund - auf unseren Vorschlag gehört und Mittel zur Vorfinanzierung eingestellt, hätten wir dieses Problem jetzt nicht.
Nun zum Thema FFH-Richtlinie: In Bezug auf die Ausweisung der Flächen im Rahmen des Schutzprogramms "Natura 2000" hat Thüringen gute Arbeit geleistet. Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt hat im Januar auch einen Einführungserlass zur Umsetzung des Schutzprogramms verabschiedet. Trotzdem sehe ich nach wie vor Probleme, die einer Klärung bedürfen.