Ich denke, wir haben eine vernünftige Wirtschaftspolitik gemacht und die werden wir auch weitermachen.
Ich finde, man kann sich freuen über jeden Menschen, der Arbeit bekommt, und man kann sich freuen über jeden Arbeitsplatz, der entsteht, und über einen Export, der boomt. Ich finde aber, das Thema ist nicht geeignet, um Schaufensterreden zu halten. Und das, was hier gerade gemacht worden ist, deprimiert mich eigentlich.
Erste Bemerkung: Schon bei der Überschrift zu dem heutigen Thema sind zwei Wertungen drin, die ich gar nicht teilen kann, nämlich die positiven Auswirkungen aufgrund der konjunkturellen Entwicklung auf die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt in Thüringen. So sehr ich mich über jeden Arbeitslosen, der Arbeit bekommt, freue, so sehr muss ich darauf hinweisen, dass die Arbeitslosenzahl zwar niedrig ist in Thüringen, Frau Vopel, und da will ich Ihnen überhaupt nicht widersprechen und auch jetzt nichts kleinreden, aber die absolute Zahl der Erwerbstätigen sinkt nach wie vor. Thüringen ist weiterhin ein Land, aus dem Menschen weggehen. Wir haben in demselben Zeitraum 12.600 Erwerbslose mehr gehabt. Bei sinkender Arbeitslosenprozentzahl waren es trotzdem absolut 12.600 mehr und wir haben in dem gesamten Messzeitraum 35.000 Sozialversicherungspflichtige
Einen zweiten Teil des Problems haben Sie zu Recht angesprochen, Frau Vopel, wir haben zurzeit eine Konjunktur, die geprägt ist durch den schwachen Euro, und da muss man sehr vorsichtig sein. Wenn wir uns zu schnell darüber freuen - so sehr ich mich darüber freue -, aber wenn sich die Euro-Dollar-Parität wieder anders entwickelt, wird dieser Binnenboom, den wir zurzeit haben, ganz schnell zu einer Bremse für unsere weitere Entwicklung werden. Außerdem sind die Importe, die wir zurzeit machen müssen, dadurch geprägt, dass sie zu teuer sind und sich auch weiter verteuern. Das sind ein paar Punkte, über die man etwas mehr nachdenken muss.
Ich will auf einen letzten wichtigen Punkt aus meiner Sicht hinweisen: Das Bruttoinlandsprodukt, das in Thüringen sicherlich kontinuierlich im Verhältnis zu den anderen sich stabil gezeigt hat, sinkt im Verhältnis zu den Altbundesländern, d.h., seit zwei Jahren sind wir abgekoppelt. Das Problem ist, dass die Aufholjagd, die wir eigentlich machen müssen, um ankoppeln zu können, im Moment davon geprägt ist, dass die Schere weiter auseinander geht, und das unter der Bedingung - dazu muss man sich dann mal die Gewerbean- und -abmeldungen anschauen -, dass wir im März 2000 87 Gewerbeanmeldungen hatten und 130 Gewerbeabmeldungen. Der größte Teil, der uns zurzeit fehlt, ist tatsächlich das produzierende Gewerbe, das sinkend angemeldet wird. Also die Zahl der produzierenden Gewerbebetriebe wird geringer. Ich glaube, wir sollten an dieser Stelle gemeinsam darüber nachdenken, dass wir uns nicht an einem Wetterleuchten erfreuen, das in Thüringen nicht zu einer nachhaltigen Belebung führt, sondern die Binnenkonjunktur muss angeschmissen werden. Da muss Druck auf den Kessel, d.h., die Binnenkaufkraft in ganz Deutschland müsste steigen. Frau Vopel, Sie haben ja zu Recht auf die Einzelhandelsumsätze hingewiesen. Das ist die Frage auch der Entlohnung, des Geldes, was die Menschen in der Tasche haben, und des Mutes und der Hoffnung, die sie in sich tragen, ob es einen weiteren positiven Entwicklungsweg gibt oder nicht. Wenn da Menschen Angst haben, geben sie kein Geld aus oder machen sich nicht selbständig, fangen nichts Neues an, sitzen lethargisch herum. Da, glaube ich, wäre es gut, wenn wir eine Zielbestimmung in Thüringen hätten, wo wir einen eigenen Thüringer Weg beschreiten, Thüringen entwickeln mit neuen Ideen und neuen Wegen, statt sich da an den derzeitigen Sachen allzu sehr zu erfreuen. Ich sage es noch einmal, ich freue mich über jeden Arbeitslosen, der einen Arbeitsplatz bekommen hat. Ich sage aber, solange wir nicht eine weit entwickelte gewerbliche Wirtschaft in Thüringen haben, wird die Grundlage der weiteren Entwicklung viel zu gering sein und da ist es eben, dass das BiP z.B. in Hessen, in Bayern oder in Baden-Württemberg die Prozentpunkte auf einem viel höheren Niveau eine viel größere Summe bewegen, das uns genau hier fehlt. An der Stelle sollten wir gemeinsam, statt zu sagen, die CDU oder die SPD war es dort oder hier, zu sagen, was müssten wir hier in
Thüringen machen, damit es wirklich ein nach vorn gerichtetes Aufbauen und Weiterarbeiten gibt. Da, denke ich, wäre es gut, wenn wir Thüringen entwickeln würden als ein Land der nachhaltigen Wirtschaft, wo man sagt, es sind neue Ideen, die hier geboren werden und zu neuen Arbeitsplätzen führen. Da mangelt es mir an Ideen und es wäre mir lieber gewesen, wenn wir darüber ein paar Worte gehört hätten.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ein wenig teile ich die Verwunderung des Kollegen Ramelow zur Zielrichtung dieser Aktuellen Stunde. Nachdem der Kanzler sich in der vorigen Woche mit "Deutschland im Aufbruch" selbst gelobt hat und es schon nicht klappt, da muss die SPD in Thüringen sich wahrscheinlich noch mal selbst loben und sich auf die Schulter klopfen.
Ja, Sie haben doch das Thema auf die Tagesordnung gesetzt, Herr Botz, es ist schon klar. Ich wundere mich, wen Sie jetzt alles bemühen zu diesem Eigenlob, die Banken. Nur, Sie müssen mal die Zahlen auch im Kontext sehen. Mit dem von der Bundesregierung für das Jahr erwartete Wachstum von 2,8 Prozent, was Sie hier gesagt haben, ist Deutschland Schlusslicht in der Europäischen Gemeinschaft, wenn man mal vom krisengeschüttelten Italien absieht. Dann sagt man, keine Spur von Wachstumsdynamik wie in den anderen Ländern, vor allem wie in den USA mit 5,4 Prozent im ersten Quartal 2000 und mit einer Arbeitslosenquote von 4 Prozent. Meine Kollegin Frau Vopel hat es schon gesagt, bei den Arbeitslosenzahlen ist es im Wesentlichen der demographische Faktor, d.h., die Älteren scheiden aus und es kommen keine Jüngeren nach. Die Bundesregierung kann wirklich weggehen. Ich zitiere Ihren Parteifreund Herrn Lafontaine, der gesagt hat: Die Bundesregierung kann nach Hause gehen. Sie ist gescheitert, wenn Sie bis 2002 nicht bei 3 Mio. Arbeitslosen angelangt ist. Der Bundeskanzler hat jetzt gesagt: 3,5 Mio. wollen sie schaffen bis 2002. Also, Sie ist damit schon gescheitert, wenn ich das sehe. Was mich irritiert dabei, ist insbesondere die Abkopplung von dem so genannten Aufschwung von Ost- und Mitteldeutschland. Der Aufschwung Ost war für Gerhard Schröder offensichtlich nur vor der Bundestagswahl Chefsache. Ich hatte erwartet, Sie würden uns hier unterstützen in dem Votum: Wir wollen den Staatsminister Schwanitz, der für Ostdeutschland zuständig ist, dieser Sprachlosminister, vielleicht ablösen, aber das habe ich hier nicht gehört.
Wenn wir nun mal von diesem Aufschwung oder Wetterleuchten reden, da muss man sagen, entscheidend ist, dass die Weltwirtschaft uns mitschleppt, der Export stark gestützt ist und das ist Ursache dafür, dass Deutschland auch im Aufschwung steht. Also sagen wir mal, der Aufschwung findet trotz der Bundesregierung statt und nicht wegen der Bundesregierung.
Sie können das auch sehen. Schon lange warnt die OECD und der IWF, dass die deutsche Wirtschaft zu 80 Prozent diese Arbeitslosen durch einen strukturellen Mangel verursacht sieht.
Jetzt geht es ja nicht um das Seitwann. Die Reformen, die notwendig und schon seit langem gefordert sind, folgen nicht, kommen nicht. Bei der Euroschwäche ist es genau dasselbe. Wirtschaftlich wird das relativ gut beurteilt, aber die Außensicht ist deshalb so schwach und deshalb geht der Euro herunter, weil die Leute Europa diese notwendigen Reformen nicht zutrauen. Da haben wir ja schon sehr deutlich..., unter Theo Waigel war der Euro nur 1,18, glaube ich, wert und jetzt sind wir bei 88 Cent angelangt. Das ist genau dieser Ausdruck dafür, dass man Europa die notwendigen Reformen und insbesondere der Bundesrepublik Deutschland nicht zugetraut hat. Da kann man jetzt mal ein schönes Register aufmachen, was alles passiert ist unter der Bundesregierung Schröder. Die wirtschaftlichen Reformen wurden zurückgenommen, der Stabilitätspakt, welcher eine Meisterleistung von Theo Waigel war, wurde infrage gestellt und damit das Vertrauen in die Bundesbank und in die Europäische Zentralbank durch massive Attacken untergraben. Die Reformen im Bereich der Unternehmensbesteuerung, Rente, Krankenversicherung werden verschleppt. Die notwendige Lockerung des Tarifrechts wird nicht vorangebracht. In der Gesundheitspolitik werden die Leute verunsichert, z.B. Kopplung der Arzthonorare an einen Heilerfolg. Die fünf Ökosteuerstufen und die Steuererhöhungsdebatte um Mehrwert- und Erbschaftssteuer machen klar, trotz allen modernen Scheins setzt diese Bundesregierung auf Umverteilung nach dem Motto "Linke Tasche, rechte Tasche" statt auf Steuersenkung und wirtschaftliche Dynamik, meine Damen und Herren.
Wenn wir wirtschaftlichen Erfolg haben wollen - und da stimme ich Herrn Ramelow zu, wir freuen uns über jeden, der in Arbeit kommt, und zwar in richtige Arbeit, nicht nur in eine Beschäftigung -, dann müssen wir alles unterlassen, was Investoren abschreckt, wir müssen die Überlegung zur Mehrwertsteuererhöhung wegstecken
und auch die Erbschaftssteuererhöhungsüberlegungen müssen weg. Vor allem mit dem Blick auf Thüringen müssen wir insbesondere die Infrastruktur stärken. Da brauche ich die Mithilfe insbesondere der SPD, dass ICE und Schienenverbindungen und Bundesstrassen gebaut werden, damit diese Defizite aufgelöst werden. Wenn das aus dieser Aktuellen Stunde herauskommt, dass Sie da mithelfen wollen, dann kann es auch weitergehen in Thüringen.
(Zwischenruf Abg. Dr. Botz, SPD: Was glau- ben Sie, was los ist, wenn ich mich erst ein- mal aufrege.)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist schon interessant, wenn den Rednern aus den mittleren Reihen unseres Hauses die Argumente fehlen, dann wird Lafontaine zitiert.
Schauen wir doch mal, wer hat denn die Karre in Deutschland in den Dreck gefahren? Die Kohl-Regierung hat doch in vielen Politikfeldern versagt und ganz besonders in der Haushalts- und Finanzpolitik. Über viele Jahre, von 1995 bis 1997/98, konnte sich doch die CDU mit der F.D.P. nicht über eine Steuerpolitik einigen. Das war doch die tatsächliche Ursache.
Und die Politik der Bundesregierung hat doch dazu geführt, dass wir den höchsten Schuldenberg in der Geschichte Deutschlands vorgefunden haben, dass die höchste Steuer- und Abgabenbelastung 1998 in der Geschichte Deutschlands vorlag. Das können Sie auch nicht wegreden. Die SPD hat sich 1998 drangemacht, um im Bund die Karre wieder aus dem Dreck zu ziehen. Auch wenn in dem ersten Jahr nicht alles nach Maß gelaufen ist, aber es sind Maßnahmen eingeleitet und erreicht worden,
Dass Ihnen das wehtut, wenn jetzt durch die SPD die Deutschland AG wieder flottgemacht wird, das kann ich verstehen.
Vorbei ist die Zeit des Aussitzens und des Stillstands und die Fakten, die Wirtschaftsdaten und die Arbeitsmarktdaten sprechen doch eine eindeutige Sprache.
Ich will nicht schönreden, was nicht schön ist. Dass wir in Ostdeutschland höhere Zuwachsraten brauchen als im Westen, um aufzuholen, auch das ist vollkommen klar. Aber mir klingt noch die Kritik der Lobbyisten und auch aus Ihren Reihen in den Ohren, als es um das 630-MarkGesetz ging, als es um das Zukunftsprogramm 2000 ging, als es um die erste Stufe der Einkommensteuerreform oder die Ökosteuer ging. Das sind doch Maßnahmen, die der Grundstein sind für den wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland - auch langfristig.
Das Herzstück dieser finanzpolitischen Maßnahmen ist das Steuersenkungsgesetz und die Unternehmenssteuerreform. Das wird langfristig wirtschaftlichen Erfolg für ganz Deutschland bringen, auch wenn das vorhin hier Gesagte noch angekoppelt werden muss. Diese Fakten können Sie auch nicht schlechtreden. Ich sage Ihnen einfach analog zu Herrn Böck von vorhin, machen Sie die Augen auf, schauen Sie sich die Wirtschafts- und Arbeitsmarktdaten in Deutschland an und schauen Sie und sehen Sie, dass die von der Bundesregierung getroffenen und vorbereiteten Entscheidungen für Deutschland den richtigen Weg bedeuten. Danke.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wer könnte etwas dagegen haben, dass die Konjunktur sich belebt. In der Tat, es gibt einen Prozess der konjunktu