Diese Entwicklung traf mit der rasanten Aufwärtsentwicklung im IT-Bereich zusammen. Dann kommt noch hinzu, dass wir Rahmenbedingungen schaffen müssen, damit die Studienabsolventen auch in Thüringen bleiben und zu hiesigen Unternehmen gehen. Derzeit stellen wir fest, dass bereits an den Hochschulen von Unternehmen geworben wird, die international tätig sind bzw. in Ballungsräumen in anderen Ländern Fachkräfte suchen und oftmals höhere Gehälter als die Thüringer Unternehmen bieten. Hier müssen die Unternehmen flexibel reagieren, um die Jobs noch attraktiver zu gestalten. Neben dem Gehalt geht es z.B. auch um Arbeitsbedingungen, um Arbeitszeitgestaltung, um Wohnumfeld, Wohnungseigentum und andere Dinge mehr.
Die Regelungen, die die Bundesregierung beabsichtigt, können aber nur als Stückwerk bezeichnet werden. So ist geplant, zunächst 10.000 ausländische Computerexperten nach Deutschland zu holen. Diese sollen zunächst drei, höchstens aber fünf Jahre bleiben dürfen. Für wirklich qualifizierte Fachkräfte, meine Damen und Herren, scheinen diese Regelungen unattraktiv. Es kann deshalb wohl kaum erwartet werden, dass mit dieser Regelung der Bedarf in der IT-Branche gedeckt werden kann. Insofern steht die Landesregierung dieser Initiative mit etlichen Bedenken gegenüber. Sie ist allenfalls als eine Feuerwehraktion und zeitlich begrenzt zu verstehen und zu vertreten, die allerdings nicht dazu führen darf, dass die Unternehmen ihre Ausbildungsaufgabe vernachlässigen.
Außerdem muss vorrangig das Potenzial arbeitsloser Fachkräfte, insbesondere durch zielgerichtete Qualifizierung, hier im Lande genutzt werden.
Es kommt aber ein weiterer Aspekt hinzu, der bisher überhaupt noch nicht genannt wurde. Global tätige Unternehmen haben unter jetziger Rechtslage Probleme, innerhalb ihrer Firmen Mitarbeiter komplikationslos zu versetzen. Das Problem beschränkt sich damit nicht nur auf das Anwerben von Fachkräften, sondern erstreckt sich auch auf die interne Handlungsfähigkeit von Unternehmen. Man kann dies am Beispiel des Unternehmens Intershop sehr gut demonstrieren. Das Unternehmen weist darauf hin, dass man zwar Billionen von Datensätzen in Lichtgeschwindigkeit global austauschen kann, aber Mitarbeiter innerhalb der Firma nur im Schneckentempo ihren Arbeitsstandort innerhalb des Unternehmens, z.B. nach Jena, verlagern können. Derartige Mobilitätshemmnisse müssen sicher aus dem Weg geräumt werden.
Meine Damen und Herren, es ist weiterhin zu bedenken, dass der Begriff "Green Card" aus dem amerikanischen Rechtsbereich kommt und dass er im deutschen Rechtsbereich überhaupt nicht vorkommt, wie wir alle wissen. In Deutschland ist zunächst eine Arbeitserlaubnis durch die Arbeitsämter und eine Aufenthaltsgenehmigung in Form einer Aufenthaltsbewilligung oder Aufenthaltser
laubnis erforderlich. Die Arbeitsaufenthaltsverordnung sieht bereits verschiedene Tatbestände vor, die es erlauben, ausländische Spezialisten in das Inland zu holen, wenn wegen ihrer besonderen fachlichen Kenntnisse ein öffentliches Interesse besteht. Es ist aber zu beachten, dass einige dieser Regelungen zu einem dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet führen können. Deshalb wäre es wohl zweckmäßig, die Arbeitsaufenthaltsverordnung für die Beschäftigung der dringend benötigten Spezialisten entsprechend zu ergänzen sowie die Ausnahmeverordnung zum Anwerbestopp entsprechend zu ändern. Der von der Bundesregierung geplante Erlass von eigenständigen Verordnungen wird hingegen nicht für notwendig erachtet.
Wenn man rechtliche Regelungen trifft, sollte man dies auch möglichst unbürokratisch und zügig tun, damit wir nicht noch Monate über die Initiative diskutieren, sondern auch zu Ergebnissen kommen, meine Damen und Herren. Und man sollte auch an die Erfahrungen denken, die man in Deutschland bei der Anwerbung von Gastarbeitern gemacht hat. Wir riefen damals Arbeitskräfte und es kamen Menschen, Menschen die selber über die Dauer ihres Aufenthalts bestimmen und sich in vielen Fällen auf Dauer integrieren wollten. Wenn man Fachkräfte anwerben will, muss man ihnen auch Zukunftsperspektiven und einen dauernden Aufenthalt und Familiennachzugsgelegenheiten anbieten. Damit Sie mich nicht falsch verstehen, es müssen selbstverständlich zuallererst Potentiale des hiesigen sowie des europäischen Arbeitsmarkts genutzt werden.
Dazu zählt auch die Notwendigkeit und der Vorrang der beruflichen Qualifizierung auf allen Ebenen. Eine solche Anwerbung von Computerspezialisten darf nicht zu einer Ausweitung der Zuwanderung in die Bundesrepublik Deutschland generell werden. Wir brauchen insgesamt klare Rechtsregelungen für die Zuwanderung und hinsichtlich des Asylmissbrauchs, die modernen Anforderungen und insbesondere auch dem europäischen Standard sowie der Globalisierung genügen.
Die Landesregierung will zur Weiterentwicklung unserer Wirtschaft insbesondere auch im innovativen IT-Bereich beitragen. Wir wollen aber auch eine Entlastung des Arbeitsmarkts und die Integration Arbeitsloser in dauerhafte Beschäftigung erreichen. Nach einer Sonderveröffentlichung des Landesarbeitsamts Sachsen-Anhalt/Thüringen gab es im Februar in Thüringen 1.200 Arbeitslose in ITBerufen. Es gab zwar auch offene Stellen, aber nur 250 von IT-Unternehmen. Nun kann man davon ausgehen, dass der tatsächliche Bedarf größer ist als das Angebot der Arbeitsverwaltung, trotzdem darf das Potenzial von 1.200 Arbeitslosen nicht übersehen werden. In der Gesamtzahl der Arbeitslosen sind rund 9.000 arbeitslose Ingenieure, Naturwissenschaftler, Mathematiker und Techniker registriert.
Diese Gruppe ist ein Potenzial für Qualifizierung für ITUnternehmen und -berufe, meine Damen und Herren.
Bereits 1998 haben wir eine Vereinbarung mit der Arbeitsverwaltung, den Kammern sowie dem Verband der Wirtschaft getroffen, die die Einrichtung von Koordinatoren für die Bedarfserfassung und die Konzeption für Maßnahmen im Weiterbildungsbereich vorsieht. Die vom Wirtschaftsministerium geförderten Qualifizierungskoordinatoren finden gerade im IT-Bereich einen Schwerpunkt ihrer Arbeit. Es wird derzeit geprüft, noch weitere Stellen dieser Art zu schaffen. Es gibt seit 1997 vier neue Ausbildungsberufe für die Informations- und Telekommunikationsbranche. In diesen so genannten IT-Berufen gibt es mit Stand Ende 1999 in Thüringen 709 Ausbildungsverträge gegenüber 491 im Jahr zuvor, also 1998, und 174 im Jahr 1997, also eine deutliche Steigerung, die weiter ausgebaut werden muss, da sowohl der Bedarf der Unternehmen als auch die Nachfrage seitens der Jugend durchaus vorhanden ist.
Die Unternehmen müssen sich allerdings stärker der Ausbildungsaufgabe gerade auf diesem Gebiet stellen. Im Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit auf Bundesebene wurde eine starke Ausweitung der ITAusbildung vereinbart. Dies gilt es auch in Thüringen umzusetzen. Die Thüringer Ausbildungsinitiative stellt seit Jahren das Thema "neue Berufe" in den Vordergrund. Es sind zwischenzeitlich vielfältige Informationsmaßnahmen und Berufsbildungsmessen durchgeführt worden.
Ferner fördern wir die Ausbildung im Verbund. Wir sind an die Verbände herangetreten, insbesondere Maßnahmen für den IT-Bereich zu konzipieren, um dort mehr betriebliche Ausbildungsplätze zu erreichen. Die IT-Berufe werden seit dem Schuljahr 1997/98 an den Standorten der Berufsbildenden Schulen in Erfurt, Hermsdorf und Suhl unterrichtet, so dass in jedem IHK-Bezirk ein Standort für den Berufsschulunterricht vorhanden ist. Zudem gibt es in Sömmerda ab dem kommenden Schuljahr eine private Ersatzschule, die den theoretischen Ausbildungsbereich in den IT-Berufen in der dortigen Region abdeckt. Ferner gibt es Ausbildungsmöglichkeiten im vollzeitschulischen Bereich, an Fachschulen, höheren Berufsfachschulen und beruflichen Gymnasien. Bei der Einstellung von Lehrern für IT-Berufe wurden aufgrund des Bedarfs auch geeignete Bewerber mit entsprechenden Qualifikationen eingestellt, wenn sie noch nicht die für den Lehrerberuf notwendigen pädagogischen Abschlüsse nachweisen können. Sie erhalten entsprechende Möglichkeiten zur Nachqualifikation. In der Regierungserklärung wurde eine weitere Aktion angekündigt, um viele Arbeitnehmer fit zu machen für Zukunftsberufe, gerade im IT-Bereich. Wir wollen hier mit zusätzlichen Mitteln helfen, entsprechende Ausbildungsgänge zu konzipieren.
Meine Damen und Herren, gefördert werden auch Modellprojekte, um Schüler in gymnasialen Oberstufen für techni
sche Studiengänge zu gewinnen. Ein solches Vorhaben wird bereits seit 1999 durch die TU Ilmenau durchgeführt. Im Rahmen der investiven Förderung überbetrieblicher Bildungszentren und auch Berufsbildender Schulen aus Mitteln des Landes und des EFRE wurden insbesondere neben dem Neubau solcher Einrichtungen auch Modernisierungsmaßnahmen im Hinblick auf neue Technologien gefördert, so dass es in Thüringen mittlerweile ein flächendeckendes Netz solch gut ausgestatteter Bildungseinrichtungen gibt. Künftig wird sich der Förderschwerpunkt noch stärker auf die Modernisierung und die ITBerufe richten.
Durch das Thüringer Kultusministerium wurden außerdem seit Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen, um die technischen Ausstattungsbedingungen für Schulen zu verbessern. Herr Kollege Althaus hat bereits in den Jahren 1997 bis 1999 18 Mio. DM in die Hard- und Softwareausstattung von Schulen investiert. Und damals schon gab es Sponsoringaktivitäten der Wirtschaft. Die Aktion "Schulen ans Netz" wird nun von Kollegen Dr. Krapp fortgesetzt und sicher noch weiter ausgebaut. Das Thüringer Kultusministerium beteiligt sich außerdem an einem Programm zur systematischen Einbeziehung von Medien, Informations- und Kommunikationstechnologien in Lehr- und Lernprozesse in der zweiten Phase der Lehrerausbildung.
Ich will zum Schluss nochmals verdeutlichen, dass die Green-Card-Initiative keineswegs die Antwort auf die Herausforderung im Zuge der Entwicklung zur Wissensund Technologiegesellschaft schlechthin ist, meine Damen und Herren. Der Schwerpunkt der Aktivitäten darf nicht bei der Anwerbung ausländischer Fachkräfte, sondern muss bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung im Inland liegen, wobei die Hochschulen meines Erachtens eine ganz besondere Aufgabe und Funktion haben.
Nun hat uns nach Beginn des Plenums auch ein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD erreicht, in dem ein Maßnahmeplan für alle Ausbildungsbereiche und -ebenen und zugleich eine Stützung mit Haushaltsmitteln gefordert wird. Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat die Zeichen der Zeit erkannt und die notwendigen Initiativen ergriffen. Es bedarf somit keines neuerlichen Maßnahmeplans. Die Maßnahmen, die ich genannt habe, sind und werden finanziert. Zum Teil sind sie allerdings Teile und Programme von größeren Maßnahmen, so dass eine direkte Zuordnung zu einem Haushaltsansatz kaum möglich ist. Das Thema allerdings bleibt auf der Tagesordnung. Wir werden immer wieder zu prüfen und zu entscheiden haben, welche neuen Programme noch aufgenommen werden müssen. Vielen Dank.
Ich nehme an, dass mit der Abgabe der Wortmeldungen signalisiert worden ist, dass wir in die Aussprache eintreten. Dem wird nicht widersprochen, sondern zugestimmt. Frau Abgeordnete Kaschuba, PDS-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich bin schon zur Kürze aufgefordert worden, ich möchte das vielleicht auch realisieren.
Ich möchte eigentlich zu drei Punkten sprechen, und zwar zu den Ursachen der Situation, zum Umgang mit der Situation und schließlich zur Politik der Landesregierung. Bevor ich das aber im Konkreten tue, möchte ich noch etwas zur Rede von Minister Schuster sagen: Herr Minister, Sie haben mir eigentlich Leid getan. Sie haben eben den Lokführer auf einem Zug gespielt, der schon durchgefahren ist und wo man jetzt aufspringen muss, was die Ausbildung von Computerfachleuten und IT-Spezialisten anbelangt. Die Bedarfsbelange, die Sie hier anführen, dazu möchte ich Ihnen nur sagen, Sie haben sich sehr häufig auf Intershop bezogen. Ich weiß, dass Intershop, ähnlich wie das Minister Dr. Krapp jetzt gemeinsam mit Dr. Späth getan hat, sehr eigeninitiativ geworden sind in diesem Bereich und selbst Ausbildung anbieten gegenüber dem Arbeitsamt in Jena, um die Situation nach vorn zu treiben und das Problem zu lösen. Auch wenn Ihnen das nicht gefällt, Herr Althaus, es ist so.
Ja, die hätte etwas früher erfüllt werden sollen. Ich finde es auch sehr richtig, dass sowohl die SPD als auch die CDU diese Anträge hier eingebracht haben. Dazu möchte ich auch etwas sagen, denn die CDU hat auf der Bundesebene jahrelang die Verantwortung getragen für die Entwicklung von Hochschul-, Bildungs- und Wirtschaftspolitik
Das ist doch in Ordnung, Sie kommen auch noch dran. Die SPD hat in Thüringen diese Verantwortung getragen und jetzt haben wir diese Situation, in der wir heute sind für diese Bereiche. Ich finde, wir sollten uns darüber verständigen. Wenn Sie jetzt ständig den Bundeskanzler kritisieren, den ich jetzt auch einmal in Schutz nehmen muss,
dass er mit Funktionären der deutschen Wirtschaft gemeinsam ein Programm auflegen muss, um spezialisierte ITKräfte nach Deutschland zu holen, dann ist das natürlich ein Ergebnis von vergangener Bundespolitik und da können Sie drum herumreden wie Sie wollen, das ist einfach so.
Es ist auch eine verfehlte Politik im Hochschulbereich und es ist auch eine verfehlte Politik in Bezug auf Zusammenarbeit von Hochschulpolitik und Wirtschaftspolitik; wenn die Unternehmen sich ausschließlich kurzfristig marktorientieren, dann können sie eben langfristig nicht innovativ arbeiten, sondern sind sehr aktuell marktorientiert.
Auf diese Situation haben bereits zu Beginn der 90er Jahre na klar, wir sind ja lernfähig - Bildungsexperten hingewiesen und eine Umkehrung in der Bildungspolitik der Bundesrepublik gefordert.
Nehmen Sie das einmal zur Kenntnis. Ich meine, die CDU war partiell mit anderen Dingen beschäftigt, das will ich hier zugeben, als sich mit bildungspolitischen und anderen Dingen zu befassen.
Die einzige Reflexion, die zurzeit von der CDU eigentlich öffentlich zu hören war, war die von Herrn Rüttgers. Herr Rüttgers war Ihr Zukunftsminister, er nannte sich immer Zukunftsminister, die Zukunft war offensichtlich bei ihm gestern. Und genau dieser Minister führt jetzt in Nordrhein-Westfalen eine Kampagne "Kinder statt Inder", was ja schon allein eine Frechheit ist, muss ich sagen,
Das ist natürlich außerordentlich demagogisch, noch zumal in seiner ganz individuellen Situation. Was ich jedoch noch viel verheerender finde in dem Zusammenhang, das ist ein Problem - der Herr Minister hatte es hier angesprochen und es wird uns natürlich auch in dem Zusammenhang beschäftigten -, ist ein ziemlich dumpfer Ausländerhass, der damit geschürt wird, wie die Kampagne dort geführt wird...
Wenn Sie an den Wahlkampf denken, der in Hessen geführt wurde mit den berühmten Liechtensteiner und Schweizer Schwarzgeldern, wurde sich bereits der Parolen gegen die doppelte Staatsbürgerschaft bedient. Das ist ein Teil des Themas, ob Sie das wahrhaben wollen oder nicht, das gehört zum Thema.