Protocol of the Session on April 14, 2000

diesen Vorwürfen einmal nachgegangen und habe das prüfen lassen, was Sie hier sagen. Dabei ist Folgendes festgestellt worden:

1. Alle laufenden finanziellen Verpflichtungen des Freistaats Thüringen werden derzeit erfüllt, was die Landes

fachkrankenhäuser anbetrifft.

2. In den letzten Jahren hat es eine chronische Unterfinanzierung der gesetzlichen Leistungen beim Maßregelvollzug gegeben und dafür war in den letzten Jahren Herr Justizminister Kretschmer verantwortlich und nicht Herr Trautvetter, meine Damen und Herren.

3. Ist diese chronische Unterfinanzierung bereinigt worden, der neue Justizminister, Herr Dr. Birkmann, hat genügend Geld für diese Aufgaben in seinen Haushalt eingestellt.

(Beifall bei der CDU)

Und wissen Sie, es ist ja richtig, die ÖTV ist eine Gewerkschaft und die Gewerkschaftsfunktionäre werden auch dafür bezahlt, dass sie die Interessen der Mitarbeiterschaft wahrnehmen. Das ist ihre Aufgabe, dafür sind sie da und das ist auch niemandem in keiner Weise übel zu nehmen. Aber manchmal habe ich doch den Eindruck, es ist auch ein bisschen überzogenes Theater; nehmen Sie es mir bitte nicht übel, was da abgespielt worden ist, war auch wirklich so nicht in Ordnung. Man hat manchmal den Eindruck, die ÖTV hat große Binnenängste, dass ihr ihre Mitglieder verloren gehen und dass sie deswegen ein solches Schaulaufen auch veranstaltet.

(Zwischenruf Abg. Heß, SPD: Das ist eine Bösartigkeit.)

Ja, das mag ja sein, aber, Entschuldigung, Sie haben uns auch nicht gerade mit Samthandschuhen angefasst und deshalb muss man sich auch mal gegen solche unsachgemäßen Vorwürfe wehren.

(Beifall bei der CDU)

Wenn die Trägerschaft wechselt, dann heißt das noch lange nicht, dass die medizinische Versorgung schlechter ist, ich kenne dafür sehr gute Beispiele, auch hier in Thüringen, und damit möchte ich auch meine Rede schließen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat sich Frau Abgeordnete Nitzpon zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, die Thüringer Krankenhauslandschaft zeichnet sich noch, muss man sagen, durch eine gewisse Trägervielfalt aus. Allerdings gibt es schon jetzt nur noch 21 Krankenhäuser in kommunaler Trägerschaft. Herr Trautvetter, das ist ungefähr nur noch ein Drittel. Was auffällt ist, dass einige

private Träger ihre Schnäppchen in Thüringen gemacht haben. Für die Großen, wie z.B. die Rhönklinikum AG, hat es eine interessante Kapitalentwicklung in den letzten Jahren gegeben, die Aktionäre wissen dies zu schätzen. Die Rhön AG agiert überhaupt im Augenblick in Thüringen sehr stark.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Wo ist denn das Problem?)

Sie brauchen gar nicht zu lachen. Nun stehen, Herr Minister Pietzsch, die Landesfachkrankenhäuser für Psychiatrie und Neurologie zum verhökern an. Anders kann man es wohl kaum sehen. Für die Öffentlichkeit ist dies überhaupt nicht nachvollziehbar. Gegen eine Privatisierung, und Frau Kollegin Heß hat dies schon gesagt, der Landesfachkrankenhäuser für Psychiatrie und Neurologie spricht ganz einfach das Ergebnis der Ministeriums- und Arbeitsgruppe von 1995, die eben einen Bericht zu Vorschlägen für die Neugestaltung der Betriebsführung der Trägerorganisationen und der Trägerrechtsform der psychiatrischen Landesfachkrankenhäuser erarbeitet hat. Dazu fand hier im Landtag eine Anhörung am 10. November 1995 statt, an der alle Fraktionen teilgenommen haben, der Thüringer Landkreistag, der Gemeinde- und Städtebund, die Träger der freien Wohlfahrtspflege, die Thüringer Gesellschaft für Neurologie und Psychiatrie, der Landesverband der Angehörigen psychisch Kranker, die Landesärztekammer Thüringens, die Kassenärztliche Vereinigung Thüringens, Prof. Dr. Schmied aus Köln und Prof. Dr. Kunze aus Merkershausen.

(Unruhe bei der CDU)

Ich muss die alle aufzählen, weil Sie ansonsten nicht die Tragweite des Antrags begreifen, den die SPD hier gestellt hat. Es haben außerdem teilgenommen die Krankenkassen Thüringens und die Gewerkschaften und alle haben dort ihre Zustimmung zum Vorschlag der Arbeitsgruppe für eine Anstalt des öffentlichen Rechts gegeben. Nicht zu unterschätzen ist auch die strukturpolitische Bedeutung der Landesfachkrankenhäuser, nämlich als einer der größten Arbeitgeber in den jeweiligen Regionen. Eine echte Privatisierung birgt zahlreiche Gefahren in sich, Frau Arenhövel, damit verbunden ist nämlich oft auch ein Abbau von tarifgebundenen Arbeitsplätzen. Dagegen müssen wir uns einfach aussprechen.

(Beifall bei der PDS)

Herr Minister, Sie sagen, die Anstalt des öffentlichen Rechts unter Landesträgerschaft ist vom Tisch, es wurde von Frau Arenhövel ja hier auch eindeutig dargestellt. Die Landesregierung wolle einen eigenständigen Träger für die Landesfachkrankenhäuser und nicht einen Träger unter Landeshoheit, denn damit würde sich gegenüber der gegenwärtigen Situation nichts ändern.

Wenn man diese Betriebe unter der Trägerschaft des Landes zusammenschließen wolle, hätte man nichts Neues geschaffen. Herr Minister, das ist als Argument für uns nicht zu akzeptieren, denn etwas Neues zu schaffen, das läge ja schließlich dann auch mit in Ihrer Verantwortung. Und auf weitere Nachfragen der PDS haben wir tatsächlich keine neuen Argumente, eigentlich überhaupt keine gehört. Privatisierung ist offensichtlich für diese Landesregierung das Allheilrezept. Politischer Wille jedoch vorausgesetzt, wäre nach wie vor aus unserer Sicht eine Landesträgerschaft, zumindest ebenfalls so effizient möglich wie andere Trägerschaften, zumal das Personal in allen drei Häusern für notwendige Strukturänderungen durchaus offen ist. Aus unserer Sicht gibt es schon gewisse Unterschiede zwischen somatisch und psychisch Kranken. Nein, auch wir wollen eigentlich eine Gleichstellung, wir wollen eine Gleichstellung nicht eigentlich, aber wir meinen auch, dass es eine besondere Obhutspflicht für psychisch Kranke geben muss. Und die Aussage eines Abteilungsleiters des Ministeriums, psychisch Kranke könnten sich doch jederzeit beschweren, bis hin zum Petitionsausschuss, halten wir zumindest für bedenklich. Entweder ist diese Aussage zynisch oder es mangelt an Fachkompetenz den psychiatrischen Bereich betreffend; doch das glauben wir nicht.

Meine Damen und Herren, Landesfachkrankenhäuser für Neurologie, die Psychiatrie sind für private Träger ausgesprochen lukrativ. Natürlich, Sie haben doch gestern selbst in Ihrer Gesundheitsberichterstattung dargelegt, dass Erkrankungen in diesem Bereich zunehmen und es handelt sich oft um sehr langwierige Verläufe. Jedenfalls konnten wir als PDS das am Beispiel Dösen in Sachsen beobachten.

Und, meine Damen und Herren Abgeordneten, das Ministerium sagt, das Konzept wird darüber entscheiden, Frau Arenhövel hat es auch gesagt. Aber gleich anschließend wird betont, dass der zu erzielende Preis eine Rolle spielen wird. Und, ich denke, entweder "Konzept" oder "Preis"; beides wird in irgendeiner Form nur ein Kompromiss sein. Ich denke, wir sollten uns wenn, dann als entscheidendes Kriterium ausschließlich die Konzeption vor Augen führen. Auf die Frage, ob sich die Kommunen ebenfalls bewerben können, war zunächst zu hören: Selbstverständlich. Bei genauerem Nachfragen aber ist es eher unwahrscheinlich, dass Kommunen überhaupt eine Chance haben werden. Selbst Pachtverträge wurden schon eindeutig abgelehnt, geschweige denn, dass das Land das Tafelsilber an die Kommunen weiterreichen möchte. Das wäre im Übrigen eine nachvollziehbare Möglichkeit für uns.

(Zwischenruf Trautvetter, Finanzminister: Für eine Mark!)

Herr Trautvetter, da Sie sich hier - betroffene Hunde bellen - sehr aufregen, die Wiedervereinigung ist 10 Jahre her, doch es gibt nichts mehr für einen Apfel und ein Ei. Sie möchten natürlich, Herr Finanzminister, Geld sehen. Ihre Ziele sind leicht vorstellbar. Sie haben es ja in diesem Haus schon mehrfach praktiziert. Ich denke nur an das

Haushaltssicherungsgesetz von 1997. Sie möchten Geld für Immobilien - ich beantworte keine Fragen, Sie können sich setzen, Sie haben hier schon so viel Mist gebaut in Finanzfragen des Landtags,

(Zwischenruf Abg. Wackernagel, CDU: Das ist einen Ordnungsruf wert!)

(Unruhe bei der CDU)

dass Ihre Frage nur in solch eine Richtung gehen kann -;

Sie haben doch nur vorstellbare Ziele: Sie möchten erstens Geld für Immobilien, zweitens weniger Fördergelder ausgeben, das nehmen Sie dann zum Stopfen von Haushaltslöchern und anschließend freuen Sie sich noch, Haustarifverträge vorzuzeigen, um zu zeigen, wie effizient private Träger arbeiten, z.B. Rhön AG oder Helius. Davon abgesehen, dass es hier gleichzeitig um eine Wettbewerbsbenachteiligung der kommunalen Krankenhäuser geht; natürlich ist das eine Wettbewerbsbenachteiligung, denn die Krankenhäuser haben höhere Personalkosten - zwischen 15 und 20 Prozent - das müssten Sie eigentlich wissen, weil diese tariflich bezahlen, und wir sind für die tarifliche Bezahlung. Das möchte ich hier noch einmal mit aller Deutlichkeit darstellen.

(Zwischenruf Abg. Krauße, CDU: Und dop- pelt unterstreichen.)

Es geht eigentlich auch darum im Bereich der Psychiatrie, dass die fachlichen Möglichkeiten in Landeshoheit bleiben, alle fachlichen Möglichkeiten. Aber das ist offensichtlich nicht gewollt.

Meine Damen und Herren, wissen Sie eigentlich, was die privatisierten Häuser öfter auszeichnet? Eisige Kälte unter den Mitarbeitern, jeder macht Seins, von Teamgeist weit und breit nichts zu spüren. Ihnen werden Verhaltensregeln aufgezwungen, die sie entmündigen und verbiegen. Dafür sind sie natürlich schön angepasst an ihren Arbeitsplatz. Das hätten Sie wohl gern, Herr Trautvetter?

Herr Minister, das Land hat jetzt die Möglichkeit, ein Zeichen sozialstaatlicher Verantwortung zu setzen. Sie haben gestern dieses Wort selbst mehrfach in Beantwortung von Anfragen und auch in Ihrer Berichterstattung in den Mund genommen. Zeigen Sie hier, dass Sie diese sozialstaatliche Verantwortung wirklich im Gesundheitswesen wollen und stimmen Sie dem Antrag der SPD-Fraktion zu oder wir sind auch für die Überweisung an den Ausschuss, wenn Sie es möchten. Wir sind gern dafür, darüber noch einmal intensiv zu diskutieren. Danke schön.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Als Nächster hat sich Herr Minister Dr. Pietzsch zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin schon sehr überrascht, was Frau Nitzpon hier so vom Stapel gelassen hat.

(Zwischenruf Abg. Krauße, CDU: Das wurde ihr so aufgeschrieben.)

Privatisierung - schauen Sie sich mal in der Krankenhauslandschaft Thüringens um, privatrechtlich geführt sind heute die Mehrzahl der Thüringer Krankenhäuser.

(Zwischenruf Abg. Nitzpon: Das habe ich doch gesagt!)

Das sind aber keine in der Form, wie Sie hier argumentieren, privatisierten Krankenhäuser. Das sind Krankenhäuser mit kommunaler Beteiligung. Das ist auch privatrechlich. Meine Damen und Herren, um eines mal klarzustellen: Es wird hier so oft auf das Ergebnis der Kommission abgestellt. Lesen Sie sich doch den Bericht einmal richtig durch. Dort steht drin, dass die privatwirtschaftliche Trägerschaft der Krankenhäuser favorisiert wird. Eine GmbH oder eine gGmbH steht dort in diesem Bericht drin. Lesen Sie es sich doch einmal durch.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Gilt das auch für den Maßregelvollzug?)

Der einzige - warten Sie, warten Sie - Grund, weshalb eine Anstalt des öffentlichen Rechts empfohlen worden ist, das ist der Maßregelvollzug, Sie haben Recht. Aber der Maßregelvollzug nicht etwa, weil er nicht anders gebracht werden kann, sondern weil es eine hoheitliche Aufgabe ist,

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Eben, das ist der Punkt.)

das ist der Grund. So, aber die Untersuchungen, die Ergebnisse in der Befragung unter Juristen, die Fachkompetenz sagt uns unterdessen, dass dieser Maßregelvollzug durch einen Beleihungsvertrag durchaus auch an andere übertragen werden kann. Und wenn dieses so ist, meine Damen und Herren, dann gibt es keinen Grund, von der Empfehlung der Kommission, nämlich privatwirtschaftliche oder privatrechtliche Trägerschaft in Form von GmbH oder gGmbH oder anderswie abzuweichen.

Meine Damen und Herren, wer hier von diesem Pult aus den privatrechlich geführten Krankenhäusern nachsagt, sie würden Rosinenpickerei betreiben, der gehe bitte in die Krankenhäuser und der lasse sich von den Krankenhäu

sern dort verprügeln. Dort wird eine sehr anständige und ordentliche, zuverlässige Arbeit geleistet.

(Beifall bei der CDU)

Ich lasse es nicht zu, dass hier die Arbeit unserer Thüringer Krankenhäuser missachtet wird und heruntergeredet wird, nur weil sie privatrechtlich geführt wird.

(Beifall im Hause)