Protocol of the Session on April 13, 2000

gereimtheiten, wie z.B. Folgender: Der CNW für Fachhochschulen liegt in der Regel um ein Mehrfaches höher als an Universitäten. Wie bereits angeführt liegt er für die Rechtswissenschaft an Universitäten bei 1,7, bei Fachhochschulen für Wirtschaftsrecht aber z.B. bei 5,6. Das bedeutet, der Bewerber an einer Fachhochschule muss höhere Voraussetzungen in Form der Abiturnote erfüllen als an der Universität. Die Betreuung des Studenten ist an den Fachhochschulen besser möglich als an den Hochschulen. Es stellt sich die Frage, ob das sinnvoll und hochschulpolitisch gewollt ist. Die Universitäten kommen in die Rolle, auffangen zu müssen, was an Fachhochschulen nicht ankam. Ein Professor in einem universitären Studiengang bildet dreimal so viele Studenten aus, wie ein Professor an der Fachhochschule.

Wie eingangs schon gesagt, es geht nicht gegen die Fachhochschulen, sondern um die Frage der Bestimmung der Aufnahmekapazitäten und deren Folgen. Es soll auch hier nicht erörtert werden, inwieweit das angesprochene Verfahren verfassungsgemäß oder verfassungswidrig ist. Hier soll nur darauf verwiesen werden, dass beim Aushandeln des Staatsvertrags und beim Erarbeiten des Thüringer Studienplatzvergabegesetzes gründliche Analysen wohl unterblieben oder zumindest nicht in der Öffentlichkeit bekannt wurden. Der mögliche Einwand, die Kritik stimmt vielleicht in Baden-Württemberg und generell in der Bundesrepublik aber wohl nicht in Thüringen, übersieht, dass zwar die Länder die Kapazitätsverordnung selber regeln, aber die Verordnungen in allen Bundesländern so weit übereinstimmen müssen, wie dies für die zentrale Vergabe von Studienplätzen notwendig ist. Die Handlungsbreite für Thüringen ist also begrenzt. Wir hoffen aber, dass sie ausgeschöpft wird. Eine neue Kapazitätsverordnung für Thüringen wird daraufhin zu beurteilen sein. Wir gehen jedoch davon aus, dass Reparaturen nicht genügen, sondern eigentlich ein neues Modell gebraucht wird.

Einige Bemerkungen noch zu einem weiteren Problem: Nach dem Thüringer Studienplatzvergabegesetz können durch § 5 Abs. 2 die Hochschulen auf Antrag ermächtigt werden, bis zu 20 Prozent der Studienplätze, die nicht zentral vergeben werden, nach Aufnahmeprüfung zu vergeben. Die Meinungen der Studierenden zu diesen Regelungen sind kontrovers. Studierende der Universität Erfurt, Fachrichtung Kommunikationswissenschaft, erlebten Aufnahmegespräche bei Prof. Dr. Glotz und begrüßen eine solche Regelung. Andere Studierende lehnen Aufnahmegespräche ab. Da aber das Thüringer Hochschulgesetz solche Prüfungen nicht erlaubt, werden sie nicht mehr stattfinden, so äußerte sich die Erfurter Universitätsleitung. Das Problem gehört allerdings nur unter einem Aspekt in diese Landtagsdebatte und der besteht darin, wir haben im Thüringer Hochschulrecht einen Normenwiderspruch. Was § 21 Thüringer Hochschulgesetz nicht zulässt, erlaubt jetzt der § 5 in dem zu beratenden Gesetz. Das ist nicht gut und es ist wohl ein weiteres Indiz dafür, dass die Thüringer Hochschulgesetzgebung nicht

auf der Höhe der Erfordernisse unserer Zeit steht. Die Notwendigkeiten einer so genannten Wissensgesellschaft verlangen eine zielangemessenere Form der Hochschulen und der diesbezüglichen Landesgesetzgebung. Da ist noch viel zu tun. Die zur zweiten Beratung vorliegenden Regelungen sind aus unserer Sicht nicht zieladäquat.

(Beifall bei der PDS)

Es hat jetzt der Abgeordnete Schwäblein, CDU-Fraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich werde mich jetzt nicht in rechtswissenschaftlichen Betrachtungen ergehen. Ich werde deutlich machen, dass die CDU-Fraktion dem Gesetz über den Staatsvertrag zustimmen wird, weil er die Zulassung zu Hochschulen in die Richtung entwickelt, die wir uns auch vorstellen. Die Hochschulen brauchen eine verstärkte Mitsprache bei der Auswahl ihrer Studenten, denn nur dann werden sie national und international wettbewerbsfähig werden, indem sie nämlich auch in diesen Wettbewerb eintreten. Dass uns das möglicherweise noch nicht weit genug geht, ist hier nicht das erste Mal gesagt worden, aber es ist genauso bekannt, dass es nach den Regularien der Bundesrepublik einer einvernehmlichen Regelung aller Länder bedarf. Dies ist ein schwieriger Prozess und wird wohl noch viele Sitzungen der Kultusministerkonferenz und ihrer Gremien bedürfen, bis man sich möglicherweise eines Tages sogar zur Auflösung der ZVS bekennt. Wir schließen das für die Zukunft nicht aus. Das bedeutet aber, dass sich dann die Studenten ihre Hochschulen selber aussuchen können und die Hochschulen sich ihre Studenten und dass man dann nicht mehr wie bisher, es wurde mit Modivationsgründen begründet, durch Absitzen gewisser Zeiträume seinen Durchschnitt verbessern kann. Das ist im Moment tatsächlich geübte Praxis. Reicht die Durchschnittsnote des Abiturs derzeit nicht aus, dann wartet man zwei, drei, vier Jahre, und allein durch das Zuwarten verbessert sich diese Bewertung. Das wird Qualitätskriterien nicht gerecht. Die Vergleichbarkeit des Abiturs bleibt auch ein Problem. Insofern begrüßen wir, dass die Hochschulen noch einmal durch Aufnahmegespräche, sollten sie Zweifel haben, überprüfen können, ob die Studienbewerber tatsächlich auch für die Richtung, für die sie sich entschieden haben, geeignet genug sind. Wer also ein sehr gutes Abitur hingelegt hat, aber mit Mathematik vier, dem ist wahrlich nicht zu empfehlen, Mathematik zu studieren. Gleichwohl könnte er mit einer besonders guten Durchschnittsnote an dieser Stelle bevorzugt werden. Solche Verwerfungen gehören in der Zukunft ausgeräumt. Dieses Gesetz, das wir heute in zweiter Lesung beraten, beschreibt ein Stück des Wegs und wir sollten es auch tatsächlich heute verabschieden. Denn nur dadurch wird es möglich, die Rechtsverordnung noch rechtzeitig vor dem Sommer zu

erstellen und unseren Hochschulen die verstärkte Mitsprache bei der Auswahl der Studenten auch zu ermöglichen. Frau Neudert, wenn Sie beklagen, dass es Rechtsverordnungen gibt und das Gesetz nicht detailliert genug sei, so möchte ich uns doch zur Selbstbeschränkung ermahnen. Wir sollten eben als Gesetzgeber nicht ins Detail hinein regeln, weil wir dann jedes Mal wieder in das Gesetz bei Veränderung der Sachlage sofort eingreifen müssten. Gesetze haben das Grundsätzliche zu regeln, der Regierung Handlungsrichtlinien auf den Weg zu geben und wir haben dann die Wirkung der Gesetze zu überprüfen als Abgeordnete. Insofern haben wir auch eine Kontrollfunktion. Und sollte sich grundsätzlich etwas als nicht mehr optimal erweisen, dann werden wir wieder das Gesetz aufrufen und die nötigen Veränderungen vornehmen. Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Gesetz und erkläre das hiermit für die CDU-Fraktion. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann schließe ich die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung. Da die Empfehlung des beratenden Ausschusses Annahme lautet, kommen wir unmittelbar zur Schlussabstimmung. Ich bitte also diejenigen, die dem vorliegenden Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben, sich von den Plätzen zu erheben. Vielen Dank. Gegenstimmen? Enthaltungen? Vielen Dank. Damit ist der Gesetzentwurf mit Mehrheit bei einigen Enthaltungen angenommen und ich schließe den Tagesordnungspunkt.

Wir kommen zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 2

a) Fortbestand von Strukturanpassungsmaßnahmen in Thüringen Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/550

b) Umsetzung von Regierungsaussagen zur Arbeitsmarktpolitik Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/404 - Neufassung

c) Strukturanpassungsmaßnahmen (SAM) im sozialen, Sport-, Kultur-, Kinder- und Jugendbereich Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/539

Ich bitte zunächst die Fraktion der PDS um Begründung des Antrags.

Meine Damen und Herren, von Beginn der Legislaturperiode an hat die PDS-Fraktion die Arbeitsmarktpolitik der Landesregierung sehr kritisch begleitet. Wir haben

bemängelt, dass mit Minister Schuster ein erklärter Gegner des zweiten Arbeitsmarkts für das Politikfeld verantwortlich gemacht wurde. Das werden Sie ja nicht bestreiten können, dass wir das getan haben.

(Unruhe bei der CDU)

Beim Haushalt haben wir die Kürzungen der Arbeitsmarktmittel um etwa 100 Mio. DM kritisiert, die Regierungserklärung von Minister Schuster haben wir wegen ihrer Dürftigkeit und Konzeptionslosigkeit hinterfragt. Und unsere Befürchtungen haben sich leider auch bestätigt. Im September 1999 bei Regierungsantritt der CDU-Regierung waren in Thüringen offiziell 186.600 Menschen arbeitslos, im Dezember 1999, als Herr Schuster seine Regierungserklärung zu diesem Thema abgab, waren es schon 194.500 und im letzten Monat, also im März 2000 lag die Zahl bei über 210.000. Herr Minister Schuster, Sie werden zugeben müssen, dass diese Entwicklung wohl nichts mit den Wahlaussagen der CDU aus dem letzten Wahlkampf zu tun hatte, als Sie immer und auch der Ministerpräsident dafür eintraten und erklärten, dass Thüringen in dieser Frage top sei. Auch nach mehreren Monaten ist von einer planvollen und wirksamen Arbeitsmarktpolitik nichts zu spüren, obwohl Sie, Herr Minister, die gesamte Fachabteilung - also auch erfahrene Mitarbeiter - aus dem Sozialministerium übernommen haben. Doch die Arbeitsmarktpolitik der Landesregierung ist ohne Konzept und von Überforderung gekennzeichnet.

(Beifall bei der PDS)

Und schlimmer noch, die Zeit seit dem Regierungsantritt ist in diesem wichtigen Politikfeld vertan worden. Es begann mit einer enormen Kürzung der Mittel und dieser echte Negativtrend ist fortgeschrieben worden. Bei solchen Arbeitslosenzahlen, das möchte ich einfügen, ist die Interpretation von Arbeitsmarktpolitik als Brücke auf dem ersten Arbeitsmarkt illusorisch. Dem Problem kann nur durch innovative Konzepte begegnet werden; wir haben wiederholt Möglichkeiten dafür in der öffentlichen Auseinandersetzung benannt, und zwar die quantitative und qualitative Ausweitung öffentlich geförderter Beschäftigung. Sie wissen genau, dass das nicht einfach die Fortschreibung des zweiten Arbeitsmarkts unter den Prämissen, wie sie bisher benannt wurden, beinhaltet. Herr Minister Trautvetter will, und das war ja zumindest Zeitungsmeldungen zu entnehmen, ein Bündnis für Wandel initiieren. Das wäre natürlich eine ganz tolle Sache, wenn mal näher definiert werden würde, was darunter zu verstehen sei. Wenn es diesen innovativen Aspekt enthält, befürchte ich allerdings, dass er selbst in der CDU nicht durchsetzbar ist. Und so ergibt sich die Situation, dass die PDS Sie dazu auffordern muss, Herr Minister, Regierungszusagen zu erfüllen. Wir tun das im Interesse derjenigen, für die gegenwärtig die einzige Chance besteht, über den zweiten Arbeitsmarkt zu einem Einkommen zu kommen. Sie wissen genau, dass es sehr große Unruhe insgesamt gibt, da im Bereich der SAM die Landesregierung, wie schon mehr

fach zugesagt, die Anträge auf Verlängerung bisher nur unzureichend bewilligt hat, den Trägern die Landesmittel - und das fordern wir - insgesamt für die Monate Januar bis März unverzüglich auszureichen hat und für die folgenden Monate zeitnah ausreicht. Die Förderung der Sozialprojekte - auch das ist Bestandteil unseres Antrags, dazu wollen wir eine deutliche Erklärung hören - muss auch über den 30.06. hinaus gesichert werden, wenn die so genannten Qualitätskriterien, von denen Sie gestern sprachen, eingesetzt werden. Der Bestand der ABS-Gesellschaften, auch das ist erklärte Landespolitik, soll deutlich verringert werden. Wir meinen allerdings, dass diese Gesellschaften wichtige Träger des zweiten Arbeitsmarkts sind. Ohne öffentlich geförderte Beschäftigung wäre die Arbeitslosigkeit, und das wissen Sie, wenn Sie sich ehrlich mit Ihrer eigenen Politik auseinander setzen, in Thüringen wesentlich höher.

Frau Abgeordnete Zimmer, ich wollte nur darauf hinweisen, wir haben immer zwei Bestandteile, das eine ist die Begründung und dann haben wir die Aussprache in aller Breite.

Ich begründe genau die Punkte, die in unserem Antrag drin sind,

(Unruhe bei der CDU)

warum wir sie für gegeben halten, in diese Diskussion hier einzubringen. Da anschließend sowieso die Berichterstattung des Ministers erfolgt, denke ich, ist es für alle Beteiligten einfach wichtig, von uns die Punkte noch einmal zu hören, worauf wir orientieren wollen. Wir fordern also den Bestand der ABS-Gesellschaften zu erhalten und sie mindestens in der Höhe der Mittel des vergangenen Jahres weiter zu fördern. Wir haben in unseren Antrag auch den Punkt aufgenommen, dass wir zum 50-PlusProgramm eine detailliertere Untersetzung haben wollen. Wir haben uns immer gegen dieses Programm ausgesprochen und werden es auch weiter kritisieren, aber es muss etwas geschehen. Besonders die Förderung älterer Langzeitarbeitsloser ist durch die Untätigkeit des Ministeriums bisher blockiert. Wir kritisieren und weisen ebenfalls in unserem Antrag darauf hin, dass die Gestaltungsspielräume des novellierten Sozialgesetzbuches III, das eine Förderung älterer Arbeitsloser bis zu 60 Monaten ermöglicht, nicht oder unzureichend genutzt werden. Wir fordern, dass hierzu endlich eine abgestimmte Richtlinie vorgelegt wird. Ein Eckpunktepapier, Herr Minister, reicht uns nicht. Wir weisen ebenfalls mit unserem Antrag darauf hin, dass durch die EU die Richtlinien der Thüringer Arbeitsmarktpolitik Prüfverfahren unterzogen werden - auch das haben wir bereits mehrfach moniert gehabt - und fordern, dass hier im Interesse der Geförderten EU-konforme Richtlinien sofort auf den Tisch ge

bracht werden. Wir fordern mit diesem Antrag und wollen das hier auch zur Diskussion stellen, dass die Landesregierung endlich ihre Hausaufgaben macht und nicht weiter Zeit verplempert, und zwar zulasten derer, die von der Förderung der Arbeitsmarktpolitik leben müssen. Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Wir kommen jetzt zum nächsten Redner. Gemeldet hat sich die Landesregierung, Herr Minister Schuster.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, namens der Landesregierung komme ich dem Berichtsersuchen der CDU-Fraktion gerne nach und werde auch zu den Anträgen der PDS und der SPD Stellung nehmen. Die Neuausrichtung unserer Arbeitsmarktpolitik ist erfolgt und im Kabinett abgestimmt. Es wird dabei ein schrittweises Umlenken in Richtung einer größeren Wirtschaftsnähe vorgenommen. Oberstes Ziel ist, die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen zu erreichen. Der zweite Arbeitsmarkt muss zum ersten Arbeitsmarkt hinführen und darf diesen nicht ersetzen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Dieses Eingliederungsziel wird am besten erreicht, wenn das Instrumentarium der Arbeitsmarktpolitik die Unternehmen veranlasst, mehr Arbeitsplätze zu schaffen und mehr Arbeitslose einzustellen. Derzeit werden im Freistaat 28.097 Männer und Frauen mit Lohnkostenzuschüssen gefördert, davon sind fast 14.500 in Unternehmen beschäftigt. Die Relation der betrieblichen zu den außerbetrieblichen SA-Maßnahmen ist in Thüringen besser als in jedem anderen neuen Land.

(Beifall bei der CDU)

Trotzdem macht die Relation dieser Zahlen deutlich, dass auch in Zukunft außerbetriebliche Maßnahmen notwendig sind. Auch sie müssen daran gemessen werden, welchen Beitrag sie dazu leisten, zu mehr Arbeitsplätzen auf dem ersten Arbeitsmarkt zu führen. Es ist die Frage zu stellen, welche Maßnahmen gemessen an diesem Ziel effizient sind und welche dies nicht so sind. Es ist die Frage nach den Inhalten von Arbeitsmarktmaßnahmen zu stellen. Der englische Nationalökonom John Maynard Keynes hat einst die Beschäftigungsmaßnahme so beschrieben, es komme nur darauf an, Gräben auszuheben und ausheben zu lassen, um sie anschließend wieder zuzuschütten. Meine Damen und Herren, dies kann nicht Sinn der Arbeitsmarktpolitik sein.

(Zwischenruf Abg. Ellenberger, SPD: Das war noch nie Sinn unserer Arbeitsmarktpo- litik!)

(Beifall bei der CDU)

Es kann aber auch nicht Sinn der Arbeitsmarkthaushalte sein, Ersatzkassen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben zu bilden, meine Damen und Herren, und diesen Charakter hat die Arbeitsmarktpolitik angenommen. Sie dient vielfach dazu, öffentliche Aufgaben, egal ob auf kommunaler Ebene oder bei anderen Trägern, zu finanzieren.

Meine Damen und Herren, die Maßnahmen müssen dazu beitragen, die Vermittlungschancen auf dem ersten Arbeitsmarkt zu steigern, sie müssen Qualifizierungseffekte haben für eine Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt. Arbeitsmarktmaßnahmen müssen außerdem einen Struktureffekt haben, das heißt, Impulse für die weitere wirtschaftliche Entwicklung des Landes geben. Außerdem sollen diese Maßnahmen den betroffenen Arbeitnehmern das Gefühl vermitteln, eine sinnvolle Tätigkeit zu verrichten, meine Damen und Herren. Die Zielgruppe der Arbeitsmarktpolitik müssen die Langzeitarbeitslosen sein. Von den in Thüringen arbeitslos gemeldeten Personen sind 30 Prozent weniger als drei Monate arbeitslos, 36,7 Prozent sind bis zu einem Jahr arbeitslos und 33,3 Prozent sind länger als ein Jahr arbeitslos. Diese letzte Gruppe ist es, die in den Vordergrund unserer arbeitsmarktpolitischen Bemühungen zu rücken ist, dies deshalb, weil sie sich am schwersten tun, eingegliedert zu werden in den ersten Arbeitsmarkt, zumal dann, wenn sie 50 Jahre und älter sind. Und um ein häufig weit verbreitetes Vorurteil auszuräumen: Arbeitslose sind in unserem Land überdurchschnittlich gut qualifiziert, aber häufig verfügen sie über eine industriespezifische Qualifikation, mit der sie zum Beispiel in modernen Dienstleistungsunternehmen wenig anfangen können. Daher kann man auf den zweiten Arbeitsmarkt nicht verzichten. Allerdings muss verhindert werden, dass im zweiten Arbeitsmarkt ein geschlossenes System entsteht, in dem ein Arbeitnehmer durch eine ABM-Stelle einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erhebt und nach einer gewissen Zeit der Arbeitslosigkeit vom Arbeitsamt wiederum in eine andere ABM vermittelt wird. Diesen Kreislauf gilt es zu verhindern.

Meine Damen und Herren, worum es geht, ist, mit staatlich finanzierten Beschäftigungsprogrammen eine nachhaltigere Beschäftigungswirkung zu erzielen, als dies bisher häufig der Fall ist. Dies ist das Anliegen der Arbeitsmarktpolitik, nachhaltigere Beschäftigungseffekte zu erzielen.

Meine Damen und Herren, und diese Ziele realisieren sich nicht von selbst. Um das Arbeitsmarktinstrumentarium SAM effektiver einzusetzen, wurden Qualitätskriterien erarbeitet, die künftig als Maßstab für die Bewilligung von SAM-Projekten dienen werden. Nun musste außerdem unsere bestehende SAM-Richtlinie an die SGB III-Novelle angepasst werden, die, wie Sie wissen, Maßnahmen

für über 55-Jährige mit einer Laufzeit von 60 Monaten vorsieht und die außerdem auch Maßnahmen zulässt im Bereich der wirtschaftsnahen Infrastruktur und des Tourismus. Geändert wurde außerdem von der Bundesregierung das Niveau der Lohnkostenzuschüsse, die von bisher 2.180 DM auf 1.937 DM reduziert wurden bzw. bei Lohnkostenzuschüssen für Wirtschaftsunternehmen wurden diese auf 1.355 DM reduziert. Diese Absenkung hat die Bundesregierung zu vertreten. Die Landesregierung ist nicht in der Lage, hier Ausgleich zu schaffen.

Lassen Sie mich nun zu den Qualitätskriterien kommen. Sie sehen, Maßnahmen mit oberster Priorität, Maßnahmen mit Priorität, aber auch nicht prioritäre Maßnahmen und nicht förderfähige Maßnahmen vor. Wir alle tendieren ja dazu, immer nur Prioritäten zu definieren und nie zu sagen, was dann die Posterioritäten sind. Dies wird hier gesagt. Oberste Priorität werden bei künftigen Bewilligungen solche Maßnahmen haben, mit denen Dauerarbeitsplätze geschaffen werden, zum Zweiten Maßnahmen, die für die Entwicklung der gewerblichen Wirtschaft förderlich sind, Maßnahmen, die Synergieeffekte haben, die verknüpft werden können z.B. mit Infrastrukturmaßnahmen und Infrastrukturprogrammen und davon solche Möglichkeiten der Kombination von Arbeitsmarktmaßnahmen und infrastrukturellen Maßnahmen sind in vielfacher Hinsicht gegeben. Bei den prioritären Maßnahmen sind solche vertreten, die ein positives Votum der Regionalbeiräte bekommen haben oder Maßnahmen von überregionaler Bedeutung, Maßnahmen von besonderem Landesinteresse usw. Es sind dabei auch Maßnahmen vertreten, die in den beiden strukturschwachen Kreisen Altenburger Land und Kyffhäuserkreis durchgeführt werden. Sie sollen mit Vorrang bedacht werden. Außerdem ist vorgesehen, bei diesen Maßnahmen den Eigenanteil der Träger von 10 Prozent auf 5 Prozent abzusenken. Meine Damen und Herren, nicht förderfähig sind Maßnahmen von Trägern, gegen die ein Gesamtvollstreckungsverfahren läuft, wo es Beanstandungen gegeben hat oder gar Unregelmäßigkeiten bei der Verwendungsnachweisprüfung.

Meine Damen und Herren, es ist ein Weiteres vorgenommen worden, das Gesetz sieht ja viele Maßnahmenbereiche vor. Es musste auch eine Gewichtung der verschiedenen Maßnahmenbereiche erfolgen. Es ist vorgesehen, von den zur Verfügung stehenden Mitteln in Zukunft 35 Prozent zu verwenden für wirtschaftsnahe und touristische Infrastrukturmaßnahmen, bisher war der Anteil 23 Prozent, also Aufstockung von 23 auf 35 Prozent. Es ist vorgesehen, Maßnahmen im Bereich der Landschaftspflege, des Naturschutzes mit 17 Prozent zu belegen, bisher waren es 27 Prozent.

Es ist vorgesehen, Maßnahmen im Bereich der Kultur, der Denkmalpflege mit 10 Prozent zu bedenken, bisher war der Anteil 12 Prozent. Es ist vorgesehen, soziale Dienste, Breitensport Jugendhilfe mit 28 Prozent zu bedenken, bisher waren es 38 Prozent. Hinzu gekommen sind schließlich Maßnahmen im Bereich der Wohnumfeldverbesse

rung und der städtebaulichen Erneuerung mit 10 Prozent, bisher 0 Prozent. Dieses SAM-Konzept ist mit der Arbeitsverwaltung, mit den Arbeitsämtern abgestimmt, auch die Prioritätenliste und die Gewichtung. Wir kofinanzieren Maßnahmen der Arbeitsverwaltung mit durchschnittlich etwa 33 Prozent. Diese Regelung, dieses Konzept tritt ab 1. Mai dieses Jahres in Kraft.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auch zur Regionalisierung der Arbeitsmarktpolitik einiges bemerken: Sie bleibt erhalten; allerdings wird in den Regionalbeiräten eingeführt, dass keine Maßnahme gegen den Willen einer vertretenen Gruppe durchgesetzt werden kann. Es besteht in Zukunft das Konsensprinzip, d.h. Einigungszwang in den Regionalbeiräten. Wir erwarten, dass alle Beteiligten dafür aber auch Verantwortung tragen und sich bereit finden, entsprechende Programme mit zu empfehlen und mit zu tragen. "50 Plus" ist angesprochen. Dieses Programm ist ja bereits vorgestellt worden. Die Landesregierung hat hierzu ein Eckpunktepapier entwickelt, in dem im Einzelnen dargestellt ist, was dieses Programm ausmacht. Mit 20 Mio. DM ist im diesjährigen Haushalt des Wirtschaftsministeriums die Grundlage für die Umsetzung des arbeitsmarktpolitischen Teils von "50 Plus" geschaffen. Ich will jetzt hier nicht ausführen, was alle haben nachlesen können, weil Sie das Eckpunktepapier vorliegen haben, meine Damen und Herren.

Lassen Sie mich nun zu dem Entschließungsantrag der PDS einige Anmerkungen machen - zur ABS-Förderung: Im Ergebnis eines 1998 durchgeführten Qualitätswettbewerbs wurden im Jahre 1999 insgesamt 35 ABS-Gesellschaften gefördert. Davon erhielten sechs Gesellschaften, die die Qualitätskriterien nicht erfüllt haben, eine auslaufende Förderung. Die nun verbliebenen 29 Gesellschaften haben einen Zuwendungsbescheid bis einschließlich 2001 erhalten. Die Zuwendung setzt sich zusammen aus einem Sockelbetrag und einem Aufstockungsbetrag. Für das Jahr 1999 wurde die volle Zuwendung, also der Sockel- und der Aufstockungsbetrag gewährt, für das Jahr 2000 und 2001 wird jeweils der Sockelbetrag gewährt. Der Aufstockungsbetrag wird im jeweils laufenden Jahr auf der Grundlage eines Änderungsantrags aber bewilligt.

Zum zweiten Punkt: Da der Landeshaushalt für das Jahr 2000 erst Ende Januar dieses Jahres verabschiedet wurde, gab es Probleme bei den Trägern, deren Strukturanpassungsmaßnahmen bis zum 31.12.1999 durch das Land Thüringen bewilligt waren. Das Wirtschaftsministerium hat noch im Dezember entschieden, dass Verlängerungen erfolgen können und aufgefordert, entsprechende Verlängerungsanträge zu erstellen. Es wurde entschieden, dass diese Verlängerung aber zunächst mal nur bis zum 30.06. laufen wird. Es gehen in diesen Tagen 1.500 Bescheide hinaus, die eben diese Verlängerung zum Inhalt haben, meine Damen und Herren. Und viele haben nun die Sorge, dass am 30.06. überhaupt kein Förderbescheid mehr Bestand hat. Dies ist nicht so, meine Damen und Her

ren. Es gibt viele Träger, deren Bescheid eine Förderung in den Jahren 2000, 2001, 2002 vorsieht. Diese Förderbescheide haben Bestandsschutz und laufen selbstverständlich weiter wie vorgesehen. Dann gibt es Projekte, die Ende des Jahres nicht durchfinanziert waren oder aber regulär ausgelaufen sind. Für die gilt die Verlängerung bis zum 30.06. und für die gilt auch, dass nach dem 30.06. neu entschieden wird, und zwar auf der Grundlage der neuen Qualitätskriterien. Natürlich gilt das auch für neue Anträge, die im Laufe des Jahres gestellt werden.

Ich komme nun zum Thema Landesprogramm "50 Plus". Das angekündigte Programm wurde in verschiedenen Gesprächen mit der Arbeitsverwaltung, aber auch mit der Wirtschaft, den Kammern, den Gewerkschaften und Trägern von Maßnahmen besprochen. Darüber ist ausführlich berichtet worden. Das Programm "50 Plus" ist nicht als Strohfeuer gedacht und auch angelegt, sondern soll über einen längeren Zeitraum laufen. Dabei sollen natürlich die praktischen Erfahrungen, die sich aus der Handhabung ergeben, immer wieder aufgearbeitet und eingebracht werden in Fortschreibungen.

Zur Notifizierung: Die Mutmaßung, dass die Europäische Kommission drei arbeitsmarktpolitische Richtlinien beanstandet hat, ist falsch. Darüber haben wir Herrn Gerstenberger auch mehrfach informiert und immer wieder dargestellt, wie es sich mit diesen Richtlinien verhält. Entgegen besseren Wissens werden hier permanent Falschmeldungen in die Welt gesetzt, meine Damen und Herren.