Protocol of the Session on March 16, 2000

Das Bekenntnis zur Unantastbarkeit der Menschen wird im Grundgesetz wahr und ist eine grundlegende Antwort auf das Naziunrechtsregime und die von ihm geschaffene Vernichtungsindustrie. Das Bekenntnis zur Unantastbarkeit der Menschenwürde bezieht sich auf den Menschen schlechthin, es ist unbedingt und gestattet keine Ausnahme. "Die Würde des Menschen... zu achten und zu schützen ist Verpflichtung der staatlichen Gewalt", diese im Grundgesetz ausdrücklich formulierte Aufgabe wird freilich nicht einfacher. Wir leben in einer Welt, die durch Arbeitsteiligkeit und Spezialisierung, Vereinzelung von Lebens- und Arbeitswelt charakterisiert ist. Hier ist das Versickern von moralischer Verantwortung möglicher denn je.

Ich kürze jetzt wirklich sehr und beziehe mich auf ein Thema, das in der Stadt Jena, wie Sie alle wissen, gegenwärtig eine große Rolle spielt, die Diskussion um den Verdacht der Euthanasie im Falle des Prof. Ibrahim.

(Zwischenruf aus der CDU-Fraktion: Gehört das zum Thema?)

Das gehört zum Thema, das werden Sie noch merken. Wenn Sie das noch nicht gemerkt haben sollten, dass es zum Thema gehört, dann haben Sie sich nicht ausdrücklich mit dem Thema des Rechtsextremismus beschäftigt.

(Beifall bei der PDS)

Ich will etwas zur Diskussion in der Stadt Jena sagen. Es ist natürlich zuallererst eine Diskussion gewesen, die von Erschrecken, Angst und auch - ich will einmal sagen - Lähmung gekennzeichnet war. Wenn ein Mensch, der als gütiger, verantwortungsvoller Arzt betrachtet wird, in eine solche Diskussion gerät, aus meiner Sicht auch ein verständliches Verhalten. Die Diskussion in der Stadt wird insgesamt, das will ich hier deutlich sagen, differenziert geführt und auch verantwortungsbewusst. Aber es gibt auch Diskussionspunkte und auf die möchte ich mich in diesem Zusammenhang beziehen, die extremistische, rassistische und selektive Tendenzen deutlich formulieren. Ich habe es in einer Diskussion erlebt, dass gefordert wurde, nicht die Aktenlage zuallererst zu betrachten, sondern viel tiefer zu gehen, in die Stammesgeschichte des Menschen zu gehen, wo sozial und biologisch selektiert wurde und von daher diese Vorgänge zu erklären, dass man von daher begründen und akzeptieren kann, dass Euthanasie möglich war und das ist für mich rechtes, rassistisches Denken. Es ist in der Diskussion partiell zurückgewiesen worden, es ist aber auch partiell nicht zurückgewiesen worden.

Ich will etwas dazu sagen. Das gehört zum Antrag der PDS-Fraktion, diesen Themen muss man sich stellen. Man muss sich diesen Themen der Verdrängung und des Ver

gessens stellen und ich will hier auch gleich eins sagen, bevor irgendjemand hier sagt, also sehen Sie einmal Ihre Partei an und die DDR an. Ich finde es außerordentlich nicht einmal bedauerlich, es ist der eingeschränkte Antifaschismus der DDR gewesen, der es nicht zugelassen hat, sich auch zu Euthanasie, zu Zwangssterilisationen zu positionieren und damit auseinanderzusetzen. Und ich finde, wir hier sollten damit nicht weitermachen, wir sollten uns diesen Themen stellen,

(Beifall bei der PDS)

auch in der Form der Aufarbeitung, und der Antrag der PDS ließe das zu, weit reichend solche Fragen gesellschaftlich zu diskutieren. Ich denke, man muss nicht nur in solchen Diskussionen über die zu stürzenden oder nicht zu stürzenden Denkmale reden. Man muss zuallererst über die Opfer reden. Ich möchte eines nie wieder, dass es wieder solche Opfer gibt, weil zwischen dem Fremden und dem Anderssein und dem Selbstsein auseinander dividiert wird. Deshalb möchte ich Sie bitten, unterstützen Sie den Antrag der PDS-Fraktion. Ich glaube nicht, dass Sie es mir sagen wollen, aber wenn Sie sagen wollen, in der Bundesrepublik Deutschland regelt das das Grundgesetz, das ist richtig. Das Grundgesetz regelt dieses Recht: Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Aber es gibt Urteile, 1992 das Flensburger Urteil - Urlaubsentschädigung für eine Familie, die mit einer Gruppe Behinderter den Speiseraum gemeinsam nutzen musste; 1996 Verwaltungsgericht Karlsruhe - kein Rechtsanspruch auf gemeinsamen Urlaub mit nichtbehinderten Kindern; 1998 Oberlandesgericht Köln - Laute und Lebensäußerung geistig behinderter Menschen in der Nachbarschaft eines Musikers seien für diesen unzumutbar. Das sind Beispiele, die zeigen, dass dieses Denken präsent ist

(Beifall Abg. Dr. Fischer, PDS)

und auch gerichtlich noch sanktioniert wird. Um auf den Rechtsextremismus zurückzukommen: Der Rechtsextremismus greift solche Klischees im Denken auf und solche Auffassungen und formuliert daraus seine Ziele, seine nationalen, kulturellen Ziele. Ich möchte auch das noch einmal an einem persönlichen Beispiel unterstreichen. Ich scheue mich nicht, vor der so genannten intellektuellen Auseinandersetzung mit Rechtsradikalen, ich komme häufiger in solche Situationen. Und es sind nicht mehr die Jungs in den Bomberjacken, es sind die smarten Jungs in den weißen Hemden mit Schlips und Kragen, gepflegt, ordentlich, wohl situiert. Es sind nicht diejenigen, die man so als Randgruppe bezeichnet. Und wenn sie mir sagen, sie wollen die deutsche Kultur schützen, sie wollen die deutsche Heimat schützen und ich sie dann frage, was ist denn die deutsche Kultur und sie sagen, na Goethe und Schiller, und ich sage, und was ist mit Einstein, und mir wird gesagt, Einstein war Jude, der gehört zum Weltjudentum, das ist ein Verbrecher, dann ist für mich alles klar, wohin dieses Gedankengut geht. Ich fordere Sie nochmals auf, damit will ich enden, un

seren Antrag zu unterstützen, damit durch Auseinandersetzung und Aufklärung solchem Denken der Boden entzogen werden kann.

(Beifall bei der PDS)

Herr Abgeordneter Hahnemann, PDS-Fraktion, hat sich noch zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, auch wenn es einigen hier nicht gefällt, ich kann Ihnen meine Meinungsäußerung zu diesem Thema nicht ersparen und ich will es auch nicht, auch um der von Frau Kaschuba genannten Opfer willen will ich es nicht. Es ist von mehreren Rednern hier der Konsens aller Demokraten beschworen worden. Das fällt manchmal, obwohl man es weiß, verdammt schwer. Und ich habe bei Ihnen, Herr Innenminister, und bei Ihrer Partei recht oft meine Probleme, ob dieser Konsens gelingen wird. Alle Hoffnung oder zumindest den großen Teil der Hoffnung verliere ich bei solchen Reden, wie sie Herr Emde heute gehalten hat.

(Beifall Abg. Pelke, SPD)

Herr Emde hat hier eine Rede gehalten, die hat mich erinnert an die Hasstiraden von FDJ-Sekretären zu DDRZeiten im Dienste der führenden Partei.

(Zwischenruf Abg. Arenhövel, CDU: Dann haben Sie die nicht gehört.)

Ich habe Herrn Emde sehr wohl gehört. Ich habe auch gehört, welchen Platz ich in seiner Rede eingenommen habe, und auch zu diesem Platz werde ich dann noch etwas sagen. Ich stimme mit Ihnen, Herr Innenminister, überein, dass der Konsens aller Demokraten, wenn er denn gelingt, nicht die Einschränkung des Versammlungsrechts sein kann. Wenn ich gegen die Einschränkung des Versammlungsrechts einstehe, dann nicht, weil ich will, dass die von Ihnen so viel zitierten linken Extremisten ihre Möglichkeiten behalten, sondern einfach deswegen, weil ich der tiefen Überzeugung bin, dass man mit Einschränkung des Versammlungsrechts nicht das Ziel erreichen kann, an dem wir arbeiten sollten. Der Konsens aller Demokraten bedeutet aber auch, dass man abweichende Auffassungen haben kann und dass man sie unter Demokraten geradeheraus äußern kann. Da muss ich Sie fragen, Herr Kollege Pohl: Glauben Sie denn, dass Sie mit einem größeren oder besseren Verfassungsschutz das Problem des anwachsenden Neofaschismus in den Griff kriegen?

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Das habe ich nicht gesagt.)

Glauben Sie denn, dass eine bessere Beratung der Kommunen im Umgang mit dem Versammlungsrecht die neofaschistischen Entwicklungen abzuwehren geeignet ist? Glauben Sie denn, dass mehr Polizisten bei Neonaziaufmärschen die Gefahr des Rechtsextremismus eindämmen können? Oder glauben Sie denn, Herr Pohl,

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Das habe ich doch gar nicht gesagt, Herr Hahnemann.)

dass das Verbot von Reichskriegsfahnen wegen niedriger E-Leitungen von Straßenbahnen in den Erfurter Straßen gegen die Reichskriegsflaggen in den Köpfen von immer mehr Menschen hilft? Wer glaubt, dass Innenminister, Polizei, Verfassungsschutz das Problem neonazistischer Ausblühungen dieser Gesellschaft erfolgreich bewältigen können, der betrügt sich selbst und belügt andere.

Nach dem, was ich über die Veranstaltungen am 26.02. gehört, was ich in den Zeitungen darüber gelesen habe und auch nach dem, was ich heute hier zur Kenntnis genommen habe, habe ich die meiste Furcht vor der Passivität des Staats und vor der Verharmlosung durch herrschende Politiker.

(Beifall bei der PDS)

Dieses ist eben verdammt noch mal in der deutschen Geschichte nicht neu. Ein Beispiel nur: Anfang dieser Woche verkündete der Verfassungsschutzchef Helmut Roewer im Rahmen eines Vortrags über Rechtsextremismus, nicht nur Institutionen, sondern alle müssten gegen den Rechtsextremismus "gegenhalten". Wenn aber dann die Universität Erfurt sich zu Wort meldet, sie wolle diese Verantwortung wahrnehmen und sie halte eine Informationsstelle ebenfalls für angemessen, dann denunziert Herr Roewer eine solche Stelle als unnützes "Antifa-Institut" und das Ansinnen der Universität als unzulässige Kritik.

(Beifall bei der PDS)

Wer die Vielstimmigkeit einer öffentlichen Debatte um Neofaschismus, seine Ursachen und Konsequenzen auf die Einstimmigkeit der eigenen, zudem extrem verharmlosenden Analyse reduziert, wie es Herr Roewer tut, der muss sich fragen lassen, ob ihm wirklich an einer wirkungsvollen Abwehr des Neofaschismus gelegen ist. Und wie soll sich denn die Öffentlichkeit eine inhaltliche Basis für eine Auseinandersetzung schaffen, wenn die Landesregierung bereits im Rahmen parlamentarischer Kleiner Anfragen im Themenfeld Neofaschismus nur auf Sicherheitsbehörden und Verfassungsschutz verweist? Wie soll sie diese Kenntnis erlangen, wenn die Landesregierung sich zudem noch darauf zurückzieht, dass die öffentliche Beantwortung der Fragen mit der Offenlegung des Kenntnisstandes von Sicherheitsbehörden und Verfassungsschutz verbunden ist und deswegen unterbleibt, da sie die Geheimhaltungsvorschriften und Sicherheitsinteressen des Freistaats Thüringen bedroht? Mit dieser Gefahr der Ver

harmlosung und der Gefahr der falschen Verstaatlichung, der notwendigen Gegenwehr gegen Neonazismus steht Herr Roewer nicht allein. Auch bei Ihnen, Herr Minister Köckert, sehe ich diese Gefahr. Oder welchen tieferen Sinn hat neben der faktisch verharmlosenden Wirkung Ihrer wiederholten so genannten richtig stellenden Nennung des Anmeldungstitels der in Rede stehenden Veranstaltung der ständige Hinweis auf den ursprünglichen Anmeldungstitel "Recht auf Heimat" durch Sie, Herr Minister, in der heutigen Fragestunde gehabt, nachdem Ihr Herr Staatssekretär gestern auf meine Frage, ob der von uns zitierte Veranstaltungstitel bekannt oder absehbar war, mit einem zwar völlig unangemessenen, aber nicht weniger klaren "Ja" geantwortet hat.

Herr Minister, ich frage Sie, fällt es Ihnen wenigstens schwer, diejenigen, die sich als einzige der Rückforderung deutscher Ostgebiete in den Weg stellen wollten, penetrant als "Störer" zu bezeichnen? Für mich sind die von Ihnen so Bezeichneten keine Störer. Es waren und sind Menschen, die ausgleichen, was Sie als in dem Moment Versammlungsrechtsverwaltungsbeamter statt als Politiker verantwortungslos unterlassen. Nicht polizeitaktisch oder polizeikonzeptionell, sondern geistig-theoretisch, politisch und demokratisch - prinzipiell. Wie sieht es denn mit der die Regierung tragenden Partei im Lande aus. Im Vorfeld der Demonstration eines breiten demokratischen Bündnisses verkündet der CDU-Landesverband, er fühle sich nicht aufgerufen, an der von einem breiten Bündnis getragenen Demonstration unter dem Titel "Courage zeigen, aufrecht gehen, nicht im Gleichschritt marschieren", teilzunehmen, da man ja bereits genug gegen Rechts tue. Aber ich frage Sie, würde genug getan, käme es dann zu Aufmärschen wie in Gera und Erfurt. Derartige Äußerungen sind unseres Erachtens beim Bau eines Konsens aller Demokraten kontraproduktiv,

(Beifall bei der PDS)

und kontraproduktiv in Bezug auf couragiertes Eigenengagement aller. Jenseits des Erfurter Oberbürgermeisters, der vielleicht nur aus wahltaktischen Erwägungen am Samstag mit demonstriert hat, frage ich Sie, wann wollen Sie denn einmal auf die Straße gehen gegen das Verschweigen oder Leugnen von Auschwitz? In anderen Städten, wie Köln und Göttingen z.B., haben sich alle Parteien den Neonazis in den Weg gestellt. Wollen Sie sich, wie Ihre Großeltern- und Elterngeneration vielleicht später irgendwann fragen lassen müssen, wieso in einem Land, in dem es die Erfahrung des Faschismus gibt, abgelenkt und abgewiegelt wird, geglaubt wird mit den Mitteln des Rechtsstaats sei dem Phänomen der radikalen Rechten beizukommen.

(Zwischenruf Dr. Birkmann, Justizminister: Ja, nur damit.)

(Zwischenruf Abg. Braasch, CDU: Womit wollen Sie dem denn sonst beikommen?)

Nein, Herr Minister, ich werde Ihnen dazu noch etwas sagen. Ich stehe in diesem Falle Herrn Dewes viel näher als Ihnen.

(Zwischenruf Abg. Stauch, CDU: Das wissen wir.)

Eine Komponente, Herr Minister, Ihres Extremismuskonzepts beunruhigt mich und damit komme ich im Grunde genommen auch auf die Frage, die hinter dem Einwurf des Herrn Justizministers stand. Es ist eine Komponente Ihres Konzepts, von der ich nicht weiß, ob Sie sich ihrer Tragweite tatsächlich bewusst sind, ob Sie sich des Zusammenhangs dessen mit den Voraussetzungen diktatorischer oder totalitärer Herrschaften bewusst sind. Ihr Konzept fußt zum Teil auf restriktivem und repressivem Umgang mit Recht und Gesetzen. Ich habe eine Erinnerung: Vor etwa zwei Jahren saßen wir im damaligen Landtagsvorstand und unterhielten uns über die Gefahr, dass rechtsextreme Parteien in den Thüringer Landtag einziehen könnten. Und die, ich sage einmal, praktische Landtagsspitze war der Auffassung, wenn es dazu kommt, dann müsse man im Landtag die parlamentarischen Rechte einschränken. Ich habe mir damals gedacht, mein Gott, jetzt planen die genau das, was die Rechtsextremen auch machen würden, wenn sie im Parlament wären. Haben Sie, Herr Innenminister, haben Sie, Herr Justizminister, keine Angst, dass Sie mit solchem Denken und Tun den Beifall von rechts ernten, weil Sie die jungen Schreihälse auf der Straße zügeln, aber den nadelstreifigen und biedermännischen Neonazis eine Durchbruchshürde abnehmen, eine Bresche schlagen? Haben Sie keine Angst, dass Sie mit solchem Denken und Tun vorab einführen, was die extreme Rechte auch einführen würde, wenn sie in Mehrheiten käme und es nicht muss, weil Sie es schon getan haben? Haben Sie keine Angst, dass mit solchem Denken und Tun, mit Restriktion und Repression diejenigen mitgetroffen werden, die Sie eigentlich als Akteure demokratischen Engagements dringend nötig brauchten? Sind Sie sicher, dass man die Demokratie durch die Reduktion der demokratischen Rechte und Freiheiten erhalten kann? Der F.D.P.-Bundestagsabgeordnete Hirsch, für mich einer der großen liberalen Demokraten, der dies auch bewiesen hat in vielen Diskussionen im Bundestag, insbesondere als es um den Lauschangriff ging, der hat eine tiefe Ahnung mal folgendermaßen, allerdings kann ich es nur sinngemäß wiedergeben, ausgedrückt: Wer die Demokratie zu Gunsten des Rechtsstaats reduziert, wird beides verlieren. Daran glaube ich zutiefst und genau vor diesem Hintergrund auch mein Plädoyer für unseren Antrag. Tatsache ist, um ausgrenzenden antidemokratischen Orientierungen entgegenzuwirken müssen Möglichkeiten geschaffen werden, die zu Eigenengagement in allen gesellschaftlichen Bereichen ermutigen und eine Teilhabe an Entscheidungen wirklich ermöglichen. Eine Informations- und Dokumentationsstelle, die Fakten und Handlungsansätze für eine Auseinandersetzung zur Verfügung stellen kann, und die verstärkte Förderung von wissenschaftlicher Forschung und der Arbeit antifaschistischer Gruppen und Initiativen, die sich für eine

zunehmende Demokratisierung aller Lebensbereiche engagieren, kann ein Schritt dahin sein. Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Zu Wort hat sich gemeldet Frau Abgeordnete Arenhövel, CDU-Fraktion.

(Zuruf Abg. Arenhövel, CDU: Nein.)

Entschuldigung, Frau Abgeordnete Vopel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, nachdem ich vorhin mit ein paar Zwischenfragen nicht zum Zuge gekommen bin, kann ich trotzdem der PDS diese Fragen nicht ersparen. Herr Dittes, Sie haben zu Zivilcourage aufgerufen. Ich habe von Ihnen noch nie, noch nicht ein einziges Mal einen Aufruf zur Gewaltfreiheit gehört. Ich bin sehr für Zivilcourage. Ich habe 1989 auch dazu aufgerufen, aber auch immer dazu gesagt, die Hände in die Taschen oder maximal eine Kerze in die Hand. Das habe ich von Ihnen noch nie gehört, oder nehmen Sie Gewalt billigend in Kauf?

(Beifall bei der CDU)

Ich denke, wir sollten mal über den Tellerrand hinaus sehen. Ich bin am Wochenende auf der ITB in Berlin gewesen und bin am frühen Nachmittag von der ITB mit der U-Bahn in die Stadt gefahren, um mich im Nikolaiviertel ein wenig umzuschauen und bin dann nichts ahnend, man hört auf so einer Messe nämlich kein Radio, in diese Demos geraten. Die Rechtsradikalen waren eine Gruppe von ungefähr 350 Leuten ohne Uniform und ohne Stiefel, das waren die Auflagen, in kleinen Gruppen abgeteilt von der Polizei. Das Polizeiaufgebot nach Aussagen, wie ich es auf der Heimfahrt im Auto gehört habe, ungefähr 2.500. Ich habe mir die Parolen aufgeschrieben und es passt ein Stück zu dem, was der Herr Roewer gesagt hat, dass Rechts und Links, das Schema verwenden Sie doch ganz genau so, sich irgendwo wiedertreffen. Da waren Parolen dabei: "Höhere Renten", "Mehr soziale Sicherheit", "Nationale Solidarität" - gut da wird es nazionalistisch - "Kein EU-Diktat für Österreich". Das waren die Hauptparolen in dieser Demonstration. Das halte ich für ausgesprochen gefährlich, weil ich natürlich am Weg, als ich versucht habe, aus diesem Getümmel wieder rauszukommen, eine Menge Leute gehört habe, die gesagt haben, na, die haben doch Recht. Und das ist das Gefährliche dabei; das halte ich wirklich für gefährlich. Ich bin dann Richtung Gendarmenmarkt gegangen und dann war es gefährlich für die vielen Touristen, die in Berlin gewesen sind, dann war es gefährlich zuallererst für die Polizei, denn es kamen Unmengen, ich nenne jetzt diesen Ausdruck, Linksradikale, die hatten zwei Parolen: "Treibt die Nazis

in die Spree" und "Steine auf die Polizei". Und, Herr Hahnemann, das sind für mich Hasstiraden. "Steine auf die Polizei"

(Beifall bei der CDU)

die Polizei hat nichts weiter getan, da war kein Rechtsradikaler in der Nähe, als den Versuch zu unternehmen, den Verkehr einigermaßen noch zu regeln und Zwischenfälle zu verhindern. Und diese Polizisten und Polizistinnen - da waren so junge Mädels dabei in dieser Größe -, die sind mit solchen Quadern beworfen worden. Ich weiß nicht, ich habe da von Ihnen noch nicht einmal gehört, dass man das nicht tun soll oder dass Sie sich dagegen wenden.

(Beifall bei der CDU)