Protocol of the Session on May 7, 2004

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Könnten Sie etwas lauter sprechen?)

(Heiterkeit bei der SPD)

ich erstatte hier den ersten monatlichen Bericht über den Stand des Verfahrens des Untersuchungsausschusses 3/4.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Sie könnten das jetzt wöchentlich machen.)

Dazu bin ich beauftragt durch die Mitglieder des Untersuchungsausschusses und das war so beschlossen worden

bei der Einsetzung des Untersuchungsausschusses gemäß Ziffer 3 des Beschlusses des Thüringer Landtags in der Drucksache 3/3981 über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Frage einer "Bewussten Fehlinformation des Innenausschusses am 10. Dezember 2003 durch den Innenminister Trautvetter im Zusammenhang mit der Beschaffung, Installierung und Inbetriebnahme einer Kennzeichenüberwachungsanlage im Rennsteigtunnel". Ich erstatte hiermit also den ersten monatlichen Bericht über den Stand des Verfahrens. Das ist mein Auftrag.

Der Thüringer Landtag hat auf Antrag der Abgeordneten der Fraktion der SPD in seiner 100. Sitzung am 30. Januar 2004 beschlossen, einen vierten Untersuchungsausschuss zu der eben genannten Thematik gemäß Artikel 64 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen in Verbindung mit § 2 Abs. 2 des Untersuchungsausschußgesetzes und § 83 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags einzusetzen. Der Wortlaut des Untersuchungsgegenstandes ist in der Drucksache 3/3981 unter Ziffer 1 wiedergegeben und kann dort nachgelesen werden. Ich brauche das deswegen in diesem mündlichen Zwischenbericht nicht zu wiederholen.

(Beifall bei der CDU)

Der Untersuchungsausschuss besteht gemäß Ziffer 2 des Einsetzungsbeschlusses und gemäß § 4 Abs. 1 Untersuchungsausschußgesetz aus zehn Mitgliedern. Dabei entfallen auf die Fraktion der CDU sechs Sitze sowie auf die Fraktionen der PDS und der SPD jeweils zwei Sitze. Der Thüringer Landtag hat in seiner 102. Sitzung am 5. März 2004 gemäß § 5 Abs. 1 und 2 des Untersuchungsausschußgesetzes den Abgeordneten Willibald Böck - also mich (CDU) als Vorsitzenden

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

und den Abgeordneten Dr. Roland Hahnemann (PDS) als stellvertretenden Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses gewählt.

(Zwischenruf Abg. Vopel, CDU: Jetzt die Lebensdaten.)

Durch die Fraktion der CDU wurden als weitere Ausschussmitglieder die Abgeordneten Christian Carius, Evelin Groß, Egon Primas, Bernd Wolf, Christine Zitzmann, durch die Fraktion der PDS außerdem die Abgeordnete Dr. Karin Kaschuba sowie durch die SPD-Fraktion die Abgeordneten Birgit Pelke und Uwe Höhn benannt. Dazu kann man vergleichen auch die Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags in Drucksache 3/4054, die auch die benannten Ersatzmitglieder der Fraktionen enthält. Man kann das dort nachlesen.

(Unruhe bei der PDS)

Die Beauftragten der Landesregierung sowie die Mitarbeiter der Fraktionen können Sie den Vorlagen UA 3/4-1 bis UA 3/4-5 des Untersuchungsausschusses entnehmen. Der Untersuchungsausschuss hat am 31. März 2004 seine konstituierende, das war eine nicht öffentliche Sitzung durchgeführt. Die Ausschussmitglieder kamen überein, die Kurzbezeichnung Untersuchungsausschuss 3/4 zu verwenden.

(Heiterkeit bei der CDU)

In der ersten Sitzung hat der Untersuchungsausschuss auf Antrag der Abgeordneten Pelke und Höhn beschlossen, den Innenminister des Freistaats Thüringen Andreas Trautvetter zu folgenden Fragen als Zeugen zu vernehmen.

1. Haben die Mitarbeiter des Innenministeriums den Innenminister über die Tatsache der Beschaffung, Installierung und Inbetriebnahme einer Kennzeichenerfassungsanlage im Rennsteigtunnel vor der Innenausschuss-Sitzung am 10. Dezember 2003 unterrichtet und wie ist dies geschehen?

2. Hat der Innenminister vor der Sitzung des Innenausschusses am 10. Dezember 2003 Kenntnis von der Tatsache gehabt, dass die Anlage im Probebetrieb bereits eingesetzt war und mindestens 658 Kennzeichen von Fahrzeugen erfasst und gespeichert worden sind.

(Zwischenruf Abg. Carius, CDU: Das war die interessanteste Frage.)

Diese beiden Fragen waren in den Mittelpunkt gerückt. Weiterhin wurde beschlossen, die Landesregierung zu ersuchen, die für den Innenminister von der Polizeiabteilung gefertigte Zuarbeit zum Thema Kennzeichenerfassung im Rennsteigtunnel zur Vorbereitung des Innenausschusses am 10.12.2003 und den Vermerk der Polizeiabteilung vom Juli 2003, durch den der Innenminister erstmals über den geplanten Pilotversuch zur automatischen Kennzeichenerfassung in Kenntnis gesetzt worden war, vorzulegen. Diese beiden Unterlagen wurden dem Ausschuss am 20. April 2004 vorgelegt. In der zweiten Sitzung des Untersuchungsausschusses am 22. April 2004 wurde die Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung des Innenministers Andreas Trautvetter durchgeführt. Der Minister hat zu allen in dem Einsetzungsbeschluss aufgeführten zehn Fragen des Untersuchungsgegenstands entsprechende Aussagen gemacht. In der dritten nicht öffentlichen Sitzung am 5. Mai 2004 wurde der Beweisantrag der Abgeordneten Pelke und Höhn, das ist in der Vorlage UA 3/4-8, Beweis über die Frage zu erheben - und jetzt kommt die dort gestellte Frage: Hat die Landesbeauftragte für den Datenschutz Einwände gegen einen Probebetrieb der automatischen Kennzeichenerfassung im Rennsteigtunnel erhoben? - durch Vernehmung der Datenschutzbeauftragten Frau Silvia Liebaug und des Staatssekretärs Herrn Manfred Scherer. Der Untersuchungsausschuss beschloss am 5. Mai in nicht öffentlicher Sitzung, die Beweisführung

am 18. Mai durchzuführen. So weit der Mündliche Bericht über den Stand des Verfahrens.

Die Feststellung der ermittelten Tatsachen, ihre Würdigung und die Ergebnisfindung des Untersuchungsausschusses im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 Untersuchungsausschußgesetz bleibt nachfolgenden Sitzungen des Untersuchungsausschusses vorbehalten. An dieser Stelle wollte ich auch eine persönliche Würdigung über den Sinn dieses Untersuchungsausschusses dem hohen Hause zur Kenntnis geben. Mir waren dort so deftige Sätze eingefallen, dass ich darauf verzichten möchte. Ich möchte mich eigentlich den Ausführungen des Kollegen Schemmel, die er am gestrigen Tage gemacht hatte, und zwar zum Tagesordnungspunkt 5 a, Sie können das nachlesen, wo er das Bürgerliche Gesetzbuch § 118 zitierte, als meine persönliche Wertung vortragen.

(Beifall bei der CDU)

Und ich hätte es wortwörtlich genauso gesagt wie der Kollege Schemmel gestern zum TOP 5 a.

Auch ein Zweites möchte ich als persönliche Bemerkung noch hinzufügen. Ich habe zumindest über die Thematik Videoüberwachung sehr viel gelernt,

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Na immerhin!)

nicht im Untersuchungsausschuss, sondern weil das Thema die Bürgerinnen und Bürger im Lande tatsächlich bewegt und weil ich unendlich viele Anrufe hatte von Bürgerinnen und Bürgern, die mich darauf aufmerksam machten, wie das tägliche Leben durch Videoüberwachung inzwischen bestimmt ist. Ich will da einige Beispiele nennen. Das war mir vorher zwar bewusst, dass jede Tankstelle, jede Kaufhalle, jeder Bahnhof mit Videoüberwachung versucht, dort Ordnung und Sicherheit herzustellen, ich habe aber auch gelernt, dass inzwischen das Pressehaus in Erfurt videoüberwacht ist. Ich habe gelernt, dass Kommunen und kommunale Wohnungsgesellschaften in Wohngebieten die Müllplätze videoüberwachen und seitdem die Plätze sauber sind. Ein Nordhäuser Bürger hat mich informiert, dass die Rautenstraße - eine sehr schöne, prächtige Straße inzwischen mit einem Grünstreifen in der Mitte nicht die Straße, sondern der Grünstreifen videoüberwacht wird, weil Autofahrer den benutzt hatten, um verkehrswidrig zu wenden.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Ist abgelehnt.)

Denen kommt man jetzt bei durch das Ordnungsamt von Nordhausen. Ich kann nur sagen, bravo, ihr macht das richtig. Oder auch, in einigen Städten werden Parkplätze videoüberwacht, wo der Ordnungsamtsleiter und die Mitarbeiter nur noch über die Videokamera feststellen, ist die Parkzeit dort überschritten und lohnt es sich, einen Mitarbei

ter dort hinzuschicken und ein Knöllchen zu verteilen.

(Beifall bei der CDU)

Wir sehen also, Videoüberwachung gibt es und begleitet uns täglich in allen Lebenslagen. Und bei den Beispielen, die mir Bürgerinnen und Bürger genannt haben, tragen sie durchaus zu einer Verbesserung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bei. Das habe ich dabei gelernt. Nun warte ich mit Spannung auf den weiteren Fortgang der Ermittlungen am 18. Mai. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank für die Berichterstattung und auch schon ein Beitrag zur Beratung, in die wir jetzt einsteigen. Es hat sich gemeldet der Abgeordnete Höhn, SPD-Fraktion.

(Zwischenruf Abg. Schwäblein, CDU: Ist alles videoüberwacht.)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, dem Abgeordneten Böck als Ausschussvorsitzenden des Untersuchungsausschusses 3/4 möchte ich für die Kenntnisgabe des Verfahrensstandes ausdrücklich danken. Seine persönlichen Bemerkungen dazu möchte ich ausdrücklich zurückweisen.

(Unruhe bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es ist in diesem Landtag bestimmt nicht neu die Tatsache, dass die CDU hin und wieder ihre eigenen Wahrheiten hat.

(Heiterkeit bei der CDU)

Dass Innenminister im Allgemeinen und unser jetziger Innenminister im Besonderen ihre eigenen Wahrheiten haben,

(Heiterkeit bei der CDU)

davon konnten wir uns hinreichend in den bisherigen Beratungen des Ausschusses überzeugen. Ich will es hier an dieser Stelle noch einmal betonen, weil ich den Eindruck wirklich zurückweisen möchte, den der Abgeordnete Böck eben hier zu vermitteln versucht hat, dass es um die Tatsache der Videoüberwachung an sich geht. Im Übrigen haben wir gelernt, Herr Böck, nicht im Rennsteigtunnel, sondern vor dem Rennsteigtunnel, sogar vor dem Tunnel "Alte Burg", aber das nur nebenbei. Unserer Fraktion geht es ausdrücklich mit diesem Untersuchungsausschuss nicht darum, irgendwelche technischen Details zu dieser Überwachung zu ermitteln, sondern es stehen die Fragen im Mittelpunkt zu klären, ob der Minister den Innenausschuss des Thüringer Landtags und ob der Minister den

Thüringer Landtag falsch informiert hat, man kann auch sagen, ob der Innenminister gelogen hat. Das ist der Mittelpunkt unseres Untersuchungsausschusses und nichts anderes, damit hier Klarheit herrscht.

(Beifall bei der SPD)

Der Innenminister weigert sich hartnäckig, so konnten wir uns in öffentlicher Sitzung überzeugen, dies zuzugeben. Nun gut, das Recht hat er. Er bemüht allerdings dazu recht abenteuerliche Erklärungsmuster, auf die ich später noch zurückkommen werde. Die Mehrheitsfraktion, wie nicht anders zu erwarten, unterstützt ihn dabei vehement, aber ich stelle mir so manchmal die Frage, warum man es sich selbst an Ihrer Stelle so schwer macht zuzugeben, dass er an dieser Stelle wirklich gelogen hat. Ich meine, es ist mir ja irgendwo klar, dass selbst für Sie, die Thüringer CDU, momentan, ich betone ausdrücklich momentan, ein solcher Umstand noch untragbar zu sein scheint.

Wir haben inzwischen die beiden Vermerke, die vom Ausschussvorsitzenden eben erwähnt wurden vom 15.07.2003 und vom 09.12.2003 nebst den Anlagen, durch die der Innenminister von der automatischen Kennzeichenerfassung informiert wurde, gelesen, ausgewertet. Der Untersuchungsausschuss hatte - wie schon gehört - den Herrn Minister als Zeugen. Die schriftlichen Beweise, also die Vermerke, belegen deutlich, dass die Fachabteilung im Innenministerium immer, zu jedem Zeitpunkt darum wusste, dass es für dieses Vorhaben keine Rechtsgrundlage gab und auch ein Probebetrieb zumindest rechtlich bedenklich ist. Für das Wissen um diese Rechtswidrigkeit des Probebetriebs sprechen die zahlreichen Auslegungsversuche, nicht zuletzt durch den Innenstaatssekretär, die den Probebetrieb legalisieren sollten. Heute wissen wir, auch der Probebetrieb war rechtswidrig.

(Unruhe bei der CDU)

Aus den Vermerken haben wir weiterhin erfahren, dass ursprünglich der Landtag von Anfang an eingebunden werden sollte, dass der Innenminister den Probebetrieb angeordnet haben soll, das Projekt eingestellt wurde, weil man wegen der Videoüberwachung in Weimar kalte Füße bekommen hat. Das geht alles aus der Aktenlage hervor. Kurz gesagt: Eben nach dieser Aktenlage wurde der Minister vollständig informiert, auch von der Rechtswidrigkeit.