Protocol of the Session on March 4, 2004

(Beifall bei der PDS)

Redewünsche von Abgeordneten sehe ich nicht, die Landesregierung auch nicht, oder?

(Zwischenruf Dr. Zeh, Minister für Soziales, Familie und Gesundheit: Doch.)

Die Landesregierung darf sich von sich aus melden, muss nicht immer aufgefordert werden. Bitte, Herr Minister Dr. Zeh.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, der Landtag beschäftigt sich heute in zweiter Lesung mit einem Gesetzentwurf der PDS, über den schon in der letzten Plenarsitzung alles Nötige gesagt worden ist. Ich kann mich deshalb kurz fassen. Deshalb verstehe ich auch nicht Ihr Lamento, Frau Künast, Sie begründen sehr ausführlich, warum Sie diesen Gesetzentwurf ablehnen, aber der CDU gerade das vorwerfen, das verstehe, wer will, ich verstehe es jedenfalls nicht. Frau Künast, wir haben doch Gelegenheit gehabt, darüber zu reden.

Meine Damen und Herren von der Opposition, die Landesregierung bleibt bei ihrer ablehnenden Haltung bezüglich des vorgelegten Gesetzentwurfs, denn es gibt zurzeit keinen Neuregelungsbedarf. Im Falle einer Neuregelung ist dieser Entwurf untauglich. Erstens stellt die bestehende Verordnung über den Öffentlichen Gesundheitsdienst gemeinsam mit den anderen einschlägigen Regelungen der EU, des Bundes und des Landes eine gute und ausreichende Basis für das Handeln des Öffentlichen Gesundheitsdienstes dar. Die Gesundheit der Thüringer Bevölkerung ist auf der Grundlage der derzeit geltenden Verordnung auf qualitativ hohem Niveau. Bereits jetzt ist der Öffentliche Gesundheitsdienst jedem Bürger ohne Ansehen der Person zugänglich. Konkrete Verbesserungen in der praktischen Arbeit des Öffentlichen Gesundheitsdienstes sind in dem Entwurf nicht zu entnehmen. Ihre Hinweise, Frau Nitzpon, auf Gesundheitsplan und Gesundheitskonferenzen helfen praktisch kaum weiter. In Zeiten, wo wir weniger Bürokratie brauchen und fordern, dürfen und wollen wir uns nicht einer überbordenden Regulierungswut aussetzen.

Meine Damen und Herren, weiterhin sind die Kosten völlig ungeklärt. Leider - und das ist der zweite Ablehnungsgrund - findet sich in dem vorliegenden Entwurf keine konkrete Aussage zu den zu erwartenden Kosten - meine Kollegin Arenhövel hat hierauf schon ausführlich geantwortet.

Meine Damen und Herren von der PDS, den Mindestanforderungen an die Einbringung eines Gesetzentwurfs, der die erwartungsgemäßen Kosten beinhalten muss, meine ich schon, sollte man in einem vorgelegten Entwurf Genüge tun. Frau Nitzpon, die ganze Republik redet zurzeit von nicht gedeckten Kosten, die Kassen haben ein Defizit von 10 Mrd.        weiteren Kostenblock durch mehr Bürokratie aufsetzen, ohne dafür einen Gesundheitseffekt zu haben. Das verstehe ich nicht, deswegen ist aus unserer Sicht dieser Antrag abzulehnen.

Außerdem gibt es auch für die zahnärztliche Vorsorge genug Regularien. Bereits die Vorsorgeuntersuchungen beim Besuch eines Zahnarztes sind nicht von der Praxisgebühr betroffen, insofern kann hier ausreichend der Vorsorge

Genüge getan werden.

Ein dritter Ablehnungsgrund ist außerdem, meine Damen und Herren, die Ausweitung der Aufgaben des Öffentlichen Gesundheitsdienstes auf eine nachgeordnete Sicherstellung der medizinischen Versorgung, und darum geht es ja, das bedeutet eine Aufweichung der klaren Abgrenzung zwischen den Kompetenzen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und der vertragsärztlichen Versorgung. Das ist nun wirklich eine Verschlimmbesserung, die von uns nicht gewollt sein kann. Der Versorgungsauftrag der niedergelassenen Ärzte und der Krankenhäuser und die damit verbundenen Finanzierungswege müssen erhalten bleiben, zumal selbst nach Aussage der PDS die zu erwartenden Kosten nicht abgeschätzt werden können.

Als vierten Kritikpunkt will ich kurz auf innere Widersprüche des Entwurfs eingehen. Es ist nämlich nicht zweckdienlich, verschiedene Sachverhalte in einen Topf zu werfen. So geschieht das aber, wenn man einerseits die inhaltlichen Vorschläge zur Gesundheitsplanung und andererseits die bundesweite Problematik des Ärztemangels miteinander in Verbindung bringt. Die damit im Zusammenhang stehenden Engpässe lassen sich mit Sicherheit nicht durch ein Thüringer ÖGD-Gesetz beseitigen. Andere Sachverhalte, wie die Voraussetzung für die Einstellung als Amtsarzt im Öffentlichen Gesundheitsdienst, sind bereits in der bestehenden Ordnung vorgeschrieben. Die Finanzierung der eigenen Aufgaben des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und die Ausstattung mit entsprechendem qualifizierten Personal unterliegt nach Thüringer Kommunalordnung der Hoheit der Kommunen und Gemeinden bzw. Landkreise und kreisfreien Städte. Eingriffe in diese Verantwortung seitens der Landesregierung sind überhaupt nicht möglich.

Meine Damen und Herren, es ließen sich noch mehr als die genannten Gründe aufführen, um den Gesetzentwurf der PDS abzulehnen. Ich verzichte darauf, denn wir haben lange darüber debattiert. Außerdem, meine Damen und Herren, gerade erst hat der Freistaat im Rahmen einer Initiative zum Bürokratieabbau zahlreiche nicht mehr benötigte Vorschriften außer Kraft gesetzt. Warum, frage ich Sie, sollen wir uns einerseits um Bürokratieabbau bemühen, und andererseits den Öffentlichen Gesundheitsdienst ohne Not aufblähen. Ich empfehle auch in der zweiten Beratung, diesen Gesetzentwurf der PDS abzulehnen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe keine Redemeldungen mehr. Ich kann die Aussprache schließen. Es wurde Ausschussüberweisung beantragt, das ist auch in der zweiten Beratung möglich, deswegen stimmen wir darüber ab. Wer mit der Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen.

Danke. Gegenstimmen? Danke. Enthaltungen? Dann mit Mehrheit abgelehnt.

Wer gibt der Überweisung an den Justizausschuss seine Zustimmung, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Danke. Enthaltungen? Auch dies ist mit Mehrheit abgelehnt.

Dann kommen wir unmittelbar zur Abstimmung über den Gesetzentwurf. Bitte, Frau Kollegin Nitzpon.

Die PDS-Fraktion beantragt namentliche Abstimmung zu diesem Gesetzentwurf.

Dann machen wir das in namentlicher Abstimmung. Wenn der Kollege Carius mal so freundlich ist und mir mein Kärtchen bringt.

Haben alle Ihre Stimme abgegeben? Dann kann ich das Einsammeln der Stimmkarten schließen und bitte mit der Auszählung zu beginnen.

So, das Ergebnis liegt vor. Abgegeben wurden 71 Stimmen, mit Ja stimmten 14, mit Nein 57, keine Enthaltung, damit ist der Gesetzentwurf in namentlicher Abstimmung abgelehnt (namentliche Abstimmung siehe Anlage 1).

Wir kommen jetzt zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 4

Zweites Thüringer Rechtsbereinigungsgesetz Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/3932 dazu: Beschlussempfehlung des Justizausschusses - Drucksache 3/4034 ZWEITE BERATUNG

Berichterstatter ist der Abgeordnete Carius. Ich bitte den Abgeordneten Carius die Berichterstattung vorzunehmen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags vom 29. Januar ist der Gesetzentwurf an den Justizausschuss überwiesen worden und wurde in der letzten Woche, am 26. Februar, daselbst beraten. Im ersten Rechtsbereinigungsgesetz von 1996 wurde der Fortbestand des von der DDR gesetzten Rechts nach Einzelprüfung bekannt gemacht, und da es neben dem von der DDR selbst gesetzten Recht auch noch andere Rechtskreise gibt, möchte ich da folgende nennen:

1. das Recht Thüringens von 1946 bis zur Auflösung der Länder der ehemaligen DDR im Jahre 1952,

2. das Recht des Deutschen Reichs und der Vorgängerstaatsgebilde,

3. das Besatzungsrecht,

4. das Recht Thüringens von 1920 bis zur Gleichschaltung im Jahr 1933,

5. das Recht der thüringischen Einzelstaaten vor 1918 und

6. das Recht gesonderter Rechtskreise für einzelne Gebiete.

Aus dieser Aufstellung der Rechtskreise geht hervor, dass hier eine Rechtsunsicherheit in Einzelfällen nicht auszuschließen ist. Deswegen soll mit diesem Pauschalgesetz Rechtssicherheit geschaffen werden. Auch wenn letztlich hiermit das Herz eines jeden Rechtshistorikers natürlich höher schlagen sollte, beabsichtigen wir mit dem Rechtsbereinigungsgesetz diese Tätigkeit jedenfalls in der rechtlichen Relevanz zu erübrigen. Der Ausschuss hat einstimmig die Annahme dieses Gesetzes empfohlen und ich bitte daher um Zustimmung zum Gesetzentwurf im Namen des Justizausschusses. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Das war die Berichterstattung. Ich habe keine Wortmeldung zur Aussprache, es findet dementsprechend keine Aussprache statt. Wir kommen unmittelbar zur Abstimmung über den Gesetzentwurf, da die Beschlussempfehlung des Justizausschusses die Annahme - wie wir gerade gehört haben - empfiehlt. Wer dem Gesetzentwurf der Landesregierung die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenprobe. Keine Gegenstimme. Enthaltungen? Auch nicht. Dann einstimmig so beschlossen.

Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer in der Schlussabstimmung dem Gesetzentwurf die Zustimmung gibt, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. Danke. Wir können uns setzen. Gegenstimmen? Ist nicht der Fall, sofern ich das Stehen in den Reihen nicht als Teilnahme an der Abstimmung werte. Keine Teilnahme an der Abstimmung. Enthaltung auch nicht, dann einstimmig so beschlossen.

Dann kann ich den Tagesordnungspunkt 4 mit dem einstimmig beschlossenen Gesetz abschließen.

Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 5

Thüringer Gesetz über die Errichtung der Kulturstiftung des Freistaats Thüringen Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/4030 ERSTE BERATUNG

Ich frage, ob Begründung durch den Einreicher gewünscht wird? Das ist die Landesregierung - will sie begründen? Ja, Frau Ministerin Prof. Dr. Schipanski, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, wir gründen eine Kulturstiftung des Freistaats Thüringen. Grundlage dazu ist der vorgelegte Gesetzentwurf. Mit dieser eigenen Landeskulturstiftung setzen wir ein kulturpolitisches Signal für die Zukunft. Darauf ausgerichtet haben wir den Stiftungszweck bewusst breit gefasst. Die neue Kulturstiftung des Freistaats Thüringen soll Kunst und Kultur in unserem Land fördern und bewahren. Innerhalb dieses Stiftungszwecks werden gleichwohl drei Schwerpunkte herausgehoben. Ich habe dazu mit den Vertretern der Thüringer Kulturverbände ausführliche, sehr fruchtbare Gespräche geführt. Unser Gesetzentwurf ist in engem Kontakt mit ihnen entstanden und ich möchte an dieser Stelle allen für den konstruktiven Dialog danken.

Der erste Schwerpunkt der neuen Thüringer Kulturstiftung ist die Förderung zeitgenössischer Kunst und Kultur. Auf diesem Feld besteht nach wie vor ein besonderer Nachholbedarf. Kunst und Kultur in den neuen Ländern können sich erst seit der Wende frei entfalten. Die Lebensverhältnisse der freiberuflichen Künstlerinnen und Künstler entsprechen noch nicht denen der Künstler in den alten Ländern. Deshalb soll die Vergabe von Stipendien und die künstlerische Projektförderung für die freie Kulturszene in Thüringen im Vordergrund der Stiftungsarbeit stehen. Wir knüpfen damit an den Stiftungszweck der sich auflösenden Stiftung Kulturfonds an. Auf diese Weise schaffen wir einen nahtlosen Übergang bei der Förderung zeitgenössischer Kunst und Kultur und setzen ein Zeichen für eine eigenständige, dauerhafte und damit zukunftsweisende Lösung.

Zwei weitere Schwerpunkte der Stiftungstätigkeit sollen sein, zum Ersten die Förderung von Dokumentations- und Präsentationsvorhaben von Kunst und Geschichte und zweitens die Unterstützung des Erwerbs besonders wertvoller Kulturgüter und Kunstgegenstände mit herausragender Bedeutung. Diese beiden Schwerpunkte kommen vor allem dann zum Tragen, wenn das ursprüngliche Stiftungsvermögen aufgestockt wird oder wenn Mittel von dritter Seite zur Verfügung gestellt werden. Bis dahin sollen die Zinserträge aus dem Stiftungsvermögen vor allem in die

Förderung der zeitgenössischen Kunst fließen. Die Kulturstiftung des Freistaats wird mit dem Vermögensanteil Thüringens an der sich auflösenden Stiftung Kulturfonds ausgestattet; ca. 23 Prozent bei einem Kurswert des Kapitalvermögens der Stiftung Kulturfonds von 32,7 Mio.  das sind 7,6 Mio.      !  " rechnen wir mit jährlichen Erträgen von 320.000  für Stipendien und Projektförderungen zeitgenössischer Kunst zur Verfügung stehen werden.

(Beifall bei der CDU)

Diese Gelder kommen im Übrigen ausschließlich der Kulturförderung zugute, weil die Verwaltungskosten dadurch gering gehalten werden, dass die Stiftung zunächst vom Thüringer Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst mitverwaltet wird. Mein Haus wird die Beschlüsse des Stiftungsrates und des Kuratoriums umsetzen.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, die neue Kulturstiftung des Freistaats Thüringen ist ein neuer, ein zusätzlicher Baustein für die Kulturförderung in unserem Freistaat. Ich sage das hier ganz deutlich: Die zu gründende Stiftung ergänzt die kulturelle Förderung des Landes und ersetzt sie nicht. Die Thüringer Kulturstiftung ist ein weiterer Beitrag Kultur zu bewahren, zu gestalten und zu leben. Das reiche Thüringer Kulturerbe ist uns Auftrag und Verpflichtung. Deshalb unterstützt die Landesregierung Kunst und Kultur mit einer beispielhaft hohen Landesförderung. Ergänzt wird diese Förderung durch beachtliche Anstrengungen der Kommunen, aber auch privater Investoren. Allen, die sich in Kunst und Kultur engagieren, danke ich an dieser Stelle sehr herzlich,

(Beifall bei der CDU)

denn sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Identität unseres Freistaats.

Ich nutze die Gelegenheit, um an dieser Stelle auf die Vielfalt unseres kulturellen Lebens einzugehen. Wir wissen, dass wie kaum ein anderer Name Weimar für die Verbindung von Kunst und Geschichte steht. Die Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen umfasst ein unvergleichliches Ensemble von Sammlungen, historischen Bauten, Parks und Gärten, das national wie international eine sehr große Aufmerksamkeit genießt. Sie verbindet die Pflege von Kunst auf der einen mit Wissenschaft auf der anderen Seite. Unter ihrem Dach sind Bild und Buch vereint. Der Neubau der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek nimmt sichtbare Formen an und wird die Arbeitsbedingungen nachhaltig verbessern. In einer großen Ausstellung der Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen wird dem Einzug der russischen Großfürstin Maria Pawlowna vor 200 Jahren gedacht. Sie verhalf nach Anna Amalia dem Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach zu neuem Glanz. Von Juni bis September ist neben dieser Ausstellung eine Fülle von weiteren Aktivitäten zum PawlownaJahr geplant. Mit der Gründung der Stiftung Schloss Frie

denstein und dem Erwerb der geographisch-kartographischen Perthes-Sammlung haben wir für Gotha neue Impulse gesetzt. Die Sammlungen des traditionsreichen Verlages Justus Perthes gehören zu den bedeutendsten ihrer Art weltweit und wir freuen uns, dass wir diese Sammlungen dem Freistaat erhalten konnten. Der in vielen Jahrhunderten gewachsene Reichtum an Herrschaftssitzen hat der 2. Thüringer Landesausstellung in Sondershausen das Motto gegeben. In wenigen Wochen können wir unseren Freistaat als Land der Residenzen neu entdecken, wenn die Ausstellung ihre Pforten öffnet.