Protocol of the Session on January 30, 2004

und dies vor allem, weil die Steuerlast eben nicht nur vom Einkommen und Ertrag, sondern auch von der individuellen Rechtskenntnis des Einzelnen abhängt oder wel

chen Steuerberater er beauftragt. Jeder gut gemeinte Versuch, durch Veränderung von Einzelbestimmungen eine Verbesserung herbeizuführen, ist letztlich gescheitert, im Gegenteil, immer dichter wurde der Steuerdschungel. Ein Resultat dieser Entwicklung ist, dass zwei Drittel der weltweit publizierten Steuerliteratur aus Deutschland stammen, wahrlich ein zweifelhafter Rekord.

(Zwischenruf Abg. Lippmann SPD: Nur gut, dass Helmut Kohl damals so aufgeräumt hat.)

Meine Damen und Herren, um Ihnen das mal deutlich zu machen, was ich damit meine, habe ich die beiden Bücher mit ans Pult genommen. Das ist das Umsatzsteuerrecht

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Ich habe mich schon gewundert.)

des Jahres 1983 mit 230 Seiten

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Ja, da war noch Helmut Schmidt dran.)

und das Umsatzsteuerrecht des Jahres 2002 mit 930 Seiten.

(Zwischenruf Abg. Lippmann, SPD: Und dazwischen lagen 16 Jahre Kohl.)

Nicht nur Kohl, deswegen die 58 Steueränderungen. Ich habe es mir erspart, das Einkommensteuerrecht mitzubringen. Ich glaube nicht, dass wir auf dem Pult noch Platz hätten.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Ist die Schubkarre kaputt?)

Meine Damen und Herren, nun ein Einschub in Sachen Bürokratie. Ein radikaler Bürokratieabbau ist vonnöten. Wichtig ist aber auch, dass sich unser Denken ändert. Das ist sicherlich eine Herausforderung für ein umfassendes Steuerrecht. Regulierung und Bürokratie behindern Deutschland weit stärker als die meisten anderen Industrieländer. Zu diesem Ergebnis kommt die Weltbank in einer vergleichbaren Studie. In Deutschland ist es beispielsweise besonders teuer und aufwendig, ein Unternehmen zu gründen. Im Durchschnitt dauert es hier 45 Tage. Der Spitzenreiter ist Australien, dort schaffen es die Bürger in zwei Tagen. Auch in Musterländern, wie den USA, dauert es höchstens die Hälfte der Zeit. Und bei den Kosten: Eine Unternehmung in Deutschland zu gründen, kostet nach den Angaben der Weltbank durchschnittlich 1.341 US $. In Großbritannien und den USA zahlt man 200 bzw. 250 US $. Selbst in Frankreich betragen die Kosten nur die Hälfte wie in Deutschland. Ziel sollte es sein, dass sich die Unternehmen in erster Linie wieder ihren Produkten und Märkten widmen können. Der Wirtschaftsstandort Deutschland wird somit wieder interessant, wenn

wir für Investoren Vereinfachungen haben. Die müssen dann nicht länger eine große eigene Steuerabteilung für Deutschland aufbauen.

Meine Damen und Herren, das deutsche Steuerrecht ist zu einer Wachstumsbremse geworden und dabei geht es nicht nur um hohe Steuersätze. Natürlich hemmen hohe Steuersätze die wirtschaftliche Dynamik, engen Spielraum für Eigeninitiative ein und mindern die Leistungsbereitschaft der Bürger. Deshalb sieht auch der von der CDU vorgelegte Steuerreformvorschlag insbesondere die Erhöhung des Grundfreibetrags und die Senkung des Einsatzsteuersatzrechts vor. Mit der Senkung des Spitzensteuersatzes wird die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft insbesondere im Vergleich, ich erwähnte es, zu den osteuropäischen Ländern hergestellt.

Meine Damen und Herren, mit der Verfremdung und mit vielen Lenkungstatbeständen ist das Steuerrecht überfrachtet, gefährdet letztlich die Freiheit des Steuerpflichtigen und die Gleichheit der Steuerlast. Das geltende Steuerrecht, und hier ist insbesondere das Einkommenssteuerrecht zu nennen, ist von einem in klarer Sprache formulierten Steuerrecht weit entfernt. Es ist nicht mehr einfach in der Struktur. Es ist ein schwieriges Regelwerk. Durch viele Ausnahmetatbestände, Subventionsangebote und Formulierungsmängel ist das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeiten nicht mehr möglich oder durchbrochen worden. Letztlich kann der Steuerpflichtige nicht mehr erkennen, warum er bestimmte Steuern zu zahlen hat. Vor allem hat er oftmals den Verdacht, er wird gegenüber anderen Steuerpflichtigen überdurchschnittlich belastet. All dies ist nicht neu, aber aktueller denn je. Bereits zu den Reformzielen bei den Petersberger Beschlüssen 1997, also vor sieben Jahren, heißt es, die Steuersätze bei den Einkommensbesteuerungen in Deutschland sind zu hoch. Das Steuerrecht ist zu kompliziert. Die Steuergerechtigkeit leidet unter zahlreichen Steuervergünstigungen und Sonderregelungen. Eine umfassende Reform der Einkommensbesteuerung ist dringend erforderlich, sieben Jahre, in denen die Bundesregierung Zeit hatte, eine Steuerreform und diese Notwendigkeit vorzulegen. Verschiedene Steuerreformmodelle liegen bereits jetzt vor. Sie alle haben ein Ziel, die steuerlichen Rahmenbedingungen für Investoren in Deutschland zu verbessern, damit Arbeitsplätze gesichert und neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Sie alle bedürfen der fachlichen Prüfung. Die Länderfinanzminister haben in ihren nächsten Sitzungen Steuerreformkonzepte auf dem Tisch, leider keines der Bundesregierung. Wir werden den Ministerpräsidenten Empfehlungen aussprechen. Zu berücksichtigen ist natürlich dabei die politische Durchsetzbarkeit.

Meine Damen und Herren, um es noch einmal zusammenzufassen: Aufgabe des Staates muss sein, günstige Rahmenbedingungen zur Investition zu schaffen. Nur durch ein einfaches sozial gerechtes Steuerrecht können sich Leistungsbereitschaft und Eigeninitiative frei entfalten. Die Durchsetzung einer Steuerreform aus einem Guss muss

mit einer dauerhaften Steuervereinfachung steuerliche Förderungen auch in Thüringen auslösen. Hierfür wird die Landesregierung sich auch zukünftig einsetzen.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Na, das sehe ich noch nicht so...)

Ja, Herr Gentzel, für mich ist das alles kein Faschingsscherz.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Dann lachen Sie doch nicht so.)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Lassen Sie sich nicht von dem durcheinander bringen.)

Ich weiß nicht, wie viel Herr Gentzel vom Steuerrecht versteht, deswegen amüsiert ihn das wahrscheinlich.

(Beifall bei der CDU)

Im Rahmen der großen Steuerreform wird auch über die Reform der Gemeindefinanzen und hier insbesondere über die Gewerbesteuerreform zu entscheiden sein. Ziel muss es sein, den Kommunen eine sichere Finanzausstattung zu gewährleisten, damit sie auch künftig ihre verfassungsmäßigen Aufgaben erfüllen können. Es muss aber darauf geachtet werden, dass für die Kommunen auch ein Anreiz bestehen bleibt Unternehmen anzusiedeln. Die Beteiligung an der Körperschaftssteuer ist insoweit der richtige Anreiz.

Meine Damen und Herren, der langfristige Erfolg der Reformen, sowohl aus dem System des Steuerrechts wie auch der Sozialsysteme, wird von der sozialen Ausgewogenheit abhängen. Bisher wurden die Systeme getrennt voneinander betrachtet und bewertet. Aber bereits heute werden Sozialsysteme durch Steuern mitfinanziert. Es findet also nicht nur innerhalb eines Systems eine Umverteilung statt, sondern auch zwischen den Systemen. Sie kennen ja alle die spöttischen Kommentare unserer Menschen, die sagen, rauchen für die Gesundheit, rasen für die Rente. Es wird daher darauf ankommen, dass es uns gelingt, die Verknüpfung der einzelnen Reformen transparent und nachvollziehbar zu gestalten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nur wenn wir Reformen auf den Weg bringen, können wir die öffentlichen Haushalte wieder sanieren und mit höheren Einkommen rechnen. Eine Stagnation wie in den letzten 3 Jahren ist für die öffentlichen Haushalte nicht mehr zu verantworten.

Damit kommen wir zum Problem der Mittelfristigen Finanzplanung des Freistaats bis 2007. Zunächst möchte ich im Zusammenhang mit der Steuerreformdebatte darauf hinweisen, dass die Ergebnisse des Vermittlungsausschusses vom 19.12.2003 und damit die zu Jahresbeginn gewordenen Gesetzesänderungen nicht berücksichtigt werden konn

ten. Aber dies kann auch nicht der Fall sein, da der Rechtsstand im Herbst 2003 die Basis des Berichts ist. Das, was wir am 01.01.2004 an Rechtsänderungen haben, wird zum ersten Mal in der Steuerschätzung im Mai berücksichtigt werden. Dann werden wir wissen, ob die vom Bundesfinanzministerium vorgelegten Finanztableaus einigermaßen verlässlich sind. Ich bin vorsichtig geworden nach dem Rechenfehler im Vermittlungsausschuss. Auch unter den stark geänderten Rahmenbedingungen im Steuerrecht, auf dem Arbeitsmarkt und im Gesundheitswesen hält die Landesregierung daran fest, den Ausbau unseres Landes weiter voranzubringen. Wir wollen in den nächsten Jahren mit einem hohen Investitionsniveau private Investoren motivieren und begleiten. Wir wollen, dass die Investitionsquote bei 20 Prozent bleibt. Gleichzeitig passen wir im Planungszeitraum die Gesamtausgaben in ihrer Entwicklung an die Beschlüsse des Finanzplanungsrats an. Wir werden die Ausgaben nicht über 1 Prozent steigern. Die Nettokreditaufnahme soll trotz der schwierigen Zeiten schrittweise abgebaut werden. Das Ziel einer Nettoneuverschuldung von null ist nicht aus dem Blick geraten. Die Thüringer Landesregierung bekennt sich zur Einhaltung des europäischen Stabilitäts- und Wachstumsfaktors.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Finanzplan ist nach dem Stabilitäts- und Wachstumsgesetz eine Darstellung der voraussichtlichen Ausgaben nach Art, Umfang und ihrer Deckungsmöglichkeit in ihrer Wechselbeziehung zu der mutmaßlichen Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Leistungsvermögen. Diese Formulierung im Gesetz macht den Programmcharakter und die Vorläufigkeit klar, unter denen dieser Bericht steht. In Zeiten, in denen sich die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen dramatisch ändern, wie wir dies bereits im Jahr 2003 erleben mussten, und in Zeiten, in denen ein Gesetzeswerk von erheblichem finanziellen Ausmaß in kürzester Zeit durch die Entscheidungsgremien geht, ist eine verlässliche Orientierung im Finanzplan sehr schwierig. Wir haben mit dem Mittelfristigen Finanzplan die Wirtschaftssituation in Deutschland und Thüringen entsprechend der Gutachten und Wirtschaftsforschungsinstitute und der Zahlen der statistischen Ämter dargestellt. Drei Jahre wirtschaftliche Stagnation in Deutschland haben in den öffentlichen Haushalten deutlich ihre Spuren hinterlassen. Gerade das Jahr 2003 war davon gekennzeichnet, dass die Wachstumsprognose der Bundesregierung zu euphorisch war und mehrfach nach unten korrigiert werden musste. Im Jahresergebnis wurde dann ein Wachstum von Null erreicht, wenn man da überhaupt noch von Wachstum sprechen kann - die Bundesregierung kann. Das bedeutet Stillstand in Deutschland, meine Damen und Herren. Die Konsequenzen für diese Entwicklung der Steuereinnahmen kennen Sie. Ich habe in diesem Haus oft darüber berichtet. Wir lassen uns trotz dieser Entwicklungen nicht in einen Strudel mit hineinziehen. Wir wollen den Bürgern unseres Landes in den kommenden Jahren Perspektiven aufzeigen. Wir stellen in unserer Mittelfristigen Finanzplanung dar, dass zumindest bis 2006 Wirtschaftsförderung und Arbeitsmarktförderung auf hohem Niveau fortge

setzt werden. Die Aktivitäten der Landesregierung zur Neuansiedlung von Unternehmen, zur Verbesserung der lokalen Standortbedingungen und zum Ausbau der Arbeitsplätze bleiben zentrale Aufgabe der Landesregierung. Fest steht, dass Thüringen seine Freiräume besser nutzt als manches andere Bundesland. Die Zahlen belegen das. Die Thüringer Industrie entwickelt sich beispielsweise im Ost-West-Vergleich weiterhin bestens, ob Umsatzwachstum, Zunahme von Industriearbeitsplätzen oder Export. Die Thüringer Potenziale schaffen Wachstum, während in fast allen Ländern Stillstand beim Bruttoinlandsprodukt herrscht. Thüringen ist also trotz schwieriger finanzieller Bedingungen auf dem richtigen Weg.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben in unserem Bericht auch die Probleme im Zusammenhang mit der Ausgestaltung der EU-Förderung nach der Erweiterung und nach Ablauf der Förderperiode 2007 ausführlich geschildert. In unseren Planungen gehen wir davon aus, dass es auch künftig Fördermittel aus dem EU-Strukturfonds für Thüringen geben wird. Allerdings haben wir aus Gründen der Vorsicht die Höhe geringer gewählt. Weiterer Aufgabenschwerpunkt ist im Finanzplanungszeitraum der Bereich Wissenschaft und Bildung. Die Förderung von Forschung, Wissenschaft und Hochschulen, aber auch außeruniversitärer Einrichtungen ist ein Faktor für Wachstum und Beschäftigung in unserem Land. Es würde den Rahmen eines Mittelfristigen Finanzplans sprengen, wenn jedes Ressort die Vielzahl seiner Entscheidungsfelder darstellt. Wir müssen uns, das ist auch eine Vorgabe des Finanzplanungsrats, auf Schwerpunkte konzentrieren und Prioritäten setzen in diesem Bericht. Wir haben, meine sehr verehrten Damen und Herren, den Finanzplan zeitnah zum Nachtragshaushalt im Herbst erarbeitet. Vor der Fertigstellung haben wir die NovemberSteuerschätzung 2003 abgewartet, um zu sehen, ob sich aus der damaligen Schätzung noch dramatischer Änderungsbedarf ergab. Ich sage Ihnen hier: Die Erfahrungen der Mai-Steuerschätzung waren für uns im Finanzministerium so erschütternd, dass wir nicht dieses Risiko eingehen wollten, Ihnen dann eine Mittelfristige Finanzplanung vorzulegen, die noch einmal 300 Mio.   einnahmen ausweist. Die November-Steuerschätzung brachte aber keinen weiteren wesentlichen Änderungsbedarf, so dass wir den vorliegenden Bericht am 2. Dezember dem Kabinett vorgelegt haben und er das Dezemberplenum leider nicht mehr erreichen konnte. Insofern hatten wir gebeten, einer Vorabbefassung im Haushalts- und Finanzausschuss zuzustimmen, um im Januar hier im Plenum den Bericht behandeln zu können. Im Haushalts- und Finanzausschuss war aber bereits diskutiert worden, sich gerne länger und intensiver mit den Inhalten des Berichts auseinander zu setzen. Es obliegt dem Ausschuss, in Selbstbefassung einzelne Inhalte sicherlich noch einmal aufzurufen. Das Finanzministerium entzieht sich der volkswirtschaftlichen Diskussion sicher nicht, aber es gab zum damaligen Zeitpunkt im Ausschuss auch keine weiteren Fragen. Wir stehen aber in der Notwendigkeit, der Berichterstat

ter aus dem Ausschuss hatte es dargelegt, der Finanzplan im Jährlichkeitsprinzip folgt den Daten immer jährlich, die Anlage I insbesondere dem Finanzplanungsrat und dem Bundesamt für Statistik zuzuleiten. Deshalb bitte ich um Verständnis. Zusätzlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, möchte ich zur Kenntnis geben, dass es bei der Drucklegung einen so genannten Druckfehler gab, der sich eingeschlichen hat. Tatsächlich ärgerlich, aber Gott sei Dank wendet er sich zum Günstigen. Auf Seite 28 muss es eine Richtigstellung geben: "Der Schuldenstand des Landes ist am Jahresende 2002 auf 12.175 Mio.  !sen."

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Milliarden Euro.)

Milliarden Euro, ja. Schöner wäre das noch. Milliarden Euro. Lassen Sie mich noch einmal zusammenfassen: Die Ergebnisse des Vermittlungsausschusses sind nicht das Ende, sondern der Beginn des Reformprozesses in Deutschland. Dafür werden wir uns als Union einsetzen. Dazu gehören eine radikale Steuerreform, die den Mut zur Vereinfachung hat, um Wettbewerb wieder möglich zu machen. Es ist zweit- oder drittrangig, ob das in einzelnen Schritten geschieht. Wichtig ist, dass ein Signal für die Reformfähigkeit Deutschlands ausgeht. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Thüringer Landesregierung wird diesen Reformprozess aktiv und offensiv begleiten. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Ich gehe davon aus, dass alle drei Fraktionen die Aussprache beantragen. Das ist so. Als Erster hat das Wort der Kollege Mohring, CDU-Fraktion.

(Zwischenruf Abg. Nitzpon, PDS: Ein biss- chen sportlicher und schneller, Herr Mohring, also wirklich, in dem Alter.)

(Heiterkeit und Beifall bei der PDS, SPD)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Zwischenrufer

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Schauen Sie genau hin, wo Sie herkommen.)

- ich meine alle -, der Mittelfristige Finanzplan für das Jahr 2003 bis zum Jahr 2007 hat die Soll-Ansätze des Nachtrags zum Landeshaushaltsplan für das Jahr 2003 und für das Jahr 2004 zugrunde gelegt. Die Ergebnisse des Arbeitskreises Steuerschätzung vom November 2003 erfordern dafür keine Anpassung des genannten Nachtrags; die Prognose der Einnahmen- und Ausgabenentwicklung ist angesichts der aktuellen Reformdiskussion in den Berei

chen Steuer- und Gemeindefinanzen, Sozialversicherung, Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung sowie der Fortführung der Strukturprogramme nach der EU-Osterweiterung mit großer Unsicherheit behaftet. Der vorliegende Finanzplan macht aber deutlich, in welch schwierige Finanzsituation aufgrund der Wirtschafts- und Finanzpolitik, die in Berlin verantwortet wurde, der Freistaat geführt wurde. Hat man im Finanzplan 2001 bis 2005 für das Jahr 2005 noch mit Steuereinnahmen für Thüringen in Höhe von 4,962 Mrd.  ! &   Zahlen nach der jetzt vorgelegten Mittelfristigen Finanzplanung auf 4,37 Mrd.  !      )& dass knapp 600 Mio.  9*   als noch vor zwei Jahren erwartet. Dies entspricht exakt der Summe, die für das Jahr 2005 nach dem Mittelfristigen Finanzplan an neuen Schulden für das Land Thüringen geplant sind. Unser ursprüngliches Ziel, darauf hat die Finanzministerin verwiesen, bis 2006 einen ausgeglichenen Haushalt, also ohne neue Schulden aufzustellen, wäre bei der Annahme vom Eintreffen der tatsächlich geplanten Einnahmen auch möglich gewesen. Dieses Ziel ist nun nicht mehr erreichbar. Ich will aber ausdrücklich für unsere Fraktion erklären, dass wir dieses Ziel im Rahmen der nächsten Legislaturperiode bis zum Ende dieser Legislatur ausdrücklich anstreben.

(Beifall bei der CDU)

Noch schwieriger stellt sich die Situation für die Jahre bis zum Jahr 2006 dar. Dort sehen Sie, dass für die Jahre 2002 bis zum Jahre 2006 auch Thüringen auf seinem Weg zur Anpassung gleichwertiger Lebensverhältnisse massiv durch Mindereinnahmen gebremst wird. So liegen die Steuerausfälle für das Jahr 2004, für das Jahr 2005 und für das Jahr 2006 insgesamt um 1,4 Mrd.  hinter der ursprünglichen Erwartung zurück. Es zeigt sich beim Durchlesen und Bearbeiten der Mittelfristigen Finanzplanung, dass wir über Einsparungen in massiver Form, wie wir sie jetzt im Nachtragshaushalt vorgenommen haben, wie wir sie aber auch im laufenden Haushaltsjahr vornehmen müssen, nicht hätten reden müssen, wenn die Erwartungen tatsächlich so eingetreten wären. Trotz der anhaltend angespannten Lage bleibt Thüringen aber über den gesamten Planungszeitraum der Mittelfristigen Finanzplanung hinweg unter der zulässigen Wachstumsrate von maximal 1 Prozent und reduziert seine Nettoneuverschuldung von 710 Mio.  +%%,,5%    Jahr 2007. Sie sehen anhand dieser geplanten Nettoneuverschuldung, dass tatsächlich auch Spielräume vorhanden sind, um die Nettoneuverschuldung bis zum Ende der nächsten Legislatur auf null zurückzuführen, es sei denn, die Steuereinnahmesituation verschlechtert sich hinter die tatsächlich jetzt schon vorhandenen schlechten Werte noch weiter. Das macht dann alle Planungsperspektiven zunichte. Die Pro-Kopf-Verschuldung für Thüringen wird bis zum Jahr 2007 aber trotz Rückführung der Nettoneuverschuldung um noch einmal 1.000    dann geplante 6.426  !     Zurechnungen der aufgenommenen kommunalen Schulden

als auch vor allen Dingen der Bundesschulden, dass wir uns auf einem sehr hohen Niveau staatlicher Verschuldung befinden und es deshalb gar keinen anderen Weg gibt, als Nettoneuverschuldung abzubauen und damit ein Ende der staatlichen Verschuldung zu erreichen. Wir wollen in Thüringen, damit sind wir mit der Mittelfristigen Finanzplanung auf dem Weg, dieses Ziel für uns erreichen. Ausführlich würdigt der Finanzplan die aktuellen Reformdiskussionen sowie die Entwicklung der EU-Förderung ab dem Jahr 2007, denn nach Durchsicht der Finanzplanung werden Sie sehen, dass die Mittel von der Europäischen Union von derzeit 468,8 Mio.  +%%, auf 191 Mio.  +%%/0   wird deutlich, dass die Einnahmen des Freistaats Thüringen nicht wesentlich weiter steigen werden und somit Konsolidierungsbemühungen unvermindert fortgesetzt werden müssen. Sie sehen auch anhand der Finanzplanung mit Blick auf das Jahr 2004 bis zum Jahr 2007, dass auch die Bundesergänzungszuweisungen, die der Freistaat Thüringen zudem erhält, aufgrund der Neuregelung des Solidarpaktes II weiter vermindert werden und wir eine Steuerdeckungsquote von derzeit 46,5 Prozent bis zum Jahr 2007 auf 51,8 Prozent anstreben. Das macht deutlich, dass wir auch in der nächsten Legislaturperiode damit zu kämpfen haben, dass wir trotz verschärfter Konsolidierungsmaßnahmen Ausgabenreduzierungen, vor allem im letzten Jahr, Sie werden sich erinnern, als wir 1 Mrd.  Steuerausfälle zu verkraften hatten, wir auch in den nächsten Jahren nur eine Steuerdeckungsquote von 51,8 Prozent erreichen werden. Das heißt, bei verminderter Zuführung von dritter Seite, also von Europäischer Union, und im Rahmen der verminderten Zuweisung aus dem Solidarpakt II, dass wir bei nicht gleichzeitig ansteigenden Steuereinnahmen, die wir erwarten müssen, weitere Ausgabenverminderungen vornehmen müssen und Konsolidierungsbemühungen, die wir schon angefangen haben, auch in der nächsten Wahlperiode uneingeschränkt fortsetzen müssen.

Deshalb, meine Damen und Herren, ist die Mittelfristige Finanzplanung, und das war auch unser Antrag, die Tagesordnungspunkte gemeinsam zu behandeln, unmittelbar mit den zukünftigen Reformen in Deutschland verknüpft und wird von diesen maßgeblich beeinflusst.

Unter Nummer 3 der Mittelfristigen Finanzplanung hat deshalb auch das Finanzministerium ausdrücklich die Reformdiskussion gewürdigt und ihr einen breiten Raum eingeräumt. Ebenso haben die Fraktion der CDU und auch die Fraktion der SPD einen inhaltlich gleichen Antrag vorgelegt, damit auch die Reformdiskussion hier im Hause anzusprechen und zu würdigen und aufzuzeigen, welche Perspektiven sich für Thüringen aus diesen Reformdiskussionen ergeben. Mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2004 sollte die ursprünglich für den 1. Januar 2005 vorgesehene 3. Stufe der Steuerreform auf den 1. Januar 2004 vorgezogen werden. Sie wissen das und konnten die Ergebnisse des spannenden Vermittlungsverfahrens bis in die Nächte im Dezember des Jahres 2003 verfolgen. Das Ergebnis war, dass diese an sich begrüßenswerte Maßnah

me, das Vorziehen der Steuerreform, die schon gesetzlich verankert war zur Senkung der Steuerlast auf die Bürger, jedoch mit einer Reihe von Hindernissen versehen war, die eine eingeschränkte Zustimmung der Seite der Union unmöglich machten und deshalb unzählige Reformmaßnahmen damit verknüpft wurden, auf die die Finanzministerin eingegangen ist und die am Ende die Reformdiskussion nur schwer in Gang gebracht und Ergebnisse ausgelöst haben.

Der Konjunkturausblick des IWH für das Jahr 2004 würdigt die Vermittlungsergebnisse vom Dezember 2003 und, Frau Präsidentin, wenn Sie erlauben, will ich einen kleinen Absatz aus diesem Konjunkturausblick für das Jahr 2004 zitieren. Dort heißt es: "Ihre Investitionszurückhaltung" - also die der Unternehmen in Deutschland - "haben die Unternehmen dagegen noch nicht aufgegeben. Die Ungewissheit über den Kurs der Finanzpolitik hat bis zuletzt die Investitionsbereitschaft gedämpft. Zwar regen auch 2004 die niedrigen Kapitalmarktzinsen und die gestiegenen Aktienkurse den Kauf von Maschinen und Anlagen an, der Nachfragezuwachs aus dem Ausland kann jedoch nach drei Jahren wirtschaftlicher Stagnation zunächst weit gehend mit den vorhandenen Kapazitäten bedient werden. Die Bauinvestitionen entwickeln sich schwächer. Die Vorziehungseffekte von geplanter Kürzung der Eigenheimzulage und Aktivitäten zur Beseitigung der Flutschäden aus dem Jahr 2002 fallen künftig weg. Mit den Steuersenkungen, die im Vermittlungsverfahren beschlossen wurden, werden die privaten Haushalte 2004 ihre Konsumzurückhaltung allmählich aufgeben. Aber der zunächst noch anhaltende Beschäftigungsabbau und die erwarteten Kürzungen von Leistungen wegen der zunehmenden Finanzierungsprobleme der sozialen Sicherungssysteme werden jedoch einem Konsumschub entgegenstehen, so dass konjunkturelle Impulse der finanzpolitischen Maßnahmen insgesamt gering ausfallen werden."

Deshalb, meine Damen und Herren, steht die Finanzpolitik in Deutschland in einem tief greifenden Zielkonflikt, nämlich zum einen, dass in 3. Folge gegen den Stabilitäts- und Wachstumspakt durch die Bundesrepublik verstoßen wurde und von daher alle wirtschaftspolitischen Entscheidungen den haushaltspolitischen Erfordernissen untergeordnet werden müssen und auf der anderen Seite Gestaltungsspielräume aber nötig sind, um die konjunkturellen Antriebskräfte nicht bereits im Keim zu ersticken. Deswegen ist trotz des teilweisen Vorziehens der 3. Stufe der Einkommenssteuerreform die Finanzpolitik im Jahr 2004 im Wesentlichen restriktiv ausgerichtet.