Zur Stammzellenproblematik verweise ich auf unser Sondervotum. Auch hier werden durch die wissenschaftlich nicht haltbare Definition, dass der Mensch von Anfang an Mensch ist, nach unserer Meinung die gesellschaftlichen Schwierigkeiten und Probleme von vornherein nicht mit einbezogen. Die Teile 2. Allgemeine und ethische Aussagen über den Lebensbeginn, 3. Fragestellung am Lebensbeginn und 4. Einsatz des modernen medizinisch Möglichen und ethisch Verantwortbaren in der Therapie enthalten viele Fragestellungen, deren juristische Lösungen allein auf der Bundesebene liegen. Da Enquetekommissionen dem Gesetzgeber bei seiner Entscheidungsfindung helfen sollen, stellt sich natürlich die Frage, was soll das auf Landesebene? Nach unserer Auffassung war es der Versuch, entgegen der wissenschaftlichen Kenntnis den Status quo zu betonieren. In dem Bericht wird durch die aufgemachte Forderung, kein Komma am Embryonenschutzgesetz zu ändern, nicht das Ziel, die Probleme zu beschreiben und zu bearbeiten, sondern eine konservative Lesart zu festigen, verfolgt. Selbst katholische Ethiker denken hier differenzierter als es der Bericht ausdrückt. Unsere Vorstellungen zu diesem Themenkreis sind, einen bewussten, sachgerechten und sich auf dem Stand der Wissenschaft befindenden Umgang mit diesen Fragestellungen herbeizuführen, damit ein breiter gesellschaftlicher und sozialer Konsens hergestellt werden kann.
Ungeachtet dieser Kritik unterstützen wir voll die Empfehlungen 1 bis 10 und die 13, allerdings bin ich mir nicht sicher, ob wir in der Empfehlung 8 zur Mutterschaftsvorsorge nicht über das Ziel hinausgeschossen und einer Minderheitenmeinung aufgesessen sind. Die jetzigen Regularien zur Mutterschaftsvorsorge sind auf Empfehlung der Bundesärztekammer von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen worden.
Zum Teil 4 "Unterstützung bei schwerer Behinderung" möchte ich sagen, es war ungeheuer schwierig und ist eigentlich auch nicht so richtig gelungen, eine Aussage zu machen, ab wann sich ein Mensch mit Behinderungen in einer Grenzsituation des menschlichen Lebens befindet. Auf zwei Abschnitte möchte ich besonders eingehen,
zum Ersten auf den Abschnitt "humangenetische Beratung". Wir möchten mit diesem Sondervotum klarstellen, wozu humangenetische Beratung eigentlich gemacht wird. Die im Bericht gemachten Aussagen sind nach Meinung von Humangenitikern über ihre Arbeit nicht haltbar. Sie waren entsetzt darüber, was wir hier geschrieben haben, aber das wurde ja dann von der Mehrheit auch so beschlossen. Zu den Empfehlungen des 4. Teils, welcher Stellenwert den Aussagen der Enquetekommission 3/1 zukommt, haben wir gestern erlebt. Empfehlung 14, die Verabschiedung eines Thüringer Gleichstellungsgesetzes für Menschen mit Behinderungen, ist erst mal Makulatur. Von der Zeit teilweise überholt wurde die Empfehlung 15 Schiedsstellenregelung im BSHG -, unterdessen wurde das Sozialgesetzbuch XII verabschiedet. Die Möglichkeit, über den Bundesrat Einfluss zu nehmen, dürfte für die nächste Zeit in diesem Punkt vorbei sein. Ich möchte nicht auf jede einzelne Empfehlung eingehen und sie kommentieren, vielmehr möchte ich auf unseren Antrag in Drucksache 3/3934 verweisen. Soll die Arbeit der Enquetekommission 3/1 nicht für den Papierkorb gewesen sein - ich denke, das wollen wir alle nicht -, so ist eine Stellungnahme der Landesregierung, die die Umsetzungsmöglichkeiten sowohl hinsichtlich des zeitlichen als auch des finanziellen Rahmens beinhaltet, notwendig.
Im Teil "Umgang mit schwerer Krankheit" will ich auf folgende Punkte, die mir besonders wichtig erscheinen, verweisen. Da sind zum einen die Probleme, die die Transplantationsmedizin durch mangelhafte Zahl von Organspenden hat. Neben den gestellten Forderungen an den Bundesgesetzgeber tut Aufklärung über die Möglichkeiten der Organspende und Förderung der Bereitschaft dazu Not. Organspende bedeutet aktive Hilfe für menschliches Leben in Grenzsituationen. Eine Uraltforderung ist die Einrichtung einer Professur für Allgemeinmedizin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Der Begründung zur Empfehlung 48 kann ich nur voll inhaltlich zustimmen. Die Landesregierung ist hier gefordert, endlich zu handeln. Man kann nicht jahrelang in die Klagen der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringens nach mehr Hausärzten einstimmen, aber selbst keinen eigenen Beitrag zur Lösung des Problems leisten wollen. Wie dringend sie gebraucht wird, hat auch dieser Artikel in der letzten Zeitschrift vom Klinikum der Friedrich-Schiller-Universität aufgezeigt. In unserer immer älter werdenden Gesellschaft könnte die Empfehlung 57 der Landesregierung als Maxime für die Geriatrieplanung in Thüringen dienen. Eine effektive Vernetzung der Aufgaben von Land, Kommunen und Trägern bei der Betreuung und Pflege von an Demenz erkrankten Menschen scheint mir der beste Weg zu sein. Bei den immer knappen finanziellen und künftig auch personellen Ressourcen wird eine Pflege auf dem Stand der Wissenschaften sonst nicht möglich sein.
Beim Thema "Begleitung Sterbender" möchte ich auf die Situation der Hospizdienste in Thüringen hinweisen. Es ist gut, dass endlich auch bei uns ein stationionäres Hospiz in Bad Berka gebaut wird. Betrachtet man aber die
Entwicklung hin zu 1-Kind-Familien und dass eine große Zahl unserer älteren Bevölkerung allein lebt, so scheint mir, ist der weitere Bau stationärer Hospize dringend nötig, vielleicht auch Einrichtungen, nicht unbedingt alles Neubauten. Hier hat der Freistaat einen großen Nachholbedarf. Wenn man aber die Forderung des Baus von ambulanten Hospizen, wie im Haushaltsplan 2004 auf null setzt - deshalb sagte ich, wir müssen das nicht unbedingt alles an Neubauten durchführen -, wird Thüringen weiterhin hier ein Entwicklungsland bleiben. Dem Wunsch von Bischof Dr. Wanke, geäußert bei einer ersten Beratung des Berichts im Augustinerkloster vor einer Woche, die von der evangelischen und katholischen Kirche veranstaltet wurde und sehr, sehr gut besucht war, die Ergebnisse und Exemplare des Enqueteberichts so breit wie möglich zu streuen, um eine große Öffentlichkeit in die Diskussion mit einzubeziehen, kann ich voll zustimmen. Vielleicht wäre eine ausgewogene Kurzform des Berichts dazu sehr hilfreich. Schulen, Ethiklehrer, Sozialkundelehrer, Religionslehrer und -lehrerinnen haben bereits ihr Interesse bekundet. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena wird ab Sommersemester ein Wahlpflichtfach "Ethik in der Medizin" eingeführt und im Rahmen der Vorlesungsreihe interessiert sich vielleicht dann auch dieser zuständige Prof. Knoepffler für unseren Bericht und wird vielleicht auch die Studenten darüber informieren. Deshalb, denke ich, wäre es gut, so eine Kurzform, in welcher Form auch immer, zusammenzustellen. Danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Enquetekommission 3/1 "Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen" hat ihre Arbeit beendet. Aber es ist natürlich völlig klar, die Arbeit mit dieser Thematik ist noch lange nicht beendet. 82 Handlungsempfehlungen hat die Kommission uns auf den Weg gegeben. Die Landesregierung wird diese Empfehlungen in ihre Arbeit einbeziehen und in die Gesetzgebung einfließen lassen. Es geht bei den Themen der Enquetekommission weniger um tagespolitische Fragen, es geht um eine Grundsatzdebatte. Es geht darum, wie wir den Auftrag des Grundgesetzes zur Wahrung der Würde des Menschen umsetzen. Schon seit Emanuel Kant gelten diese Grundsätze der Menschenwürde - ich zitiere Emanuel Kant: "Handle so, dass du die Menscheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst." Die strikte Achtung der Menschenwürde ist zweifellos die Basis, die unseren ethischen Normen zugrunde liegt. Nichts geringeres als die allge
meinen Erklärungen der Menschenrechte der UNO spiegeln das wider. In der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO wird in Artikel 1, der die Grundlage allen gesellschaftlichen Lebens in Freiheit und Demokratie ausdrückt, Folgendes festgestellt - ich zitiere: "Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen." Diese Erklärung der UNO entstand nach dem Zweiten Weltkrieg, sie entstand, nachdem die Würde der Menschen gerade die tiefsten Demütigungen ertragen musste, die sie jemals erlebt hatte. In gleicher Weise verpflichtet uns auch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Der Arikel 1 gründet die gesamte Verfassung auf den Schutz dieser Würde. Ich möchte ebenfalls wie Frau Dr. Fischer zitieren: "Die Würde des Menschen ist unantastbar, sie zu achten und zu schützen ist Aufgabe aller staatlichen Gewalt.". Auch dies entstand aus den schmerzlichen Erfahrungen des Dritten Reiches. In unserem Land stellt heute, und das muss man deutlich feststellen, niemand diese Würde so infrage, dass sie aus ideologischen Gründen bedroht wäre. Wir leben in einer freiheitlichen Ordnung, die den Menschen ein Leben in Stabilität und kultureller Vielfalt ermöglicht. Der heutige Tag, an dem der Landtag das Ergebnis seiner Kommission "Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen" würdigt, ist deshalb zunächst einmal ein Tag der Dankbarkeit, der Dankbarkeit für diese Situation. Dennoch ist die Einsetzung einer Enquetekommission, die sich mit den Fragen der Wahrung der Würde des Menschen beschäftigt, notwendig gewesen. Thüringen leistet mit dieser Initiative einen wichtigen Beitrag zur gegenwärtigen gesellschaftlichen Besinnung auf komplizierte Konflikte. In den notwendigen gesellschaftlichen und technischen Veränderungen des Alltags, im Geschäft des politischen Ringens und des wirtschaftlichen Strebens gibt es auch heute Risiken, die Menschen mit ihrer Würde in unserer Gesellschaft unter Druck bringen können. Wahrung der Würde ist keine Aufgabe bloßer Verfassungstexte, sondern immer wieder Herausforderung für den konkreten politischen Alltag. Der Blick auf Menschen in Grenzsituationen, wie ihn die Enquetekommission getan hat, kann das Auge schärfen. Auch in stabilen und freiheitlichen Verhältnissen dürfen wir dieses sensible Thema der Menschenwürde nicht aus den Augen verlieren. Gerade in den Situationen, wo Leben am verletzlichsten ist, wo es sich nicht selbst schützen kann, hat die Gesellschaft eine große Verantwortung. Das alles ist nicht nur ein Thema für das politische Tagesgeschäft, es ist ein Thema, das tiefer führt und deshalb auch als Grundstimmung jede menschliche Politik begleiten muss. In diesem Sinne sagte Bischof Wanke zur Arbeit der Enquetekommission: "Ich hoffe, dass die Ergebnisse der Arbeit nicht folgenlos bleiben und Spuren in unserem Land hinterlassen." Bischof Prof. Kähler sagte zum Geleit zur Enquetekommission: "Wir haben die Aufgabe, die Werte, auf die sich unsere Gesellschaft verständigt hat, wieder nachdrücklicher zu formulieren. Es sind die Fundamente, auf denen unser Gemeinwesen ruht." Es ist den Kirchen ausdrücklich zu danken, dass sie sich
Die Enquetekommission hat vier Bereiche ausgewählt: "Schutz des ungeborenen Lebens", die "Unterstützung bei Behinderung", die "Unterstützung bei schwerer Krankheit" und die "Begleitung Sterbender". Worum geht es bei diesen Fragen? Es geht um die Balance zwischen weiterführender Fortschrittsentwicklung auf der einen Seite und ihrer menschlichen Einbindung, die für diese Themen gerade und besonders für die Zukunft noch wichtiger werden auf der anderen Seite. Technik, Wirtschaft, Fortschritt und gesellschaftliches Leben insgesamt werden immer vielfältiger und komplizierter. Sie unterstützen menschliches Leben, können aber auch Angst und unsicher machen. Entwicklung braucht menschliche Einbindung. Deutlich wird das nicht nur an der Spannung zwischen freier und wissenschaftlicher Forschung in der Medizin und Lebensschutz, die gegenwärtig unter dem Stichwort der Gentechnik diskutiert wird. Auch an den anderen Bereichen, denen sich die Enquetekommission gewidmet hat, kann man dies deutlich machen. Je perfekter die medizinische Versorgung geworden ist, umso schwieriger erscheint vielen Menschen heute ein Sterben in Würde und Frieden. Trotz vielfältiger technischer Unterstützung haben sie Angst vor Anonymität und Belastung. Oder gerade weil Menschen immer älter werden, stellen sich vielfältige Probleme und Situationen ein, die mit den bisherigen Mitteln der Versorgung und Lebensgestaltung nur schwer zu bewältigen sind. Der Segen des Alters wird für manchen zur drückenden Last. Gesellschaftliche Entwicklung ermöglicht viele neue Formen menschlichen Lebens. Sie belastet aber Menschen auch und macht sie hilflos, wo sie mit bisher nicht gekannten Konflikten konfrontiert werden. Hier bedarf es der Orientierung auf die Würde der menschlichen Person. Wer sie im Auge behält, hat so etwas wie einen Kompass, um zu unterscheiden, was hilfreich ist und wo Vorsicht geboten ist. Im Ergebnis der Enquetekommission geht es um diesen Kompass, der helfen soll, zwischen menschlichen und riskanten Seiten unserer Entwicklung sachgerecht zu unterscheiden. Es geht um einen Blickwinkel, den die Politik braucht, damit in den pragmatischen Entscheidungen des Alltags die grundlegenden Werte freiheitlicher Gesellschaft nicht unbemerkt unter die Räder kommen.
Zum ersten Bereich des Lebensschutzes: In diesem Sinne betone ich noch einmal ausdrücklich, dass gerade in Bezug auf die großartigen modernen Entwicklungen im Bereich der Medizin und Biotechnologien niemand - soweit ich es überblicken kann - einen Anschlag auf die Würde des Menschen im Sinne ideologischer Ziele betreibt. Es geht hier in unserer freien Gesellschaft eindeutig um die Suche nach vielfältigen Hilfen für konkrete Leiden und schwere Lasten menschlicher Gesundheit. Aber der Kompass der Wahrung der Würde menschlicher Personen muss auch hier helfen, in rechter Weise zu unterschei
den, das Spannungsfeld zwischen Forschungsanliegen und Lebensschutz zu balancieren. Der moderne Fortschritt muss der Hilfe gegen Risiken für die Gesundheit in der Lebensführung des Einzelnen, der Gestaltung von Partnerschaft und Familien dienen. Vermieden werden muss die bewusste oder unbewusste Verwendung des neuen technischen Könnens zur Ausgrenzung von Gruppen von Menschen, zur Durchsetzung einseitiger Interessen der Stärkeren oder zum bloßen Schutz vor Solidaritätspflichten gegenüber Schwächeren und Belastungen. Ein Beispiel für diese Situation ist die pränatale Diagnostik. Was zunächst als seltene Ausnahme gedacht war, wird im gegenwärtigen medizinischen Alltag zu einem Automatismus. Der geringste Verdacht führt mitunter zu weit reichenden Untersuchungen und die Gesetzeslage verfolgt zwar keine kollektiven oder genetischen Ziele mehr, wie zur Zeit des Nationalsozialismus, aber sie bürdet den Müttern die Last auf, sich gegen ihre ungeborenen Kinder zu entscheiden. Über 90 Prozent der mit Down-Syndrom diagnostizierten Kinder werden abgetrieben. Ich kenne im Übrigen persönlich zwei Fälle, bei denen diese Diagnose nicht eingetreten ist, die ihr Kind ausgetragen haben. Ärzte werden mit zunehmendem Anspruch auf ein gesundes Kind konfrontiert; sie fühlen sich dabei in ihrer Aufgabe, doch gerade den Kranken zu helfen, infrage gestellt. Verunsicherte Eltern fordern die Tötung auch nur gering belasteter Föten. Frau Dr. Fischer, ich freue mich ausdrücklich über Ihre Art der Behandlung dieses Themas. Es hat mir sehr wohl getan. Wir dürfen und können hier nicht hinter die Standards zurückfallen, die in der Demokratie Menschenwürde und Freiheit garantieren. Auch indirekt darf Biotechnologie nicht zu ihrer Belastung oder sogar Rücknahme werden, denn wir stehen erst am Anfang einer sehr komplexen Entwicklung.
Diese Anliegen reichen, ohne das hier vertiefen zu können, bis in die Fragen nach dem Umgang mit pränataler Diagnostik, wie bereits geschildert, der Präimplantationsdiagnostik und der Stammzellenforschung hinein.
Zum zweiten Bereich - "Leben mit Behinderung": Auch in Bezug auf den zweiten großen Teil des Abschlussberichts zeigt sich diese Herausforderung. Es bleibt auch Aufgabe der Zukunft, in der Arbeit für Menschen mit Behinderungen in unserer Gesellschaft nicht nachzulassen. Die Wissenschaft nährt mitunter die Hoffnung auf den perfekten Menschen. Diese Entwicklung drängt behinderte Menschen und ihre Eltern nicht selten in eine Rechtfertigungssituation. Gegenüber einer solchen Atmosphäre bedeutet die Wahrung der Würde menschlicher Personen die folgende eindeutige Klarstellung: Behinderungen relativieren die gewohnten Maßstäbe des Normalen. Bilder von dem, was geglückt ist, wahrhaft gelingendes Leben ist, werden verändert. So entdecken Menschen mit Behinderungen neue Möglichkeiten, mit den Begrenztheiten des Lebens sinnvoll umzugehen. Von ihnen kann man oft in einzigartiger Weise einen respektvollen Umgang mit Ver
Das ist ein unersetzbarer, der Wahrung der Würde der Person verpflichtender Beitrag für unsere Gesellschaft.
Dank der enormen Verbesserung der Hilfen für ein bis zu einem gewissen Grad gesundheitlich gestütztes, normales und gesellschaftlich integriertes Leben, werden viele Menschen mit Behinderungen älter. Gerade auch als Rentner und als alte Menschen brauchen sie besondere Unterstützung in der Lebensführung. Hier müssen die bisherigen Anstrengungen beim Aufbau umfangreicher Hilfsnetze bis in diese Phase des Lebens weitergeführt werden.
Zum dritten Bereich - "Leben mit schwerer Krankheit": Wie kompliziert die Wahrung der Würde des Menschen letztlich in der Realität ist, erweist sich an den Krankheitsformen, mit denen Menschen gegenwärtig vermehrt konfrontiert werden, chronische Krankheit, multimorbide bedingte Krankheiten, Alterskrankheiten usw. Sie sind Teil unserer modernen Entwicklung. Wer hier den Kompass der Wahrung der Würde der menschlichen Personen in die Hand nimmt, muss sich nicht nur mit Fragen quälen, wie: Wie lassen sich multimobile Erkrankungen in einem modernen Abrechnungssystem erfassen? Wie sollen ärztliche Beratungen und Gespräche vergütet werden? Alles fragt sich: Lässt sich die Sorge für alte und demente Menschen überhaupt angemessen erfassen und sichern? Es geht letztlich um die ganzheitliche Schwierigkeit, in einer hoch differenzierten Gesellschaft Menschen mitten im Segen der Technik nicht mit extremen Belastungen allein zu lassen.
Zum vierten Bereich - "Begleitung Sterbender": Hier kann man am letzten großen Themenkreis der Kommission den schon mehrfach genannten Konflikt noch einmal deutlich machen, weil er hier jeden Einzelnen auch von uns betrifft. Die Angst der Menschen vor einem belastenden Sterben wächst paradoxerweise gerade heute. So sehr die vielfältigen technischen und praktischen Hilfen als Erleichterung erlebt werden, fürchten Menschen neue Belastungen und ihre Würde infrage stellende Herausforderungen. Eine rein technische Antwort, wie die der aktiven Euthanasie, die es leider in Europa schon gibt, ist die falsche Antwort.
Es braucht noch große Anstrengungen, welche die Prozesse moderner Kultur an einen Wert der Würde der Person zurückbindet, damit das Sterben menschlich bewältigt werden kann. Dabei hat es keinen Sinn, sich nur auf
eine Form der Begleitung festzulegen, sei es der Aufbau stationärer Institutionen, sei es vor allem aber auch das Angebot ambulanter Dienste, welche die Angehörigen erst zur Übernahme der wichtigen Hilfestellungen für die Sterbenden befähigen, sei es die Unterstützung des Ehrenamts in Hospizgruppen. Auf all diesen Ebenen muss es gelingen, den Menschen das zu ermöglichen, wonach sie heute offensichtlich suchen, die Möglichkeit nicht anonym sterben zu müssen, sondern in der Kontinuität der für ihr Leben wichtigen Beziehung und menschlichen Geborgenheit.
Gerade an diesem sensiblen Punkt wird sichtbar, wie sehr unsere differenzierte Entwicklung mit Orientierung an einem tiefen menschlichen Leben begleitet werden muss, die mit dem Begriff der Würde der Person angestrebt wird.
Nun zur Umsetzung einiger Punkte: Im Sinne der Entschließungsanträge der Fraktion der CDU und der Fraktion der SPD muss nun die Landesregierung prüfen, welche der empfohlenen Maßnahmen können gleich angegangen werden, welche können überhaupt noch in dieser Legislaturperiode in Angriff genommen werden und wie können die Ergebnisse der Enquetekommission bereits heute vorgemerkt werden für die Behandlung in der nächsten Legislaturperiode?
Was die Kompetenz des Landes betrifft, so will ich hier nur zwei Maßnahmen unter anderem herausgreifen, die die Enquetekommission meines Erachtens zu Recht fordert. Zum einen fordert sie ein in ein Familienfördergesetz eingebettetes Schwangerenberatungsgesetz. Es muss als Ausführungsgesetz zum Schwangerenhilfegesetz vorgelegt werden. Hintergrund ist, dass Beratung und Hilfe zusammengeführt werden müssen. Die Hilfe für Schwangere und Familien ist untrennbar verbunden mit dem Angebot der Beratung in Notfällen. Zum anderen fordert die Kommission ein Behindertenintegrationsgesetz. Die Landesregierung hat, wie Sie alle wissen, erhebliche Vorarbeit für beide Gesetze geleistet. Ich bin sicher, dass diese Gesetze in der nächsten Legislaturperiode verabschiedet werden können. Natürlich gilt Ähnliches auch für andere Empfehlungen. Ich persönlich werde mich beispielsweise in jedem Fall in dem besonderen Maße für die Überprüfung der bestehenden Regelungen zur Adoptionsfreigabe einsetzen. Jede Chance eines verantwortungsvollen Umgangs mit dem Leben eines Kindes muss genutzt werden.
Es gehört zu den traurigen Erfahrungen unserer Zeit, dass eine Abtreibung offenbar als gesellschaftsfähig gilt, eine Mutter, die ihr Kind austrägt, aber zur Adoption freigibt, als Rabenmutter zählt.
Meine Damen und Herren, in anderen Bereichen hat die Landesregierung zum Teil in Kenntnis der Beratungen der Enquetekommission schon gehandelt. So haben wir Hilfsangebote für Frauen in verzweifelter Geburtssituation, wie Babykorb und anonyme Geburt, eingerichtet. Auch ein Gesetzentwurf zum Bestattungsrecht für nicht lebensfähige Neu- oder Frühgeborene ist Bestandteil des gestern in den Landtag zur ersten Lesung eingebrachten Gesetzes. Die Landesregierung wird überprüfen, welche anderen Empfehlungen der Enquetekommission noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden können. Ich gehe davon aus, dass sich auch das Kabinett mit diesem Thema in nächster Zeit befassen wird.
Ich komme zum Schluss. Mit der Einsetzung der Kommission "Wahrung der Würde des Menschen in Grenzsituationen" hat der Thüringer Landtag den Versuch gemacht, angesichts vieler kultureller Entwicklungen eine tiefere Orientierung zu finden. Dabei ist durch die Arbeit der Enquetekommission deutlich geworden, dass Grundfragen unseres demokratischen Gemeinwesens nicht auf tagespolitische oder parteipolitische Auseinandersetzungen reduziert werden dürfen. Es freut mich ganz besonders, dass bei den Beratungen oft über Parteigrenzen hinweg Einigung erzielt wurde. Ich möchte allen Mitgliedern der Kommission, insbesondere der Vorsitzenden, meiner Kollegin Frau Arenhövel, den anderen Mitgliedern der Kommission, sie wurden vorhin bereits aufgezählt, den Sachverständigen, den Beratern, den Mitarbeitern der Landtagsverwaltung und Mitarbeitern aus meinem Haus und allen weiteren Beteiligten meinen ganz herzlichen Dank für Ihre Arbeit aussprechen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nichts ist perfekt, aber man weiß sich dann doch zu helfen, indem man zu alten Methoden zurückkehrt, die ein bisschen leichter handhabbar sind als die Technik, die, im Gegensatz zu unserem transparenten Gebäude, leider immer intransparenter wird.
Gut, wir waren beim Punkt 23 a und b und der Minister lag sozusagen in den letzten Zügen seiner Rede, hat aber noch ein bedeutendes Zitat, was er uns mitteilen möchte, sozusagen als Höhepunkt des Finales. Herr Minister, ich will vorher noch ansagen, wir fahren dann nach den Abstimmungen, die auch zu dem Punkt zu machen sind, fort mit der Fragestunde, werden dann den ganzen Komplex der Finanzreform für Deutschland aufrufen, Tagesordnungspunkt 15, 17 und 18; Punkt 16, soweit wir noch kommen, jedenfalls auf jeden Fall noch den Untersu
chungsausschuss heute einsetzen. Es ist ja Minderheitenrecht und den Tagesordnungspunkt wollen wir auf jeden Fall aufrufen. Das heißt, man muss davon ausgehen, dass wir die Hochschulen zeitlich, nicht wegen der technischen Unterbrechung jetzt, sondern insgesamt vom zeitlichen Ablauf her, wahrscheinlich nicht mehr schaffen. Das sage ich im Blick auf besondere Interessenten, die gerade zu dem Punkt Besucher des Landtags sein wollten, dass man sich da entsprechend vorab einrichten kann.
Jetzt geht es schon wieder prima. Ich weiß gar nicht, wo jetzt das Zitat herkommen sollte. Ich knüpfe an meine letzten Ausführungen an, ich hatte gerade allen Mitgliedern der Kommission meinen herzlichen Dank ausgesprochen und ich wollte noch einmal an dieser Stelle anknüpfen und sagen, die Kommission hat sich verdient um die Diskussion um diese Fragen, die Fragen der Menschenwürde, gemacht.
Der Bericht der Kommission, so hatte ich gerade angefangen, als das Mikrofon ausging, gibt einen Kompass für die Erhaltung der Würde der Person an die Hand. Er ist eine Orientierung, die hilft, bei den Entwicklungen in unserer Gesellschaft zwischen menschlicher Vertiefung und einseitiger Überformung zu unterscheiden. Der Landesregierung ist es aufgetragen, die vielfältigen Anregungen in den Empfehlungen in den politischen Alltag umzusetzen. Sie wird sich dieser Aufgabe gern stellen. Aber auch der Landtag muss es sich zur Pflicht machen, mit dem Ergebnis der Kommission in der Hand immer wieder die Begegnung mit Betroffenen, mit Wissenschaftlern und Sozialverbänden zu suchen. Denn sie können von den neuen Belastungen menschlicher Würde im Alltag moderner Entwicklungen berichten. Sie fordern uns dazu heraus, mit Sensibilität und Engagement die bedrohte Würde des Menschen immer neu zu unserer eigenen Sache zu machen. Jetzt komme ich zum Schluss, zu dem Zitat, denn auch heute gilt: "Die Würde des Menschen ist unantastbar, sie zu achten und zu schützen, ist Aufgabe aller staatlichen Gewalt." Vielen Dank.
Vielen Dank. Damit sind die Redemeldungen zur Aussprache über den Bericht der Enquetekommission 3/1 beendet und ich kann zur Abstimmung kommen. Zunächst zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der CDUFraktion in Drucksache 3/3966. Wer diesem Entschließungsantrag die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Eine große Mehrheit. Gibt es Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Enthaltungen? Auch nicht. Dann ist dieser Entschließungsantrag so beschlossen.
Jetzt haben wir noch den Antrag der SPD-Fraktion in Drucksache 3/3934, und zwar in der Neufassung, die verteilt wurde. Ich bitte auch hier um Abstimmung. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Eine ebenso große Mehrheit, wie es aussieht. Gegenstimmen? Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Dann danke ich für die Einmütigkeit auch im Blick auf diese beiden Abstimmungen, die wohl auch insgesamt den Geist, der in der Enquetekommission die Beratungen begleitet hat, noch einmal widerspiegelt. Herzlichen Dank, das ist auch für das Parlament insgesamt eine gute Sache.