Protocol of the Session on September 7, 2023

(Jörg Bernstein, FDP: Was hat das jetzt mit dem Landeshaushalt zu tun?)

die Zuschüsse für HateAid - ich mochte es kaum glauben -, für die Amadeu-Antonio- Stiftung und sogar für das Anne-Frank-Zentrum streichen will.

(Ulrich Siegmund, AfD: Richtig so!)

Einsparungen in Höhe von 25 Millionen € bei den Freiwilligendiensten, das ist ein grober Fehler.

(Zuruf: Viel zu wenig!)

2,8 Millionen € Einsparungen bei den Maßnahmen gegen sexuellen Missbrauch von Kindern machen mich fast sprachlos.

(Beifall bei der LINKEN)

Was ist das für ein Signal aus Berlin? Die Arbeiterwohlfahrt in Sachsen-Anhalt skandiert nicht ohne Grund in den sozialen Medien „Der Letzte macht das Licht aus“ gegen den Sparhaushalt in Berlin. Der Bundeshaushalt 2024 sieht einen Kahlschlag im sozialen Bereich vor.

Ich spreche das hier an, weil es im Besonderen Ostdeutschland und eben auch Sachsen-Anhalt treffen wird.

Stattdessen plant der Bund nach dem 100-Milliarden-€-Subventionspaket für die Bundeswehr weitere 17 Millionen € für den Verteidigungsetat. Wenn die Landesregierung wirklich etwas für die Stärkung demokratischer Kultur in Sachsen-Anhalt tun möchte, könnte sie an dieser Stelle ansetzen und den Wegfall dieser Mittel kompensieren.

Noch besser wäre es, liebe Kollegen von der SPD und der FDP, sich bei Ihren Ampelkollegen

im Bund dafür einzusetzen, dass es so weit gar nicht erst kommt.

(Zuruf von der AfD: Was ist mit den GRÜ- NEN?)

Meine Damen und Herren! Sie sind doch genauso nah dran wie wir in den Kommunen. Sie wissen genau, was all diese Einsparungen für die Menschen vor Ort bedeuten. Sie wissen auch, dass wir als Parteien derzeit jeden, der nicht bei drei auf dem Baum ist, schon anbetteln, für die nächsten Kommunalwahlen zu kandidieren. Wir haben Ortsbürgermeisterinnen, die wegen Hass und Hetze zurück- treten, ihr Amt aufgeben, die Kommunen freimachen.

Es kann doch nicht Ihr Ernst sein, dass das unser Signal ist. Das ist der letzte Haushalt vor den Kommunalwahlen. Er gibt ein Signal. Er gibt den kommunalen Vertreterinnen entweder das Signal: Ihr werdet zukünftig nur noch über Erhöhungen von Kita-Gebühren und Friedhofsgebühren entscheiden. Oder er signalisiert: Ihr habt wirklich die Chance, lebenswerte Kommunen in Sachsen-Anhalt zu gestalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Zudem ist das Armutsrisiko in Sachsen-Anhalt weiterhin eklatant höher als im Durchschnitt der Bundesrepublik, höher als im Rest von Ostdeutschland. Das ist alarmierend, insbesondere wenn man sich anschaut, wer zuerst davon betroffen ist. Mehr als die Hälfte der alleinerziehenden Menschen in unserem Land, vorwiegend Frauen, sind von Armut betroffen. Das belegen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes seit vielen Jahren. Das höchste Armutsrisiko in unserem Land haben Alleinerziehende, junge Erwachsene, Erwerbslose und Menschen mit Migrationsgeschichte.

Morgen reden wir im Rahmen unserer Aktuellen Debatte darüber, dass jeder und jede gebraucht wird. Wir können es uns wirtschaftlich und fiskalisch nicht mehr leisten, auch nur ein Kind in Armut zurückzulassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb kämpfen wir als LINKE inzwischen seit Jahrzehnten für eine bessere Kinderbetreuung, für bessere Bildungschancen, für Schulen, die nicht ausgrenzen, sondern alle Kinder in ihren Kompetenzen stärken. Dafür brauchen wir motivierte Lehrkräfte und dafür brauchen wir an jeder Schule in Sachsen-Anhalt eine Schulsozialarbeiterin, einen Schulsozialarbeiter.

(Beifall bei der LINKEN)

Ringen Sie sich endlich zu einem Landesprogramm für die Schulsozialarbeit in Sachsen- Anhalt durch. Das ist längst überfällig. Um es vielleicht in neoliberale Denklogik zu über- setzen: Jeder Euro in Bildung ist das sicherste Investment.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Noch ein Blick auf die Bundesebene. Die unsägliche Debatte um die Kindergrundsicherung ist das eine; das andere ist Folgendes - an dieser Stelle zitiere ich kurz und bündig die frisch gewählte Präsidentin des Deutschen Kinderschutzbundes Frau Prof. Andresen -:

„Das, was die Bundesregierung vorschlägt, ist enttäuschend. Das ist keine Kindergrundsicherung.“

(Zuruf von Tim Teßmann, CDU)

Das ist korrekt. Ich sage Ihnen: Das ist genau der falsche Punkt zum Sparen, der falsche

Punkt, um gegenüber Christian Lindner einzuknicken. Viele Kinder, Jugendliche und Heranwachsende in Sachsen-Anhalt sind die Leidtragenden dieser Entscheidung.

(Beifall bei der LINKEN - Guido Kosmehl, FDP: Wo wird was gekürzt?)

In der Haushaltsdebatte des Bundestages konnte man aus den Rängen der Ampel viel über eine angebliche Normalisierung der Lage hören. Angeblich könnten die Vorgaben der sogenannten Schuldenbremse wieder eingehalten werden, weil sich alles wieder auf das Normale einpendle. Auch hier gibt es ja einige, die absolute Fans der Schwarzen Null sind.

Immerhin, liebe Kolleginnen von der SPD und der FDP, lobt Sie sogar Nikolaus Blome mit den Worten, dass ab sofort wieder vernünftig Politik gemacht wird - na, herzlichen Glückwunsch! Ich erinnere mich gern daran, dass es Nikolaus Blome war, der gesagt hat, einen Gender-Pay-Gap gäbe es gar nicht, wenn sich die Frauen endlich für die richtigen Berufe entscheiden würden. Mann, Mann, Mann!

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von Marco Tullner, CDU)

Ich muss mich wirklich fragen, in welcher Welt die Bundesregierung lebt. Die Inflationsrate mag vielleicht weiter sinken, aber das Preisniveau stabilisiert sich dennoch aus der Sicht der Geringverdiener auf einem hohen, einem extrem hohen Niveau. Die Sicht der Geringverdiener ist die Sicht des Parlamentes in Sachsen-Anhalt bzw. sie sollte es sein,

(Guido Kosmehl, FDP: Wir sind Vertreter aller Menschen in Sachsen-Anhalt! - Zuruf von Se- bastian Striegel, GRÜNE)

weil wir einen im Vergleich zum Bundesgebiet überdurchschnittlich hohen Anteil von Geringverdienerinnen und Geringverdienern haben.

Aber wissen Sie, was nicht angehoben wurde? - Das Einkommen. Die höheren Erlöse kommen fast ausschließlich den Aktionären aus Industrie und Handel zugute.

(Zurufe von Guido Kosmehl, FDP, von Ulrich Thomas, CDU, und von Jörg Bernstein, FDP)

Und genau dafür will natürlich - welche Überraschung - der Bundesfinanzminister noch die Steuern senken für die Unternehmen.

(Zurufe)

Meine Damen und Herren! Ich frage Sie: Wie soll man das den Menschen in unserem Land, in Sachsen-Anhalt erklären? Bürgergeld, Mindestlohnerhöhung, Kindergrundsicherung sind die reinsten Mogelpackungen, die den ärmsten Haushalten im Land kaum zum Leben reichen, die auf jeden Fall nicht vor Armut schützen.

(Guido Kosmehl, FDP: Ist das Ihre Bewer- bungsrede für das Bundestagsmandat?)

- Ich bleibe Ihnen erhalten, Herr Kosmehl. - Und nach den Rekorddividenden der letzten Jahre sollen nun noch die Unternehmenssteuern gesenkt werden.

(Guido Kosmehl, FDP: Hier geht es um den Landeshaushalt!)

Ich finde das absolut nicht nachvollziehbar und das geht bestimmt nicht nur mir so. Mir muss niemand etwas davon erzählen, dass wir alle so sehr bedauern, dass uns die Menschen nicht mehr vertrauen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Haushaltsberatungen im Parlament haben nun mit der ersten Lesung begonnen. Wir werden uns nicht nur im Finanzausschuss mit Frau Heiß und Herrn Henke engagiert in die Debatten einbringen, sondern selbstverständlich auch in den Fachausschüssen. Ich kann Ihnen versprechen, dass wir weiterhin vehement für die Schulsozialarbeit in Sachsen-Anhalt kämpfen. Ein Schwerpunktthema wird die Gesundheitsversorgung sein. Dabei werden die Krankenhausfinanzierung und der Fachärztemangel bei uns im Fokus stehen und selbstverständlich die Feuerwehren im Land, die vielen freiwilligen Kameradinnen und Kameraden, all die Vereine und Verbände,

(Guido Kosmehl, FDP: Ja! Aber nur mit Ge- genfinanzierung!)

die das Leben in Sachsen-Anhalt kulturell und sozial lebenswert machen. Das sind die, die für uns im Mittelpunkt stehen. Für sie werden wir streiten. Das ist unsere Aufgabe als die soziale Opposition.

(Oh! bei der FDP)

Abschließend fordere ich Sie auf, liebe Koalitionsfraktionen: Sorgen Sie dafür - das ist mir wirklich wichtig -, dass die Kommunen im Land Sachsen-Anhalt aufgabengerecht ausfinanziert sind und nicht nur den Mangel verwalten dürfen.

(Beifall bei der LINKEN)