Protocol of the Session on February 23, 2023

Es braucht ein verlässliches Monitoring dieser Maßnahmen, damit wir mit dem nächsten Haushaltsgesetz wirklich bedarfsgerecht Gelder bereitstellen können. Die geforderte regel- mäßige Evaluation ist also mitnichten bloß eine beruhigende Floskel oder steht irgendwie darin, ein Deckmantel, der Aktivität vorspielt, ohne Konsequenz, sondern sie sollte ab morgen tatsächlich einen konkreten Handlungsauftrag im Sozialministerium auslösen.

Wir werden uns als GRÜNE zu dieser Beschlussempfehlung der Stimme enthalten, aber nicht weil das Thema oder die Maßnahmen irrelevant wären. Im Gegenteil: Eigentlich wäre viel mehr nötig. Wir werden dranbleiben. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich sehe keine Fragen. Deswegen kommt jetzt bitte Herr Pott an das Rednerpult.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Bereits mehrfach wurden die Einschränkungen im Zusammenhang mit der Coronapandemie angesprochen. Gerade über die Auswirkungen für Kinder und Jugendliche haben wir hier im Haus und im Ausschuss schon mehrfach diskutiert. Deswegen ist es aus meiner Sicht eine gute Beschlussempfehlung, die wir auf den Weg gebracht haben. Dazu möchte ich kurz ausführen.

Wir gehen auf die niedrigschwelligen Angebote ein, die es bereits gibt, und auch auf die Angebote, die zusätzlich geschaffen werden sollen. Unter anderem wird auch der Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz erwähnt, zusätzliche Niederlassungsmöglichkeiten zu schaffen. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiges Signal für alle Betroffenen, dass wir sehen, dass ein erhöhter Bedarf besteht, und dass wir dafür sorgen und die Voraussetzungen dafür schaffen möchten, dass es auch vermehrt Angebote gibt, die wahrgenommen werden können.

Ich glaube, es ist ebenfalls gut, dass wir auch Präventions- und Fortbildungsmaßnahmen für pädagogisches Personal und für die Personalaufstockung mit erwähnt haben. Auch das ist eine Sache, die bereits läuft und die wir natürlich auch weiterhin begleiten müssen. Wir werden auch dabei immer wieder schauen müssen. Deswegen bin ich auch ganz bei der Kollegin Sziborra-Seidlitz, dass der letzte Punkt

wichtig ist, dass wir schauen, welche Angebote wahrgenommen werden, welche effektiv sind und welche vielleicht auch nicht funktionieren - auch das gehört immer dazu. Wir müssen keine Strukturen aufrechterhalten, die am Ende nicht genutzt werden. Wir müssen schauen, was angenommen wird, was funktioniert und was ggf. noch ausgebaut werden kann. Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt, der in die Beschlussempfehlung gehört.

Die finanzielle Förderung von Familienzentren sowie Kinder-, Jugend- und Elterntelefone werden ebenfalls genannt. Ich glaube, auch das ist ein richtiger Schritt, dass wir versuchen, das Angebot möglichst breit zu streuen.

Zum letzten Punkt, den der Kollege Teßmann genannt hat: Ich glaube auch, dass es gut ist, dass wir versuchen, wieder Mittel für die Ferienfreizeiten in den Haushaltsplan aufzunehmen. Wir sind dabei und in sehr fortgeschrittenen Gesprächen in der Koalition. Ich hoffe, dass es am Ende auch so kommen und in den Haushaltsbeschluss einfließen wird. Das ist ein wichtiges Signal. Das haben auch viele Verbände an mich herangetragen, dass das auf jeden Fall eine Sache ist, die nachgefragt wird und notwendig ist. Deswegen freue ich mich darüber, dass wir auf einem guten Weg sind.

Wir werden der Beschlussempfehlung zustimmen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Pott. - Als nächste Rednerin kommt Frau Anger für die Fraktion DIE LINKE nach vorn.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Ich will ehrlich sein, ich bin enttäuscht. Meine Enttäuschung mag Sie möglicherweise nicht interessieren. Das ist völlig in Ordnung. Aber dass diese Beschlussempfehlung völlig an den Bedarfen der jungen Menschen vorbeischaut, ist fatal, finde ich.

(Beifall bei der LINKEN)

Vor einem Jahr hat meine Fraktion diesen Antrag mit passgenauen Vorschlägen zur psychischen Entlastung von Kindern und Jugendlichen hier eingebracht. Herausgekommen ist eine Beschlussempfehlung, in der die Iststände beschrieben werden. Eine wirkliche Entlastung der jungen Menschen wird verpasst.

Punkt 1 Ihrer Beschlussempfehlung habe ich noch mit Zustimmung gelesen, aber das ist leider schon der einzige Punkt. Sie nehmen darin eine richtige, wenn auch sehr kurze Analyse der Situation vor, aber es fehlen die folgerichtigen Schlussfolgerungen. Ich will nur auf weniges eingehen.

Kinder- und Elterntelefone bekommen, wie von Ihnen beschrieben, etwas mehr Geld: 9 000 € im Jahr. Das ist keine Personalstelle. Das ist kein wirklicher Ausbau der Angebote. Dieses Geld wird für die inflationsbedingten Kostensteigerungen und für die Energiekosten ausgegeben werden. Damit werden nicht mehr Angebote geschaffen werden. Analog lässt es sich auch für die Familienzentren beschreiben. Diese bekommen etwa 11 000 € mehr im Jahr. Auch das ist kein Ausbau. Das ist bloße Augenwischerei an der Stelle.

(Beifall bei der LINKEN)

Stichwort „Schulpsycholog*innen“. Diese selbst verweisen darauf, dass der Beratungsbedarf seit der Pandemie stark zugenommen hat. Junge Menschen sind mit vielerlei Ängsten konfrontiert. Die Wartezeiten für Beratungsgespräche nehmen bei ihnen deutlich zu. In SachsenAnhalt haben wir 26 Schulpsycholog*innen. Auf jede Psychologin kommen in Sachsen-Anhalt rund 10 000 Kinder und Jugendliche. Damit liegen wir deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von einem Schulpsychologen für rund 6 300 junge Menschen. Das heißt im Umkehrschluss, wir brauchen deutlich mehr, fast doppelt so viele. Ihr Beschluss ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Im Querschnitt verschiedener Studien, z. B. COPSY und COSMO, die Sie in der Beschlussempfehlung auch selbst erwähnen, können wir nachvollziehen, dass Krankheitsbilder wie Depressionen häufiger als zuvor auftreten. Immer mehr Eltern bewerten den Gesundheitszustand ihrer Kinder als schlecht. Wartezeiten für Therapieplätze sind nach wie vor hoch. Das sind keine Tendenzen, meine Damen und Herren, das sind ernst zu nehmende Problemlagen, bei denen wir schnellstmöglich Abhilfe schaffen müssen.

Außerdem: Maßnahmen wie „Aufholen nach Corona“ des Bundes stellen nur eine kurzfristige, wenn auch wichtige Unterstützung dar. Dennoch ist und bleibt es Projektitis. Auch das ist kein Ausbau, auch das ist keine Kontinuität.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren der regierungstragenden Fraktionen, wir erwarten immer noch sehr gespannt Ihren Pakt für die Jugend. Den haben Sie im Koalitionsvertrag versprochen. Die Zeit dafür wäre jetzt.

Meine Fraktion und ich hatten uns deutlich mehr erhofft für die jungen Menschen im Land, die Sie immer wieder als die Zukunft beschwören. Die jungen Menschen sind aber auch das Jetzt. Jetzt brauchen sie unsere Unterstützung. Ihre Beschlussempfehlung wird keine ernsthafte Verbesserung der Lage dar- stellen. Wir können daher nicht zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN - Unruhe)

Als letzte Rednerin kommt Frau Gensecke an das Rednerpult für die SPD-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich hätte es nicht für möglich gehalten, hier mit Optimismus und Zuversicht über den deutlichen Rückgang zunächst der Neuinfektionen mit dem Coronavirus zu sprechen; denn wir sind über den Berg, und das ist auch gut so, aber das Virus ist natürlich noch da.

Ja, die Pandemie hat in den letzten drei Jahren von uns allen einiges gefordert. Sie hat das Leben der Menschen verändert, von Familien, die in Quarantäne waren und zugleich Homeoffice und Kinderbetreuung gestemmt haben.

Gerade das Fehlen der persönlichen Begegnung und der verloren gegangene Austausch in der Gesellschaft haben natürlich im Besonderen die Kinder und Jugendlichen betroffen und ihnen sehr zu schaffen gemacht. Sie waren durch die sozialen Einschränkungen auch stärker in ihrer Teilhabe eingeschränkt.

Es fehlten die Begegnungen in der Kita, in der Schule, im Verein. Kinder und Jugendliche waren natürlich verunsichert und zeigten deswegen häufiger physische und psychische Auffälligkeiten. Allerdings sollte man aus heutiger Sicht berücksichtigen, dass das Vorliegen einzelner oder mehrerer Symptome nicht mit einer psychischen Erkrankung gleichzusetzen ist. Zudem ist zu beachten, dass akute Belastungssymptome nach dem Verschwinden der Belastungsfaktoren in der Regel reversibel sind, also wieder verschwinden, und es sich hierbei nicht in jedem Fall um pathologische Bedarfsfälle handelt. Das ist keine Aussage von mir, sondern ist eine Aussage von Prof. F., dem Direktor für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum Magdeburg. Das findet auch Eingang in einen der Berichte des Bundesfamilienministeriums und des Ministeriums für Gesundheit des Bundes.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, die ambulante psychiatrische Versorgung muss verbessert werden. Deshalb ist es zu begrüßen, dass die angekündigte Reform der Bedarfsplanung der ambulanten Psychotherapie jetzt wenigstens ein Stück weit auf den Weg gebracht wird, um zusätzlich Niederlassungsmöglichkeiten für Kinder- und Jugendpsychiaterinnen vorzuhalten und Wartezeiten wenigstens zu reduzieren. Entwicklungs- und Bildungsdefizite, die entstanden, müssen natürlich ausgeglichen werden.

Dennoch ist das Bundesprogramm „Aufholen nach Corona“ ein gutes Instrument gewesen, mit dem einiges erreicht werden konnte. Aber - das muss man an der Stelle auch sagen - nicht alle Mittel hierfür sind abgerufen worden. Kinder und Jugendliche mussten auf viele Dinge verzichten und häufig den Eindruck gewinnen, dass ihre Interessen nicht berücksichtigt wurden.

Um dem entgegenzuwirken, folgt jetzt auch das Bundesfamilienministerium mit dem Nachholprogramm „Zukunftspaket für Bewegung“. Ich glaube, das ist ein ganz, ganz wichtiges Programm, weil wir zusehends erleben mussten, dass Kinder und Jugendliche in diesen Zeiten sehr stark an Gewicht zugenommen haben, und ihnen gerade Bewegung sehr gut tun würde. Mit diesem Projekt wird es Kindern und Jugendlichen ermöglicht, eigene Ideen umzusetzen und damit auch ihre eigene Beteiligung zu stärken, damit sie wieder im Mittelpunkt stehen.

Wir wollen, dass es für junge Menschen auf dem Weg ins Erwachsenenleben nicht mehr zu Veränderungen in ihrer Alltagsstruktur kommt - das ist klar -, dass Verselbstständigung und Selbstpositionierung im Vordergrund stehen und dass erlebte Enttäuschung, gesellschaftliche Spannungen und Entbehrungen nicht mehr an Kindern und Jugendlichen zehren dürfen.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserer Beschlussempfehlung. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Gensecke. - Wir sind am Ende der Debatte angelangt und können nun zur

Abstimmung

kommen. Es wird über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung in der Drs. 8/2207

abgestimmt. Wer dieser zustimmen kann, den bitte ich um sein Handzeichen oder Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Keiner. Stimmenenthaltungen? - Bei der AfD-Fraktion, bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der Fraktion DIE LINKE. Damit ist der Beschluss gefasst worden und der Tagesordnungspunkt 15 ist beendet.

Wir kommen zu dem

Tagesordnungspunkt 16

Zweite Beratung

Verantwortung für ein gelingendes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen ernst- und wahrnehmen - Heimrichtlinie der Kinder- und Jugendhilfe endlich novellieren

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 8/1286

Beschlussempfehlung Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung - Drs. 8/2208

(Erste Beratung in der 26. Sitzung des Landtages am 08.09.2022)

Frau Gensecke wird dem Landtag Bericht erstatten.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 8/1286 hat der Landtag in der 26. Sitzung am 8. Septem-

ber 2022 zur Beratung in den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung überwiesen.