Protocol of the Session on February 23, 2023

Der Einladung zur 15. Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung am 21. September 2022 folgten der Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e. V., der Landesverband für die Rehabilitation der Aphasiker in Sachsen-Anhalt e. V. sowie der Ausschuss für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung und des Maßregelvollzugs des Landes Sachsen-Anhalt. Im Anschluss an das Fachgespräch kam der Aus-

schuss überein, die Vorlage in einer der nächsten Sitzungen erneut zu behandeln und eine Beschlussempfehlung an den Landtag zu erarbeiten.

Nachdem der Antrag in der 19. Sitzung am 11. Januar 2023 auf Antrag der Koalitionsfraktionen von der Tagesordnung abgesetzt worden war, fand die abschließende Beratung im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung in der 20. Sitzung am 1. Februar 2023 statt. Hierfür hatten die regierungstragenden Fraktionen einen Beschlussvorschlag vorgelegt, der nach kurzer Aussprache zur Abstimmung gestellt und mit 7 : 0 : 6 Stimmen als Beschlussempfehlung an den Landtag verabschiedet wurde.

Diese Beschlussempfehlung liegt Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, heute in der Drs. 8/2207 vor. Im Namen des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung bitte ich um Ihre Zustimmung. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Frau Gensecke, für die Berichterstattung. - Bevor wir in die Debatte eintreten, wird Herr Prof. Dr. Willingmann in Vertretung für Frau Grimm-Benne die Landesregierung positionieren.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das tue ich in der Tat in Vertretung von Frau Kollegin Grimm-Benne, die zur Stunde in Berlin um die Finanzierung unseres Gesundheitssystems ringt. Wünschen wir ihr viel Erfolg.

Kinder und Jugendliche waren während der Coronapandemie in vielen Lebensbereichen von erheblichen Einschränkungen betroffen, welche sich auf ihr Wohlbefinden ausgewirkt haben. Heute haben wir - dies liegt in der Natur der Sache - einen anderen Erkenntnisstand als in der Hochphase des Infektionsgeschehens.

Die öffentliche und auch die fachliche Wahrnehmung der pandemiebedingten Belastungen für Kinder und Jugendliche wird auch anhand der zahlreicher Medienberichte und Untersuchungen deutlich. So hat auch die Ostdeutsche Psychotherapeutenkammer in ihrem Strategiepapier zur Bewältigung der psychischen Folgen der Pandemie für Kinder, Jugendliche und Familien auf die Thematik aufmerksam gemacht. Ein sehr konstruktives Auswertungsgespräch zum Papier mit Vertreterinnen der Ostdeutschen Psychotherapeutenkammer fand übrigens im Herbst 2022 im hiesigen Sozialministerium statt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für betroffene Familien sind insbesondere niedrigschwellige Unterstützungsangebote relevant. Familienzentren und die Träger von Familienbildungsangeboten im Land können daher wie im Jahr 2022 auch für das Jahr 2023 jeweils 100 000 € für Investitionen in digitale Technik aus dem eingerichteten Sondervermögen beantragen. Darüber hinaus ist beabsichtigt, das Landesmodellprojekt „Mobile Familienbildung im ländlichen Raum“ fortzuführen und im Jahr 2023 in zwei weiteren Gebietskörperschaften zu implementieren.

Neue, flexible Formen der Angebotsentwicklung sind vorgesehen und werden zum Teil schon praktiziert. Somit werden auch die Präventionsketten in den Gebietskörperschaften mit interdisziplinären Ansätzen für Familien unterstützt.

Auch auf der Bundesebene bestehen zur Förderung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen bereit einige Anstrengungen. Für die Gruppe der Kinder- und Jugendpsychiaterinnen und Jugendpsychiater hat der Gemeinsame Bundesausschuss eine Änderung der Bedarfsplanungsrichtlinie beschlossen. Mit diesem Beschluss wurde eine bundesweite Anhebung des Versorgungsniveaus um 10 % vorgenommen. Mit den zusätzlichen Niederlassungsmöglichkeiten sollen Terminwartezeiten reduziert werden.

Junge Menschen sind für gewöhnlich sehr resilient, d. h., wir sollten unsere Erkenntnisse zu den Auswirkungen der Coronapandemie mit Umsicht verarbeiten und Kinder und Jugendliche nicht grundsätzlich pathologisieren.

Allerdings hat sich deutlich gezeigt, dass Minderjährige und ihre Familien mehr niedrigschwellige Hilfe zur Identifizierung von individuellen Bedarfen und zur Unterstützung benötigen. Hierfür sind insbesondere und unter anderem Informationsangebote ein wichtiges Instrument. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Willingmann. - Wir treten in die Debatte ein. Ich rufe als ersten Debattenredner Herrn Köhler für die AfD-Fraktion an das Pult.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Jahr nach der Einbringung liegt nun die Beschlussempfehlung des

Sozialausschusses zum Ursprungsantrag der Linksfraktion über die Bewältigung der besonderen Belastung von Kindern durch die Coronapandemie zur Abstimmung vor, ein Jahr, in dem wir uns mit verschiedenen Anträgen bereits ausführlich mit diesem Thema auseinandergesetzt haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir uns die Beschlussvorlage anschauen, dann sehen wir, dass es im Laufe dieses Jahres wenig Erkenntnisgewinn gegeben hat.

Erkenntnisgewinn hätte man attestieren können, wäre die Einsicht gelungen, dass es eben nicht dieser böse Virus war, der die Kinder belastet hat, sondern die völlig überzogenen und oftmals unnötigen Maßnahmen im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigungen.

(Zustimmung bei der AfD)

Ein Eingeständnis des schadhaften Handelns und eine Erklärung, diese Fehler nicht zu wiederholen, hätte der Beschlussempfehlung sicher gut zu Gesicht gestanden.

Der zweite Teil der Beschlussempfehlung liest sich dann nur noch wie allgemeines Schulterklopfen. Man könnte also den Eindruck gewinnen, dass die Probleme mehr oder weniger gelöst wären und es gäbe nichts mehr zu tun, als nach einem Zeitraum X neu zu evaluieren.

Letztlich sind diese Programme sicherlich dafür geeignet, die entstandenen Probleme abzufedern, ja, sie bewahren uns jedoch nicht davor, dass diese in der nächsten wie auch immer gearteten Krise wiederholt werden könnten.

Die Beschlussempfehlung ist als ein Loblied auf die Begrenzung eines in Teilen selbst verschuldeten Schadens zu lesen. Daher können wir als AfD-Fraktion selbstverständlich nicht

zustimmen. Wir erkennen jedoch an, dass zumindest gewisse Maßnahmen ergriffen wurden, um den Betroffenen zu helfen. Daher werden wir uns wie im Ausschuss der Stimme enthalten. - Danke sehr.

(Beifall bei der AfD - Tobias Rausch, AfD: Ja- wohl!)

Vielen Dank, Herr Köhler. - Es folgt Herr Teßmann für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich kann den Ursprungsantrag der Fraktion DIE LINKE zumindest in einem Punkt komplett unterstützen: Es ist richtig, dass gerade die Kinder und Jugendlichen Einschränkungen ihrer Lebensqualität und ihrer Entwicklungsmöglichkeiten hinnehmen mussten, bedingt durch die Eindämmungsmaßnahmen gegen das Coronavirus. Ein Dank gilt daher unseren Kindern und Jugendlichen, dass sie die Maßnahmen zum Schutz vulnerabler Gruppen mitgetragen haben, aber natürlich auch denen, die dabei die Kinder unterstützt haben, z. B. Eltern, Lehrer oder auch viele Einrichtungen, die mit viel Kreativität digitale Angebote geschaffen haben.

Bereits im vorigen Jahr hat die Landesregierung einige Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Kinder und Jugendlichen zu fördern. Dabei lag das Augenmerk oft auf der Bewältigung von Coronafolgen. So konnten z. B. Schwimmgutscheine des Bildungsministeriums bzw. des Landesschulamts genutzt werden. Die Sportvereine wurden finanziell stark unter-

stützt und es wurden Mitgliederzuwachs sowie Trainerzugänge besonders gefördert. Dafür bin ich insbesondere der Innenministerin und dem Landessportbund dankbar. Den Effekt merken wir nun. So kann ich aus dem Kreissportbund Börde z. B. berichten, dass es dort im Jahr 2022 bei den Kindern einen Mitgliederzuwachs von immerhin 700 Mitgliedern gab.

Nicht nur im Rahmen der Schule finden soziale Prozesse statt, nein, insbesondere im Nachmittagsbereich. In meinen Augen leistet der Sport einen erheblichen Beitrag zur körperlichen und psychischen Gesundheit und somit auch zu einem erheblichen Teil zur Bewältigung der Pandemie und ihrer Nachwirkungen.

Doch nicht nur im Bereich des Sports war die Landesregierung tätig. Auch die Kinder- und Jugendhilfe wurde massiv aufgestockt. Zu nennen ist die Einführung des Flächenfaktors ab dem Jahr 2023 und die Erhöhung des Betrages für die Kinder- und Jugendhilfe um mehr als 600 000 €.

Des Weiteren haben wir als CDU-Fraktion im Zuge der Haushaltsberatung innerhalb der Koalition angeregt, Ferienfreizeiten mit Mitteln in Höhe von 200 000 € im Haushaltsjahr 2023 zu unterstützen.

All das ist nur ein Teil der Maßnahmen, die unseren Kindern und Jugendlichen den Weg aus der Pandemie weisen sollen und auch werden.

Ja, es wird Kinder und Jugendliche geben, die wir mit diesen Maßnahmen nicht ausreichend erreichen können, bei denen psychische Hilfsangebote, andere medizinische Leistungen oder auch Krisenintervention gefragt sind. Doch auch dafür werden wir Lösungen haben. Diese sind in der Beschlussvorlage der Koalition enthalten.

Daher bitte ich um die Zustimmung zu der Beschlussempfehlung und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Teßmann. Es gibt eine Frage von Frau Anger. Wollen Sie sie zulassen?

Gern.

Frau Anger, bitte.

Vielen Dank, Herr Teßmann. Ich bin gerade ein bisschen überrascht, weil Sie sagten, dass die CDU-Fraktion angeregt habe, Ferienfreizeiten mit 200 000 € zu unterstützen. Wo haben Sie das getan und warum haben Sie dann unseren Antrag im Ausschuss abgelehnt?

Also, das ist ganz einfach. Wir hatten erstens noch Bedarf in der Koalition, das abzustimmen. Zweitens kam bei Ihrem Vorschlag wieder eine Finanzierung aus dem Gesamthaushalt,

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Das kam bei Ihnen!)

wenn ich jetzt nicht ganz falsch liege. Wir haben es zusammen mit dem Finanzministerium geschafft, dass es wahrscheinlich aus Restmitteln aus dem vorigen Haushaltsjahr bestritten werden kann.

(Zustimmung bei der CDU - Tobias Rausch, AfD: Aha!)

Als Nächste kommt bitte Frau Sziborra-Seidlitz an das Rednerpult für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Die Pandemie hat Spuren hinterlassen - das steht gänzlich außer Frage -, ja, und insbesondere bei Kindern und Jugendlichen hier bei uns im Land, in ganz Deutschland und wahrscheinlich sogar weltweit. Natürlich kann und darf das nicht ohne politische Antwort bleiben. Einige Maßnahmen, mit denen auf diese besondere Belastungssituation reagiert wurde und reagiert wird, werden in der vorliegenden Beschlussempfehlung aufgezählt. Darüber ist in der ersten Befassung hier und auch im Ausschuss ausgiebig diskutiert und dazu ist viel gesagt worden.

Auf einen Punkt in der Beschlussempfehlung möchte ich heute aber ganz besonders hinweisen, und zwar heißt es in Punkt 7:

„Der Landtag bittet die Landesregierung, die bestehenden Unterstützungs- und Informationsangebote regelmäßig zu evaluieren

und, wenn nötig, an den bestehenden Bedarf anzupassen. Zu berücksichtigen ist dabei ebenfalls, ob die Angebote von den Betroffenen wahrgenommen werden.“

Dieser direkte Handlungsauftrag wird spätestens bei den Beratungen über das Haushaltsgesetz 2024 relevant werden. Daher - schade, dass sie heute nicht da ist -, liebe Ministerin Grimm-Benne, an die ich mich jetzt gern gewendet hätte, ansonsten liebe Landesregierung, nehmen Sie diesen Auftrag in der Beschlussempfehlung ernst und lassen Sie die aufgezählten Maßnahmen evaluieren. Überprüfen Sie die Zugänglichkeit der Angebote und steuern Sie, wenn nötig, nach. Damit meine ich explizit nicht nur, Maßnahmen und Angebote auslaufen zu lassen, sondern auch den Ausbau sinnvoller Instrumente, die gebraucht werden und sich bei der Evaluation als solche erweisen können.

Es braucht ein verlässliches Monitoring dieser Maßnahmen, damit wir mit dem nächsten Haushaltsgesetz wirklich bedarfsgerecht Gelder bereitstellen können. Die geforderte regel- mäßige Evaluation ist also mitnichten bloß eine beruhigende Floskel oder steht irgendwie darin, ein Deckmantel, der Aktivität vorspielt, ohne Konsequenz, sondern sie sollte ab morgen tatsächlich einen konkreten Handlungsauftrag im Sozialministerium auslösen.