Vielen Dank, Herr Abg. Erben. Ich sehe keine Wortmeldungen. - Somit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abg. Herr Gebhardt. Sie haben das Wort.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als LINKE haben wir in dieser Parlamentsreform für uns immer den Anspruch erhoben und formuliert, dass es eben nicht vordergründig um die Verbesserung von Arbeitsbedingungen der Abgeordneten gehen darf.
Unser Anspruch war und ist die umfassende Stärkung von Bürgerinnen- und Bürgerrechten von der Volksgesetzgebung bis zum Petitionsrecht der Bürgerinnen und Bürger. Unser Anspruch war und ist die Modernisierung der Staatszielbestimmungen in unserer Verfassung. Wir können feststellen: Mit diesen Ansprüchen finden wir uns in dieser Reform, in diesem Gesetzentwurf wieder.
Meine Damen und Herren! Sicherlich hätten wir uns bei dem einen oder anderen Thema auch mehr gewünscht, zum Beispiel beim Thema Parität. Und es ist kein Geheimnis, dass wir keine Freunde der Schuldenbremse sind, sondern diese eher als eine Investitionsbremse sehen. Doch auch hier - dieses Beispiel zeigt es ganz gut - ist uns eine Formulierung gelungen, die dem Land Sachsen-Anhalt weitgehenden Handlungsspielraum ermöglicht. Diesen will auch meine Fraktion selbstverständlich nutzen.
Für uns ist das Gesamtergebnis, auf das sich die demokratischen Fraktionen dieses Hohen Hauses geeinigt haben, entscheidend. Deshalb steht meine Fraktion auch einstimmig zu dem vorgelegten Gesetzentwurf.
Für uns ist besonders wichtig, dass mit der Parlamentsreform die Rechte der Bürgerinnen und Bürger, selbst initiativ gegenüber dem Parlament zu werden, selbst Gesetze erfolgreich zur Abstimmung zu stellen, verbessert werden.
für die Volksbegehren von 9 % auf 7 % bedeutend gestärkt. Mit dem Gesetzentwurf wollen wir also mehr Demokratie wagen in Sachsen-Anhalt.
Meine Damen und Herren! Wenn wir uns mit der Reform eine Reihe von neuen Staatszielen geben, so geschieht dies in einer Zeit, in der gerade beim Klimaschutz, bei der Gewährleistung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Stadt und Land und der Bekämpfung des Rechtsextremismus neue Maßstäbe an unser Handeln gestellt werden.
Zur neu vorgeschlagenen Klausel in Artikel 37a unserer Landesverfassung sagte ich bereits vorhin in der Einbringung kurz etwas. Ich will aber noch einmal betonen,
dass nach den bundesweit negativen Schlagzeilen, die Sachsen-Anhalt gemacht hat, hier die Botschaft ausgesandt wird: Ja, die vier demokratischen Fraktionen haben verstanden und wollen entsprechend reagieren.
In diesem Zusammenhang will ich auch erwähnen, dass sich die einbringenden Fraktionen darauf verständigt haben - wie es meine Vorredner schon erwähnten -, den Begriff „Rasse“ aus unserer Verfassung zu streichen und stattdessen eine Ächtung von Rassismus aufzunehmen.
Wir sehen in unserem Land, wie sich zunehmend unverblümt rassistisches Denken wieder Bann bricht. Das Attentat vom 9. Oktober 2019 in Halle, die Angriffe und Drohungen gegen eine menschlich so vorbildliche Person wie Karamba Diaby möchte ich nur als konkrete Beispiele kurz erwähnt wissen.
Den Begriff der Rasse aus der Verfassung zu streichen wird dieses Problem nicht schlagartig bekämpfen können, aber dies ist dennoch aus unserer Sicht ein überfälliger Schritt.
Es ist aber nicht damit getan, alle diese hehren Ziele nur in die Verfassung zu schreiben. Nehmen wir zum Beispiel den Klimaschutz, der verlangt tatkräftiges Handeln. Das betrifft übrigens nicht nur die CO2-Reduktion, sondern auch den sozialen Ausgleich und mehr öffentliche Investitionen.
Mit dem neuen Staatsziel „Klimaschutz“ erhöhen wir die politischen Anforderungen an die Politik in Sachsen-Anhalt, und das ist und wird auch höchste Zeit. Erst recht gilt das für das neue Staatsziel „Gleichwertige Lebensverhältnisse“. Der krasse Widerspruch zwischen dem verfassungsrechtlichen Anspruch, den wir formulieren wollen, und der tristen Realität in Sachsen-Anhalt ist doch für alle Bürgerinnen und Bürger besonders sichtbar und schlimm.
Dort, wo Krankenhäuser geschlossen werden, Kinder immer längere Wege zur Schule zurücklegen müssen, kein Bus mehr fährt, kann von gleichwertigen Lebensverhältnissen keine Rede sein. Der Auftrag, dies zu überwinden, bekommt nun Verfassungsrang, und das ist auch gut so, meine Damen und Herren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Parlamentsreform kann und darf für uns kein Anlass zur Selbstzufriedenheit sein, denn die Kluft zwischen guten Verfassungsansprüchen und schlechter Verfassungswirklichkeit ist und bleibt noch unübersehbar. Sie verweist nach wie vor auf bestehende große Ungerechtigkeiten in unserem Land. Das Papier der Verfassung mag geduldig sein, die Bürgerinnen und Bürger sind es allerdings immer weniger.
Es sollte jedoch nicht verkannt werden, dass der vorliegende Gesetzentwurf ein deutliches Zeichen dafür ist, dass sich die demokratischen Fraktionen dieses Hauses diesen Problemen stellen wollen. Das verdient Wertschätzung und macht den heutigen Tag zu einem guten Tag für die Demokratie im Land Sachsen-Anhalt.
Damit bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Überweisung des Gesetzentwurfs. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Gebhardt. - Ich schaue noch einmal zu Herrn Kurze. Sie haben jetzt für die CDU-Fraktion noch einmal das Wort. - Bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich will noch ein wenig auf die Vorredner eingehen, zum einen auf den Kollegen Gebhardt. Wir haben uns als Einbringer im Vorfeld ein Stück weit abgesprochen, damit nicht jeder doppelt vorträgt, sondern dass einer die Klausel und der andere jene Klausel übernimmt.
Zum Quorum der Beauftragten wurde schon einiges gesagt, aber eines müsste man vielleicht noch erwähnen: Wir haben zwar die Quoren für die Wahl an sich gesenkt, aber die Abwahlquoren sind natürlich in der vollen Höhe so geblieben, damit die Beauftragten, wenn sie einmal unangenehme Entscheidungen treffen müssen oder Entscheidungen, die nicht jedem gefallen, diese auch treffen und wir sie am Ende entsprechend so
schützen können, wie es unsere Verfassung vorsieht. Das wollte ich noch einmal deutlich zum Ausdruck bringen.
Auch auf Herrn Farle möchte ich antworten. Ich meine, nach den vielen und langen Beratungen war dann wirklich klar, auf welche einzelnen Themen Sie heute abheben werden. Das haben wir in der Diskussion schon gewusst.
Ich muss ganz ehrlich sagen, wir können doch eigentlich froh sein, dass wir unser Grundgesetz und unsere Verfassung haben, denn diese ermöglichen genau das, was Sie hier vorne darzustellen versucht haben.
Sie sagen, Sie wunderten sich, dass sich der eine für die Vergangenheit schäme und der andere sage, dass er sie verurteile. Wenn wir das Grundgesetz und unsere Verfassung nicht hätten, dann wäre das alles nicht möglich. Da können Sie auch als anständiger Deutscher auf Ihre Art sagen, Sie verurteilen alle Verbrechen des Nationalsozialismus und des Holocaust, aber gleichzeitig müssen Sie natürlich auch akzeptieren und tolerieren, dass es andere anständige Deutsche gibt, die sagen, dass sie sich dafür schämen. Das gehört mit zur Demokratie, das ist Toleranz und das halten wir alle aus. Das muss man Ihnen am Ende zu dieser Frage entgegnen.
Ich fand es gut, dass Herr Erben noch einmal auf die gleichwertigen Lebensverhältnisse als Verfassungsziel abgehoben hat. Natürlich ist es wichtig - und das war es für uns alle in der Kompromissfindung -, dass wir das als Signal ins Land geben, da es unterschiedlich entwickelte Orte in unserem Land gibt. Wenn wir das als Verfassungsziel sogar in der Präambel festschreiben, dann ist das ein ordentliches Signal für die kommende Politik, die wir auch gemeinsam gestalten wollen.
Der Klimaschutz und der Tierschutz wurden auch noch angesprochen. Ich sehe jetzt nicht den Zielkonflikt, den Herr Farle bei uns wiederum ausmachen wollte. Wir haben die Formulierung gewählt, Klima als Grundlage menschlichen Lebens zu schützen und globaler Erwärmung im Rahmen des Möglichen entgegenzuwirken. Das ist genau das, meine sehr verehrten Damen und Herren, was die CDU will: Politik mit Augenmaß, Klimaschutz mit Augenmaß.
Klimaschutz, der bezahlbar ist und die Menschen nicht überfordert. Das ist genau das, was wir wollen, und das steht zu dieser Formulierung, auf die wir uns verständigt haben, gar nicht im Widerspruch. Von daher verstehe ich manchmal nicht die Konflikte, die Sie herbeireden wollen, da es sie in dieser Art gar nicht gibt.
Das macht Politikfähigkeit aus, dass man sich auf Kompromisse einigt. Da muss der eine oder andere ein bisschen abgeben und der Nächste gibt wieder etwas dazu. Das zeichnet Demokraten aus. Das zeichnet Politikfähigkeit aus. Nur so kann man auch verantwortliche Politik für unser Land machen. Ich glaube, jeder hat versucht, dazu seinen Beitrag zu leisten.
Auch die Frage der Einsparung - das muss ich noch einmal sagen - kann man nicht oft genug betonen: Unsere Medien sind ja auch auf manche Dinge angesprungen, die so gar nicht stimmten. Es gab Debatten, die ein ehemaliger Rechnungshofpräsident vom Zaun gebrochen hat, die deutschlandweit im Fernsehen liefen, die von der Berechnungsgrundlage her gar nicht stimmten.
Die Landtagsverwaltung hat es noch einmal durchgerechnet. Auf einen Abgeordneten würden die ominösen 200 € entfallen, wenn am Ende die Regelung so kommt, wie sie im Entwurf steht. Das, was dort auch mit uns als Plenum gemacht worden ist, war nicht in Ordnung. Wir wollen Qualitätsjournalismus haben. Das ist in der Regel ja auch so. Aber es gehört dazu auch, dass man die Sachen von allen Seiten beleuchtet und sich nicht immer nur die Sachen herauspickt, die vielleicht gerade gut in die Medienlandschaft passen.
Wir als Abgeordnete tragen ein hohes Maß an Verantwortung und diesem Umstand wollen wir mit diesem Gesetzespaket auch gerecht werden.
Um noch einmal auf unseren Ministerpräsidenten zurückzukommen - der wurde von Ihnen auch angesprochen, Herr Farle -: Als dieser letztens bei einem Gespräch in Berlin für alle sichtbar war, hat er sich doch gut geschlagen.
Dort hat er sich für die Ziele des Landes ordentlich ins Zeug gelegt und nicht mit Populismus, sondern mit Fachwissen. Das ist es, was am Ende wichtig ist, dass wir uns fachlich und sachlich über die politischen Dinge streiten, und nicht populistisch. Das hat er ordentlich gemacht.
Er hat auch richtigerweise den Finger in die Wunde gelegt und die Berliner daran erinnert, dass sie auf das Land schauen sollen, auch auf das flache Land; denn dort wohnen die meisten Menschen in der Bundesrepublik. Deshalb ist es wichtig, Politik für alle zu machen, und nicht nur aus der Sicht der großen Städte, in denen die Regierenden sitzen.
Das war doch eine ordentliche Nummer, Herr Haseloff. Dafür können wir Ihnen alle ein recht herzliches Danke schön sagen.