Protocol of the Session on January 30, 2020

Herr Minister, Sie haben meinem Kollegen Herrn Gebhardt, als er den Vergleich zur Volksinitiative zum Erhalt der Kulturlandschaft gezogen hat, ein bisschen vorgeworfen, er würde Äpfel mit Birnen vergleichen, da in den Kulturstätten keine Landesbediensteten tätig seien.

Nach meiner Kenntnis.

Ich würde mich jetzt mal dieser Rechtsauffassung hingeben und gemäß dieser Logik nachfragen: Ist es dann vor dem Hintergrund, dass die Lehrerinnen und Lehrer an unseren Schulen überwiegend Landesbedienstete sind, die Schulgebäude aber in kommunaler Trägerschaft sind, korrekt, wenn ich zu der Aussage komme, dass die Unterschriften zumindest in den Schulen und auf dem Schulgelände von Dritten, also nicht von Landesbediensteten, gesammelt werden können?

Eine weitere Frage, auf die mich Ihre Antwort noch interessiert: Gehen Sie als Mitglied der Landesregierung davon aus, dass die Beschränkungen, die bei der Beteiligung an dem Volksbegehren bestehen und die Sie laut - nicht ganz deutlich, aber laut - durch den Brief nach außen tragen, ebenso für alle Bediensteten des Landes in Sachsen-Anhalt gelten?

Herr Minister Tullner, bitte.

Ich bin kein Jurist, Frau von Angern, aber ich habe die bescheidene Kenntnis, dass die Verfassung nicht nur für Landesbedienstete, sondern für alle Bürgerinnen und Bürger des Landes gilt. Deswegen werde ich dieser These zumindest insofern beitreten, als verfassungsrechtliche Bedingungen, die für Landesbedienstete gelten, dann für alle gelten. Das ist jetzt ein Schluss, den ich einfach

mal kühn ziehe. Ich bin gespannt, ob ich dazu juristischen Beistand oder Kritik erfahre.

Ich verstehe schon, dass Ihnen das nicht gefällt und dass Sie jetzt ein bisschen versuchen, nach einem Fehler zu suchen, den ich ausdrücklich nicht sehe. Ich bin gespannt, was in der Debatte noch an Argumenten kommt; wobei das am Ende ein Nebenkriegsschauplatz ist. Wir sollten uns doch am Ende auf das Volksbegehren konzentrieren und uns mit den Debatten und den Argumenten auseinandersetzen, die das Schulgesetz für das Volksbegehren formuliert hat, nicht mit Fragen der Art „wo, wie und was“.

Ich würde Schule jetzt nicht als einen Raum von Zuständigkeiten definieren. Schule ist ein Raum, der für unsere Kinder da ist, die eine gute Bildung erfahren sollen. Daran wirken Lehrerinnen und Lehrer mit. Daran wirken Eltern mit. Daran wirken Kolleginnen und Kollegen mit, die man etwas unzutreffend als technisches Personal bezeichnet. Dieser Raum, den Schule darstellt, ist kein Raum, der frei von Recht ist. Er ist eine Art Keimzelle der Gesellschaft. Man kann über Debattenkultur, über Wissen, über Erfahrung, über Kompetenzen, über Erziehung miteinander ringen und dazu durchaus unterschiedliche Vorstellungen haben.

Dieser Raum braucht einen Rahmen und dieser Raum braucht in gewisser Weise Schutz vor manchen politischen Debatten, die ausdrücklich nicht in die Schule hineingehören. Bei diesen Maßstäben, die man sicherlich so oder so betrachten kann, gehöre ich zu denen, die diese Maßstäbe lieber klar und deutlich definieren, als sie, wenn es einem gerade mal gefällt, ein bisschen flexibler zu interpretieren und, wenn es dann wieder nicht gefällt, wieder etwas enger zu definieren. Ich bin dafür, diese Maßstäbe klar zu benennen. Über diese können wir uns auch gern einmal unterhalten. In diesem Punkt bin ich völlig bei Ihnen.

Ich bitte Sie - das habe Herrn Lippmann auch schon gesagt -, wirklich noch einmal darüber nachzudenken, ob Sie bereit sind, verfassungsrechtliche und gesetzliche Rahmen sehr weit und flexibel zu interpretieren. Aus meiner Sicht geht das gar nicht; denn jetzt kommt ein Anliegen daher, das für Sie opportun ist, das aus Ihrer Sicht sympathisch erscheint und aus Ihrer Sicht zur Verbesserung beitragen kann. Bei anderen Dingen aber, die in den Schulen ähnlich ankommen, sollen wir wieder anders reagieren.

(Zuruf von Eva von Angern, DIE LINKE)

Diese Kriterien und diese Rationalität, die, glaube ich, Juristen innewohnt und die ich an Ihnen, Frau von Angern, auch schätze, sollten wir uns nicht kaputt machen, indem wir hier vordergründig politische Debatten führen. Wenn Sie optimistisch

sind und die Unterschriften zusammenkommen, dann ist es doch gut so. Dann ist es doch ein kraftvolles, demokratisches Anliegen, das sich genau in dem dokumentiert, was damit bezweckt ist.

Dass Sie hier aber bereit sind, in Grauzonen oder, wie ich meine, sogar in rechtliche Bereiche zu gehen, die nicht möglich sind, und Herrn D., der das sehr nüchtern formuliert hat, einen Vorwurf machen, kann ich nicht nachvollziehen. Ich bin nicht bereit, diesen Weg zu gehen, weil ich, wie gesagt, Schule auch als Schutzraum definieren möchte und an der Stelle auch so durchsetze.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Tullner. Es gibt noch eine weitere Frage. - Herr Abg. Lange.

(Minister Marco Tullner: Elf Minuten und 21 Sekunden haben wir noch!)

Es ist schon beachtlich, dass die Frage des Lehrermangels für den Minister nicht in die Schulen gehört; das ist schon erstaunlich. Er ist ja auch einer der Verursacher dessen, was wir mit dem Volksbegehren erwirken möchten.

(Ulrich Thomas, CDU: Die Frage bitte!)

Deshalb ist es schon erstaunlich, welchen Vorgang wir hier haben.

(Robert Farle, AfD: Also, wie blöd kann man sein? - Zuruf: Frage!)

- Ist denn jetzt mal gut da drüben?

Sie dürfen.

Ich darf? - Danke.

Ich möchte gern in Anknüpfung an das, was Frau von Angern gefragt hat, vom Minister Folgendes wissen: Erstens. Gilt diese Reglementierung jetzt auch für das Nicht-Landespersonal, also Schulsekretärinnen, Hausmeister und andere Bedienstete, wie Schulsozialarbeiter? Zweitens. Gilt diese Reglementierung auch für andere Landesbehörden?

Herr Minister, bitte.

Frau Präsidentin, gestatten Sie mir zunächst eine Vorbemerkung. Ich habe den Kollegen Lange und

auch die Debatten im Hause zum Thema Lehrermangel und zur Bildungspolitik bisher immer so wahrgenommen, dass wir uns in der Sache gelegentlich auch härter streiten, aber in dem Ziel, mehr Lehrer in die Schulen zu bringen und die Unterrichtsversorgung zu stabilisieren, am Ende weitgehend einig sind. Dass Sie mir jetzt unterstellen, dass ich das nicht will, empfinde ich, gelinde gesagt, als den Tiefpunkt zumindest unserer direkten Kommunikation. Das bedauere ich ausdrücklich sehr. Ich spreche Ihnen nicht das Recht ab, für das aus Ihrer politischen Sicht Beste einzutreten. Dass Sie mir das absprechen, kann ich nicht nachvollziehen. Ich bin darüber zu traurig, als dass ich das weiter kommentieren will.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU, und von Guido Heuer, CDU)

Zum Kern der Frage. Ich habe, glaube ich, deutlich gemacht, dass Schule ein Raum ist, in dem wir gemeinsam unterwegs sind und in dem die Maßstäbe für alle gelten. Dass ich für Landesbedienstete in den Schulen zuständig bin und die Kommunen und andere natürlich formal gesehen eine andere Kompetenz haben, weil freie Träger auch eine Rolle spielen, wenn ich zum Beispiel an Schulsozialarbeiter denke, ist völlig unbenommen. Aber die Maßstäbe, mit denen Verfassungsrecht anzuwenden ist, gelten - das wiederhole ich gern noch mal deutlich - für alle Bürgerinnen und Bürger und auch für alle Bediensteten des Landes. Deswegen gehe ich fest davon aus, dass diese Maßstäbe in allen Landessphären so gelten.

Vielen Dank, Herr Minister. Herr Abg. Lippmann hat noch eine Frage. - Aber bitte stellen Sie eine Frage, die hier vorn auch klar beim Herrn Minister ankommt. Bitte.

Vielen Dank. - Ich wiederhole nur eine Frage, die der Minister am Anfang nicht beantwortet hat. Ich habe darauf hingewiesen, dass es im Zusammenhang mit dem Brief Reaktionen in den Schulen gab, die Straftaten sind. Es wurden nämlich bereits ausliegende Listen, in die Eintragungen von Eltern oder von wem auch immer gemacht worden waren, zerrissen. Lehrkräfte wurden von ihren Schulleitern - nicht von allen, aber von einigen - so informiert, dass diese das so auffassen konnten, dass sie sich wohl strafbar machen würden, wenn sie als Privatperson das Volksbegehren unterstützen würden.

Meine Frage ist: Nimmt das Ministerium diese Auswirkungen zur Kenntnis und ist bereit, wenigstens darauf zu reagieren und durch ein weiteres Schreiben an die Schulen klarzustellen, dass die

se Interpretation natürlich nicht zutreffend ist und dass das Vernichten von Listen eine Straftat ist?

(Siegfried Borgwardt, CDU: Wo ist eine Liste vernichtet worden?)

Herr Minister.

Herr Lippmann, ich bin ein Anhänger von Fakten und Belegen. In der letzten Woche rief - sagt man Vertrauensfrauen? -

(Wulf Gallert, DIE LINKE: Vertrauensperso- nen!)

Frau Gerth als eine der vier Initiatoren bei uns an und sagte ähnliche Dinge. Wir haben sie darum gebeten, doch bitte die konkreten Schulen zu benennen und den konkreten Fall.

(Angela Gorr, CDU: Genau!)

Dann würden wir dem natürlich nachgehen.

Ich erwarte von meinen Schulen natürlich, dass sie die Briefe nicht einfach wegschmeißen, und ich will natürlich auch nicht, dass sie zerrissen werden. Dazu brauche ich aber Belege. Die Behauptung, dass es Schulen gibt usw. usf. Wissen Sie, das sagt jeder draußen so, wie er es braucht.

Nennen Sie mir eine Schule! Dann reden wir mit denen und gehen wir dem Fall so nach, dass die demokratische Willensbildung am Ende in dem Rahmen abläuft, in dem sie ablaufen soll und wie es von der Verfassung und von den Gesetzen vorgegeben ist. Das ist es dann auch. Aber bitte nicht immer mit den anonymen Dingen: ich habe gehört, dass …, und: mir hat einer erzählt, dort … Dann, bitte, konkreter werden. Dann gehen wir dem nach. An dem Punkt hat Frau Gerth gesagt, soweit ich mich daran erinnere, was mein Mitarbeiter mir erzählt hat, der mit ihr gesprochen hat, das könne sie so nicht machen oder wolle sie nicht machen - ich weiß es nicht genau.

Bitte benennen und dann gehen wir den Fällen auch nach.

(Thomas Lippmann, DIE LINKE: Ich hoffe nur, dass Sie eine Ahnung davon haben, wie verängstigt Kolleginnen und Kollegen an den Schulen durch solche Aktionen sind, die uns das nämlich nicht sagen! - Unruhe bei der CDU - Siegfried Borgwardt, CDU: Das ist eine Behauptung!)

Herr Lippmann, ich würde Sie bitten, hier keine Zwiegespräche zu führen. Wenn Sie sich äußern möchten, dann melden Sie sich zu Wort.

(Robert Farle, AfD: Ruhig die LINKEN!)

Aber auf eine Frage hin so dazwischenzurufen, das ist unfair. Sie signalisieren keine Frage. - Dann vielen Dank, Herr Minister Tullner. Ich sehe keine weiteren Fragen.

Wir haben noch fünf Minuten und 46 Sekunden Zeit zur Verfügung. Die SPD-Fraktion hat jetzt die Möglichkeit, ihre Frage zu stellen. Bitte.

Frau Präsidentin, ich hoffe, es geht schnell. - Derzeit richten sich viele Landes- und Kommunalplanungen, zum Beispiel die Schulentwicklungsplanung, die Kita-Planung und die Hochschulplanung, nach der Sechsten Regionalisierten Bevölkerungsprognose. Die Grundlage der Prognose war der Bevölkerungsstand vom 31. Dezember 2014. Wir wissen, dass seitdem viel passiert ist, auch was die Bevölkerungsentwicklung betrifft.