Protocol of the Session on January 30, 2020

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Abg. Knöchel. Ich sehe keine Wortmeldungen. - Somit wird nun für die Landesregierung der Minister Herr Richter sprechen. Sie haben das Wort, bitte.

Danke, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag soll die Landesregierung aufgefordert werden - ich werde es noch im Einzelnen darlegen -, erstens den Ausgleichsstockerlass mit dem Ziel zu verändern, dass künftig auch Landkreise Mittel aus dem Ausgleichsstock erhalten können, zweitens die kommunalverfassungsrechtlichen Regelungen zur

Haushaltskonsolidierung zu überarbeiten und drittens die Überlegung des Bundes zu Hilfsprogrammen für die von hohen Kassenkrediten betroffenen Kommunen zu unterstützen und gegebenenfalls eigene Programme aufzulegen.

Die in dem Antrag angesprochenen Themen sind sehr komplex. Sie betreffen sowohl das Ministerium der Finanzen als auch das Ministerium für Inneres und Sport. Herr Knöchel, Sie haben schon darauf hingewiesen, wie die Zuständigkeiten bei uns in der Landesregierung aufgeteilt sind. Das ist nicht nur bei uns so, sondern auch in anderen Ländern ist das nicht anders.

(Thomas Lippmann, DIE LINKE: Na, na, na!)

- Darüber kann man unterschiedlicher Auffassung sein. Ich denke, in Brandenburg war es auch so, dass der Finanzminister der LINKEN die Zuständigkeit für die Kommunalfinanzen hatte. Aber, wie gesagt, das muss man innerhalb der Regierung ausmachen, wie man am besten miteinander umgeht und wie man die Aufteilung vornimmt.

Dies vorangestellt, möchte ich auf die einzelnen Anträge eingehen, und zwar zunächst auf die

Punkte, die das Ministerium der Finanzen betreffen, und anschließend auf den Punkt, der das Ministerium für Inneres und Sport betrifft.

Kommen wir zur Änderung des Ausgleichsstockerlasses. Herr Knöchel, Sie haben es bereits angedeutet. Der Erlass zum Ausgleichsstock soll dahin gehend überarbeitet werden, dass künftig auch Landkreise Mittel aus dem Ausgleichsstock erhalten können. Damit wird unterstellt, zumindest wenn man es so liest, dass das nicht möglich sei. Das ist so nicht zutreffend und das wissen Sie auch.

Bereits jetzt können Landkreise unmittelbar Anträge auf Bedarfszuweisungen und Liquiditätshilfen stellen. Der Ausgleichsstockerlass ist zwar inhaltlich auf kreisangehörige Gemeinden ausgerichtet; er ermöglicht aber dennoch auch die Gewährung von Mitteln an Landkreise. Denn der Ausgleichsstockerlass sieht die Gewährung von Mitteln an Kommunen vor. Und Landkreise sind auch Kommunen. Ich glaube, das ist unstreitig. Insofern besteht kein Änderungsbedarf beim Ausgleichsstockerlass.

Voraussetzung für eine Bewilligung von Bedarfszuweisungen oder Liquiditätshilfen ist aber, dass die Anforderungen des Erlasses erfüllt werden. Denn für die Gewährung von zusätzlichen Mitteln aus dem Ausgleichsstock werden überdurchschnittliche Konsolidierungsanstrengungen erwartet. So muss eine Haushaltsnotlage im Sinne des Ausgleichsstockerlasses gegeben sein.

Das heißt, der Landkreis - wenn wir uns nun einmal auf die Landkreise beziehen - müsste alles Zumutbare getan haben, um so schnell wie möglich zu einer geordneten Haushaltswirtschaft zurückzukehren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei einem Landkreis angesichts seines großen Haushaltsvolumens in der Regel ein deutlich höheres Konsolidierungspotenzial vorhanden ist als bei einer kreisangehörigen Gemeinde. Daher ist es für einen Landkreis auch ungleich schwieriger, diesen Anforderungen gerecht zu werden und diese Anforderungen zu erfüllen.

Es ist zu berücksichtigen, dass Landkreise auch mittelbar vom Ausgleichsstockerlass profitieren können. Denn wenn ihre Gemeinden Mittel aus dem Ausgleichsstock erhalten, dann werden diese wieder zahlungsfähig. Dies führt dazu, dass sie auch wieder offene Forderungen ihres Landkreises begleichen können, insbesondere wenn es um Kreisumlagen geht, die gestundet worden sind. Dafür haben wir genügend Beispiele.

Noch ein letzter Gedanke dazu. Die Anforderungen des Ausgleichsstockerlasses und das im Ausgleichsstock zur Verfügung stehende Geld müssen sich die Waage halten. Bei einer Größenordnung der Haushaltsvolumina der Landkreise müs

sen die im Ausgleichsstock zur Verfügung stehenden Mittel also ausreichen, um die primäre Zielgruppe des Erlasses, nämlich die kreisangehörigen Gemeinden, bedienen zu können. Das ist das Regulativ.

Kommen wir zum Hilfsprogramm der Kommunen. Im Juli 2019 hat die Bundesregierung Maßnahmen zur Umsetzung der Ergebnisse der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ be

schlossen. Mit Blick auf die kommunalen Altschulden hat die Bundesregierung angekündigt, sie könne den von hohen Altschulden und Kassenkrediten betroffenen Kommunen einmalig gezielt helfen, wenn es einen entsprechenden nationalen politischen Konsens gebe. Zugleich müssten die Ursachen für die hohen Kassenkreditbestände angegangen werden. Die Bundesregierung werde zeitnah Gespräche mit dem Deutschen Bundestag, den Ländern sowie den betroffenen Kommunen und den kommunalen Spitzenverbänden aufnehmen, um auszuloten, ob eine solche nationale Lösung möglich sei.

Entsprechende Gespräche werden zurzeit geführt. Der zuständige Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums, Herr Dr. Bösinger, war in dieser Woche auch bei uns im Land. Nach dem, was er im Einzelnen gesagt hat - vieles ist allerdings noch offengeblieben -, kommen jedenfalls auch unsere Kommunen hierfür in Betracht. Wenn man das einmal hochrechnet, dann kommt man auf einen ganz erheblichen Betrag, der zur Entschuldung führen könnte. Allerdings muss man wissen, dass der Bund von den Ländern eine 50-prozentige Beteiligung erwartet. Wir werden im Einzelnen betrachten müssen, wie sich die Einzelheiten darstellen und wie wir zu einem Ergebnis kommen können.

Wir gehen insgesamt, so der Bundesfinanzminister, von 2 500 überschuldeten Kommunen in Deutschland aus. Insofern steht ein ganz erheblicher Betrag im Raum. Er macht also die Hilfe des Bundes von der Solidarität der Länder und der Kommunen abhängig. Insoweit müssen wir tatsächlich noch im Einzelnen überlegen, wie sich diese Abhängigkeit letztlich darstellen soll.

Die kommunalen Kassenkreditbestände in den Bundesländern divergieren sehr stark. Folglich sind natürlich auch die Interessenlagen in den Bundesländern sehr unterschiedlich. Es wird deshalb nicht ganz einfach sein, einen Konsens zu erreichen. So weisen die Kommunen in den Ländern Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen und Thüringen nur geringe Kassenkreditbestände auf, während die Kommunen im Saarland, in Rheinland-Pfalz und in Nordrhein-Westfalen sehr hohe Kassenkreditbestände haben. Die Kommunen in Sachsen-Anhalt weisen die höchsten Kassenkreditbestände aller ostdeutschen Länder auf, aber

diese liegen noch deutlich unter denen der Kommunen der hoch verschuldeten westdeutschen Bundesländer.

Sehr geehrter Herr Minister, ich weiß, es steht mir nicht zu, aber wir haben keine Zehnminutendebatte, sondern eine Dreiminutendebatte. Das gilt, wenn möglich, auch für die Landesregierung. Vielleicht haben Sie es bloß übersehen.

(André Schröder, CDU: Schwieriges The- ma!)

Lassen Sie mich noch ein, zwei Ausführungen machen. Insoweit, was das Thema Kassenkredite betrifft, warten wir ab, was uns der Bund im Einzelnen darlegen wird. Sie können allerdings davon ausgehen, dass wir als Land alles daran setzen werden, entsprechende Hilfestellung für die Beteiligung zu geben.

Noch ganz kurz zum Kommunalverfassungsrecht, Herr Knöchel. Wir sehen keinen Handlungsbedarf, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass wir auch nicht zu den Ergebnissen kommen, die Sie hier vorgelegt haben, dass es zwei Drittel sein sollen.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Ihre Zahlen!)

Wir gehen davon aus, dass die neue Ausgleichsregelung zum Finanzhaushalt ab dem Jahr 2023 einen weitaus geringeren Anteil der Kommunen als die genannten zwei Drittel betreffen wird. Wir reden hier aber von einer sehr komplexen Materie.

Lassen Sie uns in den Ausschüssen die Einzelheiten besprechen. Vielleicht kommen wir zu gemeinsamen Zahlen, die wir uns dann auch hier vor Augen führen können. - Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Richter. Seien Sie nicht traurig, es gibt noch zwei Fragen. Sie haben also noch etwas Zeit, um einige Ausführungen zu machen. Zuerst Abg. Herr Knöchel und dann Abg. Herr Lange. - Nein, tut mir leid, Herr Lange, wir haben eine Dreiminutendebatte. - Herr Abg. Knöchel ist jetzt aber trotzdem an der Reihe.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Es ist ungewöhnlich, in einer Antragsbegründung Quellenangaben zu machen. Was aber nicht funktioniert, Herr Finanzminister, ist, dass der Herr Innenminister

Zahlen vorlegt und der Finanzminister sie dementiert; es sind die Zahlen der Landesregierung. - Das war nur eine Anmerkung.

Die Nachfrage: Sie haben zum Erlass angemerkt, das sei heute auch schon möglich, weil darin „Kommunen“ steht. Nach meiner Kenntnis ist die im Land sozusagen bekannte Meinung der Landesregierung, dass die Landkreise darin nicht enthalten sind. - Erstens.

Zweitens. Die Konsolidierungserfordernisse und Regeln, die darin zum Beispiel für Liquiditätshilfen oder für eine besondere Härte beschrieben sind, zielen in der Regel auf Kommunen ab. Weswegen wir die Überarbeitung angeregt haben, war nicht so sehr wegen der Klarstellung, dass die Landkreise aufgenommen werden, sondern weil die spezifischen Anforderungen, die darin für Städte und Gemeinden definiert sind, haushaltswirtschaftlich nicht ganz zu den Landkreisen passen, weil zum Beispiel der Bestand an Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises bei den Landkreisen deutlich höher ist. Deswegen haben wir dieses Überarbeitungserfordernis gesehen.

Meine Frage ist: Würden Sie es vor diesem Hintergrund nicht auch so sehen, dass eine Klarstellung dieses Erlasses sinnvoll ist und dass die Spezifika der Landkreise dort eben mit aufzuführen sind?

Herr Minister Richter, Sie haben das Wort. Bitte.

Herr Knöchel, eine Klarstellung halte ich nicht für erforderlich, weil wir von Kommunen reden. Dazu gehören auch Landkreise. Das, was im Ausgleichsstockerlass geregelt ist - das habe ich hier auch angesprochen -, ist für die Landkreise nur schwer umsetzbar. Inwieweit wir irgendwann noch einmal zu einer Anpassung kommen, das wird sich sicherlich auch bei den nächsten Erörterungen, was das Thema Ausgleichsstock betrifft, zeigen.

Vielen Dank, Herr Minister Richter. Jetzt sehe ich keine Fragen mehr. - Wir steigen nunmehr in die Dreiminutendebatte der Fraktionen ein. Die erste Debattenrednerin wird die Abg. Frau Schindler für die SPD-Fraktion sein. Ich hoffe aber inständig, dass nicht alle Redner ihre Redezeit entsprechend verlängern werden. Sie haben das Wort, Frau Schindler.

Nur wenn Sie es erlauben. So habe ich es bisher immer verstanden, Frau Präsidentin. - Sehr ge

ehrte Damen und Herren! Der Minister hat sehr ausführlich die rechtlichen Grundlagen dargelegt. Auch ich habe es bisher immer so gelesen, dass § 17 und auch der dazugehörige Erlass für den Ausgleichsstock immer von „Kommunen“ spricht und damit nach der Definition unserer Verfassung die Landkreise mit gemeint sind.

Sie haben natürlich recht damit, dass es in der Ausführung für die Landkreise schwieriger ist, dies umzusetzen, und dass sich der Druck für die Landkreise, wie Sie es auch in Ihrem Redebeitrag dargestellt haben, aufgrund der ergangenen Urteile erhöht hat. Dadurch sind die Landkreise überhaupt erst in die Situation gekommen, weil sie sich nicht, wie in der Vergangenheit meistens üblich, die fehlenden Mittel über die Kreisumlage geholt haben.

Erfreulich finde ich, dass Sie im ersten Absatz Ihrer Begründung dargestellt haben, dass in der Summe ein positives Finanzierungssaldo bei den Kommunen im Land besteht. Ich weiß natürlich auch, dass es sehr differenziert ist. Das ist die Schwierigkeit, die wir immer im Zusammenhang mit einer Betrachtung der gesamten Finanzen der Kommunen gegenüber dem Einzelfall haben.

Wir haben natürlich insgesamt steigende Einnahmen auch bei den Kommunen zu verzeichnen, auch durch den Systemwechsel, den wir im FAG vorgenommen haben, indem wir die Summe beibehalten und die Einnahmen nicht gegengerechnet haben, sodass sie sich nicht reduzierend ausgewirkt haben. Wir wissen auch, dass die Einnahmen in den Gemeinden sehr differenziert sind, die Ausgaben aber meist fast gleich hoch sind, wodurch wir die unterschiedliche Finanzsituation in unseren Städten und Gemeinden und auch in den Landkreisen haben. Deshalb sage ich, dass Überlegungen, wie wir einen besseren Ausgleich hinbekommen, immer angebracht sind.

Die Frage ist natürlich, ob wir das über die Veränderung der Konsolidierungsregelungen hinbekommen. Wir wollen ja grundsätzlich, dass die Konsolidierung auch in unseren Gemeinden durchgeführt wird, dass sie erfolgreich durchgeführt wird und dass sie natürlich auch mit einem entsprechenden Ziel versehen wird. Das war, glaube ich, auch die Intention dabei, dass wir gesagt haben, es muss ein begrenzter Zeitraum sein, in dem diese Konsolidierung erreicht werden muss. Dass das örtlich natürlich zu sehr großen Schwierigkeiten führt, wissen wir auch.

Das Hilfsprogramm hinsichtlich der hohen Altfehlbeträge, das vom Bundesfinanzminister angedacht ist, hat natürlich auch von uns positive Reflexionen erfahren, weil wir es durchaus begrüßen. Wir sehen aber natürlich auch, vor welchem Hintergrund. In Sachsen-Anhalt würden unsere Gemeinden wahrscheinlich nicht flächen

deckend davon profitieren. Ich habe mir einmal den Finanzbericht des Deutschen Städtetages herausgesucht: Stadtfinanzen 2019.

(Silke Schindler, SPD, hält eine Broschüre hoch)

Die Grafik ist relativ klein, aber die roten Kommunen sind diejenigen, die die höchsten Kassenkredite aufweisen. Wir können deutlich sehen, dass das Bild von dem abweicht, das wir sonst immer sehen, dass die neuen Bundesländer hervorgehoben sind. Hierbei sind es vor allen Dingen die alten Bundesländer.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Die hatten 40 Jahre länger Vorlauf!)