Protocol of the Session on September 29, 2016

Eine ähnliche Regelung haben wir bereits für Richterinnen und Richter sowie für Staatsanwäl

tinnen und Staatsanwälte in der letzten Legislaturperiode treffen müssen, welcher ebenfalls ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, nämlich das vom 5. Mai 2015, zugrunde lag. Das Verfahren, welches das Gericht angewendet hat, wurde hier bereits vom Minister vorgestellt und ist dem bei den Richtern und Staatsanwälten angewandten Verfahren gleichzusetzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Rückgrat des öffentlichen Dienstes ist sein Personal. Wir sind uns darin einig, dass wir nicht nur die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung sicherstellen, sondern sie auch attraktiver gestalten wollen. Dazu gehören auch motivierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bzw. Landesbeamtinnen und Landesbeamte. Dass die angesprochene Unteralimentierung dazu nicht beigetragen hat, ist sicherlich nachvollziehbar.

Man kann sich aufgrund des Urteils auch noch höhere Nachzahlungen für die genannten Jahre vorstellen; das ist bereits angesprochen worden. Auch in der Anhörung ist das deutlich geworden. Das hat der Minister hier dargestellt. Aber dass das Ministerium zu dem Schluss gekommen ist, die Abweichungen von den Parametern nun auf 4,9 % festzusetzen, halte ich zunächst für sachgerechter als das, was wir in der Vergangenheit gemacht haben. Damals waren es bei den Staatsanwälten und Richtern nämlich 4,99 %.

(Zuruf von Swen Knöchel, DIE LINKE)

Das war nur eine Abweichung von 0,01 %. Dass dies jetzt mit diesem Gesetz auch für die Richterinnen und Richter sowie für die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte bereinigt wird, finde ich gut und richtig. Wir haben damals kritisiert, dass diese Bereinigung sehr auf Kante genäht und sehr riskant war.

(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE)

Immerhin müssen wir nun im Doppelhaushalt 25 Millionen € für diese Nachzahlung einplanen. Das ist nicht gerade wenig. Wir müssen sehen, dass wir diese Mittel aufbringen.

Besonders zu begrüßen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist die Abschaffung der Kostendämpfungspauschale - das wurde schon mehrfach gesagt - für die Beihilfe und die Heilfürsorge. Diese vollständig einzustellen - das soll ab dem 1. Januar 2017 erfolgen - ist auf der Grundlage unseres Koalitionsvertrags folgerichtig. Das ist sehr zu begrüßen.

Neben einem erheblichen bürokratischen Aufwand, den der Einzug der Kostendämpfungspauschale erzeugt hat, hat dieser Einbehalt von ca. 3 Millionen € - das ist der Betrag, den es ausgemacht hat - auch zur Unteralimentierung der Beamtinnen und Beamten beigetragen, was ur

sprünglich so bei der Einführung nicht dargestellt worden ist und was uns fachlich nicht so herübergebracht worden ist.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Aber ich habe es Ihnen gesagt!)

- Daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Wenn Sie das sagen, nehme ich das einfach so zur Kenntnis. Wir haben uns damals vom Ministerium beraten lassen. Dort wurde uns gesagt, es habe keinen Einfluss auf die Alimentierung. Im Nachgang hat sich in dem Urteil herausgestellt, dass es doch Einfluss auf die Alimentierung hatte. Dass wir diese Kostendämpfungspauschale nun wieder streichen können, ist aus unserer Sicht nur zu begrüßen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Noch nicht alle im Koalitionsvertrag benannten Vorhaben zur Beamtenbesoldung haben wir als Koalitionsfraktionen in dieses Gesetz einbezogen; das ist auch schon gesagt worden. Es bleibt immer noch die Jahressonderzuwendung für die jeweiligen Besoldungsgruppen - das ist auch schon angesprochen worden -, welche wir im Jahr 2017 - so steht es im Koalitionsvertrag; ich bin mir sicher, dass wir das auch so umsetzen können und werden - wieder einführen wollen.

In diesem Zusammenhang ist auch die Verlängerung der Lebensarbeitszeit auf 67 bzw. 62 Jahre zu nennen. Das wird sicherlich nicht so wohlwollend betrachtet werden wie die anderen Maßnahmen. Aber ich erinnere nur an unsere Tarifbeschäftigten. Herr Knöchel hat soeben auch ausdrücklich erwähnt, dass man die Beamten nicht von den Tarifbeschäftigten abkoppeln sollte. Im Übrigen steht auch im Koalitionsvertrag, dass wir künftig die Tariferhöhungen im Maßstab 1 : 1 und nicht mehr zeitversetzt auf die Beamtinnen und Beamten übertragen wollen. Das werden wir demnächst auch so tun.

Aber ich erinnere noch einmal daran, dass diesbezüglich die Anhebung der Lebensarbeitszeit für unsere Beamtinnen und Beamten, auch wenn das nicht so wohlwollend betrachtet wird, dann nur gerecht ist in Bezug auf die Tarifbeschäftigten. Das wird uns auch im nächsten Kalenderjahr noch intensiv beschäftigen. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung von Thomas Keindorf, CDU, und von Gabriele Brakebusch, CDU)

Danke. - Ich sehe auch jetzt keine Nachfragen. Deswegen können wir gleich in das Abstimmungsverfahren eintreten. Ich gehe davon aus, dass die Überweisung in den Finanzausschuss gewollt ist. Gibt es darüber hinaus noch andere Ausschüsse? - Nein, offensichtlich nicht.

Dann lasse ich über die Überweisung in den Finanzausschuss abstimmen. Wer die vorliegende Drs. 7/369 in den Finanzausschuss überweisen möchte, den bitte ich jetzt um das Kartenzeichen. - Das sind alle Fraktionen. Somit ist die Überweisung erfolgt. Wir können den Tagesordnungspunkt 11 schließen. Bevor wir in den Tagesordnungspunkt 12 eintreten, wechselt die Sitzungsleitung. Ich bedanke mich für Ihre Disziplin, soweit sie vorhanden war.

Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zum

Tagesordnungspunkt 12

Erste Beratung

Änderung § 85 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Landtages von Sachsen-Anhalt

Antrag Fraktion AfD - Drs. 7/387

Einbringer ist der Abg. Herr Roi. Sie haben das Wort. Bitte.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Demokratie lautet übersetzt „Herrschaft des Volkes“. In der Bundesrepublik Deutschland haben wir eine repräsentative Demokratie. Wir haben beim letzten Mal schon darüber gesprochen. Dies ist teilweise historischpolitisch begründet.

Gerade für die Bürger in Mitteldeutschland ist der Kampf gegen die SED-Diktatur verbunden mit dem Kampf für Freiheit und Demokratie. Am kommenden Montag feiern wir den Tag der Deutschen Einheit, auch damit wir uns dessen vergewissern. Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit und kein Selbstläufer. Sie wurde erstritten und erkämpft von mutigen Männern und Frauen.

Die sinkenden Wahlbeteiligungen haben allerdings gezeigt, dass noch einiges im Argen liegt. Zahlreiche aus Steuergeldern finanzierte Programme und Initiativen zur Erhöhung der Wahlbeteiligung schlugen fehl, auch in Sachsen-Anhalt - bis zum März 2016. Hier war es das Programm der AfD, das unsere Demokratie wiederbelebt hat.

(Beifall bei der AfD - Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)

- Für diejenigen, die lachen, erkläre ich es. 24,3 % der Wähler gaben ihre Stimme der dringend notwendigen Alternative AfD. Das ist so, ob es Ihnen nun passt oder nicht. Die Wahlbeteiligung stieg um 10 %. Erstmals seit mehr als einem Jahrzehnt

wurden mehr als hunderttausend Nichtwähler dafür begeistert, wieder mitzumachen und mitzubestimmen.

(Zustimmung bei der AfD)

Das ist ein guter Anfang für eine dringend notwendige Erfrischungskur der Demokratie in Sachsen-Anhalt und in der gesamten Bundesrepublik.

Ich sagte eben, Demokratie sei kein Selbstläufer. Eines ist auch klar: Demokratie ist nicht immer gleich Demokratie. Der amerikanische Demokratietheoretiker Robert Dahl stellte verschiedene Kriterien für die Qualität einer Demokratie auf: erstens eine wirksame Partizipation, zweitens ein gleiches Wahlrecht, drittens ein aufgeklärtes Verständnis der erwachsenen Bevölkerung für politische Prozesse, viertens sollen sich möglichst alle Erwachsenen an den politischen Prozessen beteiligen und fünftens - das ist der wichtigste Punkt - sollen alle Erwachsenen kontrollieren, welche Themen auf der politischen Tagesordnung stehen.

Der letzte Punkt ist, wie gesagt, der wichtigste. Damit der Bürger auch sehen kann, was die von ihm bezahlten Abgeordneten in den Ausschüssen so machen, ist dieser Punkt der wichtigste. Er hätte dann, wenn man einmal so schaut, was im Parlament so abgeht, Folgendes feststellen können:

Die Landwirtschaftsministerin Frau Dalbert, die gerade nicht anwesend ist und die im Übrigen der CDU quasi das wichtigste Amt für den ländlichen Raum weggeschnappt hat, erschien erst nach ganzen 185 Tagen nach der Landtagswahl das erste Mal im Landwirtschaftsausschuss, sprich: nach einem halben Jahr. Das ist natürlich ein starkes Stück und zeigt dem Bürger, wie ernst sie diesen Ausschuss nimmt.

Aber man muss zur Ehrenrettung von Frau Dalbert sagen, dass auch die grüne Landtagsfraktion, die sich jetzt in der Landwirtschafts- und Umweltpolitik beweisen möchte, erst nach einem halben Jahr schaffte, im Landwirtschaftsausschuss zu erscheinen. Zumindest scheint hier bei der Prioritätensetzung innerhalb der GRÜNEN große Einigkeit zu bestehen.

(Zustimmung bei der AfD - Cornelia Lüd- demann, GRÜNE: Was?)

Nach diesem kurzen Blick in die parlamentarische Wirklichkeit unseres Hauses - das können Sie nachschauen; es gibt ja Protokolle über die Sitzungen, Frau Lüddemann - komme ich zurück zum Antrag. Die AfD-Fraktion stellt fest, dass beim Aufbau Sachsen-Anhalts und seiner demokratischen Institutionen und in der Entwicklung der demokratischen Kultur seit 1989 viel erreicht wurde.

Aber der Weg ist noch nicht bis zum Ende gegangen. Wir müssen heute feststellen, dass eine wirksame Partizipation nach Robert Dahl und nach dem Wunsch unserer Bürger mangelhaft umgesetzt worden ist.

(Unruhe bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ja, wir müssen feststellen, dass viele Bürger sich nicht ausreichend an politischen Prozessen beteiligen und auch nicht genügend Kontrolle ausüben können, obwohl es ständig von allen Seiten gefordert wird. Heute, meine Damen und Herren, ist der Tag, an dem wir das endlich ändern können.

Meine Damen und Herren! Ich möchte weitere Aspekte zur Antragsbegründung nennen. Kritiker sehen in der repräsentativen Demokratie zwei wesentliche Probleme. Erstens besteht die Gefahr, dass sich die politische Macht in wenigen Händen einer Parteienoligarchie konzentriert. Dadurch werden Korruption und Lobbyismus begünstigt. Genau dagegen geht die AfD vor.

(Beifall bei der AfD - Unruhe bei der LIN- KEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ein Blick in die Praxis zeigt, die Kritiker scheinen Recht zu haben. Denn längst ist der Eindruck entstanden, dass die vom Volk bezahlten Politiker machen, was sie wollen, Volkes Wille ignorieren und sich nicht einmal an ihre eigenen Regeln halten. Die Affäre um die fragwürdige Vergabe von Beraterverträgen in Sachsen-Anhalt ist ein neuerlicher Beweis dafür.

Im Übrigen - es raunt hier schon - darf die Tatsache, dass wir uns heute früh mit Ausnahme der Fraktion DIE LINKE darauf verständigt haben, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Ursache für diese Verfehlung in diesem Hause liegt. Ein Aspekt dabei ist sichtlich mangelnde Kontrolle und mangelnde Transparenz im politischen Prozess. Das ist ein weiterer Grund dafür, dass wir die Ausschüsse öffentlich zugänglich machen wollen.

Ich komme auf das zweite Problemfeld zu sprechen, das von Kritikern der repräsentativen Demokratie angeführt wird. Man beklagt die mangelnde Einflussnahme der Bürgerschaft auf Sachthemen. Häufig handeln dann die gewählten Volksvertreter sehr weit entfernt von den Auffassungen und den Lebenswirklichkeiten unserer Bürger.

Deshalb beantragt die AfD-Fraktion die Änderung der Geschäftsordnung des Landtags von Sachsen-Anhalt in der Weise, dass die Landtagsausschüsse zukünftig wie eben unser Plenum grundsätzlich öffentlich tagen sollen.

In besonderen Fällen können Teile ihrer Verhandlungen für vertraulich erklärt werden, soweit es sich hierbei um Verhandlungen handelt, die dem Geheimhaltungsgrad „VS - vertraulich“ oder höher unterfallen, bzw. wenn überwiegende öffentliche oder schutzwürdige private Interessen oder gesetzliche Bestimmungen dies erfordern. Das heißt also, wenn ein Gesetz besagt, dass das Thema nichtöffentlich behandelt werden muss, dann wird es auch in Zukunft nichtöffentlich behandelt werden.

Ansonsten ist für die Nichtöffentlichkeit die Entscheidung des Ausschusses mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder erforderlich. Alles Weitere regeln die Gesetze.

Wir wollen grundsätzlich die aktuellen Bestimmungen umkehren, sodass nicht mehr im Ausschuss beschlossen werden kann, dass eine Beratung öffentlich stattfindet. Vielmehr soll grundsätzlich alles öffentlich sein, was in den Ausschüssen gesagt und besprochen wird.