Protocol of the Session on December 17, 2019

Wie angekündigt, ziehen wir einen Tagesordnungspunkt vor, nämlich den

Tagesordnungspunkt 21

Erste Beratung

Rückkehrertag landesweit unterstützen

Antrag Fraktion AfD - Drs. 7/5384

Der Einbringer wird der Abg. Herr Raue sein. Wo ist denn Herrn Raue? - Der Redner hat sich geändert. Es wäre schön, wenn man vorher kurz bekannt gibt, dass eine Änderung eintritt. - Sie haben jetzt das Wort.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Herr Raue ist heute leider nicht anwesend. Er lässt sich entschuldigen.

Es geht um einen landesweiten Rückkehrertag. In vielen Kommunen gibt es diese Rückkehrertage, die allerdings vom Land nicht unterstützt werden. Etwa 800 000 Menschen haben unser Bundesland in 30 Jahren verlassen, zumeist waren es junge Menschen.

Als exemplarisches Beispiel möchte ich über eine Erzieherin aus Harzgerode berichten, die es im Jahr 2008 in die Schweiz verschlagen hat, weil sie ganze 80 Bewerbungen erfolglos geschrieben hatte. Sie hat ihre Karriere dann in der Schweiz gemacht und ist dort mittlerweile Leiterin eines Horts mit 15 Mitarbeitern.

Auch ich bin ein Rückkehrer. Ich habe das Land im Jahr 1991 verlassen und war sechs Jahre lang weg. Ich habe es dann mit eigenen Mitteln geschafft, wieder in das Land zurückzukommen. Dieser Weg war damals nicht leicht, weil zu jener Zeit aus den Dörfern in meiner Umgebung alle in meinem Alter, also 19 Jahre, 20 Jahre, 21 Jahre alt, in Richtung Nordrhein-Westfalen oder Bayern verschwunden sind. Viele von denen haben es nicht geschafft, in unser Land zurückzukommen. Dabei sind genau das die Personen, die wir eigentlich hier vor Ort brauchen.

Viele von den GRÜNEN oder von der LINKEN denken, Zuwanderung ist das Allheilmittel, um Fachkräfte zu sichern. Ich kann Ihnen sagen, das ist es nicht. Wenn Sie bei der Handwerkskammer nachfragen, dann werden Sie erfahren, dass Sie ganze fünfeinhalb Jahre brauchen, wenn Sie einen Syrer, der einen Aufenthaltstitel hier hat, zu einem normalen Kfz-Mechaniker ausbilden möchten. Ich persönlich glaube, selbst mein Kind würde

sich das nicht antun, fünfeinhalb Jahre in der Ausbildung durchzuhalten, um Kfz-Mechaniker zu werden.

In Sachsen-Anhalt gibt es viele Rückkehrertage. Ich möchte Bitterfeld und Wittenberg nennen. Vielleicht war jemand von Ihnen schon einmal bei so einem Tag. Diese sind sehr gut besucht. In Wittenberg und Bitterfeld finden diese wieder am 27. Dezember statt. Schauen Sie sich das einmal an. Das ist erfolgreich. Die Kreise reißen sich wirklich ein Bein aus für diejenigen, die im Silvesterurlaub oder zu Weihnachten in die Heimat gekommen sind und sich wirklich ausgiebig über die Jobangebote vor Ort, über die Arbeitsmöglichkeiten informieren, um es vielleicht wieder in die Heimat zu schaffen; denn Heimat ist durch nichts zu ersetzen.

Die Familien sind oftmals hier. Wenn jemand eine Familie gründen möchte, dann ist es schwieriger für ihn, in München Fuß zu fassen als vielleicht hier, wo die Eltern oder andere Verwandte sind, die bei der Familiengründung unterstützen können, indem sie die Kinder in den Kindergarten bringen und solche Dinge. Ich glaube, das ist sehr wichtig.

(Zustimmung von Robert Farle, AfD)

Wenn Sie einmal auf die einzelnen Internetseiten schauen und nachsehen, wie die Förderung funktioniert, dann können Sie feststellen, dass zum Beispiel in Anhalt-Bitterfeld, in Dessau und in Wittenberg anders gefördert wird. In Wittenberg fördern zum Beispiel das Land, die Stadt Wittenberg und die Sparkasse mit Finanzmitteln. In Dessau fördern nur die Industrie- und Handelskammer sowie die Stadt Dessau. In Bitterfeld fördern die Agentur für Arbeit, der EWG-Chemiepark und die Stadt Bitterfeld. Es ist also ein großes Sammelsurium von verschiedenen Akteuren, die versuchen, diese Rückkehrertage zu stemmen.

Genau darauf zielt unser Antrag, mit dem wir fordern, das Land möge sich daran mit mindestens 50 % der Kosten beteiligen. Das sorgt für einheitliche Bedingungen für alle Gemeinden. Derzeit wird in sieben Landkreisen ein Rückkehrertag durchgeführt. So könnten wir das in allen Kreisen und auch überall vergleichbar machen. Derzeit hat jeder Landkreis eine eigene Internetseite wie www.daheimsein.com oder www.zurueck-in-dieheimat.de. Man könnte sehr viel Wertschöpfung erzielen, wenn unser Antrag angenommen werden sollte.

Ich möchte noch etwas anmerken: Es gab schon ein Rückkehrerprogramm. Ich möchte die Landesinitiative PFIFF nennen. Das war im Jahr 2015. Das war eine ähnliche Aktion, um es Fachkräften zu ermöglichen, wieder hierher zurückzukommen. Diese Landesinitiative wurde mittlerweile von dem Programm Fachkraft im Fokus abgelöst.

Wenn Sie sich die Internetseite der IMG anschauen, dann können Sie feststellen, dass dieses Programm überhaupt nicht lebt. Wenn Sie dort nachschauen, dann sehen Sie, dass es für keinen der Rückkehrertage, die schon stattfinden, einen Kalendereintrag gibt. Dieser Kalender ist leer. Das heißt, jeder, der sich beim Land darüber informieren möchte, wo etwas los ist und wo man sich vielleicht informieren kann, um zurückzukommen, findet nichts.

Wenn Sie es dann geschafft haben, sich auf der Internetseite der IMG anzumelden, dann haben Sie die Möglichkeit, dort nach Jobs in Ihrem Bereich zu suchen. Nehmen wir als Beispiel den KfzMechaniker. Das erste Jobangebot, was man dort findet, ist aus Hameln. Das ist also nichts, was Sachsen-Anhalt irgendwie betrifft. Man kommt dann weiter zu Angeboten von - ich nenne es jetzt einmal so - Auktionsplattformen. Das ist absolut nicht zeitgemäß. Wenn Sie in das Impressum schauen, dann stellen Sie fest, dass eine Firma aus Niedersachsen die Seite betreut. Dass das nicht im Landesinteresse ist, ist mir völlig klar. Ich bin gespannt zu erfahren, was das kostet.

Ich denke, ein Rückkehrertag, finanziert mit Landesmitteln, könnte uns wirklich voranbringen. Ich bitte Sie einfach, unseren Antrag positiv mitzunehmen und diesen ganz ohne Rücksicht darauf, welche Partei oder welche Person ihn eingebracht hat, zu übernehmen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der AfD und von André Poggenburg, fraktionslos)

Vielen Dank, Herr Abg. Lieschke. - Bevor wir in die vereinbarte Dreiminutendebatte der Fraktionen einsteigen, hat für die Landesregierung Ministerin Frau Grimm-Benne das Wort. Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich finde den Zeitpunkt Ihres Antrages mit dem Ziel, Rückkehrertage in Sachsen-Anhalt einzuführen, gut; denn am

27. Dezember - der Tag ist genau gewählt - kehren all jene zu ihren Familien zurück, die außerhalb des Landes arbeiten. Sie kehren in ihre Regionen zurück.

Ich will es einmal aufzählen: Stendal, Naumburg im Burgenlandkreis, Lutherstadt-Wittenberg, Dessau-Roßlau, Bitterfeld-Wolfen, Zerbst, Staßfurt, Hohe Börde, Wernigerode und Halle. Im Jahr 2019 kommen noch Halberstadt und Köthen hinzu. Damit hat sich das gesamte Land regional aufgestellt und veranstaltet Rückkehrertage.

Sie haben in Ihrer Begründung selbst gesagt, warum diese Rückkehrtage so gut funktionieren; denn man kehrt in die Heimat zurück und man braucht genau die Unternehmen in der Region, die sich dort repräsentieren. Das könnte ein zentraler Rückkehrertag gar nicht leisten. Deswegen halten wir als Landesregierung daran fest, dass wir sehr wohl mit den Unternehmen der Region in den Regionen Rückkehrertage ausrichten.

In Stendal gab es letztes Mal 1 000 Besucher. Es haben sich 70 Unternehmen der Region dargestellt. Diese Erfolgsmeldung möchte ich hier gern verbreiten.

Was ich weiterhin nicht verstehen kann: Sie haben vorhin das Landesportal PFIFF erwähnt. Das ist aber in die Landesinitiative Fachkraft im Fokus übergegangen. Es ist verändert worden. Wenn Sie auf diese Seiten gehen, dann werden Sie feststellen, dass die Landesinitiative Fachkraft im Fokus bei all den regionalen Rückkehrertagen vor Ort vertreten ist, sich präsentiert und vernetzt. Das macht sie immer zusammen mit den Jobcentern und mit der Agentur für Arbeit, damit diejenigen, die wirklich wechseln wollen, an diesen Tagen auch tatsächlich ein passgerechtes Angebot bekommen.

Wenn Sie sich die Seiten des Welcomecenter Sachsen-Anhalt anschauen würden, dann würden Sie sehen, dass es auch dort ganz viele Angebote gibt; denn der Rückkehrertag ist nur eines der Puzzleteile, die wir haben, um Maßnahmen für ein arbeitsmarktpolitisches Gesamtkonzept unseres Landes zu ergreifen und um eine Gesamtstrategie zu entwickeln, wie wir Fachkräfte wieder in unser Land zurückbekommen können.

Das Land hat sich nicht von Förderungen verabschiedet, sondern fördert das und organisiert nach wie vor die regionalen Rückkehrertage. Ich bin der Auffassung - und dieser Auffassung sind eigentlich auch die regierungstragenden Fraktionen -, dass das kein zentraler Rückkehrertag werden sollte, sondern dass es weiterhin in den Regionen stattfinden sollte und dass wir noch viel mehr Unternehmen dafür gewinnen sollten, sich an diesem Rückkehrertag am 27. Dezember zu beteiligen.

Bei den Beispielen, die Sie genannt haben, werden alle Möglichkeiten bekommen, genau zu dem Zeitpunkt, nämlich nach den Feiertagen, konkrete Angebote zu machen. Es erfreut sich immer größerer Beliebtheit.

Es freut mich einfach, dass wir bei der Einbringung dieses Antrags einmal so einen Erfolgsschlager unseres Landes darstellen konnten. Über die Initiative Fachkraft im Fokus und über das Welcomecenter haben wir schon lange nicht mehr debattiert. Sie leisten gerade in dem Bereich

hervorragende Arbeit, auch Vernetzungsarbeit. Herzlichen Dank für die Möglichkeit, darüber zu reden.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Es gibt keine Wortmeldungen. - Somit steigen wir in die Dreiminutendebatte ein. Der erste Debattenredner wird für die CDU-Fraktion der Abg. Herr Thomas sein. Sie haben das Wort, Herr Thomas. Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Ein Hauptproblem der Wirtschaft in Sachsen-Anhalt ist sicherlich der weiter wachsende Mangel an Fachkräften. Jede Initiative, die diesem Mangel begegnet oder versucht, Lösungen zu finden, ist unterstützenswert; das gilt insbesondere vor dem Hintergrund unserer demografischen Entwicklung. Wir wissen, wir werden leider in Sachsen-Anhalt nicht mehr, sondern perspektivisch immer weniger Menschen. Deswegen müssen wir natürlich schauen, wie wir unsere Wirtschaft und auch die damit verbundene Infrastruktur aufrechterhalten.

Welche Möglichkeiten haben wir in der Politik? - Die erste und, glaube ich, wichtigste Möglichkeit ist die, dass wir erst einmal unsere Landeskinder hier im Land behalten. Das heißt, wir müssen es schaffen, Rahmenbedingungen zu schaffen, die so attraktiv sind, dass die jungen Menschen gar nicht mehr auf die Idee kommen, unser Land zu verlassen, und stattdessen hier nicht nur ihre Ausbildung finden, sondern auch eine Perspektive für ihr gesamtes Leben. Wir geben uns Mühe, gerade auch mit den Hochschulen und der Wissenschaft, entsprechende Klebeeffekte zu erzielen.

Ein zweiter Punkt kann die qualifizierte Einwanderung in unser Land sein. Jawohl, wir brauchen auch ausländische Fachkräfte, die uns dabei helfen, unsere Wirtschaft und die Stärke unserer Wirtschaft aufrechtzuerhalten.

Jawohl, es ist auch richtig, über Rückkehrertage nachzudenken und darüber, dass wir Menschen, die uns aus den unterschiedlichsten Gründen verlassen haben - meistens waren es ja wirtschaftliche Gründe -, wieder zurückholen. Sie sind in den 90er-Jahren vielfach nach Süddeutschland gegangen und denken jetzt darüber nach und sagen: Wir würden jetzt gern wieder zurück nach Sachsen-Anhalt kommen. Dort ist unsere Familie. Dort sind unsere Freunde. Dort ist unsere Heimat.

Zu den Rückkehrertagen kann ich Ihnen berichten, dass wir im Harz bereits einen gemacht haben. Der nächste wird am 27. Dezember in Wer

nigerode stattfinden. Ich lade Sie alle herzlich ein, einmal daran teilzunehmen.

(Andreas Steppuhn, SPD: In Halberstadt! - Angela Gorr, CDU: Letztes Jahr war er in Wernigerode!)

- In Halberstadt, Entschuldigung. Letztes Jahr war er in Wernigerode, diesmal ist er in Halberstadt. Danke für den Hinweis. Ich hatte auch eine Nachfrage von Ihnen. - Sie können sich anschauen, wie attraktiv das ist, wie das wahrgenommen wird und wie das Interesse auf Arbeitgeber- und auf Arbeitnehmerseite besteht, Kontakte herzustellen; denn viele haben den Wunsch, in unser schönes Bundesland zurückzukehren. Gerade zur Weihnachtszeit ist es sehr sinnvoll, weil wir ja wissen, dass sich gerade zur Weihnachtszeit die Familien treffen und auch über solche Sachen diskutiert wird. Sie fragen sich: Wie sieht das kommende Jahr aus und welche Möglichkeiten haben wir?

Im Idealfall kommt es zu einer Umkehrbewegung der letzten 30 Jahre. Wir brauchen uns in Sachsen-Anhalt nicht zu verstecken. Wir haben kräftige Lohnzuwächse. Wir haben eine außerordentlich gute Kinderbetreuung. Wir haben wunderbare Rahmenbedingungen, auch in der kulturellen Landschaft. Ich denke, damit sollten wir offensiver werben und unser Land nicht immer schlechtreden, wie man das manchmal von der Opposition so hört. Wenn diese Reden veröffentlicht würden, dann würde ich als Rückkehrer sagen: Da gehe ich lieber nicht hin; da scheint die Welt bald unterzugehen.

Meine Damen und Herren! Es wird sicherlich zu diskutieren sein, wie ein zentraler Rückkehrertag aussehen könnte. Ich bin bei der Ministerin. So einen Rückkehrertag zentral zur verordnen, ist wenig sinnvoll. Ich glaube, man muss das sehr regional machen. Man muss die regionalen Initiativen unterstützen. Soll das in den Städten stattfinden? Soll das zentral in den Landkreisen stattfinden? Das werden manche fragen. Soll das an einem Termin erfolgen oder soll es vor Ort gestaffelt erfolgen? Natürlich reden wir auch über das Geld. Wie soll die Unterstützung aussehen? Wie hoch soll sie sein?

Wir wollen über diese Möglichkeiten im zuständigen Ausschuss diskutieren. Deswegen bitten wir um Ihre Zustimmung zur Überweisung des Antrages.

Kommen Sie zum Schluss, Abg. Herr Thomas.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Mit Ihrem Satz bin ich fertig geworden. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)