Protocol of the Session on November 21, 2019

Das ist ein beispielloser Ausverkauf unseres Landes. Ja, Sie haben von einer soliden Finanzpolitik und von Rücklagen gesprochen. Sie haben im Durchschnitt immer ein paar Millionen an Grundstockentnahmen für das Landwirtschaftsministerium eingeplant. Das heißt, Sie haben Landesvermögen verkauft und gleichzeitig haben Sie Geld an den Börsen angelegt. Was daran solide sein soll, wenn ich Vermögen nehme, es verkaufe und anderes Vermögen an die Börse bringe, erschließt sich mir nicht. Das ist nicht solide.

Zu den Füllhörnern, weil wir gerade bei der Landwirtschaftspolitik sind. Wer verweigert sich denn seit Jahren einer Änderung der flächenbezogenen Förderung von Landwirten, sodass wir zu einer Steuerung kommen? Also, Füllhörner sind eher ein Thema der CDU.

(Zuruf von Guido Heuer, CDU)

Trotz alledem: Auch kleine Schritte müssen begrüßt werden. Insoweit werden wir Ihrem Antrag zustimmen, selbst wenn Sie unserem Änderungsantrag nicht zustimmen. Ich denke, dazu braucht es einen Schaden wie einen Börsencrash oder Ähnliches, damit Sie vielleicht auch diesbezüglich klug werden.

Ein paar Schönheitsfehler hat Ihr Antrag schon. Ich habe dazu vorhin schon Herrn Meister gefragt. Der Haushaltsgesetzgeber beschließt, dass die Landesregierung - von Ihnen getragen - doch in Zukunft irgendwas tun soll. Warum haben Sie nicht beschlossen, dass der Landtag erklärt, künftig keinem Haushalt mehr zuzustimmen, in dem Entnahmen aus dem Grundstock vorgesehen sind? Das wäre eine klare Haltung gegenüber der Regierung. Aber Sie sind im Bittmodus.

(Dorothea Frederking, GRÜNE: Ja, ja!)

Das sei Ihnen gegönnt. Das zeigt viel über das Verhältnis von Parlament und Regierung, zumindest in dieser Koalition.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Kommunen ist tatsächlich das richtige Thema, das Sie gewählt haben. Hierbei brauchen wir eine Regelung, dass die Kommunalaufsicht die Kommunen nicht mehr zwingt, ihr Tafelsilber zu ver

äußern. Wir müssen vielleicht auch dazu übergehen, dass die Kommunalaufsicht aufhört, kurzfristige Verkaufserlöse schnell gegenzurechnen. Ich glaube, gerade bei Grundvermögen brauchen wir einen Betrachtungszeitraum, der sich um die 30 Jahre herum bewegt. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Stadt Halle, die eine Stiftung hat, die es sei dem Jahr 1374 gibt. Sie ist mit diesem Grundvermögen nicht schlecht gefahren.

Hierbei ist die Frage tatsächlich: Welcher Betrachtungszeitraum liegt zugrunde, um zu entscheiden, ob ein Verkauf wirtschaftlich ist oder nicht? Ein Betrachtungszeitraum von unter 30 Jahren ist wirtschaftlich Wahnsinn.

Unser Antrag zieht die Konsequenz aus dem, was im Land Sachsen-Anhalt diesbezüglich passiert ist. Wenn ich Vermögen anlege, dann tue ich das möglichst breit gestreut. Das Land Sachsen-Anhalt tut es nur an einer Stelle, nämlich an der Börse - mit allen Risiken. Dazu gibt es die Aussage: Über einen längeren Zeitraum haben wir immer Gewinne gemacht. Aber wenn ich mich auf eine einzige Anlageform konzentriere, ist das falsch, und das auch vor dem Hintergrund, dass der Markt für landwirtschaftliche Grundstücke zurzeit völlig überhitzt ist.

Deswegen haben wir in unserem Antrag klar gesagt: Das Land muss wieder die Verhandlungen, was die BVVG-Grundstücke angeht, aufnehmen und sie in seinen Grundstock überführen. Genau das ist Teil dieses Antrages. Wir haben eine Finanzierungsquelle; denn das ist eine langfristige Anlage, das könnte man aus dem Pensionsfonds finanzieren.

Der Gesetzentwurf schmort im Ausschuss. Es ist schade, dass wir darüber nicht sprechen.

Wir werden Ihrem Antrag zustimmen, hätten uns aber mehr Mut von Ihnen gewünscht. Aber auch kleine Schritte sind zu begrüßen. Wir bedauern, dass Sie aus der Erkenntnis nicht die richtige Konsequenz ziehen. Die richtige Konsequenz wäre gewesen, unserem Änderungsantrag zuzustimmen. - Vielen Dank, meine Damen, meine Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Abg. Knöchel. Auch hierzu sehe ich keine Wortmeldungen. - Der nächste Debattenredner ist für die SPD-Fraktion der Abg. Herr Dr. Schmidt. Sie haben jetzt das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der preußische Staat ist spätestens seit dem 17. Jahrhundert mit

seiner Domänenwirtschaft - Anhalt, ein anderes unserer Vorgängerländer, hat das auch sehr konsequent gemacht - einen ganz eigenen Weg gegangen. Das hat etwas mit Agrarstruktur als Instrument herrschaftlicher Durchdringung zu tun gehabt. Damit hat man einfach den eigenen Adel zurückgedrängt und geschwächt, indem man Lehen einbehalten, sie zum Staatseigentum gemacht und nur noch verpachtet hat. Das hat dem preußischen Staat in seiner Entwicklung nach allgemeiner Übereinstimmung eher bei der Modernisierung geholfen.

Zum Zweiten hat man Landesausbau betrieben und Musterwirtschaften auf diese Art errichtet.

Zum Dritten - das hat zum Teil mehr als 50 % der preußischen Staatseinnahmen ausgemacht - hat der preußische Staat über Domänen immer auch Einnahmen gezogen und das zum Teil seiner Finanzwirtschaft gemacht. Das System ist im 17., im 18. und im 19. Jahrhundert entstanden und ganz konsequent ausgebaut worden, obwohl es immer unter Druck war.

Der berühmte Sozialreformer Lorenz von Stein hat sich damit 1860 in seinem finanzwissenschaftlichen Lehrbuch ausgiebig herumgeschlagen, mit diesem Druck in Richtung Privatisierung. Der Privatisierungsdruck ist übrigens - insofern steht unser Finanzminister da in einer guten Tradition - immer eher von der ordnungspolitischen Seite gekommen: zu sagen, wir dürfen nicht so viel staatlichen Landbesitz haben, wir müssen privaten Landbesitz ermöglichen.

Die finanzwirtschaftliche Seite hat sich immer gewehrt und hat gesagt: Wir wollen gerne an den ewigen Einnahmen festhalten. Herr Meister hat es gesagt: Ertragswertrechnungen, die über 25 Jahre den Ertrag berechnen, führen bei einem Staat, der davon ausgeht, dass er ein bisschen länger existiert, am Ende alle ins Negative.

(Zustimmung von Frank Scheurell, CDU, und von Olaf Meister, GRÜNE)

Die Punkte eins und zwei, die damals die alten Preußen bewogen haben, sind inzwischen weitgehend erledigt. Wir haben keinen Adel mehr kleinzuhalten; der ist abgeschafft in Deutschland, obwohl man das manchmal gar nicht glauben möchte, wenn man die Zeitung aufschlägt.

(Heiterkeit bei der SPD)

Das Finanzargument zählt nach wie vor, und an dieser Stelle schlägt jetzt die Koalition einen Pflock ein, der auch einen Wendepunkt darstellt. Das ist in diesem Haus auch von meiner Fraktion zu Zeiten mehrheitlich anders gesehen worden. Aber jetzt sagen wir, wir halten die Entwicklung der Verminderung von landwirtschaftlichem Vermögen ganz bewusst aus finanzwirtschaftlichen

Gründen an. Ob wir damit eine Entscheidung treffen, Herr Knöchel, was die bessere Anlageform der Zukunft ist und wie der Pensionsfonds verwendet wird, darüber will ich noch nicht richten.

Ihr Misstrauen gegenüber der bösen kapitalistischen Aktienwirtschaft teile ich überhaupt nicht, aber es gibt einen anderen Aspekt, der uns in Zukunft darüber nachdenken lassen muss - das spielt bei den Verhandlungen zum Agrarstrukturgesetz auch jetzt schon eine Rolle -, ob wir ganz gezielt Grundvermögen wieder aufbauen, um eine Eingriffsmöglichkeit im agrarstrukturellen Bereich zu haben, um Bodenspekulationen und Bodenkonzentration entgegenwirken zu können.

Wir wissen, dass der innere Frieden einer Gesellschaft in der Menschheitsgeschichte immer von der gerechten Verteilung von Nutzung und Zugang zum Boden abgehangen hat. Das kann man bis weit zurück in die Flussdeltawirtschaften der Vorantike verfolgen. An der Stelle lauert für zukünftige Koalitionen noch eine Aufgabe.

Ich freue mich ausdrücklich, dass der Minister hierzu nicht, der Not der aktuellen Haushaltsaufstellung gehorchend, gesagt hat: Wie könnt Ihr nur? Macht mir doch nicht meinen Haushalt kaputt!, sondern sich im Grundsatz hinter dieses Ziel gestellt hat. Es ist auch berechtigt, dass er darauf hingewiesen hat, dass wir dann im Haushalt noch eine Aufgabe lösen müssen. Wir werden das gerne gemeinsam tun, Herr Minister. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Schmidt. Auch hierzu sehe ich keine Fragen. - Wir kommen zum letzten Debattenredner für diesen Tagesordnungspunkt. Der Abg. Herr Meister spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte, Herr Meister.

Danke, Frau Präsidentin. - Zusammenfassend noch einmal zu den Argumenten, die auf meine Einbringung eingegangen sind: Für die La-OlaWelle war es ein bisschen viel Gemurre, fand ich, aber damit werde ich umgehen können.

Bei der AfD waren diverse Fragen, wieso der Antrag jetzt kommt und was die geheimnisvolle Motivation sein mag. - Ich habe keinen Lernprozess gebraucht. Dieser Antrag verkörpert das, was wir

(Beifall bei den GRÜNEN)

GRÜNEN in der Opposition gesagt haben. Wenn man dann in die Regierung kommt und man steht

dann vor den Dingen, die da sind, muss man sich eben für seine Position einsetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist nicht so, dass das gleich am 1. Juli 2016, zack!, in die Richtung des kleinsten Koalitionspartners läuft und alle jubeln. So ist das nicht, sondern das ist natürlich ein Prozess. Wir haben auch - wenn ich jetzt hier kritische Gesichter sehe - gemeinsam schon im letzten Haushalt genau für diese Position gerungen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für uns ist das kein Schwenk, sondern die Durchsetzung dieser Position.

„Geheimnisse“ haben Sie gesagt, „da wird was verschleiert“. - Diese Problematik besteht wirklich seit Jahrzehnten, und seit Jahrzehnten wissen das auch alle und seit Jahrzehnten wird das genau in dieser Form diskutiert. Wir steuern jetzt hier in diese Richtung um.

Sie sagen, das ist ein dreistes Vorgehen und wir würden das im Nachhinein legitimieren. - Na ja, legitimiert wurde das jeweils hier durch das gesamte Haus, da gibt es Haushaltsbeschlüsse seit 30 Jahren, die genau die Dinge vorsahen in den unterschiedlichsten Konstellationen; daran waren ja diverse Parteien beteiligt. Insofern möchte ich auch das zurückweisen.

Die Überweisung halte ich nicht für sinnvoll. Es geht um diesen Grundsatzbeschluss. Alle sind sich einig, wenn ich das richtig verstanden habe, was zukünftig passieren soll.

Natürlich ist spannende Frage - Sie sehen ja, wie die Diskussion mit dem Finanzminister läuft - genau die Problematik, die wir jedes Mal wieder haben: Natürlich gibt es gute Gründe zu sagen, wir brauchen das Geld und wir müssen den Haushalt dicht kriegen. Diese mutigen und kreativen Ansätze sind dann gefragt. Da müssen wir tatsächlich darum ringen, dass wir das schaffen. Da bin ich ganz beim Finanzminister.

Dann zu Herrn Knöchel. - Das habe ich mir so unsauber aufgeschrieben, dass ich das nicht mehr lesen kann.

(Eva von Angern, DIE LINKE, lacht)

Möglicherweise habe ich das schon beantwortet. - Ich bitte Sie letztlich um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Vielen Dank, Herr Abg. Meister. Ich sehe auch hierzu keine Fragen.