Protocol of the Session on August 29, 2019

(Zuruf: Eben!)

Und die Abwägung der kollidierenden Grundrechte erfolgt durch die Versammlungsbehörde. Die von Ihnen geforderte Bannmeile wird schon jetzt im Rahmen von beschränkenden Verfügungen durch die Versammlungsbehörden umgesetzt, indem dem Anmelder ein genauer Versammlungsort zugewiesen wird.

Ich weiß, Sie mögen es nicht, wenn eine Gegendemonstration mit einer deutlich höheren Anzahl von Versammlungsteilnehmern mehr Aufmerksamkeit erhält und lautstärker ist als Ihre eigene angemeldete Versammlung. Aber Sie müssten das einfach mal ertragen.

(Zuruf von der AfD)

Denn jeder hat das Recht, seine Meinung kundzutun, das auch in Sicht- und Hörweite von anderen

Versammlungen. Im Namen der Koalition kann ich Ihnen mitteilen, dass es mit uns keine Einschränkung von Grundrechten und eine Einführung von Versammlungsrechtsdiktatur geben wird. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der LIN- KEN)

Herr Schulenburg, es gibt eine Wortmeldung. - Wir erinnern uns: Dreiminutendebatten bedeuten eine Wortmeldung pro Fraktion. Das werde ich jetzt beibehalten. Entweder spricht Herr Loth oder es spricht Herr Farle. - Herr Loth tritt an Herrn Farle ab. Herr Farle, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hier wird ein völlig falsches Bild dargestellt. Das war auch bei Herrn Stahlknecht so, das war jetzt auch bei Ihnen so. Die Tatsachen sehen völlig anders aus.

Es wird eine Demonstration - ich nehme ja nun viel an Demonstrationen oder Kundgebungen teil - von der AfD angemeldet. Dann gibt es einen Haufen schreiende, darunter auch einiger pöbelnde Leute, wo die Antifa meistens sichtbar ist, wo dann auch Gewerkschaftsfahnen in dieser Gruppierung zu sehen sind, die so laut pfeifen und Theater und Krach machen, aber keine Wortmeldungen haben, auf Diskussionsangebote nicht reagieren, sodass ich manchmal schon das Gefühl habe, hier hast du es mit Pöbeln zu tun; das sage ich Ihnen ganz offen.

Diese Situation ist unerträglich; denn das ist die Einschränkung der Meinungsfreiheit. Nicht wir wollen Meinungsfreiheit einschränken. Wir fordern aber ein, dass wir unsere Kundgebung entsprechend dem Gesetz störungsfrei durchführen können. Wir sind dann gezwungen, riesige Lautsprecheranlagen aufzufahren, damit wir unser eigenes Wort in einer Entfernung von 50 m vor diesen Lautsprechern noch verstehen können.

Das sind Methoden, wie sie früher, im Dritten Reich, die Nazis mit ihren Prügelbanden angewandt haben, die teilweise hier angewandt werden, nur dass es noch nicht beim Schlägerterror, sondern beim Lautstärketerror ist. Das gehört sich in einer Demokratie nicht.

Ich habe mich schon mal mit einem Polizeipräsidenten in der Wolle gehabt, dem ich klar gesagt habe, dass er seine Pflichten verletze. Meiner Meinung nach muss die Polizei auch die Lautstärke messen. Wenn dort Lautsprecher von der Antifa oder von solchen Leuten aufgefahren werden, die möglicherweise auch noch staatlich subven

tioniert sind, wenn die da hinkommen und finanziert werden,

(Zurufe von der CDU und von den GRÜ- NEN)

und so laut sind, dass man auf der anderen Seite sein eigenes Wort

Herr Farle, zwei Minuten sind um. Kommen Sie zum Ende.

nicht mehr versteht - - Ich komme zum Ende.

Nein, Sie sind am Ende. - Punkt.

Nee, ich bin nicht am Ende.

Doch, zwei Minuten und acht Sekunden sind um.

(Zustimmung)

Sie können mich nicht zum Ende bringen.

Nein, Herr Farle, wir können es nicht so machen, dass eine Intervention länger ist als die Rede, auf die sie sich bezieht. Das ist doch logisch. Das war jetzt schon länger als zwei Minuten. Aber Herr Schulenburg hat die Chance zu antworten, wenn er möchte.

Ich habe keine Frage vernommen. Vielleicht nur zu Ihren Ausführungen. Herr Farle, wir haben die Aufgabe, Ihren Antrag zu bewerten, auch juristisch zu bewerten, und nicht Ihre Sichtweisen, wie Sie es vor Ort vielleicht wahrnehmen. Wenn Sie der Meinung sind, dass Sie bei der Durchführung einer Versammlung gestört werden, dann müssen Sie zur Not auch vor Ort eine Anzeige bei der Polizei machen.

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

- Genau. - Übrigens ist die Polizei niemals Versammlungsbehörde, sondern das sind die Landkreise. Die Landkreise sind Versammlungsbehörde. Dann müssen Sie sich bei der Versammlungsbehörde beschweren, nur mit Ausnahme von Magdeburg.

(Zurufe von der AfD)

Dann sind wir am Ende des Redebeitrages. Als fraktionsloser Abgeordneter hat der Abg. Herr Poggenburg eine Wortmeldung angekündigt.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Dann geht die Demonstration mit den Teilnehmern gefähr- lich aus!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Abgeordnete! Wir müssten oder sind uns vielleicht alle einig darüber, dass natürlich das Recht auf freien Protest, auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit eines der höchsten Güter im freiheitlichen Rechtsstaat sind.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das gilt auch für uns!)

Das ist alles im Grundgesetz schön geregelt - das wurde heute schon angesprochen - in Artikel 5, Artikel 8 und im Versammlungsrecht. Das ist alles wunderbar theoretisch geregelt. Aber das auch vorhandene, völlig legitime Recht auf Gegenprotest und Gegendemonstration wird immer öfter missbraucht.

Wenn das geschieht, wenn also in Polizeilageberichten geschrieben wird, dass mit linken Störaktionen oder gewaltbereiten Blockadeaktionen zu rechnen ist, dann sind wir an einem Punkt angelangt, wo es nicht mehr um einen Gegenprotest geht, sondern wo es ganz einfach darum geht, dass der eigentliche Anmelder, die eigentliche Protestversammlung eingeschränkt werden soll, dass deren Grundrecht beschnitten werden soll. Dann ist die Gegendemonstration nicht mehr legitim; das ist das Problem daran.

Ich sehe im Antrag der AfD auch nicht, dass so ein Grundrecht eingeschränkt werden soll. Nein, es sollen die Grundrechte wahrgenommen werden können, aber so, dass sie sich nicht gegenseitig ausschließen. Das ist das Problem, dass man sich nicht gegenseitig im Grunde die Möglichkeit, das Recht wahrzunehmen, nimmt.

So gesehen ist es ganz klar, dass nicht nur Gewaltbereitschaft auf Gegendemonstration unterbunden werden muss, sondern dass auch das Stören, das Niederschreien von Meinungen unterbunden werden muss, weil das schon langsam faschistoide Methoden sind, die wir - wir haben es heute gehört - aus der Zeit der Weimarer Republik kennen.

Wir müssen überlegen, wie man dessen Herr werden kann. Der Hintergrund des Antrages der AfDFraktion ist ganz einfach dazu geeignet und sollte entsprechend positiv verabschiedet werden. - Vielen Dank.

Dazu gibt es jetzt eine Nachfrage, und zwar des Kollegen Erben.

Ich weiß schon, was die Nachfrage bedeutet.

Herr Poggenburg, Sie nehmen ja Ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit vor allem im benachbarten Freistaat Sachsen wahr. Ich bin zufälligerweiser Augenzeuge einer Ihrer Großveranstaltungen am 17. Juli auf dem Simsonplatz in Leipzig geworden. Wie viele Leute hätten denn da kommen dürfen?

Um es zu beschreiben: Das ist der Platz vor dem Bundesverwaltungsgericht. Da war Herr Poggenburg - ich habe es gezählt - mit 21 Versammlungsteilnehmern. Ich war in Sichtweite, konnte es also zählen. In einer Entfernung von etwa 200, 300 m waren die Gegendemonstranten. Die waren zugegebenermaßen sehr laut.

Wie weit hätten sie denn aus Ihrer Sicht entfernt sein müssen, wenn wir jetzt diese Abstandsregelung einführen würden? Und wie viele hätten es denn sein dürfen? Auch nur 21, um das gleichmäßig zu halten? - Denn die Dinge sind am Ende immer konkret. Beschreiben Sie das doch mal!

Erstens müssen das nicht nur 21 sein, denn wir freuen uns immer, wenn wir Leute auf die Straße kriegen und für Politik interessieren, egal von welcher Seite. Das ist so gesehen ein ganz großer Erfolg. Sie haben das ähnlich schon gesagt.

Zweitens haben Sie sich ein bisschen vertan; denn die Gegendemonstrationen - es gab mehrere - waren erstmal weit genug weg. Aber dann begann Folgendes: Man bewegte sich auf unsere Demonstration zu und die Polizei musste einschreiten.

Dann stellt sich natürlich die Frage, ob man das nicht vorher so machen kann, dass der Abstand doch noch größer sein muss - leider -, damit die eigentliche Versammlung durchgeführt werden kann. Vor allem muss für die Versammlungsteilnehmer der ursprünglichen Versammlung die Möglichkeit bestehen, dort überhaupt gefahrlos anzurücken, Wege zu finden, keine Angst haben zu müssen, dort hinzukommen, keine Flaschenwürfe, keine Schubsereien in Kauf nehmen zu müssen. All das sollte besser gewährleistet werden für den Fall Leipzig - wie Sie gerade sagten -, aber auch für Fälle in Magdeburg und Halle, überall dort, wo sich Unistädte leider im linken Milieu bewegen.

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE, und von Rüdiger Erben, SPD)

Herr Erben, ich sehe, dass Sie darauf brennen, noch eine zweite Frage zu stellen. Sie haben Pech, ich lasse sie nicht zu. Wir haben eine Dreiminutendebatte. Sie haben eine Frage gestellt. Die Chance ist da gewesen.

(Rüdiger Erben, SPD: Schade!)

- Es kann sein, dass Sie das schade finden, aber es ist trotzdem so. - Wir sind am Ende des Debattenbeitrages. Zum Abschluss der Debatte spricht noch mal der Abg. Herr Höse für die AfD-Fraktion.

Danke, Herr Präsident. - Ich mache es kurz. Was soll ich zu dieser Debatte, die im Prinzip bloß eine Scheindebatte war, nun großartig sagen? Dass Sie unseren Antrag ablehnen, hat uns jetzt nicht wirklich überrascht; denn sonst würden Sie sich eine Möglichkeit im Kampf gegen uns nehmen. Das wäre schön blöd.

Der Vorwurf, dass wir grundrechts- oder verfassungswidrig agieren, ist natürlich völlig absurd. Wenn ich mich irgendwie auf das Grundgesetz beziehe und das Recht einfordere, kann es nicht verfassungswidrig sein. Was soll das? Das ist Schwachsinn.