Impfungen dienen der individuellen, aber auch der bevölkerungsmedizinischen Prävention, indem sie die Weitergabe von Erkrankungen an andere Menschen verhindern. Dabei ist insbesondere der Schutz von Nichtimpffähigen zu beachten. Es gibt eben Menschen, die wegen ihres noch sehr jungen Lebensalters oder wegen einer Schwächung ihres Immunsystems nicht geimpft werden können. Gerade aber für sie, für all diejenigen ist es wichtig, dass möglichst alle Menschen in ihrer Umgebung geimpft sind.
Nach § 60 Abs. 6 des Infektionsschutzgesetzes kann das Bundesgesundheitsministerium durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates eine Impfpflicht für übertragbare Krankheiten mit klinisch schweren Verlaufsformen anordnen. Lassen Sie uns gemeinsam darauf hinwirken, dass der von Bundesgesundheitsminister Spahn angekündigte Gesetzentwurf zur Einführung einer Impfpflicht gegen Masern realisiert wird. Denn Infektionskrankheiten machen nicht vor Landesgrenzen halt. Daher ist eine bundeseinheitliche Lösung wichtig und richtig.
Für eine Umsetzung braucht es weitere Konzepte. So gilt es zu bedenken, dass es in Deutschland momentan keinen Einfachimpfstoff gegen Masern gibt. Nach meinem Wissen wird im Moment nur der Dreifach- oder der Vierfachimpfstoff angewandt. Ich habe damit keine Probleme, dann werden Menschen im gleichen Zug auch gegen Röteln, Windpocken und Mumps geimpft.
Aber lassen Sie mich positiv mit meinem Beitrag enden. Schauen Sie auf den Status quo SachsenAnhalts. Wir gehen bislang einen sehr erfolgreichen Weg. Der Impfstatus wird bei der Schuleingangsuntersuchung sowie bei Reihenuntersuchungen in den Klassen 3 und 6 durch die Gesundheitsämter überprüft. Die Durchimpfungsraten für das Untersuchungsjahr 2017 betrugen für die Schulanfänger bei der ersten Impfung gegen Masern 98,3 % und bei der zweiten Impfung 94,1 %. In den dritten Klassen des Untersuchungsjahres 2017 betrugen die Durchimpfungsraten bei der ersten Impfung 98,9 % und bei der zweiten Impfung 96,8 %. Wenn man noch weitergeht: Bei den Kindern der sechsten Klasse war immerhin eine Impfungsrate für die erste Impfung von 99,2 % und für die zweite Impfung von 97,8 % auszumachen.
Somit sind unsere Kinder in unserem Land sehr gut geschützt. Die erfassten Impfquoten sind hier höher als der Bundesdurchschnitt.
Aber kritisch sieht es oft bei den Erwachsenen aus, die es verpasst haben, wichtige Auffrischungsimpfungen oder die zweite Masernimpfung nachzuholen. Es gibt große Impflücken bei Erwachsenen, insbesondere bei vor 1970 geborenen Personen.
Darum stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, die Masernimpfung auch für Erwachsene oder sogar alle Impfungen, die die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut empfiehlt, für Kinder und Erwachsene verpflichtend zu machen. Insbesondere auch Erwachsene in medizinischen Berufen oder diejenigen, die als pädagogisches Personal arbeiten, haben eine besondere Verantwortung gegenüber ihren Schutzbefohlenen.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wir dürfen bei der Information der Öffentlichkeit zum Thema nicht nachlassen. Die bundesweite Einführung einer Impfpflicht sollte mit einer Impfkampagne des Landes einhergehen, damit eben insbesondere auch Erwachsene ihren Impfstatus kontrollieren und gegebenenfalls auffrischen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich sehe keine Wortmeldungen. - Wir steigen nunmehr in die vereinbarte Fünfminutendebatte ein. Der erste Redner wird für die Fraktion DIE LINKE der Abg. Herr Gebhardt sein. Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir würden heute nicht über diesen Antrag diskutieren müssen,
wenn wir das Ziel der Weltgesundheitsorganisation, die Masern in Europa bis zum Jahr 2010 auszurotten, erreicht hätten.
Die Zahl der Erkrankungen ist aber europaweit sogar auf 82 000 Fälle gestiegen. Im Winter 2014 erkrankten in Berlin in kurzer Zeit etwa 1 300 Menschen an Masern. Kollegin Pähle hat das Beispiel aus Coburg anschaulich geschildert. Ich kann noch ergänzen, neben dem Ausbruch in Berlin sind im Jahr 2017 in Italien Masernepidemien ausgebrochen. Die italienische Regierung hat daher Pflichtimpfungen für alle Kinder und Jugendlichen verordnet. Auch in Frankreich müssen die Eltern inzwischen Impfnachweise für elf Krankheitserreger vorlegen.
Dies zeigt, meine Damen und Herren, es kann offenbar keinen wirksamen Gesundheitsschutz ohne eine Impfpflicht geben.
Die Masern sind eine der gefährlichsten Infektionskrankheiten, die vor allem bei Kindern auftreten. Aus diesem Grund setzen wir uns für eine verpflichtende Impfung von Kindern vor der Aufnahme in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindertagesstätten ein.
Wie Sie wissen, tritt DIE LINKE für das Recht auf Gesundheit ein. Dieses Recht funktioniert jedoch nicht ohne die Einsicht, dass sich alle impfen lassen. Dies darf aber nicht gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit ausgespielt werden, das einige als Argument gegen das Impfen anführen.
Vielmehr wird das Recht auf körperliche Unversehrtheit aus unserer Sicht durch diejenigen gefährdet, die sich weigern, ihrer Verpflichtung nachzukommen, sich und ihre Kinder impfen zu lassen. Daher sollte von diesem Plenum die Botschaft ausgehen: Wenn es um die Gesundheit unserer Kinder geht, dann darf sich niemand seiner Pflicht entziehen.
Bestätigt wird unsere Position vom Präsidenten des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärzte Herrn Dr. Hartmann. Er sieht es genauso - ich zitiere -:
„Wir fordern aber, dass alle Kinder beim Start in eine überwiegend staatlich finanzierte Kita oder Schule einen Impfnachweis vorweisen müssen.“
Ich darf ergänzen, dass dies aus der Sicht unserer Fraktion natürlich auch für die privaten Einrichtungen gelten muss.
Meine Damen und Herren! Nun wird immer wieder kritisiert, dass es zu wenig Aufklärung, zu wenig Impfberatung gibt. Doch seit dem Jahr 2017 haben wir die verpflichtende Impfberatung für Eltern vor der Aufnahme der Kinder in eine Gemein
schaftsbetreuung. Demnach sind Kitaleitungen verpflichtet, das Gesundheitsamt zu benachrichtigen, wenn Eltern den erforderlichen Nachweis über eine ärztliche Impfberatung nicht vorlegen.
Informationskampagnen und Beratungsgespräche sind auch weiter notwendig. Das steht ja auch in unserem Antragstext. Es ist aber auch an der Zeit, ein Zeichen gegen - ich sage es einmal so - Bequemlichkeit zu setzen. Denn ohne die Impfpflicht müssten wir uns heute noch mit Seuchen wie den Pocken herumschlagen.
Die Impfpflicht ist demzufolge ein Stück Zivilisation, wie es der Publizist Peter Nowak vor einiger Zeit ausdrückte. Mich zumindest verwundert es in diesem Kontext keineswegs, dass sich die AfDFraktion beispielsweise in Baden-Württemberg kürzlich vehement gegen eine Impfpflicht aussprach.
Innerhalb des demokratischen Spektrums erleben wir dagegen seit einiger Zeit eine interessante Koalition der Vernunft. Wir finden es ausdrücklich gut, dass sich in Brandenburg SPD, LINKE und CDU bereits im April auf eine Impfpflicht gegen Masern geeinigt haben.
Nun will auch der Bund nachziehen. Dass meine Bundestagsfraktion die Bundesregierung lobt, kommt nun wahrlich selten vor. Ich will aber gern unseren Abg. Jan Korte zitieren, der sagte, dass die Idee einer bundesweit einheitlichen Impfpflicht - Zitat - „eine der wenigen sinnvollen Initiativen aus der Bundesregierung“ ist. Damit hat er zweifellos recht.
Auch in Thüringen ziehen demokratische Kräfte an einem Strang. Und das ist nun auch bei uns so. Meine Fraktion hat der Koalition den Vorschlag unterbreitet, hierbei gemeinsam zu agieren. Die Koalition hat offenbar nicht allzu lange überlegt und diskutiert, sondern sich für diese Variante der Zusammenarbeit entschieden. Besten Dank also, dass dies bei diesem Thema so unkompliziert möglich war.
Wir finden übrigens, dass ein solches Beispiel ruhig Schule machen sollte; denn ich bin mir sicher, dass die Bevölkerung es grundsätzlich gutheißt, wenn in der Sache vernünftig zusammengearbeitet wird und so Situationen in Sachsen-Anhalt verbessert werden.
Zusammenfassend ist zu sagen: Wenn es uns gelingt, tödlichen Infektionskrankheiten erfolgreich den Kampf anzusagen, dann ist das gut für unsere Kinder. Und was gut für unsere Kinder ist, ist gut für Sachsen-Anhalt. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Abg. Gebhardt. Auch hierzu gibt es keine Wortmeldungen. - Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Krull. Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine sehr geehrten Mitglieder des Hohen Hauses! In den vergangenen Monaten, gerade auch in den letzten Wochen wurde das Thema Impfpflicht gegen Masern sehr intensiv öffentlich diskutiert. Dabei haben sowohl Befürworter als auch Gegner dieser Impfpflicht mit großer Leidenschaft für ihre jeweiligen Positionen geworben.
Aber neben den Emotionen, die bei einem solchen Thema sicherlich eine große Rolle spielen, müssen wir uns auch einmal die Fakten anschauen. Die übergroße Mehrheit der Fachleute geht davon aus, dass wir eine Durchimpfungsrate von 95 % brauchen, damit die restlichen 5 % der Bevölkerung, die aus bestimmten Gründen, zum Beispiel wegen einer Immunschwäche oder weil sie zu jung sind, nicht geimpft werden können, trotzdem mit geschützt werden. Dieser Herden- oder Gemeinschaftsschutz liegt also im Interesse aller.
Wie sieht die Situation eigentlich in Sachsen-Anhalt aus? Die Zahlen aus Sachsen-Anhalt finden Sie bereits in unserer Antragsbegründung. Ich möchte Sie wiederholen. Bei den Schulanfängern haben 98,3 % die erste Masernschutzimpfung und 94,1 % die zweite Masernschutzimpfung erhalten. Damit sind wir schon recht nah an den bundeseinheitlich geforderten 95 %.
Die Ständige Impfkommission empfiehlt übrigens in Deutschland, in den ersten elf bis 23 Lebensmonaten die erste Impfung durchzuführen und die zweite Impfung ca. vier Monate später. In anderen Ländern in Europa wird diese zweite Impfung übrigens erst im vierten bis sechsten Lebensjahr durchgeführt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jeder Masernfall ist ein Masernfall zu viel. Aber wir sollten die Situation auch nicht düsterer zeichnen, als sie tatsächlich ist. Derzeit stirbt leider ca. alle zwei Jahre ein Kind an Masern. Die Fallzahlen in Deutschland insgesamt schwanken, das aber auf einem niedrigen Niveau.
Aber wie erreichen wir diejenigen, die ihre Kinder bisher nicht gegen Masern haben impfen lassen oder die nur die erste Impfung haben durchführen lassen? Andere Bundesländer haben dazu Vorschläge erarbeitet. Das Beispiel Brandenburg wurde schon genannt.
tionen und der Opposition. Geschätzter Herr Kollege Gebhardt, ich will es gleich noch einmal deutlich sagen: Gemeinsame Anträge von Koalition und Opposition werden im Landtag von SachsenAnhalt trotzdem weiterhin die Ausnahme bleiben und nicht der Regelfall werden.
- Das ist eine seltene Einigkeit heute hier im Hohen Haus. Das sollten wir aber nicht zur Regel werden lassen. Wir sollten schon noch einmal deutlich machen, wer Regierungsverantwortung trägt und wer nicht.
Aber machen Einzellösungen in den Bundesländern tatsächlich Sinn? - Ich denke, nicht. Daher begrüßen wir ausdrücklich die Initiative des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn für eine bundesgesetzliche Regelung, die seit kurzem vorliegt und die nun das parlamentarische Verfahren in Berlin durchlaufen wird.
Darin wird dann auch ganz deutlich geregelt werden, wie die Abwägung zwischen den einzelnen Rechtsgütern vorgenommen wird. Welche Bedeutung hat das Recht auf körperliche Unversehrtheit gegenüber dem notwendigen Bevölkerungsschutz durch die Impfpflicht? Wie sieht es mit dem Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung gegenüber der Impfpflicht aus? Diese und weitere Fragen müssen nun geklärt werden, und zwar in dem Sinne, dass der Gesundheitsschutz natürlich Priorität hat.
Es ist auch sinnvoll, dass der Gesetzentwurf auch das Personal in den entsprechenden Einrichtungen mit beachtet und insoweit ebenfalls einen entsprechenden Nachweis der Impfung fordert.
Der Ausschluss von Kindern vom Besuch der Kindertageseinrichtungen kann natürlich nur der letzte Schritt sein. Durch die auch im Entwurf des Bundesgesetzgebers vorgesehenen Ordnungsgelder sollen die Erziehungsberechtigten die negativen Folgen ihrer Entscheidung gegen die Impfung deutlich zu spüren bekommen.