Protocol of the Session on May 23, 2019

Ich will Ihnen das mit ein, zwei möglichst sachlichen Argumenten einmal dartun.

Das Erste ist, dass wir uns alle Sorgen und Gedanken darüber machen, wie wir vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und der zurückgehenden Schülerzahlen - darauf haben Sie dann doch richtigerweise hingewiesen - die Schulen im ländlichen Raum erhalten können. Das eint, glaube ich, uns alle in diesem Hohen Haus. Sie sind nicht die Ersten, die diese Botschaft unters Volk bringen, sondern das ist in den letzten Jahren immer ein Thema gewesen.

Ich nehme auch zur Kenntnis, dass beide Oppositionsfraktionen das Thema Schule im ländlichen

Raum aufgegriffen haben. Ich habe auch Plakate der LINKEN wahrgenommen, auf denen „Lasst die Schule im Ort!“ oder Ähnliches steht; ich weiß es nicht genau. Aber Sie wissen genau, dass gerade wir uns in dieser Wahlperiode extrem viele Gedanken darüber gemacht haben. Wir haben uns nicht nur Gedanken gemacht, sondern haben auch Vorschläge unterbreitet und nicht nur irgendwelche billigen Parolen von uns gegeben.

(Tobias Rausch, AfD: Oh!)

Das Instrument des Schulverbundes, das mit dem neuen Schuljahr vorangeht, ist geradezu das typische Beispiel dafür, dass diese Regierung und diese Koalition Instrumentarien entwickeln, um flexibel auf solche Situationen zu reagieren. Ich kenne Abgeordnete aus der CDU-Fraktion, namentlich Frau Gorr, und aus der Fraktion DIE LINKE, namentlich Frau Hohmann, die vor Ort gewesen sind, sich um konkrete Projekte gekümmert und dafür eingesetzt haben. Es gibt auch noch andere Beispiele, zu denen ich nur den Kollegen Heuer angucke. Aber von Ihnen höre ich nur Parolen.

(Zustimmung von Andreas Schumann, CDU, und bei den GRÜNEN)

Waren Sie überhaupt in Siersleben? Können Sie davon überhaupt reden, meine Damen und Herren? - Ich glaube, das, was Sie hier von sich gegeben haben, ist an Verlogenheit und an Hohlheit nicht zu überbieten.

Der zweite Punkt: Wir können noch zehn Schulen eröffnen. Am Ende geht es aber auch darum - mit dieser Frage können Sie sich vielleicht auch einmal beschäftigen -, dass die Kids in der Schule etwas lernen.

(Zuruf von Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD)

Deswegen geht es vor allen Dingen um die Frage, wie wir mit Blick auf die Erfordernisse des Lehrereinsatzes in Zeiten des Lehrermangels unter Berücksichtigung der Inhalte am Ende eine Schule organisieren, die auch sinnvoll ist; denn wenn eine Kollegin in einer von Ihnen beschriebenen Schule ausfällt, dann sehe ich die 100-prozentige Unterrichtsversorgung krachen gehen. Das kann es doch auch nicht sein. Wir müssen also einen sinnvollen Kompromiss finden.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Auf der einen Seite ist nämlich - das will ich Ihnen auch ganz klar sagen - aus schulorganisatorischer Sicht mindestens eine Zweizügigkeit der Idealfall. Auf der anderen Seite - das sage ich als Vertreter der CDU-Fraktion - muss ich mir von Ihnen nun wirklich nicht Belehrungen darüber anhören, was wir im ländlichen Raum machen.

Von der A 14 angefangen in der Altmark bis zur sozialen Infrastruktur hat die CDU-Fraktion extrem viele Vorschläge gemacht, und zwar inhaltliche Vorschläge und keine Parolen, wie Sie sie hier dreschen.

(Zuruf von Volker Olenicak, AfD)

Sie werden vielleicht den einen oder anderen populistischen Applaus dafür einheimsen. Diesem Land nützen Sie damit aber auf keinen Fall, meine Damen und Herren. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU - Zu- ruf von Oliver Kirchner, AfD)

Herr Minister, ich habe eine Wortmeldung von Herrn Roi gesehen. Diese kann er jetzt realisieren. - Herr Rausch, wir befinden uns in einer Dreiminutendebatte. Das ist genau der Punkt, den ich vorhin angesagt habe: ein Fragesteller pro Fraktion. - Herr Roi, Sie haben das Wort.

Herr Minister, ich dachte eigentlich, Sie haben für die Landesregierung gesprochen. Jetzt haben Sie aber gerade für die CDU gesprochen. Ich weiß nicht, ob Sie jetzt gleich auch für die Fraktion gesprochen haben. Aber egal.

Ich bin ja Mitglied.

Dazu deswegen ein Kommentar von mir. Bei mir im Landkreis war die CDU in den letzten Jahren vor allem der Garant für Schulschließungen. Das lassen wir einfach einmal so stehen.

(Zustimmung von Ulrich Siegmund, AfD, und von Matthias Büttner, AfD)

Ich will einmal auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage in der Drs. 7/4337 zurückkommen, die ich zusammen mit meinem Kollegen Gehlmann gestellt habe. Darin antworten Sie auf Frage 11 wie folgt:

„Ein gesondertes Förderprogramm zur Sanierung der Infrastruktur von Grundschulverbünden ist nicht vorgesehen.“

Das ist die erste Aussage, die Sie treffen.

In der Antwort auf Frage 13 führen Sie aus:

„Das Schulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt lässt in seiner derzeit gültigen Fassung grundsätzlich nicht zu, einen Grundschulverbund mit mehr als zwei Grundschulen [oder Standorten] einzurichten.“

Genau dies sind zwei Kernpunkte, die wir kritisieren und bei denen wir Handlungsbedarf sehen. Jetzt ist meine Frage: Wollen Sie an den zwei Stellen, die ich gerade aus der Antwort auf die Kleine Anfrage erwähnt habe, politisch wirksam werden, damit wir das vielleicht ändern, sodass es für Grundschulverbünde Sanierungsprogramme und auch Möglichkeit gibt, aus drei Standorten einen Grundschulverbund zu machen? - Das ist meine Frage.

(Zustimmung bei der AfD - Ulrich Sieg- mund, AfD: Ja!)

Lieber Herr Roi, wenn Sie sich einfach einmal konstruktiv um Dinge kümmern

Mache ich.

und das Gespräch suchen würden, dann würden Sie mit Ihrem etwas verengten Blick auf politische Realitäten zur Kenntnis nehmen, dass wir Modellprojekte fahren, bei denen ich das Instrument des Grundschulverbundes genau aus dem Grund flexibel handhabe, dass wir individuell maßgeschneiderte Lösungen finden, wie wir sie im Harz brauchen. Dort und in anderen Bereichen gibt es Wegebeziehungen, die im Winter abenteuerlich sind. Das setzt voraus, dass es vor Ort Initiativen gibt, die auf uns zukommen und mit uns reden. Dann kann man über alles sprechen.

Wenn Sie aber nur in Ihrer Ecke sitzen, maulen und meckern und die CDU als den Beelzebub Ihrer politischen Wahrheit nehmen, werden Sie den Menschen nicht helfen, sondern leben Ihre Feindbilder aus. Damit kann man glücklich werden. Aber damit nützen Sie dem Land nicht.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Dr. Katja Pähle, SPD - Oliver Kirchner, AfD: Dafür haben wir den Antrag gestellt!)

Wir treten in die Dreiminutendebatte der Fraktionen ein. Zunächst kommen wir zu der Rednerin der SPD-Fraktion. Das ist Frau Prof. Kolb-Janssen. Sie hat jetzt das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich eines klarstellen: Hier wurde von demografischem Wandel und von sinkenden Schülerzahlen gesprochen. Das Gegenteil ist der Fall! Wir haben in den letzten Jahren steigende Schülerzahlen zu verzeichnen. Nach den Progno

sen der statischen Landesämter haben wir mittlerweile 10 000 Schülerinnen und Schüler mehr, als ursprünglich vorgesehen.

Das Problem, das wir haben, ist ein anderes. Wir sind ein großes Flächenland. Wir haben Gebiete, die dünner besiedelt sind als die großen Städte mit vielen Einwohnern, und wir müssen auch für die ländlichen Gebiete Lösungen finden, um kleine Schulstandorte zu erhalten. Genau das haben wir mit dem Schulverbund getan.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU, und von Guido Heuer, CDU)

Das ist eine Regelung, die erst seit relativ kurzer Zeit in Kraft ist.

(Guido Heuer, CDU: 1. Februar!)

Die Kommunen als Schulträger müssen jetzt konkret überlegen: Was wollen wir? Wie wollen wir unsere Schullandschaft vor Ort gestalten? - Das müssen sie dann beschließen. Das sind demokratische Entscheidungen zur Fortentwicklung der Schulentwicklungsplanung, sodass es im Moment noch nicht verwunderlich ist, dass es noch nicht so viele Anträge auf Bildung von Schulverbünden gibt.

Ich habe jetzt ganz genau dem zugehört, was der Minister gesagt hat im Hinblick auf die Flexibilität, auch was Modellversuche betrifft; denn wir haben durchaus auch darüber diskutiert, drei Standorte für einen Schulverbund zuzulassen. Das ist aus schulfachlichen Gesichtspunkten abgelehnt worden. Aber wir haben zumindest erreicht, dass diesbezüglich eine Evaluierung stattfindet. Genau das werden wir tun. Wenn wir feststellen, dass wir hier nachsteuern müssen, dann werden wir das ebenfalls tun. Aber wir wollen jetzt erst einmal konkret wissen, wie die Bedingungen vor Ort sein müssen, damit kleine Schulen auch funktionieren.

Dazu haben Sie nichts, aber auch wirklich gar nichts gesagt. Sie sind auch nicht besonders innovativ, wenn Sie die Zahlen für die Schuleingangsklassen von 15 auf zehn absenken wollen. Das würde nämlichen einen Schulstandort mit 40 Schülerinnen und Schülern bedeuten. Genau das haben wir gerade mit den Schulverbünden geschaffen. Insoweit ist das auch keine Verbesserung, die Sie uns hier versprochen haben in dem Sinne, dass Ihr Ziel ist, jede Schule zu erhalten. Ich frage mich: Um welchen Preis?

Reden wir doch einmal über die Qualität von Schulen. Wenn ich eine kleine Grundschule mit 40 Schülerinnen und Schülern habe, dann habe ich dort vielleicht noch zwei Lehrerinnen. Das heißt, die 1. und die 2. Klasse lernen gemeinsam in jahrgangsübergreifendem Unterricht. Das kann man vielleicht an der einen oder anderen Stel

le noch als innovatives Modell verkaufen. In den Jahrgängen 3 und 4 wird es dann schon schwierig.

Letzten Endes entscheiden die Eltern, auf welche Schule ihre Kinder gehen. Ich kenne ganz viele freie Schulen, für die Eltern Schulwege von vielen Kilometern in Kauf nehmen, weil sie ihrem Kind eine Schule bieten wollten, die ein großes Angebot hat.

Welches Angebot soll denn eine Grundschule mit 40 Schülerinnen und Schülern vorhalten? Dort können Sie keinen Englischunterricht anbieten. Dort findet nachmittags keine Theater-AG statt. Und wenn ich an die Digitalisierung denke, die der Minister in den nächsten Jahren plant, sehe ich auch schwarz dafür, dass wir das an diesen kleinen Schulstandorten umsetzen können. Deshalb - ich bin immer offen für gute Ideen; die habe ich jetzt hier nicht gehört - werden wir diesen Antrag ablehnen.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt der Abg. Herr Lippmann. Bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident. - An diesem Antrag sieht man wieder einmal - wie immer, wenn die AfD versucht, im Bildungsbereich irgendwie fachlich zu werden -, dass sie von den Dingen eben nichts versteht. Sie lässt die Dinge hier durch Herrn Tillschneider zwar sehr wortreich darstellen, aber das ändert an der Sache nichts. Auch hier ist es wieder so.