Protocol of the Session on April 5, 2019

(Zustimmung bei der LINKEN)

Es ist aber am Ende

(Zurufe von der CDU)

vor allem ein peinlicher Auftritt von CDU und SPD;

(Siegfried Borgwardt, CDU: Was?)

denn die mehr als zehn Jahre Dauerstreit um die Ersatzschulfinanzierung haben über drei Legislaturperioden hinweg ausschließlich zwei CDUMinisterpräsidenten und ihre jeweiligen Finanz- und Schulminister zu verantworten.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Davor hat sich gar keiner darum gekümmert! - Weitere Zu- rufe von der CDU)

Gestritten wird um die grundlegenden Annahmen, nach denen die pauschalierten Schülerkostensätze zu ermitteln sind. Der Gesetzgeber hat diese Aufgabe dem Schulministerium übertragen, das dafür die sogenannten SchifT-VO erlassen hat. Hier soll das schon erwähnte Gutachten für eine objektive Grundlage sorgen und so die Kampfhähne auseinanderbringen.

Aus unserer Sicht wäre ein solches Gutachten aber gar nicht erforderlich gewesen; denn es ist leicht erkennbar, dass es nicht um tatsächliche Schwierigkeiten geht, die gesetzlich vereinbarten Schülerkostensätze transparent und nachvollziehbar zu berechnen. Das Problem liegt darin, dass der Landesregierung das Ergebnis der Berechnungen immer wieder nicht gefällt. So ergeht es jetzt auch dem Gutachten selbst. Der Landesregierung gefällt das Ergebnis nicht, weil es teurer wird, als man sich das im Regierungslager so wünscht.

Denn wie immer geht es nicht um Schulqualität oder um gerechte Bezahlung und schon gar nicht geht es um Pädagogik. Es geht ausschließlich darum, dass auch im Schulwesen durch möglichst viel Privatisierung Landesgeld gespart werden soll. Die Träger sollen dann sehen, wie sie klarkommen, wie sie ihr Personal bezahlen und bis in welche Höhe sie die Elternbeiträge treiben können. Für konservative Landesregierungen gilt eben immer wieder: Privat ist gut, wenn es billig ist.

(Guido Heuer, CDU: So ein Blödsinn!)

Denn anders kann man einfach nicht verstehen, mit welcher Hartnäckigkeit die Finanz- und Schulminister den freien Schulen seit Jahren die gesetzlich normierte Finanzhilfe verweigern und weshalb dieser endlose Eiertanz um die Schülerkostensätze aufgeführt wird.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Die Landesregierung vollzieht nicht das Schulgesetz, sondern feilscht wie auf dem Basar um einen möglichst niedrigen Preis für die freien Schulen.

Man kann ja bildungspolitisch ganz unterschiedliche Positionen zur Rolle der freien Schulen in unserem Schulsystem haben, aber eines, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht nicht. Man kann nicht erst gesetzliche Voraussetzungen für die Gründung freier Schulen schaffen und dann auch noch durch einen jahrelangen rigiden Rückbau des öffentlichen Schulnetzes den Bedarf der Eltern für immer mehr Privatschulgründungen in die Höhe treiben und anschließend die freien Schulen bei der Finanzierung am ausgestreckten Arm verhungern lassen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat mit dem Auftrag unserer Verfassung nichts zu tun. Es ist nicht Verfassungsauftrag, durch fortschreitende Privatschulgründungen ein billiges Schulsystem zu organisieren und dadurch den Landeshaushalt zu entlasten.

Es muss jedem hier im Haus klar sein, dass ein teilweiser Zusammenbruch der Privatschulland

schaft - dieser ist in den kommenden Jahren durchaus zu erwarten - weiterreichende Folgen nach sich ziehen würde, als sich das vermutlich die meisten hier im Hause bisher klar gemacht haben.

Ich will deshalb auf zwei der absehbaren Folgen aufmerksam machen. Nach Artikel 28 unserer Verfassung dürfen freie Schulen nur genehmigt werden, wenn durch ihr Angebot die Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird und wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte genügend gesichert ist. Dafür haben die freien Schulen Anspruch auf die erforderlichen öffentlichen Zuschüsse zur Erfüllung ihrer Aufgaben.

Wenn die Landesregierung den freien Schulen immer wieder den Geldhahn zudreht, dann haben sie aber in der Regel nur zwei Auswege. Sie können entweder ihre Lehrkräfte noch weiter unter Tarif bezahlen und damit eben wirtschaftlich wesentlich schlechterstellen als die vergleichbaren Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Schuldienst. Oder sie können die Elternbeiträge weiter anheben und damit noch stärker dafür sorgen, dass nur noch Kinder aus begüterten Elternhäusern Privatschulen besuchen können. Beides ist verfassungswidrig und muss eigentlich dazu führen, dass die Betriebsgenehmigung entzogen wird.

Auch wenn Sie das vermutlich nicht gern hören, aber wenn Sie den freien Schulen die Finanzzuweisungen nicht im erforderlichen Maße gewähren, stiften sie diese zum Verfassungsbruch an. Das passiert allerdings schon die ganzen Jahre lang. Doch der Staat schreitet nicht ein, weil er von den niedrigen Kosten und dem Geld der Eltern profitiert. Das ändert aber nichts daran, dass es Verfassungsbruch ist. Jeder weitere Druck auf die Finanzierungsgrundlagen der freien Schulen leistet dem weiteren Vorschub.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Die zweite Folge ergibt sich unmittelbar aus der ersten: Wenn das Privatschulwesen kollabieren sollte, weil die Schulträger das benötigte Personal nicht mehr gewinnen können und schließen müssen, dann werden aus ehemaligen Schülerinnen an privaten Schulen wieder Schülerinnen an öffentlichen Schulen, jedenfalls größtenteils. Es sind Schülerinnen, die dort nicht eingeplant sind, für die zusätzliche Lehrkräfte erforderlich sind und die dann wieder nach dem öffentlichen Tarif zu bezahlen sind oder noch teuer verbeamtet werden. Es wird also teurer und die Sicherung der Unterrichtsversorgung wird noch problematischer, wenn freie Schulen aus dem Netz verschwinden sollten.

Ich will abschließend darauf hinweisen, dass die in unserem Antrag geforderte Anpassung der

SchifT-VO hinsichtlich der endgültigen Schülerkostensätze bereits seit dem 1. September 2017, also seit mehr als eineinhalb Jahren, überfällig ist. Das heißt, dass die Schulträger bereits für das letzte Schuljahr, 2017/2018, keine abschließende Klarheit über die ihnen zustehenden Finanzhilfen haben. Für das laufende Schuljahr 2018/2019, in dem ein ganz erheblicher Anpassungsbedarf bei den Schülerkostensätzen besteht, wissen die Schulträger elf Wochen vor dem Ende des Schuljahres überhaupt noch nicht, womit sie eigentlich wirtschaften können.

Wo die Säge so lange klemmt, kann man ahnen. Denn offensichtlich geht es nicht nach Recht und Gesetz, sondern darum, was der Finanzminister bereit ist herauszurücken.

(Angela Gorr, CDU: Na, na!)

Das Vorgehen der Landesregierung ist Willkür; denn in der Sache selbst gibt es kaum Spielraum. Deshalb beantrage ich auch ausdrücklich keine Überweisung in die Ausschüsse; denn dort gibt es aus unserer Sicht nichts zu beraten. Es gilt, zu handeln und als Parlament zum rechtswidrigen Verhalten der Landesregierung Stellung zu beziehen.

(Zustimmung bei der LINKEN - Guido Heuer, CDU: Ist das ein Antrag von der LINKEN oder von der Fraktion?)

Es ist Eile geboten, Kolleginnen und Kollegen; denn einigen freien Schulen steht das Wasser schon bis zum Hals. Wir müssen hierbei der Landesregierung wieder einmal auf die Sprünge helfen. Verschieben Sie es nicht! Klären Sie die Probleme und sorgen Sie dafür, dass die etwa 20 000 Schülerinnen und Schüler, die allein in den allgemeinbildenden Schulen sind, zu vernünftigen Bedingungen unterrichtet werden können und dass vor allem die Kolleginnen und Kollegen, die dort arbeiten, von ihren Trägern ordentlich bezahlt werden können. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Lippmann. Ich sehe keine Wortmeldungen. - Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Minister Tullner. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, vielen Dank. - Mein lieber Kollege Lippmann, ich habe Ihren Ausführungen wie immer sehr aufmerksam gelauscht. Sie werden nicht verwundert sein, wenn ich ein bisschen irritiert bin, dass sich gerade DIE LINKE zum Anwalt der freien Schulen aufschwingt.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU - Zu- ruf von Thomas Lippmann, DIE LINKE)

Sie haben ein bisschen darauf verwiesen, dass wir eine langjährige - und ich denke, nicht erfolg

lose - CDU-Landesregierung haben. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als wir 2002 diese Landesregierung mit Prof. Böhmer übernommen haben, dass es den freien Schulen damals sehr viel schlechter ging. Was die Gründungszahlen, Anerkennungsfragen und auch Finanzierungsfragen angeht, haben sich die Dinge grundlegend gewandelt.

Auf der anderen Seite ist es richtig, wir leben in einem Spannungsfeld. In Zeiten des Lehrermangels stellt sich zum Beispiel die Frage: Wer bietet die attraktiveren Rahmenbedingungen. Herr

Banse sitzt da oben und kämpft ganz tapfer für die Anliegen seiner Schulen.

Aber wir müssen uns auch einmal eines vergegenwärtigen: Für diese Wahlperiode haben wir uns einen klaren Fahrplan vorgenommen. Die Koalitionsfraktionen haben gesagt, sie wollen ein Gutachten erstellen lassen, ein neutrales Gutachten, nicht vom Ministerium, sondern sozusagen von externen Partnern.

Dieses Gutachten ist so gut wie fertig. Es wird demnächst, glaube ich, den Bildungsausschuss nicht nur erreichen, sondern dort auch zu intensiven Diskussionen führen. Um die Zeit bis dahin zu überbrücken, haben wir - wir erinnern uns alle - mit der letzten Änderung des Schulgesetzes, ich glaube, knapp 13 Millionen € für eine unbefristete Übergangsfinanzierung zur Verfügung gestellt.

Deswegen kann ich nicht so richtig erkennen, warum Sie an der Stelle in einen gewissen Alarmismus verfallen. Natürlich müssen wir im Zuge der Diskussion, die jetzt mit dem Gutachten beginnt, auch die Frage von Schülerkostensätzen allumfassend klären. Wir müssen auch die Frage klären, welche Eingruppierung in welche Tarifgruppe sozusagen zielführend sein wird. Über all diese Fragen - das haben wir von vornherein verabredet - soll in diesem Kontext diskutiert werden.

Wir sind jetzt dabei. Wir führen zum Beispiel die vorbereitenden Gespräche mit dem Finanzministerium - die laufen gerade oder sind so gut wie abgeschlossen -, was Eingruppierungsfragen angeht.

Das alles mündet jetzt in diese abschließende Diskussion, die wir im Bildungsausschuss führen, und dann haben wir hoffentlich eine verlässliche und transparente Basis; denn nicht jeder ist ein Insider und wird sich mit der SchifT-VO und diesen Dingen intensiv beschäftigen. Schülerkostensätze zu berechnen ist ein hochkomplexes Verfahren. Wir brauchen mehr Transparenz. Das wollen wir uns an dieser Stelle vornehmen.

Dann können wir, glaube ich, dazu kommen, dass wir diese Brückenfinanzierung genau in diese verlässliche Finanzierung einmünden lassen, wie es die Koalition in ihrem Koalitionsvertrag niederge

legt hat. Deswegen kann ich nicht nachvollziehen, dass Sie hier Zeter und Mordio rufen.

Natürlich haben freie Schulen Probleme. Auch dort werden die Schülerzahlen zurückgehen. Auch dort wird man Fragen stellen müssen, wie sich kleine Vereinsgründungen im ländlichen Raum halten können. Das ist ein natürliches Spannungsfeld, das ist ganz klar. - Die rote Lampe leuchtet, ich höre auch gleich auf.

Deswegen sage ich: Lassen Sie uns auf Grundlage des Gutachtens diese Dinge allumfassend gemeinsam mit den Parlamentariern im Ausschuss so verabreden, dass am Ende eine verlässliche, transparente und vor allen Dingen tragfähige Finanzierung für die freien Schulen in diesem Land vorhanden ist. Das ist das Ziel der Regierung. Das ist das Ziel der regierungstragenden Fraktionen. Darin sind wir uns völlig einig. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. Es gibt keine Wortmeldungen. - Somit steigen wir in die Debatte der Fraktionen ein. Die Redezeit beträgt jeweils drei Minuten. Die erste Debattenrednerin wird für die SPD-Fraktion die Abg. Frau Prof. Kolb-Janssen sein. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das waren ja eben sehr unterschiedliche Reden und auch sehr unterschiedliche Einschätzungen der Situation.

Zunächst einmal möchte ich die Kritik von Herrn Lippmann zurückweisen: Die Koalitionsfraktionen haben sich im letzten Jahr sehr wohl für die freien Schulen starkgemacht.