Protocol of the Session on April 5, 2019

Wir stimmen jetzt darüber ab, den Antrag an einen Ausschuss zu überweisen. Der Ausschuss für Umwelt und Energie bietet sich an. Wer für die Überweisung dieses Antrages ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die AfD-Fraktion.

(André Poggenburg, fraktionslos: Und zwei fraktionslose Abgeordnete!)

- Entschuldigung: und zwei fraktionslose Abgeordnete.

Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion DIE LINKE. Wer enthält sich der Stimme? - Das sehe ich nicht. Damit ist die Überweisung abgelehnt worden.

Wir stimmen jetzt über den Antrag der AfD-Fraktion in Drs. 7/4122 ab. Wer für diesen Antrag stimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die AfD-Fraktion und ein fraktionsloser Abgeordneter. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion DIE LINKE. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist ein fraktionsloser Abgeordneter. Damit hat dieser Antrag keine Mehrheit bekommen.

Nunmehr stimmen wir über den Alternativantrag der Fraktionen der CDU, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Drs. 7/4191 ab. Wer für diesen Alternativantrag stimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? - Das ist die AfD-Fraktion. Wer enthält sich der Stimme? - Das sind die zwei fraktionslosen Abgeordneten. Damit ist dieser Alternativantrag bestätigt worden und der Tagesordnungspunkt 21 erledigt.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 22

Beratung

Was nicht bekannt ist, kann man nicht verändern - Unfälle mit Tiertransportern endlich in der polizeilichen Unfallstatistik erfassen

Antrag Fraktion AfD - Drs. 7/4123

Einbringer ist der Abg. Herr Loth. Herr Loth, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist der 27. März 2018, 4 Uhr. Ein Mastschwein, nennen wir es Rudi, wird mit 699 weiteren Artgenossen aus seiner vertrau

ten Heimatumwelt, aus seinem Heimatstall, getrieben und gelangt über eine Verladerampe auf die dritte Ebene eines Lkw-Anhängers.

Rudi ist reichlich verwirrt und ängstlich, da er mit völlig unbekannten Artgenossen, die sich ständig drängeln und schubsen, in eine enge Bucht gesperrt wird. Zusammengedrängt steht er dort. Glücklicherweise ist eine Tränkeinrichtung an Bord, aufgefüllt und funktionsbereit. Auch die Lüfter laufen schon und sorgen für frische Luft. Das sollte für den Transport von Rudi und seinen Artgenossen zum Standard gehören, gehört es ab und an aber nicht.

Nachdem der Rest aus Rudis Stall mit lautem Protest verladen wurde, schließt sich die Heckklappe des Tiertransporters. Rudi hört den Fahrer mit dem Landwirt reden, versteht natürlich nicht, dass er in den nächsten vier Stunden durch Deutschland gefahren wird, um dann beim Schlachthaus anzukommen.

Die ungewohnte Laufstrecke hat Rudi erschöpft. Er bekommt Durst. Er drängelt sich zu einem Tränknippel durch.

Eberhard, der Fahrer, hat es heute ein wenig eilig gehabt. Seine Frau hat ihre Eltern eingeladen und darum gebeten, ein bisschen früher nach Hause zu kommen.

Eberhard ist etwas unter Stress. Er hat den Morgenkaffee ausfallen lassen und ist noch nicht so richtig wach. Darum hat er auch vergessen, die Tränke anzustellen.

(Zuruf von Dorothea Frederking, GRÜNE)

Rudi saugt vergebens. Aber es ist ja März. Es ist noch kühl, und der letzte Schluck ist auch erst ein paar Minuten her. Dass ein Schwein zu jeder Zeit seinen gesetzlich garantierten Zugang zu Trinkwasser haben muss, nutzt Rudi jetzt wenig.

Wie dem auch sei, Eberhard fährt heute einmal etwas schneller, saust um die engen Kurven im kleinen Dorf, schneller auf der Bundesstraße und dann nach ein paar Links-Rechts-Kombinationen, die Rudi etwas hin und her werfen, mit Schwung über die kirschgrüne Ampel auf die Autobahn.

Gleichgültig brummt der Diesel unter ihm, nur noch drei Stunden bis zum Schlachthof. Es kommt eine Tankstelle und Eberhard fährt heran. Er möchte eine halbe Stunde Pause machen und einmal nach Rudi und seinen Gefährten sehen. Es klingelt das Telefon: seine Frau. Sie bittet ihn, für den Abend noch ein paar Besorgungen zu machen.

Eberhard merkt sich alles, geht in die Raststätte, bestellt sich einen großen Kaffee, schimpft über die 4,50 €, die er dafür berappen muss und schleppt sich wieder in das Führerhaus, die Einkaufsliste rezitierend, und startet.

Rudi hat jetzt richtig Durst.

Völlig in Gedanken zieht Eberhard wieder auf die Autobahn - nur noch ein paar Kilometer bis zur Abfahrt. Der Kaffee schwappt im Becher hin und her wie auch die Einkaufsliste im Kopf.

Plötzlich, schneller als erwartet, ist er bei der Ausfahrt: Schnell den Blinker gesetzt, rechts raus, Hupen, Quietschen und Geräusche von splitternder Plastik und Metall rechts neben Eberhard, genau unter Rudi. Beide erschrecken sich.

Rudi bekommt die Gliedmaßen seiner Artgenossen in den Bauch getreten. Rudis Schnauze blutet.

Eberhard reißt sein Steuer nach links. Der Lkw kippt nach rechts, kippt über, schmeißt sich krachend auf die Seite.

Eberhard und Rudi sind benommen. Hupen, Schreie, erbärmliches Gequieke sind zu hören.

(Olaf Meister, GRÜNE, lacht)

Nach einigen Minuten kommt Sirenengeheul herbei. Die Polizisten sichern und bergen die Verletzten. Die Rettungssanitäter helfen der Feuerwehr bei der Befreiung der eingeklemmten Personen. Zielsicher können die Feuerwehrleute die Säulen der Autos zertrennen. Hunderte Male geübt und durch den Bordcomputer der Feuerwehr immer auf dem neuesten Stand und mit Sicherheitsinformationen versorgt, können zum Glück alle leichtverletzten Personen gerettet werden. Nur das schrille Quieken im Tiertransporter wird langsam leiser.

Rudi hatte noch einmal Glück gehabt. Er landete auf einem Artgenossen, der aber unter ihm erstickt. Mehr als 600 seiner Stallgefährten sind ebenfalls schon tot. Noch hundert weitere ringen mit dem Tod oder haben aufgrund ihrer Verletzungen starke Schmerzen.

Die Heckklappe hat sich verkeilt und geht nicht mehr auf. Mehr als zehn Minuten lang rütteln die fleißigen Feuerwehrleute, biegen und brechen, bis es endlich klappt, den Sicherheitsverschluss zu lösen und die Klappe aufspringt. Sie streift einen Feuerwehrmann am Oberarm und verursacht eine blutende Wunde.

Die dadurch abgelenkten Kameraden der Feuerwehr bekommen so nicht mit, dass Rudi und ein paar überlebende Schweine diese letzte Chance nutzen und auf die Fahrbahn sausen. Ängstlich und orientierungslos rennen sie zwischen den Autos umher. Polizei, Sanitäter, Feuerwehrmänner und Zivilisten versuchen, die Gruppe wieder zusammenzutreiben.

Keines der Schweine ist ohne Verletzungen. Rudi kann den rechten Hinterlauf nicht mehr richtig bewegen. Ein Veterinär kommt jetzt, eine halbe

Stunde nach dem Unfall, an den Einsatzort. Er mustert Rudi und die Gruppe der ausgebrochenen Schweine, die inzwischen mit vereinten Kräften wieder eingefangen wurden. Alle sind verängstigt, einige apathisch. Viele sind blau-violet angelaufen, weil ihr Kreislauf vor Anstrengung und Angst zu kollabieren droht.

Der Veterinär durchsucht mit den Feuerwehrleuten und einem Polizisten den dreistöckigen Anhänger. Sie krabbeln durch die Decks und suchen nach noch lebenden, verletzten Schweinen, um sie zu erlösen. Sie finden zum Glück nur wenig leidende Tiere und erlösen sie. Insgesamt leben nach dem Unfall nur noch 75 Schweine. Aber alle sind irgendwo verletzt.

Polizeioberkommissar Lampe versucht schon seit einiger Zeit zu klären, wo kurzfristig noch ein Tiertransporter bereitsteht, um die noch lebenden Schweine zum nächsten Schlachthof transportieren zu können.

Mittlerweile ist die Temperatur bereits gestiegen und die gestressten Schweine haben großen Durst. Die verletzten Tiere drängen sich unruhig hinter dem vom nächsten Landwirt eilig besorgten Elektrozaun zusammen; denn es gehört nicht zur Ausrüstung der Rettungskräfte, dafür geeignete Hilfsmaterialien mitzuführen.

Nach einigen Stunden ist die Autobahn beräumt. Der Verkehr fließt wieder. Nur der Veterinär und zwei Streifenpolizisten bewachen den provisorischen Zaun.

Ein nahegelegener Schlachthof wurde inzwischen vom Veterinär im Rahmen der Amtshilfe verständigt, dass die überlebenden Schweine dort geschlachtet werden sollen.

Völlig erschöpft und eng aneinandergedrängt liegen Rudi und seine Gefährten auf dem blanken Boden. Als dann der Ersatztransporter vorrollt, erkennen einige Tiere, dass es nun wieder auf einen Transport gehen soll. Ein paar verfallen in Panik und stecken die ganze Schweinehorde an.

Mit größter Mühe gelingt es dem Fahrer, die Tiere mehr schlecht als recht irgendwie auf den Transporter zu treiben. Sie stehen unter Schock und Stress.

Nach einer halben Stunde kommen sie zu einem Schlachthof. Dort ist der amtliche Veterinär bereits verständigt worden. Nachdem ihm Rudi mit dem ersten noch lauffähigen Schwein entgegenhinkt, stellt er fest und entscheidet sofort, dass alle aus tierschutzrechtlichen Gründen zu töten sind.

So wird Rudi in die Notschlachtebucht getrieben. Hier warten schon ungeduldig Maik und sein Kollege Uwe auf ihn. Noch kurz vor Feierabend 75 Schweine sachgerecht zu töten, und das unter den kritischen Blicken von Tierschutzbeauftragten

und Schlachthofveterinären, ist eine diffizile Angelegenheit, aber geschickt schnappt sich Uwe mit der Elektrozange von hinten Rudis Kopf am Ohrgrund. Der Strom durchströmt Rudis Gehirn und nach einigen Sekunden ist er völlig empfindungslos.

Um eine sichere und tiefe Betäubung zu erreichen, setzt Uwe die Zange um, sodass Gehirn und Herz durchströmt werden. Rudis Körper erschlafft und nachdem die grüne Lampe das Ende der Durchströmungszeit anzeigt, sticht Uwe ihm mit dem Messer in die Halsarterie. Das tiefrote Blut fließt im starken Strahl und beendet Rudis Leiden.

Die Kadaver werden mit den anderen 600 in die nächste Tierkörperbeseitigungsanlage transportiert. Die Lebensmittelgesetzgebung erlaubt die Nutzung von Schlachtkörpern derart gestresster und verletzter Tiere nicht mehr.

Am Abend treffen sich die Kameraden der freiwilligen Feuerwehr zur Nachbesprechung des Einsatzes. Sie sind froh, dass bei dem Unfall keine Menschen ums Leben gekommen sind. Dennoch bedrückt es sie sehr, dass sie wenig davon wussten, wie sie mit den Schweinen auf dem verunglückten Tiertransporter umzugehen haben. Viele äußern auch Unverständnis darüber, dass sie nicht längst im Umgang mit verunfallten Tieren geschult worden sind.

Ein Feuerwehrmann, der zufällig auch Polizist ist, meint, dass der Transporter zwar angemeldet werden müsse und sogar ab und zu kontrolliert werde, aber er könne sich nicht an seine letzte Tiertransportkontrolle erinnern.