Protocol of the Session on February 1, 2019

Genau deswegen gibt es derzeit eine koalitionsinterne Arbeitsgruppe, die sich mit einer möglichen Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen in unserem Bundesland beschäftigt.

Wir als CDU-Landtagsfraktion stehen für eine entsprechende Debatte zur Verfügung. Im Gegensatz zu anderen wollen wir eine solche Abschaffung nicht als Wahlkampfschlager für die anstehenden Europa- und Kommunalwahlen nutzen. Es geht uns darum, die Probleme vor Ort tatsächlich zu lösen.

Daher ist eine mögliche Abschaffung der Straßenausbaubeiträge für uns nicht die allein problemlösende Option. Im Übrigen sprechen sich die kommunalen Spitzenverbände gegen die Abschaffung aus, zuletzt das Präsidium des Städte- und Gemeindebundes Sachsen-Anhalt am 28. November.

Für uns müssen noch einige Fragen geklärt werden, die bisher noch nicht ausreichend debattiert worden sind. Fangen wir einmal mit der möglichen Finanzierung der Einnahmeausfälle an. Während im Jahr 2017 den Gemeinden in unserem Land rund 10,5 Millionen € über die Straßenausbaubeiträge zuflossen, waren es Anfang der 2000erJahre mehr als 30 Millionen €. Angesichts dessen müsste das Land bei einer entsprechenden Gegenfinanzierung - die müsste gewährleistet sein - ein flexibles System einführen, um auf die unterschiedlichen Finanzbedarfe eingehen zu können.

Die bisher unterbreiteten Vorschläge sind aus unserer Sicht nicht ausreichend. Zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes werden einfach Summen in den Raum gestellt. Dazu möchte ich be

tonen: 1,628 Milliarden € sind festgeschrieben. Das bedeutet Planungssicherheit für Land und Kommunen. Daher macht es keinen Sinn, das Gesetz spontan zu ändern, ohne ein Gesamtkonzept zu haben.

Auch der Vorschlag, die Grunderwerbsteuer zu erhöhen, wurde bereits diskutiert. Ich verweise hierzu auf unseren Koalitionsvertrag, in dem dies ausdrücklich ausgeschlossen ist.

Natürlich stellt sich auch die Gerechtigkeitsfrage. Der von der LINKEN beantragte Stichtag führt automatisch zu Ungerechtigkeiten. Was machen wir mit denjenigen, die bereits Straßenausbaubeiträge gezahlt haben? Was machen wir mit denjenigen, die Ratenzahlung vereinbart haben? - Bisher haben uns als Fraktion die vorgelegten Konzepte und Ideen nicht überzeugen können.

(Zuruf von der LINKEN)

Würden wir dem Antrag der Fraktion DIE LINKE folgen, würden wir den Bürgerinnen und Bürgern das Gefühl geben, dass es nicht mehr um das Ob der Abschaffung geht, sondern nur noch um das Wie. Das wäre falsch. Vielmehr geht es meiner Fraktion darum, Bürger vor überhöhten und nicht mehr zu bewältigenden Beiträgen bzw. Belastungen zu schützen.

Abg. Krull, Ihre Redezeit ist vorbei. Ihren letzten Satz bitte. Sie haben dann im Nachhinein die Möglichkeit, etwas zu sagen; es gibt zwei Fragen.

Wir werden unsere Entscheidung als CDU-Landtagsfraktion nicht von Wahlterminen abhängig machen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Abg. Herr Krull. Ich habe zwei Wortmeldungen, zum einen vom Abg. Erben und zum anderen vom Abg. Herrn Hövelmann. - Bitte, Herr Erben, Sie haben das Wort.

Herr Kollege Krull, uns trennen ein paar Lebensjahre. Ich gehe folglich davon aus, dass Sie Anfang der 2000er-Jahre nicht so intensiv mit Straßenausbaubeiträgen befasst waren. Sie haben eben gesagt, dass Anfang der 2000er-Jahre pro Jahr 30 Millionen € Straßenausbaubeiträge eingegangen seien.

Ist Ihnen bekannt, dass in der vierten Wahlperiode des Landtages von Sachsen-Anhalt auf kommu

nalaufsichtliche Weisung hin in allen Gemeinden Sachsen-Anhalts rückwirkend bis zum Jahr 1996 Straßenausbaubeiträge erhoben werden mussten?

Herr Krull.

Das ist mir natürlich bekannt. Aber ich verweise auf die entsprechende Mitteilung der kommunalen Spitzenverbände, in der diese Summe explizit aufgeführt worden ist. Dass das Kommunalabgabengesetz an der ein oder anderen Stelle gerade mit Blick auf die Straßenausbaubeiträge noch einmal geschärft worden ist, wissen Sie besser als ich, weil Sie damals auch Entscheidungen mit getroffen haben. Dass damals vielleicht nicht alle Entscheidungen so gelungen waren, ist Ihnen sicherlich auch bekannt.

Dazu muss ich ergänzen: Also so alt bin ich nun auch nicht. Damals war ich noch nicht Mitglied des Landtags.

(Heiterkeit bei der SPD)

Das war keine Nachfrage, sondern nur eine kurze Richtigstellung. - Herr Abg. Hövelmann, Sie haben jetzt das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Frage hat weder etwas mit dem Alter des Fragestellers noch mit dem Alter des Befragten zu tun. Im Ernst, Herr Kollege Krull: Ist Ihnen bekannt, dass der Aufwand für die Eintreibung der Straßenausbaubeiträge - das heißt Bescheiderteilung, Vereinnahmung, Rechtsstreit führen und alles, was dazugehört - je Kommune bei zwischen 30 % und 50 % der eingenommenen Beträge liegt und dass wir diese Summe tatsächlich für den Straßenbau verwenden könnten und nicht für die Verwaltung?

Herr Abg. Krull.

Die Zahlen sind auch mir bekannt. Sie werden zumindest von einigen Beteiligten in den Raum gestellt. Dass die Kommunen tatsächlich einen solch großen Aufwand haben, stelle ich einfach einmal in Zweifel.

Was die Kommunen besser machen müssen, was noch nicht überall in unserem Land so gut funk

tioniert, ist tatsächlich, im Vorfeld eine Bürgerbeteiligung durchzuführen; denn damit lassen sich die entsprechenden Streitigkeiten aus dem Weg räumen. Ich kenne dafür sehr gute Beispiele. Selbst der Verein Haus und Grund Magdeburg zum Beispiel hat zugegeben, dass das in der Landeshauptstadt praktizierte Modell sehr erfolgreich ist, mit dem solche Konflikte vermieden werden und damit diese Quoten weit geringer sind als eben von Ihnen geschildert.

Vielen Dank, Herr Krull. Es gibt keine weiteren Fragen. - Wir kommen nunmehr zur letzten Debattenrednerin. Frau Eisenreich, Sie haben das Wort, bitte schön.

Danke schön, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Allein heute hier diesen innerkoalitionären Auseinandersetzungen öffentlich beiwohnen zu dürfen, war es wert, diesen Antrag zu stellen. Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Das gilt auch für die Aussagen, die sich sehr schön widersprachen mit „wir würden Wahlkampf machen“, um im nächsten Satz zu sagen: Ihr bekommt sowieso keine Stimmen mehr. - Was denn nun?

Aber, lieber Koalitionäre, wir haben durchaus Verständnis für die schwierige Situation in der Koalition und die Schwierigkeiten bei der gemeinsamen Willensbildung. Genau deshalb haben wir diesen Antrag heute gestellt.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Ich bitte nochmals um Zustimmung und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Abg. Eisenreich. Ich sehe keine Fragen. - Wir kommen nunmehr zum Abstimmungsverfahren. Ich habe vernommen, dass dieser Antrag zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Inneres und Sport sowie zur Mitberatung in die Ausschüsse für Landesentwicklung und Verkehr und für Finanzen überwiesen werden soll. Ist das so korrekt? - Das ist korrekt. Dann lasse ich darüber abstimmen.

(Unruhe)

- Wir befinden uns in der Abstimmung, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. Ich bitte um etwas Ruhe. Nicht, dass hinterher gesagt wird, ich habe es nicht verstanden.

Also ich lasse jetzt über die Überweisung des Antrags in der Drs. 7/3867 abstimmen. Wer diesen Antrag in die Ausschüsse, die ich eben genannt habe, überwiesen haben möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die AfDFraktion und die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Niemand. - Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Damit ist der Tagesordnungspunkt erledigt.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bleiben Sie bitte noch auf Ihren Plätzen sitzen. Ich habe noch einen Antrag eines Abgeordneten vorliegen, und zwar möchte der Abg. Ulrich Siegmund gemäß § 68 der Geschäftsordnung des Landtages eine Erklärung außerhalb der Tagesordnung abgeben. Bitte, Herr Abg. Siegmund.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kollegen! Erst heute früh führten wir in diesem Hohen Hause eine Debatte über die Verrohung der politischen Auseinandersetzung und über eine gewalttätige Debattenkultur. Wie notwendig diese Debatte war, hat sich nur wenige Stunden danach gezeigt.

Heute früh demonstrierten Schüler direkt vor dem Landtag gegen den Klimawandel. Ob diese Demonstration während der Schulzeit legitim ist oder nicht, möchte ich in diesem Zusammenhang nicht erneut bewerten. Die Schüler wandten sich jedoch mit ihrem Recht auf Demonstration an uns Parlamentarier. Mein Anspruch war es daher, am Rande dieser Demonstration den Dialog mit denjenigen zu suchen, die ihn wünschen, und die Argumente und Meinungen anzuhören. Das ist nämlich unser Job. So stellte ich mich mit meinem Fraktionskollegen Jan Wenzel Schmidt an den Rand der Demonstration.

Es fanden sich tatsächlich zwei Schüler, die auf uns zugingen und uns ihre - übrigens sehr interessanten - Sichtweisen schilderten. Keine zwei Minuten später jedoch war allein unsere bloße Anwesenheit dem Vorsitzenden des Flüchtlingsrates und Jugendkoordinator der Partei DIE LINKE Herrn Fietzke ein Dorn im Auge. In Windeseile trommelte er 20 bis 30 schwarz vermummte Jugendliche zusammen. Wir wurden niedergeschrien, eingekreist, mit Fahrrädern angefahren, geschubst, gegen den Kopf geschlagen und auf eine unsägliche Art und Weise angepöbelt.

(Zuruf von der AfD: Pfui!)

Mittendrin und keine zwei Meter von uns entfernt stand der Landtagsabgeordnete Hendrik Lange von der Fraktion DIE LINKE.

(Zurufe von der AfD: Was? - Pfui! - Robert Farle, AfD: Pfui Deibel! - Weiterer Zuruf von der AfD: Nazis!)

Ich habe ihn direkt angesprochen, um die Situation aufzulösen und einzuschreiten. Außer einem Grinsen habe ich jedoch keine Reaktion erhalten.

(Zuruf von Matthias Büttner, AfD)

Bei der anschließenden Auflösung dieser Situation wurde sogar noch ein Polizeibeamter von dieser Menschenmenge auf die Straße geschubst. Zum Glück distanzierten sich im Anschluss daran noch einige Schüler direkt bei mir von diesen Chaoten.

(Beifall bei der AfD)