Protocol of the Session on November 23, 2018

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Vor sieben Jahren!)

Schade, dass Sie dabei auf halber Strecke stehen bleiben. Teile Ihrer Antragsziele, insbesondere in Bezug auf die Stärkung der Kinder- und Familienrechte, schreien doch förmlich danach, die Frage ihrer Übertragbarkeit auf den Bereich der Kindertagesstätten zu beantworten. Wird es in diesem Bereich ähnliche externe Beschwerde- und

Schlichtungsstellen geben? - Hierauf bleiben Sie in jedem Fall Antworten schuldig.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD steht für eine familienfreundliche Politik. Sie steht für die Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen und sie steht für die Stärkung der Rechte von Familien. Die AfD steht aber auch für eine Straffung von Verwaltungsabläufen.

Wir sind daher gespannt auf die Ergebnisse des Modellvorhabens in drei Jahren. Insofern sind die Ziele Ihres Antrages dem Grunde nach auch Ziele der AfD. Wir unterstützen daher den längst überfälligen Antrag der Koalition und sprechen uns für eine Überweisung in den zuständigen Ausschuss aus. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Abg. Wald. Es gibt keine Fragen. - Somit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Krull.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine sehr geehrten Mitglieder des Hohen Hauses! Wir beraten heute einen Antrag, der seine inhaltliche Basis im gemeinsamen Koalitionsvertrag von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat.

Sowohl bei der Einbringung des Antrages durch meine Kollegin Cornelia Lüddemann als auch im Redebeitrag der Ministerin Petra Grimm-Benne wurde deutlich, welchen Hintergrund der Antrag hat.

Bevor ich zu meinen weiteren Ausführungen komme, möchte ich etwas für meine Landtagsfraktion klarstellen. Wir schätzen und respektieren die Arbeit derjenigen Personen, die sich im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe um die jüngste und jüngere Generation kümmern, sehr. Hier wird wertvolle Arbeit geleistet, um jungen Menschen, die unter Umständen aus unterschiedlichen Gründen Schwierigkeiten haben, den Weg in ein selbstbestimmtes Leben zu ebnen und sie mit den sozialen Kompetenzen auszustatten, die man als Teil unserer Gesellschaft braucht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie bereits im Antrag ausgeführt war im Rahmen der Beschlussfassung zum Kinder- und Jugendstärkungsgesetz die Etablierung von Ombudsstellen vorgesehen. Dieses Gesetz liegt derzeit zur Beratung im Bundesrat, und es wird erneut darüber gesprochen, in welchem Umfang es tatsächlich noch in Kraft treten wird.

Bereits im Zusammenhang mit einer gestern geführten Debatte bin ich auf die auch im Koalitionsvertrag auf der Bundesebene vereinbarte Reform des SGB VIII eingegangen. Erneut möchte ich deutlich machen, dass wir diese auch benötigen, da noch in vielen Punkten Reformbedarf besteht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der ombudschaftlichen Beratungsstelle soll die Möglichkeit geschaffen werden, frühzeitig bestehende Konflikte auf einem niedrigschwelligen Niveau zu klären. Gerade für die betroffenen Kinder und Jugendlichen ist es vor dem Hintergrund persönlicher negativer Erfahrungen manchmal schwer, einzuschätzen, wann ihre Betreuerin oder ihr Betreuer im Sinne des Kindeswohls und des Jugendschutzes handelt und wann es zu einer Grenzüberschreitung kommt, die natürlich geahndet werden muss.

Wie bereits gesagt, stellen diese Grenzüberschreitungen Ausnahmen dar, aber für diese Ausnahmen müssen gegebenenfalls Vorkehrungen getroffen werden.

Erst gestern konnten wir in einer großen Tageszeitung unseres Landes leider über eine solche Straftat bzw. die Verurteilung des Täters lesen.

Dabei sehen wir die Ombudsstellen ausdrücklich nicht als alleinige Interessenvertreter oder Beratungsstelle für die Kinder, die Jugendlichen und deren Eltern, die ihre Rechte gemäß SGB VIII geltend machen wollen. Frau Lüddemann führte dazu schon aus. Sie sind genauso wichtig für die Heimträger und deren Mitarbeiter, die dort auch Rat und Hilfe bekommen sollen, um ihr eigenes Beschwerde- und Beteiligungssystem zu qualifizieren bzw. weiterzuentwickeln. Gemäß § 45 SGB VIII müssen solche Verfahren ja vorhanden sein, um überhaupt eine Betriebserlaubnis zu bekommen.

Das von den Betroffenen empfundene und faktisch auch vorhandene Machtgefälle bedingt ein System von Beschwerde- und Schutzmöglichkeiten. Dabei hat sich die Situation gegenüber der Vergangenheit natürlich bereits deutlich verändert und im Sinne der Betroffenen auch verbessert.

Aus meiner Sicht gliedert sich die Einrichtung der ombudschaftlichen Beratungsstelle in ein ganzes Bündel von Maßnahmen ein, welches wir im Rahmen des Kinder- und Jugendschutzes im Bund und im Land aufgebaut haben und immer weiter entwickeln.

In diesem Sinne bitte ich um die Zustimmung zum vorliegenden Antrag, also keine Überweisung, und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abg. Krull. Auch hierzu sehe ich - - Nein, hierzu habe ich keine Wortmeldung gesehen. Das war wahrscheinlich nur ein kurzer Ausrutscher nach oben. - Wir kommen zur nächsten Debattenrednerin. Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abg. Frau Heiß. Sie haben das Wort. Bitte.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Koalition will mit diesem Antrag, wie angekündigt, ein Vorhaben des Koalitionsvertrages umsetzen. § 9a des im Bundesrat auf Eis liegenden Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes sieht vor, dass die Träger der öffentlichen Jugendhilfe ombudschaftliche Beratungs- und Schlichtungsstellen einrichten können. Leider ist dies nur eine Kannregelung, die keinen verpflichtenden Charakter trägt.

Das Etablieren von Ombudsstellen sollte aus unserer Sicht zur Pflicht erklärt werden. Daher begrüßen wir das Einrichten von Ombudsstellen in der Kinder- und Jugendhilfe hier in Sachsen-Anhalt ausdrücklich.

In den Tätigkeitsbereich ombudschaftlicher Beratung und Unterstützung fallen alle Aufgaben und Leistungen der Jugendhilfe, die in § 2 SGB VIII genannt sind. Dieser Leistungskatalog zeigt eindrucksvoll, wie breit ombudschaftliche Arbeit aufgestellt sein muss.

Vor allem Leistungen mit Rechtsanspruch wie Kinderbetreuung, Hilfen zur Erziehung und Eingliederungshilfe, aber auch Inobhutnahmen und die Mitwirkung des Jugendamtes in familiengerichtlichen Verfahren können hohes Konfliktpotenzial bergen; denn es handelt sich um sehr folgenreiche Entscheidungen für die Kinder und deren Familien. Ein Management dieser Konfliktlagen ist nicht in einem Einpersonenbetrieb zu leisten. Es

setzt aus unserer Sicht ein sehr hohes professionelles Niveau und fundiertes Fachwissen bei den Ombudsfrauen und -männern voraus. Neben sozialpädagogischen sind hierbei insbesondere juristische Kompetenzen und Erfahrungen gefragt.

Liebe Koalition, Sie schreiben in der Begründung Ihres Antrages, dass ombudschaftliches Arbeiten die Zahl der Klageverfahren senkt und zu beschleunigten Verfahren infolge einer Arbeitsentlastung in den Jugendämtern führt.

Ja, dies können neben der Stärkung der Klientel die wünschenswerten weiteren Resultate der ombudschaftlichen Arbeit sein.

Klar muss aber auch sein, dass ombudschaftliche Arbeit, die erfolgreich sein will, immer auch Ressourcen des Jugendamtes und der involvierten freien Trägern binden wird. Dieser Aspekt ist wichtig, weil wir damit zur Personalausstattung in der Jugendhilfe und insbesondere der Jugendämter kommen. Dass es um diese nicht besonders gut bestellt ist, zeigt zum Beispiel die hohe Arbeitsbelastung im Bereich des Allgemeinen Sozialen Dienstes der Jugendämter. Das heißt, auch Jugendämter brauchen Ressourcen, um mit der Ombudsstelle ordentlich zusammenarbeiten zu können.

Neben den genannten Punkten sind weitere Fragen zu klären. Wie ist die Unabhängigkeit der Ombudsstelle am besten garantiert? Soll sie bei einem freien Träger oder in der Kommunalverwaltung angesiedelt sein? Wird die Arbeit der Ombudsstellen statistisch erfasst und ausgewertet? Erfolgt eine Rückmeldung in die kommunalen Jugendhilfeausschüsse und an die Jugendämter und bekommt die Ombudsstelle einen Sitz im Jugendhilfeausschuss? Über alle diese Fragen sollten wir gemeinsam mit Fachleuten aus der Kinder- und Jugendhilfe in den Ausschüssen diskutieren.

Sie fordern in Ihrem Antrag, dass ein Konzept für ein Modellvorhaben erarbeitet werden soll. Hierbei ist die Frage, von und mit wem. Soll das Konzept vom Ministerium oder vom Landesjugendamt erarbeitet werden, und wen binden Sie dabei ein? Wir finden es sinnvoll, hierbei den Landesjugendhilfeausschuss einzubinden, ebenso Träger im Land, die sich bereits seit Jahren mit diesem Thema beschäftigen. Hierdurch können viele Erfahrungen und Kompetenzen, zum Beispiel der Liga oder der bereits bestehenden Landesarbeitsgemeinschaft für Ombudschaften, einfließen.

Vergessen werden darf auch nicht, dass eine Ombudsstelle nicht nur zu Fragen berät, sondern oftmals ihre Arbeit erst bei einer bestimmten Konfliktsituation aufnimmt. Zu diesen Konflikten, zum Beispiel in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, soll es aber erst gar nicht kommen. Hierzu ist eine Stärkung der Beteiligungsrechte, bei

spielsweise mit Heimräten, sinnvoll; denn wer sich beteiligen kann und mitbestimmen darf, hat weniger Grund zur Beschwerde.

Da war ich doch jetzt etwas irritiert, dass bei Frau Lüddemann das Thema Beteiligung gar nicht durchgedrungen ist. Die Ministerin hat zumindest ein wenig dazu gesagt. Aber diese Beteiligungs- und Mitbestimmungsfrage steht aus unserer Sicht ganz deutlich vor der Beschwerde.

(Beifall bei der LINKEN)

Daher, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich abschließend die Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz zitieren. Sie sagt:

„Aufgrund der strukturellen Machtasymmetrie innerhalb der Kinder- und Jugendhilfe besteht eine institutionelle Notwendigkeit für Ombudschaften. Ein ombudschaftliches Angebot muss aber ernst gemeint sein und darf nicht zur legitimatorischen Zeichensetzung verkommen. Schlecht ausgestattete oder rein ehrenamtliche Strukturen bergen die Gefahr der Überforderung und damit auch einer (erneuten) Enttäuschung der Ratsuchen.“

Gern hätten wir den Antrag in den Ausschuss überwiesen, um da noch darüber diskutieren zu können. Wir wünschen uns daher, dass uns als Opposition die Möglichkeit gegeben wird, im Sozialausschuss weiter über das Thema zu diskutieren. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. Es gibt keine Fragen. - Wir kommen zur nächsten Debattenrednerin. Für die SPD spricht die Abg. Frau Dr. Späthe. Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Koalitionsfraktionen bringen einen Antrag ein, der eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umsetzt, nämlich die Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen durch ombudschaftliche Beratung.

Nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz hat jeder junge Mensch das Recht auf Förderung seiner Entwicklung und das Recht, sich zu äußern, mitzureden und mitzuentscheiden bei der Frage, was in der jeweiligen Lebenssituation gebraucht und gewollt ist. Leider kommt es aber durchaus noch vor, dass notwendige Hilfen vom Jugendamt nicht gewährt oder auch nur nicht ausreichend erklärt werden oder dass junge Menschen dabei

nicht wirklich mitentscheiden können, sodass es zu Konflikten zwischen den Ansprüchen und den Rechten der Betroffenen und den öffentlichen und freien Trägern der Jugendhilfe kommt.

Konfliktpunkte sind dabei die Qualität der Angebote, die Aufgaben und Aufgabenzuweisungen gemäß SGB VIII, die Erfüllung individueller Rechtsansprüche oder auch andere, leider schwerwiegende Verstöße wie die Geschehnisse in den Heimen bis zum Jahr 1990.

In solch schwierigen Situationen sind die Betroffenen oftmals aufgrund ihrer persönlichen Lage selbst nicht imstande, ihre Rechte einzufordern, vielleicht auch, weil sie ihre Rechte gar nicht kennen, die Entscheidungen und Handlungen nicht überblicken können, weil ihnen die finanziellen Mittel und das Wissen fehlen oder sie eben aufgrund ihrer Situation einfach nicht in der Verfassung sind.

Meine Damen und Herren! Wir wollen daher im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe ein Modellprojekt für ombudschaftliche Beratungs- und Beschwerdestellen auflegen, das vor allen Dingen unabhängig und niedrigschwellig agiert. Die Stelle soll die jungen Menschen und ihre Familien über ihre Rechte und Pflichten informieren, beraten und im weiteren Prozess begleiten. Hier können Konflikte und Missverständnisse zwischen den Klienten und dem Jugendamt ausgeräumt, Ansprüche geklärt und bearbeitet und auch Klagen zahlenmäßig reduziert und gegebenenfalls verhindert werden. Damit wären die Aufgaben der Beratung schon skizziert.

Das Sozialministerium wird im ersten Quartal 2019 ein genaues Konzept zur Umsetzung vorlegen. Ich bin mir dabei ganz sicher, dass ein breites Umfeld der Fachleute und der Betroffenen dabei einbezogen wird und dass keine Arbeit im stillen Kämmerlein des Ministeriums stattfindet, wie das hier befürchtet wird.

Meine Damen und Herren! Bei der Einrichtung der ombudschaftlichen Beratungsstelle war es uns auch wichtig, dass auch die bereits existierenden Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe Unterstützung erhalten und ihre eigenen Partizipations- und Beschwerdestrukturen überprüfen und gegebenenfalls ändern. Das Modellprojekt soll zunächst auf drei Jahre befristet und danach evaluiert werden. Für den kommenden Haushalt sind entsprechende Mittel veranschlagt worden.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Dr. Späthe. Es gibt eine Wortmeldung von der Abg. Frau Heiß. - Bitte.