Protocol of the Session on November 21, 2018

(Beifall bei der AfD)

betrifft, für die AfD und für mich Steuergeldverschwendung ist.

So wie diese Große Anfrage Zeitverschwendung ist, so ist auch die gesamte Debatte über die Umsetzung und die Wirksamkeit gleichstellungspolitischer Aktionspläne

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Warum re- den Sie dann so lange?)

sowie über das Ansinnen, Projekte und Gesetzgebung auf den Prüfstand zu stellen, grundlegend falsch, meine Damen und Herren. Denn es kann nicht darum gehen, die Lebenswirklichkeit der Frauen und Mädchen in Sachsen-Anhalt zu analysieren, sondern es muss vielmehr um ihre Lebensqualität gehen. Das muss doch die Grundfrage sein.

Sichere Arbeitsplätze, weg vom Niedriglohnsektor und von prekären Beschäftigungsverhältnissen, eine bezahlbare Grundversorgung mit Strom, Wasser und Abwasser, bezahlbare Mieten, die Sicherstellung der medizinischen Grundversorgung in unmittelbarer Nähe und das Vorhalten von Plätzen in Kindertageseinrichtungen und Schulen in unmittelbarer Nähe sowie bezahlbare Freizeit- und kulturelle Angebote - all das macht das Leben lebenswert und schafft Lebensqualität, aber nicht die Frage, wie sich Frauen und Mädchen selbst besser verwirklichen können. Wir brauchen Gleichberechtigung, werte Abgeordnete, in Arbeit, Lohn, Brot, Familie, Bildung und Gesundheit, nicht mehr und nicht weniger.

(Beifall bei der AfD)

Wer wirklich will und kämpft - dabei ist mir das biologische Geschlecht völlig egal -, der kann nach oben kommen, der kann in Führungspositionen kommen und der braucht keine Quoten.

Zum Schluss ein Netzfund, auf den ich vor Kurzem gestoßen bin: Jede Quote ist eine Kletterhilfe für Versager, die am Gerüst der Leistungsgesellschaft allein nicht hochkommen. - Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der AfD)

Ich sehe keine Fragen. Wir kommen zur nächsten Debattenrednerin. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN spricht die Abg. Frau Lüddemann. Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mit Blick auf die

sen Tagesordnungspunkt bin ich geneigt, von der Wiederkehr des ewig Gleichen zu sprechen. Mit anderen Worten: Wir haben in Sachsen-Anhalt kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem.

(Zustimmung bei den GRÜNEN, bei der LINKEN und von Prof. Dr. Angela Kolb- Janssen, SPD)

Im Grunde sind alle vorliegenden Fakten altbekannt: Frauen bekommen weniger Gehalt als Männer, Frauen sind dramatisch stärker von häuslicher Gewalt betroffen als Männer, Frauen sind deutlich seltener in Führungspositionen als Männer usw. Die Liste ließe sich lange fortsetzen.

Auch Instrumente und Möglichkeiten, um dies alles zu ändern, sind ausgearbeitet und lange bekannt, ob das eine Frauenquote im öffentlichen Dienst oder in der Privatwirtschaft ist, ob das Hospitation oder Mentoringprogramme sind, ob das Aktionen und die Begleitung junger Menschen sind, um das Berufswahlverhalten weg von den traditionellen Berufen zu lenken, ob das verbindliche Paritéregelungen sind, um Frauen an die Schalthebel der politischen Macht zu bringen, oder ob das Genderbudgeting ist, um zielorientierte Haushaltspolitik zu betreiben.

Das, woran es in Deutschland und SachsenAnhalt mangelt, ist der Wille zur Veränderung, der Wille, sich selbst effektiv zu binden und gezielt daran zu arbeiten, dass Frauen das bekommen, was ihnen ganz natürlich zusteht: die Hälfte der Macht und die Hälfte von allem.

(Zustimmung bei der LINKEN und von Do- rothea Frederking, GRÜNE)

Die klare Zielstellung im Koalitionsvertrag, 50 % aller Gremien und Spitzenämter, auf welche die Landespolitik Einfluss hat, mit Frauen zu besetzen, kann und darf nur ein erster kleiner Schritt sein.

„Verbale Aufgeschlossenheit bei weitgehender Verhaltensstarre“, so bezeichnete der Soziologe Ulrich Beck bereits im Jahr 1986 das Verhalten vieler Männer beim Thema Gleichberechtigung.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es wurde bereits häufig beklagt, dass der Anteil der Frauen in diesem Parlament nur 22 % beträgt. Mit politischem Willen wäre es ein Leichtes und wahrscheinlich der erste sinnvolle Schritt, an dieser Situation etwas zu ändern; denn - das zeigen alle Statistiken - Parlamente, in denen es deutlich mehr Frauen gibt, fassen auch frauenfreundlichere Beschlüsse. Das trifft aber nicht auf alle Abgeordneten zu. Die Vorrednerin hat dafür ein sehr deutliches Beispiel gegeben.

Sehr geehrte Abgeordnete, Ihre Redezeit ist beendet. Bitte den letzten Satz.

Der Landesregierung, die sich heute hier so wunderbar verbal aufgeschlossen gezeigt hat, kann ich mit Erich Kästner nur sagen: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Ministerin Anne-Marie Keding: Wenn man keine Gro- ßen Anfragen beantworten muss!)

Ich sehe keine Fragen. Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Kolze. Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute über die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE zur Lebenssituation von Mädchen und Frauen in Sachsen-Anhalt.

Man soll bei Debatten immer mit etwas Positivem beginnen. Insofern stimme ich Ihnen zu, dass an der Gleichstellung aller kontinuierlich gearbeitet werden muss. Ich finde es nicht zuletzt als Vater zweier Töchter gut, dass dieses Thema in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

Über die geforderten Mittel, um die Umsetzung der Gleichstellung voranzutreiben, lässt sich allerdings streiten. Ich sage es offen: Ich bin kein Fan von Quoten, zumindest nicht von solchen, die aufoktroyiert werden.

Nun haben Sie die Befassung mit dieser umfangreichen Beantwortung dieser Großen Anfrage beantragt, 1 209 Seiten, die sich mit allgemeinen Zahlen, Daten und Fakten, mit Bildung, mit dem Arbeitsmarkt, mit Digitalisierung, mit der Situation der alleinerziehenden Frauen, mit Frauen im Ehrenamt, mit Gesundheit, mit der Partizipation von Frauen und Mädchen in Sachsen-Anhalt, mit Frauen und Mädchen mit Behinderungen, mit Frauen im Strafvollzug sowie mit der Umsetzung der gleichstellungspolitischen Ziele in der Koalitionsvereinbarung beschäftigen.

Einige Antworten sind wirklich interessant. So habe ich die Antworten auf die Fragen 75 und 76, bei denen es um die Möglichkeiten der Telearbeit geht, mit großem Interesse gelesen. Angesichts unseres Antrags „Möglichkeiten der Telearbeit ausbauen“ vom Mai dieses Jahres war ich erfreut zu lesen, dass in allen Ministerien, aber auch in

den meisten nachgeordneten Landesbehörden die Angebote der Telearbeit genutzt werden. Zwar sind die Zahlen noch überschaubar, aber das Konzept, um dessen Erarbeitung die Landesregierung gebeten wurde, kann die Popularität der Telearbeit möglicherweise noch steigern. Insofern bin ich auf die Übermittlung des Konzepts im ersten Quartal 2019 gespannt.

Ich denke, Telearbeit oder Homeoffice, wie es neudeutsch heißt, ist eine wunderbare Möglichkeit, um Familie und Beruf besser miteinander in Einklang zu bringen. Vor allem frischgebackenen Eltern kann Telearbeit dabei helfen, den Wiedereinstieg in den Job nach der Elternzeit zu vereinfachen und damit auch zu mehr Gleichberechtigung von Frauen und Männern beizutragen, da im Regelfall noch immer mehr Frauen als Männer zu Hause bleiben und Elternzeit in Anspruch nehmen. Das mag zum einen an den naturgegebenen Umständen liegen, zum anderen aber auch daran, dass häufig noch immer die Männer die Hauptverdiener in der Familie sind.

Bei anderen Fragen hat sich mir die Sinnhaftigkeit hingegen nicht erschlossen, aber Sie werden sich schon etwas dabei gedacht haben, und wenn es nur die Sorge um Langeweile bei der Landesregierung war; denn - Kritik muss man auch üben dürfen - die Antwort auf die Große Anfrage mit 177 umfangreichen Fragestellungen ist nicht eben über Nacht entstanden. Dadurch wurden massiv Kapazitäten gebunden. Ich bin gespannt, wie Sie diese Informationen, die zusammengetragen wurden, nun effektiv nutzen, damit sich die ganze Arbeit auch gelohnt hat.

Insbesondere interessiert mich, was Sie mit den Informationen zum Rauchverhalten bei Frauen und Mädchen anfangen wollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren!

„Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist eine der zentralen Herausforderungen, um das Leben in unserem Land zukunftsfähig und gerecht zu gestalten. Dafür müssen Frauen und Männer auf dem gesamten Lebensweg die gleichen Chancen erhalten - persönlich, beruflich und familiär.“

So steht es auf der Homepage des BMFSFJ und so sollte es sein.

Ich meine, in vielen Bereichen hat sich bereits einiges getan. So haben in Deutschland Frauen und Männer grundsätzlich die gleichen Bildungschancen. Das ist leider nicht überall auf der Welt so. Meine Wortwahl lässt eine Einschränkung erahnen; denn „grundsätzlich“ bedeutet auch immer, dass es eine Ausnahme vom Regelfall gibt.

Eine Studie, die das nordrhein-westfälische Justizministerium in Auftrag gegeben hat, hat gezeigt,

dass Frauen an den Universitäten tendenziell schlechter benotet werden. So schneiden Frauen im mündlichen Teil des zweiten juristischen Staatsexamens schlechter ab als ihre männlichen Kollegen, obwohl die Vornoten die gleichen waren. Begründet haben die Autoren der Studie dies mit der Zusammensetzung der Prüfungskommissionen: War die Prüfungskommission rein männlich besetzt, schnitten Frauen durchschnittlich schlechter ab als bei einem gemischten Prüferteam.

Eine Verschärfung der Auswirkungen ergibt sich, sobald es um die Notenschwelle zum Prädikatsexamen ging. Dieses ist in den meisten Bundesländern noch Voraussetzung für die Zulassung zum Staatsdienst. Mögliche Konsequenzen daraus möchte ich jetzt nicht darlegen; dafür reicht die Zeit nicht. Ich denke, das kann sich jeder selbst ausmalen.

Bekanntermaßen verdienen Frauen durchschnittlich weniger als ihre männlichen Kollegen mit gleicher Qualifikation. Über diese Problematik wird unter dem Terminus Gender-Pay-Gap schon länger diskutiert. Obwohl mehr Frauen erwerbstätig sind als je zuvor und Frauen auch häufig deutlich besser qualifiziert sind, steht bei uns Männern im Durchschnitt dennoch mehr auf dem Lohnzettel. Ist das fair?

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Nein!)

Zumal diese Lohnlücke mit zunehmendem Alter der Beschäftigten wächst. Hierfür gibt es verschiedene Ursachen. Zum einen unterscheiden sich Berufswahl und Karriereverhalten von Männern und Frauen. Frauen sind häufiger als Männer im sogenannten Niedriglohnsektor vertreten. Zum anderen spielen gesellschaftliche Stereotype eine entscheidende Rolle. So werden frauendominierte Berufe häufig unterbewertet, während männerdominierte Berufe in der Regel überbewertet werden.

Darüber hinaus achten Frauen bei der Berufswahl aus nachvollziehbaren Gründen eher auf die Vereinbarkeit der Berufsausübung mit der Familienplanung. Um beim Thema zu bleiben: Die Familienplanung führt bei Frauen zwangsläufig zu Erwerbsunterbrechungen. Diese führen dann nachweisbar zum Karriere- und damit auch zum Gehaltsknick.

Waren die Löhne bis zur Erwerbsunterbrechung noch annähernd gleich, ist in vielen Fällen zu beobachten, dass sich die Karriereverläufe bei Männern und Frauen etwa ab dem Zeitpunkt, zu dem Frauen, statistisch gesehen, ihr erstes Kind bekommen, deutlich zu unterscheiden beginnen. Das Einkommen von Männern erhöht sich weiterhin, während es bei Frauen stagniert. Hinzu kommen weitere Karrierekiller wie beispielsweise Teil

zeit und Elternzeit. Ich bin gespannt, inwiefern die neuen Gesetze zur Brückenteilzeit und zur Lohntransparenz Abhilfe schaffen können.

In der Großen Anfrage wurde auch die Situation von alleinerziehenden Männern und Frauen in Sachsen-Anhalt beleuchtet. Dafür bin ich Ihnen ausdrücklich dankbar; denn ich finde, Alleinerziehende bekommen in unseren Debatten, aber auch in der öffentlichen Wahrnehmung zu wenig Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der LINKEN und von Dr. Katja Pähle, SPD)

Zunächst einmal offenbart die Antwort auf die Große Anfrage wenig Überraschendes: Deutlich mehr Frauen als Männer sind alleinerziehend.