Vielen Dank, Abg. Frau Schindler. Es gibt keine Fragen. - Der nächste Debattenredner ist für die CDU-Fraktion der Abg. Herr Krull. Sie haben das Wort, bitte.
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine sehr geehrten Mitglieder des Hohen Hauses! Ich möchte meine Rede zu diesem Tagesordnungspunkt mit einem Zitat beginnen. Es lautet: Wir können uns leider des Eindruckes nicht erwehren, dass ganz offensichtlich das Thema derzeit nur zu Wahlkampfzwecken in den Vordergrund gespielt wird und dass eine ernsthafte Auseinandersetzung dazu gar nicht gewünscht ist. - Das Zitat stammt von Dr. Neumann, dem Landespräsidenten des Vereins Haus & Grund Sachsen-Anhalt e. V. Ob dieser Eindruck richtig ist, mag jeder für sich selbst überlegen. Aber es drängt sich doch der Gedanke auf, dass einige Fraktionen im Landtag und die dazugehörigen Parteien im Vorfeld der Kommunalwahlen im kommenden Jahr einen vermeintlichen Wahlkampfschlager suchen.
Darüber hinaus ist es schon etwas irritierend, dass wir am 8. November genau zu diesem Thema eine Anhörung in einer gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Inneres und Sport sowie für Landesentwicklung und Verkehr durchführen und die Fraktion DIE LINKE bereits drei Tage vorher, also am 5. November, den vorliegenden Gesetzentwurf vorstellt. Da darf man sich doch die Frage stellen, wie ernst wir solche Anhörungen tatsächlich nehmen und inwieweit wir sie auswerten, bevor wir entsprechende Papiere vorlegen.
Die Forderung nach der Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen wird derzeit öffentlich sehr intensiv diskutiert, teilweise auch sehr emotional, und das nicht nur innerhalb der Bürgerschaft bzw. der Grundstückseigentümer, sondern auch auf der Ebene der kommunalen Selbstverwaltungsorgane wie der Stadträte.
Dazu führte bei dem bereits erwähnten Fachgespräch die Vertreterin des Städte- und Gemeindebundes aus, dass es zwar grundsätzlich Bewegung in der Debatte, aber kein abgestimmtes oder gar einheitliches Meinungsbild auf der kommunalen Ebene gebe. Initiativen aus einzelnen Gemeinden, durchaus auch mit Unterstützung der lokalen CDU bzw. ihrer dortigen Vertreter, existieren, sind aber bei Weitem kein flächendeckendes Phänomen.
Für uns als CDU-Landtagsfraktion hat die Anhörung deutlich gemacht, dass noch zahlreiche Punkte zu klären sind, bevor es zu einer Abschaf
Das einzige Flächenbundesland, in dem Straßenausbaubeiträge erhoben wurden und die entsprechende Rechtsgrundlage geändert wurde, und zwar so, dass Straßenausbaubeiträge nicht mehr erhoben werden dürfen, ist der Freistaat Bayern. Die Abschaffung trat rückwirkend zum 1. Januar 2018 in Kraft. Es ist klar, dass in diesem kurzen Zeitraum eine seriöse Einschätzung der Folgen nur sehr eingeschränkt möglich ist.
Das machte auch der Vertreter der Bayerischen Staatsregierung in seinen Ausführungen während der Anhörung deutlich. Er betonte jedoch gleichwohl, dass auch nach der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge keineswegs alle Bürger zufrieden sind. Das liegt daran, dass eine Abschaffung zwingend mit der Festsetzung eines Stichtags einhergeht. So wird es immer Bürger geben, die noch bezahlen müssen, weil der Kostenbescheid vor dem Stichtag ergangen ist. Eine unterschiedliche Behandlung ist daher unvermeidbar.
Wir fragen uns daher: Wie gehen wir mit denen um, die bereits gezahlt haben, oder mit denen, die trotz entsprechender Bescheide noch nicht gezahlt haben?
Die Stadtstaaten Berlin und Hamburg sind aus nachvollziehbaren Gründen keine relevanten Vergleichsländer für unser Bundesland. Auch BadenWürttemberg kann nicht herangezogen werden, weil dort keine entsprechende Rechtsgrundlage für die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen existiert.
In vielen Bundesländern bestehen sogenannte Kannbestimmungen, was die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen angeht. Wir, die CDU-Landtagsfraktion, sehen solche Kannbestimmungen kritisch. Gemeinden, denen es finanziell besser geht, hätten die Möglichkeit, auf die Erhebung der Beiträge zu verzichten. Gemeinden, deren finanzielle Basis nicht solide ist, wären faktisch gezwungen, dies zu tun. Das wäre ein klarer Wettbewerbsnachteil im Wettstreit um die Ansiedlung von Bürgern und Unternehmen in dem jeweiligen Gemeindegebiet.
Wir stehen selbstverständlich für einen gesunden Wettbewerb zwischen den Gemeinden in unserem Bundesland. Was wir aber nicht zulassen dürfen, ist, einen möglichen Abwärtstrend durch landespolitische Entscheidungen noch zu fördern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt Unwuchten in dem System der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen. So fühlen sich viele Grundstückseigentümer bei der Planung der entsprechenden Maßnahmen mit ihren Anliegen und
Ein gutes Beispiel, wie es funktionieren kann, gibt es hier in Magdeburg. Die vorhandenen gesetzlichen Möglichkeiten müssen vor Ort einfach genutzt werden. Das verhindert oder reduziert vermutlich nicht nur den Frust, sondern sorgt hoffentlich auch für ein entsprechendes Verständnis unter den Beteiligten.
Ein weiteres Problem - es wurde auch schon angesprochen - ist der teilweise erhebliche Abstand zwischen der Fertigstellung einer Maßnahme und der tatsächlichen Abrechnung, also der Erhebung der entsprechenden Beiträge. Aus der Sicht unserer Fraktion darf der zeitliche Abstand nicht zu groß werden, um Unverständnis bei den Betroffenen zu vermeiden.
Natürlich wäre das Land bei einem Beschluss gefordert, die entstehenden Ausfälle bei den Gemeinden auszugleichen. Die Schätzungen bewegen sich zwischen 11 Millionen und 20 Millionen € jährlich. Die Frage, ob diese Summe auch nach der Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen so bleibt oder ob sie sich deutlich nach oben entwickelt, kann niemand seriös beantworten.
Als CDU-Landtagsfraktion warnen wir aber ausdrücklich davor, in Zeiten einer vermeintlich gut gefüllten Landeskasse die Straßenausbaubeiträge abzuschaffen und diese dann vielleicht später wegen fehlender finanzieller Mittel wieder einzuführen. Das wäre den Bürgerinnen und Bürgern nun wirklich nicht mehr zu vermitteln.
Ich bitte um Überweisung in die von meiner Kollegin Schindler vorgeschlagenen Ausschüsse, und ich bitte um Ablehnung des AfD-Antrages, weil er finanzielle Wunschschlösser aufbaut. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Ich sehe, es gibt keine Fragen. - Damit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir kommen nicht umhin, eines festzustellen: Die Straßenausbaubeiträge sind politisch mausetot. Ihnen fehlt etwas für unsere Gesellschaft ganz Wesentliches: die Akzeptanz in der Bevölkerung. Die Entscheidung anderer Bundesländer zeigt es.
Das hat zwei Gründe. Der eine ist die veränderte gesellschaftliche Realität. Die Wertsteigerung eines Grundstücks ist bei den heute für die Beitragspflicht prägenden Ausbaumaßnahmen nicht wirklich erlebbar. Das mag beim Anlegen befestigter Straßen in preußischer Zeit anders gewesen sein.
Für die Menschen ist es darüber hinaus völlig unverständlich, wieso ein bei der Sicherung der allgemeinen Lebensgrundlage engagierter Staat, wie wir ihn aus gutem Grunde haben, sie ausgerechnet bei der Straße vor der Haustür allein lässt.
Der andere Grund ist der Umgang mit dem Finanzierungsinstrument der Ausbaubeiträge. Wenn man Verjährungsfristen - juristisch sind es Ausschlussfristen gewesen - ändert und eine Taskforce zur Eintreibung gefühlt historischer Beiträge bildet, legt man die Axt an die Akzeptanz dieses Finanzierungsinstruments. Genau das ist in der letzten Legislaturperiode erfolgt. Damals ging es im Wesentlichen um leitungsgebundene Anlagen.
Dass sich nun heute ausgerechnet eine der damals entscheidungstragenden Fraktionen zum starken Kritiker der Ausbaubeiträge aufschwingt, ist vor diesem Hintergrund zumindest überraschend.
Ich halte die Form des Umgangs mit dem Thema tatsächlich für ausgesprochen kritisch; sie dient der Beförderung der Politikverdrossenheit. Jeden Tag bekommen jetzt Leute Post mit Beitragsbescheiden, die sie noch bezahlen müssen, obwohl das Ende der Erhebung in der Luft liegt. Sicherer kann man Verdrossenheit nicht erzeugen. Es wäre die Aufgabe unserer Koalition gewesen, hierbei koordiniert vorzugehen und ein einheitliches, gangbares und finanzierbares Konzept vorzulegen, zumindest aber darüber zu sprechen. Das ist nicht erfolgt.
Weg eines koordinierten Vorgehens der Koalition verbaut. Das KAG und der Haushalt sind gerade offen; technisch wäre jetzt der Moment, die Änderung vorzunehmen. Wir sind dazu aber nicht in der Lage, da weder eine Verständigung über das Ziel besteht noch die Finanzierungsfrage geklärt ist. Einen Vorschlag der SPD zur Finanzierung kenne ich nicht.
Damit will ich zu dem Gesetzentwurf der LINKEN kommen. Für eine Oppositionsfraktion ist der vorgelegte Entwurf eine beachtliche und detailreiche Fleißarbeit. Er ist an einer Stelle auch bemerkenswert ehrlich, indem nämlich der auf das Land zukommende Finanzierungsbedarf nicht mit den eher niedlichen Werten im einstelligen Bereich angegeben wird, die man immer wieder einmal liest, sondern mit 27 Millionen € - wenn das reicht, sage ich.
Der letzte entscheidende Schritt wird dann aber nicht gegangen, nämlich zu klären, wie das künftig zu finanzieren ist. Ich komme gleich darauf. Bei dem AfD-Antrag ist es nicht anders.
Wir hatten hier neulich einen Disput über den Haushalt, bei dem die LINKE monierte, dass das Haushaltsvolumen zu klein sei - einen Antrag, dies zu ändern, habe ich übrigens bisher nicht gesehen - und dass die Einnahmen der öffentlichen Hand gesteigert werden müssten. Das war vor zwei Monaten. Dass nun dieselbe Fraktion eine deutliche Senkung der Einnahmen der öffentlichen Hand fordert - nichts anderes ist im Ergebnis der Gesetzentwurf -, ist schon speziell.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt überhaupt kein finanzpolitisches Konzept. Es wird einfach nur gefordert, was populär erscheint. So einfach kann man es sich nicht machen. Eine verantwortliche Politik ist das nicht.
Eines will ich auch einmal garstig anmerken: Dass die Entkopplung von mit dem Grundvermögen im Zusammenhang stehenden Kosten vom Grundvermögen ein linkes Projekt sein könnte, darauf hätte Rosa Luxemburg sicherlich auch nicht gewettet.
Ich sagte es eingangs: Wir werden mangels Akzeptanz die Erhebung der Straßenausbaubeiträge abschaffen müssen und die Finanzierung dieser Aufgabe verändern. Wir sind aber kein reiches Land, wie es Bayern vielleicht ist. Unser Haushaltsüberschuss betrug süße 1,2 Millionen €. Wenn wir die gut 30 Millionen €, die uns das kosten wird, aus dem Haushalt finanzieren, müssen wir Einschnitte vornehmen. Dann muss man auch deutlich sagen, wie man es machen möchte.
Das, was wir heute gehört haben, die Bundesmittel in Höhe von 27 Millionen €, ist letztlich eine Luftnummer. Das wissen wir doch alle. Die Kritik der LINKEN ist ja, dass wir als Koalition diese 27 Millionen € in unserem Haushalt verfrühstückt haben und sie nicht an die Kommunen weiterleiten. Diese Kritik kann ich nachvollziehen.
Aber jetzt kommt ihr und legt zu allen Einzelplänen dieses Haushalts, den wir gemacht haben, Anträge vor. Das heißt, ihr verfrühstückt das ja auch. Ihr habt es ja gedanklich auch abgehakt und nicht an die Kommunen weitergeleitet. Jetzt zu sagen, das ist künftig die Gegenfinanzierung für die Straßenausbaubeiträge, das ist unglaubwürdig, das ist nicht seriös. Dazu muss man etwas anderes vorschlagen.
Wir Bündnisgrünen könnten uns vorstellen, die Kostensenkung über die Grunderwerbsteuer gegenzufinanzieren, was den Charme hätte, dass eine allgemeine Kopplung an das Grundeigentum beibehalten würde, die Erhebung nun aber berechenbar wäre und mit der Akzeptanz der Bevölkerung beim Erwerb von Grundvermögen erfolgen würde. Das ist ein Vorschlag. Eine Mehrheit ist auch dazu nicht ersichtlich, weil wir natürlich im Dissens sind.
- Doch, die würde das einbringen. Wir sind ja in Sachsen-Anhalt unterhalb dessen, was andere Bundesländer ansetzen.
Sehr geehrter Herr Meister, auch Ihre Redezeit ist bereits zu Ende. Formulieren Sie bitte den letzten Satz.
Ich bin auch am Ende. - Ich bitte um Überweisung des Gesetzentwurfs. Die Diskussion dazu ist weiterzuführen.