Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu der Einschätzung, dass Fehler gemacht worden sind, gehört natürlich auch die Frage, wie man das korrigieren kann. Auch hierzu hat Herr Staatsminister Robra schon einiges gesagt. Wir haben schon bei der Aufstellung des Doppelhaushaltes das Kulturwerk Mansfeld-Südharz wieder mit in die Theaterförderung aufgenommen, sodass es zumindest im Haushaltsplan doch wieder im Kapitel „Theater- und Orchesterförderung“ erscheint.
Das Anhaltische Theater Dessau hat zwar seine Strukturanpassung umgesetzt, allerdings zum Preis einer haustariflichen Regelung. Die Situation in Halle ist noch schwieriger; aber um darauf näher einzugehen, reicht meine Redezeit leider nicht aus.
Ich bin dankbar dafür, dass die Staatskanzlei und das Ministerium für Kultur wirklich engagiert die Verhandlungen über die neuen Theaterverträge in Angriff genommen haben und dass wir jetzt sowohl mit der Dynamisierung von 3 % als auch mit der Erhöhung der Sockelfinanzierung um 5 % eine gute Ausgangsbasis haben. Ich habe mit vielen Vertretern von Theatern und Orchestern gesprochen. Die haben mir berichtet, dass sie gut damit leben können. Sachsen-Anhalt gibt somit im Jahr fast 40 Millionen € für Theater und Orchester aus. Das sind 8 Millionen € mehr als in der letzten Förderperiode. Deshalb denke ich, sollte noch einmal ein großer Dank an Herrn Staatsminister Robra gehen. Ich weiß, dass er sich auch persönlich sehr dafür engagiert hat.
Abschließend noch zwei Sätze zu dem theaterpädagogischen Modellprojekt, das hier noch einmal angesprochen worden ist. Ja, die theaterpädagogische Arbeit liegt auch meiner Fraktion am Herzen. Wir wollen jetzt aber erst einmal schauen, wie die Evaluation ausgeht; denn ich habe wahrgenommen, dass im Rahmen dieses Modellprojektes auch viele kleine Theater aus anderen Ländern gebunden worden sind. Ich würde mir wünschen, dass wir in dieser Hinsicht stärker auf das Potenzial der freien Theater in unserem Land zurückgreifen. Die haben es noch schwerer als die großen Theater, die über die institutionellen Theaterverträge gefördert werden. Deshalb,
denke ich, müssen wir uns in der zukünftigen Arbeit auch mit dem Thema - gerade im Hinblick auf die Vereinfachung von Förderbedingungen und
Vielen Dank. Ich sehe keine Fragen. - Der nächsten Debattenredner ist für die AfD-Fraktion Herr Dr. Tillschneider. Sie haben das Wort, bitte.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Große Anfrage der LINKEN zu den Theatern und Orchestern in Sachsen-Anhalt umfasst mit allen Antworten der Regierung 311 Seiten, 311 Seiten Beschäftigungstherapie für Technokraten, 311 Seiten, die nichts, aber auch rein gar nichts dazu beitragen, die Krise der Bühnenkultur in unserem Land zu überwinden, 311 Seiten, die - Gott sei gedankt - nur als PDF herumgeschickt wurden, was mehreren Bäumen einen sinnlosen Tod erspart hat.
Jetzt ist es raus. Endlich wissen wir, dass das Anhaltische Theater Dessau dreimal am Tag etwas auf seiner Facebook-Seite postet, jeden Tag einmal twittert, zwanzigmal pro Spielzeit etwas auf Youtube einstellt und ein- bis zweimal im Monat ein Bild auf Instagram hochlädt.
Was soll man dazu sagen? - Aus Ihrer Großen Anfrage sprechen ein kleiner Geist, ein beschränkter Horizont und eine klaffende geistige Leere. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die LINKEN von Kulturpolitik keinen blassen Schimmer haben - er wäre hiermit erbracht worden. Sie ergehen sich in nichtssagender Tabellenhuberei und glauben, das sei dann Kulturpolitik.
Ich will gar nicht daran denken, wie viel Arbeitszeit auch und gerade an unseren Theatern vernichtet werden musste, um all das zusammenzutragen. Ein Zehntel des Umfangs, ein paar Fragen zu Kernindikatoren wie dem Kartenverkauf und der Programmentwicklung hätten vollkommen ausgereicht.
Um zu wissen, dass es schlecht um die Bühnenkunst bestellt ist, müssen wir keine Anfragen stellen, deren Beantwortung mehrere Hundert Seiten umfasst. Es hätte im Grunde auch völlig ausgereicht, ein halbes Stündchen im Internet die Heimseiten einiger Theater aufzurufen und dort das Programm anzuschauen.
werden, ist „Die Ratten“ von Gerhart Hauptmann das einzige halbwegs kanonische deutsche Stück - eine sozialkritische Tragikomödie, die man sich gefallen lassen mag. Ansonsten gibt es nur Internationales oder aber ganz und gar Abseitiges und Bedeutungsloses.
Der Anteil kanonischer deutscher Stücke beträgt - um im Stil Ihrer Anfrage zu Ihnen zu sprechen - gerade einmal 8,33 %. Sicherlich soll in Deutschland auch Internationales auf die Bühne. Aber wenn der Anteil der klassischen deutschen Stücke bei gerade einmal 8,33 % liegt und alles andere 91,66 % einnimmt, dann läuft etwas schief.
Kein Kleist, kein Lessing, kein Schiller, kein Goethe, kein Hofmannsthal, kein Brecht - nein, rein gar nichts davon, nichts, was irgendwie als typisch deutsch erkennbar wäre, ein fades Globalisierungseinerlei, ein Theater für internationale Vagabunden, aber kein Nationaltheater, kein Volkstheater, kein Theater für das Volk.
Dann müssen Sie sich nicht über einbrechende Besucherzahlen wundern. Sie fördern Theater für eine vaterlandsvergessene linksliberale Pseudoelite.
Und eben deshalb werden heute im Schauspiel Magdeburg nur noch halb so viele Karten verkauft wie vor fünf Jahren - Tendenz weiter sinkend.
Sie können sich abmühen, wie Sie wollen. Sie können eruieren, wo und wie sich unsere Theatermarketingagenturen beschäftigen. Sie können danach fragen, ob nach allen Regeln dieser Kunst zielgruppengerecht gedrechselte Imagekampagnen durchgeführt werden. Wenn sich kulturpolitisch in diesem Land nichts Grundlegendes ändert, dann werden Sie damit den Verfall der Theaterkultur garantiert nicht aufhalten.
Im Gegenteil: Sie beschleunigen ihn noch. Denn Ihre ganze Herangehensweise ist selbst Ausdruck der Krise des Theaters. Beispiel Halle. Auf Ihre Frage nach den Maßnahmen zur Publikumsgewinnung an der Oper Halle antwortet die Regierung sehr artig - ich zitiere -:
„Die Oper Halle verfolgt unter der künstlerischen Leitung von Florian Lutz […] sowohl eine inhaltliche als auch strukturelle Politik zur Gewinnung jungen Publikums in Halle. Die ästhetische und inhaltliche Ausrichtung des Spielplans […] strebt insbesondere auch eine kritische Auseinandersetzung mit
der sozialen und ästhetischen Lebenswirklichkeit von Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 15 bis 30 an, um so das Medium ,Oper‘ jenseits von tradierten Erwartungen erfahrbar zu machen.“
Ich gehe einmal davon aus, dass Sie so etwas gut finden. Die Wahrheit ist nur leider: Gerade Florian Lutz war es, der dafür gesorgt hat, dass die Besucherzahlen in Halle eingebrochen sind. Grund dafür war genau das, was hier als kritische Auseinandersetzung mit der sozialen Lebenswirklichkeit von Jugendlichen gepriesen wird - nämlich ein hart mit der Tradition brechender Stil, der geeignet ist, jedem Jugendlichen die Lust auf Oper und Theater gänzlich zu verderben.
Wenn wir junge Menschen für das Theater begeistern wollen, dann dürfen wir nicht mit tradierten Erwartungen brechen. Dann müssen wir dafür sorgen, dass sie in diese tradierten Erwartungen hineinwachsen. Dann müssen wir die Lust an der Tradition fördern und dafür sorgen, dass Jugendliche bereit sind, sich unsere große Tradition anzueignen.
Was wir also brauchen, was wir leisten müssten, um dem Verfall der Theaterkultur gegenzusteuern, wäre - ich habe das schon einmal gesagt - eine neue Sinnstiftung. Alle Maßnahmen dagegen, die Sie ins Auge fassen, bleiben äußerlich und gehen am Kern der Sache vorbei. Die Bürger werden erst dann wieder ins Theater gehen, wenn sie sich davon einen Sinn erhoffen, wenn sie Antworten auf die Sinnfragen erhalten, die sie umtreiben.
Das ist freilich das Gegenteil dessen, was die etablierte Politik und die zu ihr passende Kunst seit Jahrzehnten praktiziert - nämlich Dekonstruktion, Nihilismus und Selbstverachtung.
Wir müssen uns wieder auf die eigentliche Aufgabe des Theaters besinnen, und diese Aufgabe ist die Begründung von kultureller Identität und also Nationalidentität. Wir brauchen dazu keine hippen Werbekampagnen und keine Erbsenzähleranfragen. Was wir brauchen, ist eine kulturpolitische Wende um 180 Grad.
Lessing schreibt in „Briefe, die neueste Literatur betreffend“, dass wir ein Theater brauchten, dass der deutschen Denkungsart angemessen sei. Wir sollten diesen Rat auch und gerade heute beherzigen und uns dessen bewusst sein, dass mit jedem Theaterstück, das in Deutschland auf die Bühne kommt, ein Stück deutscher Kultur konkret wird. Wir sollten diesen Umstand froh und selbstbewusst bejahen, und wir sollten diese Chance nutzen.
Wenn Sie jetzt sagen, den Theatern solche Vorgaben machen zu wollen, widerspreche doch der Kunstfreiheit, man müsse ihnen einfach nur Geld geben und sie dann in Freiheit machen lassen, dann erwidere ich Ihnen darauf, dass Sie ganz große Heuchler sind.
Zum einen ist das, was die AfD fordert, eine Selbstverständlichkeit und nur eine ganz grobe Zielvorgabe, wie sie der Politik durchaus ansteht. Ihr Lobpreis der Kunstfreiheit wiederum ist nichts wert angesichts des Umstandes, dass die Theater genau das machen, was Sie wollen und was Merkel will. Denn eines muss man dieser Dame lassen: Sie hat es ohne Zwang hinbekommen, dass die Kulturschaffenden die Wünsche der Machthaber besser erfüllen als in jeder afrikanischen Militärdiktatur.
Mit diesem Frieden wäre es aber ganz schnell vorbei, wenn von den Bühnen einmal etwas anderes käme als Propaganda für Globalismus und Masseneinwanderung. Ich will nicht wissen, wie es mit Ihrem Hohelied auf die Kunstfreiheit aussähe, wenn ein Theaterregisseur einmal echten Gebrauch von dieser Freiheit machen würde und die Römer in Kleists „Hermannsschlacht“ zum Beispiel mit EU-Standarten aufmarschieren ließe. - Zum Beispiel. - Ich wage zu prophezeien, dass Ihre Toleranz dann ganz schnell am Ende wäre und der arme Kerl nicht nur alle Mittel gestrichen und alles gekündigt bekäme, was sich kündigen ließe. Nein, er würde auch öffentlicher Ächtung zum Opfer fallen und könnte seinen Beruf an den Nagel hängen.
Dass Sie in Wahrheit trotz Ihrer geheuchelten Beteuerung nicht die geringste Achtung vor der Kunstfreiheit haben, zeigt sich schon allein daran, wie Sie mit Künstlern, die Ihnen nicht in den Kram passen, auch und gerade dann umspringen, wenn diese Künstler keinen Cent Steuergeld erhalten.
Als Beispiel will ich Xavier Naidoo anführen, der mit seinem Lied „Marionetten“ eine ergreifende Kritik am politischen Establishment geliefert hat. Als Xavier Naidoo am 30. Juni 2017 in Halle auftreten wollte, hat der MDR seine Unterstützung zurückgezogen, und das übliche „Bündnis gegen Rechts“, an dem auch mehrere Gliederungen der SPD und der GRÜNEN beteiligt sind, hat zu Protesten aufgerufen. Ist das Ihr Verständnis von Kunstfreiheit? - W i r würden nie auf die Idee kommen, einem freien Künstler, der ohne staatliche Förderung auskommt, vorzuschreiben, was er zu tun hat. Niemals!
Und genau das ist Kunstfreiheit. Kunstfreiheit ist kein Anspruch, jeden nationalmasochistischen Dreck gefördert zu bekommen. Kunstfreiheit ist
Wenn aber der Staat Geld für etwas gibt, dann ist es selbstverständlich, dass er ein Wörtchen mitzureden hat, wenn es darum geht, was mit diesem Geld angestellt wird. Zumindest darf er auf die grobe Zielrichtung Einfluss nehmen. Das machen Sie ja auch ständig, wenn Sie Ihre Fördermaßnahmen evaluieren lassen.
An dieser Stelle sage ich zur Lage der Theater: Wenn es so weitergeht wie bisher, wenn sich an der Programmgestaltung nichts ändert, dann ist das, was wir ausgeben, zu viel. Wenn die Theater allerdings beherzigen, was wir schon in unserem Landtagswahlprogramm gefordert haben - nämlich, dass sie stets auch klassische deutsche Stücke spielen und sie so inszenieren, dass sie zur Identifikation mit unserem Land anregen -, dann wären sie durchaus ihr Geld wert und sicher auch etwas mehr. - Vielen Dank.