Man kann also feststellen: Von gleichwertigen Verhältnissen kann man diesbezüglich nicht annähernd sprechen. Ich finde es äußerst beschämend,
dass Ostdeutschland flächendeckend von niedrigen Löhnen gekennzeichnet ist. Ich empfinde dies auch als Missachtung ostdeutscher Leistungen; denn ein ostdeutscher Arbeitnehmer arbeitet nicht schlechter und ist genauso fleißig wie ein westdeutscher Arbeitnehmer. Das muss man klar und deutlich sagen.
Sachsen-Anhalt, aber auch den anderen ostdeutschen Bundesländern fallen die politischen Fehler auf die Füße, die sowohl die Kahlschlagpolitik der Treuhand als auch später die Niedriglohnpolitik vergangener Regierungen verursacht haben.
Viele Jahre hat man zum Beispiel bei der Wirtschaftsförderung in Sachsen-Anhalt mit Niedriglöhnen und wenig Tarifbindung geworben. Dies geschah sogar in ganzen Broschüren. Insofern, denke ich, ist es eines der schwierigsten Probleme für Sachsen-Anhalt, dass wir eine Wirtschaft haben entstehen lassen, in der jeder vierte Beschäftigte vom Mindestlohn leben muss.
An der Stelle verweise ich immer gern auch darauf, dass Niedriglöhnen natürlich auch Niedrigrenten folgen.
Es ist feststellbar, dass Löhne und Einkommen in den letzten zehn Jahren insgesamt durchaus gestiegen sind. Das liegt daran, dass gerade die Einführung des Mindestlohns in Sachsen-Anhalt zu einem deutlichen Lohnsprung geführt hat und im öffentlichen Dienst gute Tarife verhandelt und umgesetzt wurden.
Die negative Seite, die dabei offen zutage trat, zeigt aber auch, wie gering die Löhne in SachsenAnhalt vor der Einführung des Mindestlohns von damals 8,50 € waren. Es wurden zum Beispiel in der Lebensmittelverarbeitung, im Hotel- und Dienstleistungsgewerbe und Ähnliches Billiglöhne zwischen 4 und 7 € pro Stunde gezahlt. Mit der Einführung des Mindestlohns gab es dann für viele Beschäftigte einen richtig großen Lohnsprung, der sich in der Statistik stark bemerkbar macht.
Zudem macht und machte sich dieses Lohnplus auch in der Binnennachfrage positiv bemerkbar. Deshalb sind wir der Ansicht - Herr Hövelmann hat es gesagt -, dass es nach der erfolgreichen Einführung und Etablierung des Mindestlohns nun auch eine unterste Grenze in der Ausbildung geben muss, also eine Mindestausbildungsvergütung. Diese müssten wir langsam auch einmal einführen.
Meine Damen und Herren! 29 Jahre nach der Wende erhalten Beschäftigte in Ostdeutschland noch immer weniger Lohn als ihre Kolleginnen und Kollegen im Westen. Wie krass diese Unterschiede sind, zeigt zum Beispiel der Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit. Bei Verkäuferinnen beträgt diese Differenz im Mittel ca. 500 € pro Monat. Bei Automechanikern liegt der Unterschied bei mehr als 800 €, bei Maschinenbaumechanikern sogar bei mehr als 900 € im Monat.
Die Ungleichheit von Einkommen und auch Vermögen ist übrigens nicht das Ergebnis fehlender individueller Anstrengung, sondern - so beschreibt es eine Studie der Bertelsmann Stiftung - ist oft von Faktoren abhängig, die die Einzelnen nicht beeinflussen können.
Die wichtigsten Faktoren sind die Herkunft aus der DDR oder Alt-BRD, der Beruf der Eltern und das Bildungsniveau der Eltern. Wer aus einem westdeutschen Akademikerhaushalt kommt, der hat statistisch ein eher höheres Einkommen als andersherum. Wer aus einem Arbeiterhaushalt in der DDR kommt, der verdient tendenziell weniger. Mit Chancengleichheit, meine Damen und Herren, hat das wenig bis gar nichts zu tun.
Neben der Einkommensschere kritisiert die Bertelsmann Stiftung aber auch die Armutsrisikoquote, die trotz sinkender Arbeitslosigkeit steigt. Zudem verlängere sich auch die Dauer, in der Haushalte in Armut leben.
Gefragt ist an der Stelle auch eine aktive Steuerpolitik. Exorbitante Managergehälter sind ebenfalls nicht vermittelbar. Sie sind von der Leistung der Betreffenden völlig abgekoppelt. An dieser Stelle können und könnten ein erhöhter Spitzensteuersatz und eine Vermögensteuer den notwendigen Ausgleich bewirken.
Ein Thema hat in dieser Debatte so gut wie gar keine Rolle gespielt: Wir brauchen unbedingt mehr Zukunftsinvestitionen in Ostdeutschland. Das Wirtschaftswachstum Sachsen-Anhalts
wuchs langsamer als das im Bundesdurchschnitt. Mit einem Plus von nur 0,8 % Wachstum ist Sachsen-Anhalt das Schlusslicht Deutschlands. Schon im vergangenen Jahr war das Wachstum
Unbestritten ist, dass die Leistungskraft Ostdeutschlands gegenüber den früheren 90er-Jahren deutlich gestiegen ist, jedoch stagniert sie bei 67 % der Wirtschaftskraft in der alten Bundesrepublik.
Der niedrigen Wirtschaftskraft des Ostens entspricht eine deutlich höhere Arbeitslosigkeit, was sich an einer höheren Quote von Beziehern von Hartz IV zeigt. Ähnliche Ungleichheiten finden wir auch bei Sozialleistungen und Renten. Aber auch bei der Vermögensverteilung besitzen Ostdeutsche im Durchschnitt weniger als Westdeutsche.
Anhand dieser ökonomischen Eckdaten wird deutlich, dass Ostdeutschland und insbesondere Sachsen-Anhalt leider abgehängt worden sind.
Gerade in Bezug auf die Ungleichheit von Löhnen und Gehälter sowie Renten und Sozialleistungen wird häufig argumentiert, dass das doch irgendwie so in Ordnung sei; denn schließlich seien die Lebenshaltungskosten im Osten niedriger. Dieses Argument ist schon deshalb völlig verkehrt, weil sich die Lebenshaltungskosten nicht nur entlang der einstigen Staatsgrenze, sondern auch innerhalb der alten Bundesrepublik und innerhalb Ostdeutschlands zum Teil gravierend unterscheiden. Letztlich wird damit nur ausgedrückt, dass die Arbeit und Lebensleistung der Sachsen-Anhalter weniger wert sind als die anderer.
Der gesetzliche Mindestlohn - so kritikwürdig er in seiner Höhe und hinsichtlich der Ausnahmen auch ist - durchbricht diese Logik der Ungleichheit. Er ist in Ost und West gleich; das muss endlich auch bei allen Branchenmindestlöhnen umgesetzt werden. Diesbezüglich gibt es noch immer eine Unterscheidung in Ost und West. Deshalb bleiben wir bei unserer Forderung, die Unterschiede zwischen Ost und West bei Löhnen und Gehältern, Renten und Sozialleistungen endlich abzuschaffen.
Dazu gehört auch, dass der Mindestlohn auf 12 € pro Stunde angehoben und die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen erleichtert wird.
Es darf keine sachgrundlosen Befristungen und kein Lohndumping über Leiharbeit oder Werkverträge mehr geben. Anstelle von Hartz IV muss es wieder eine anständige Arbeitslosenversicherung geben, die bei Jobverlust auch langfristig trägt.
richtung des Förderprogramms GRW auf Lohnzuwachs und Tarifbindung. Die jetzigen Regeln reichen bei Weitem nicht aus; Änderungen hieran haben wir oft genug beantragt.
Auch die Einführung eines vergabespezifischen Mindestlohns im Vergabegesetz ist mehr als sinnvoll, wenn an dieser Stelle keine Tarifverträge greifen.
Für äußerst wichtig halten wir die Unterstützung und Förderung von Mitbestimmung und Tarifbindung. Hilfreich wäre auch eine strikte Ostquote für Bundesprogramme. Zudem müssen struktur
Wichtig ist aber auch, dass wir Sachsen-Anhalt insgesamt als Standort für die Menschen attraktiver machen, das heißt zum Beispiel bessere Bildung, eine bessere Infrastruktur und vor allem der Ausbau der digitalen Infrastruktur. Es muss jetzt investiert werden, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Herr Abg. Höppner. Es gibt keine Fragen. - Wir kommen nunmehr zum letzten Redner. Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Krull. Sie haben das Wort. Bitte.
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine sehr geehrten Mitglieder des Hohen Hauses! Vermutlich nicht zuletzt aufgrund der aktuellen Berichterstattung in den vergangenen Tagen beschäftigen wir uns heute im Hohen Hause mit der Einkommenssituation der Beschäftigten in unserem Land. Natürlich ist es richtig, dass es mit Blick auf die Einkommenssituation der Bevölkerung noch erhebliche Differenzen zwischen den verschiedenen Bundesländern der Bundesrepublik gibt. Aber wir sollten nicht der Versuchung unterliegen, unser eigenes Land schlechtzureden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wirtschaft hat viel mit Psychologie zu tun. In diesem Sinne ist der durch den Einbringer gewählte Titel für diese Aktuelle Debatte doch als kontraproduktiv einzuschätzen. Auch für die Wahrnehmung der Arbeit des Landtages und der Landesregierung für eine Verbesserung der Einkommenssituation unserer Bürger ist dies weniger hilfreich. Bei manch einem Beitrag, der heute vorgetragen worden ist, muss man sich wirklich fragen, wie wir Menschen überzeugen wollen, in dieses Land zu kommen, wenn wir selbst so über unser Land reden.
Ich denke, meine Vorrednerinnen und Vorredner sind bereits umfänglich auf die statistischen Zahlen bezüglich der Entwicklung der Einkommen
und der vorhandenen Unterschiede eingegangen, auch was die Arbeitszeit angeht. Deshalb gestatte ich mir einen Blick auf die aktuellen Arbeitsmarktzahlen in Sachsen-Anhalt.
Im August 2018 waren in Sachsen-Anhalt 162 345 Menschen als arbeitssuchend registriert. Das entspricht einem Rückgang um 8,7 % bzw. um 15 548 Personen gegenüber dem Vorjahresmonat.
Im gleichen Zeitraum sank die Unterbeschäftigungsquote von 11,5 % auf 10,7 %. Die Zahlen machen deutlich, dass die Entwicklung auf unserem Arbeitsmarkt positiv verläuft. Die Zahl der Erwerbstätigen nimmt zu, und das vor allem im sozialversicherungspflichtigen Bereich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei allen Diskussionen, die wir heute führen, sollten wir immer diese positive Entwicklung im Hinterkopf behalten.
Jetzt möchte ich mich dem Thema zuwenden, worauf die Unterschiede bei den Einkommen der Beschäftigten zurückzuführen sind; denn auch hier ist eine differenzierte Betrachtung notwendig. Zuerst ein Hinweis darauf, dass man bei der Auswertung von Statistiken und daraus resultierenden Schlussfolgerungen zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen kann.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Bitte gestatten Sie mir folgendes Zitat aus der Pressemitteilung des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt vom 14. Juni dieses Jahres. Unter der Überschrift „3 264 € Bruttomonatsverdienst im Schnitt 2017 in Sachsen-Anhalt“ findet sich unter anderem folgende Aussage: