Protocol of the Session on June 22, 2018

Die Landesregierung hat mehrfach Kritik an der Rentenangleichung zwischen Ost und West geübt; auch in diesem Fall. Dazu haben wir einen Antrag in den Bundesrat eingebracht. Wir haben damals ganz klar betont, dass wir das Ziel des Gesetzentwurfs der Bundesregierung unterstützen, die rentenrechtliche Differenzierung zwischen Ost und West zu beenden, aber auch deutlich gemacht, dass wir den Zeitpunkt für eine bundesweit gleiche Regelung im Umgang mit unterdurchschnittlichen Rentenanwartschaften gekommen sehen.

Sie wissen alle, dass der Antrag im Bundesrat nicht mehrheitsfähig war. Das Thema bleibt aber auf der Agenda. Wir brauchen eine erneute Diskussion darüber, wie bundesweit gleiche Regelungen im Umgang mit unterdurchschnittlichen Rentenanwartschaften realisiert werden können. Daran halte ich fest, und ich werde weiterhin dieses Ziel mit aller Kraft verfolgen.

Dies gilt aktuell insbesondere für die zügige Umsetzung der im Koalitionsvertrag enthaltenen Fondslösung für Härtefälle in der Grundsicherung im Rentenüberleitungsprozess. Dies gilt in beson

derem Maße auch für die in der DDR geschiedenen Frauen.

Wie Sie wissen, hat am 14. Juni 2018 im Bundestag eine Anhörung des betroffenen Personenkreises stattgefunden. Damit wird - das hoffe ich sehr - dokumentiert, dass die Erklärung im Koalitionsvertrag zur Schaffung einer Fondslösung für Härtefälle mehr als nur eine Absichtserklärung ist, weil sich nämlich insbesondere die Ostpolitikerinnen und -politiker dafür eingesetzt haben; allen voran Manuela Schwesig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gleichwohl bleibt die Frage der Finanzierung der Ansprüche aus den Sonder- und Zusatzversorgungssystemen der ehemaligen DDR. Die Landesregierung hat, wie Sie wissen, Kritik an der Zurückstellung eines wichtigen Zieles aus der Koalitionsvereinbarung auf Bundesebene geübt.

Es ist schwer nachvollziehbar, dass die Übernahme eines höheren Anteils bei den Erstattungen an die Rentenversicherung für die Ansprüche aus den Sonder- und Zusatzversorgungssystemen der ehemaligen DDR durch den Bund als nicht prioritär eingestuft wird und damit praktisch unterbleibt.

Die neuen Bundesländer einschließlich Berlin haben für die AAÜG-Leistungen im Jahr 1992 Kosten in Höhe von 0,8 Milliarden € getragen und werden im Jahr 2018 dafür mindestens 2,8 Milliarden € zahlen müssen. Allein für SachsenAnhalt betragen die Kosten im Jahr 2018 für die Sonderversorgung 135 Millionen € und für die Zusatzversorgung 309 Millionen €.

Mein Kollege André Schröder hat das auch mehrfach sowohl in der Finanzministerkonferenz als auch gegenüber der Ministerpräsidentenkonferenz und auch gegenüber dem Bund kritisiert. Wir werden dafür eintreten, dass der Bund einen höheren Anteil an der Erstattung an die Rentenversicherung für die Ansprüche aus den Sonder- und Zusatzversorgungssystemen der ehemaligen DDR übernimmt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Rente muss zur Gestaltung des Lebensabends reichen, und zwar in Ost und West. Viele Themen stehen weiterhin auf der Agenda. Wir brauchen mehr Rentengerechtigkeit sowohl bei der Frage der Angleichung zwischen Ost und West als auch bei der Kostenverteilung zwischen Bund und Ländern. Ich denke, wir haben auch den Landtag an unserer Seite. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Mar- kus Kurze, CDU, und von Wolfgang Aldag, GRÜNE)

Es gibt keine Nachfragen. Danke an die Frau Ministerin. - Wir können jetzt in die Fünfminutendebatte der Fraktionen einsteigen. Für die CDUFraktion spricht der Abg. Herr Krull. Herr Krull, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema der Entwicklung der Renten in Deutschland im Allgemeinen und in Sachsen-Anhalt im Besonderen haben wir bereits mehrfach hier im Hohen Hause behandelt. Es ist eine klassische Aufgabe des Bundes. Deswegen wenden wir uns immer wieder mit entsprechenden Appellen an diese Ebene.

Dabei geht es auch um die Frage der doppelten Haltelinie. Im aktuellen Koalitionsvertrag finden wir ja die Aussage, dass die Beiträge bis zum Jahr 2025 nicht über 20 % steigen sollen und das Rentenniveau nicht unter 48 % sinken soll.

Im Mai dieses Jahres wurde dann im Bund auch die Rentenkommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ berufen. Dieser gehören neben Vertreterinnen und Vertretern aus der Politik und von Sozialverbänden auch Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaft an. Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass auch jemand aus der jüngeren Generation darin mitwirkt, um seine Sicht der Dinge einzubringen.

Die Aufgaben der Kommission sind ganz klar. Sie soll sich mit der Stabilisierung und der nachhaltigen Sicherung der gesetzlichen Rentenversicherung auseinandersetzen und dabei die beiden weiteren Säulen der Rente, also die betriebliche Altersvorsorge und die private Altersvorsorge, mit im Blick behalten. Bis März 2020 sollen Vorschläge erarbeitet werden, wie die Rente in Deutschland nach 2025 gestaltet werden kann. Dabei sollen die Interessen aller Berechtigten berücksichtigt werden.

Darüber hinaus soll es neben der Kommissionsarbeit weitere Möglichkeiten für Dritte geben, sich entsprechend einzubringen, etwa in Form von Fachgesprächen oder Fachtagungen. Ich denke, alle in diesem Hohen Haus sind schon sehr gespannt, wie die Kommission arbeiten wird und welche Ergebnisse sie vorlegen wird.

Wir erwarten aber auch zu Recht, dass auch die anderen Teile des Koalitionsvertrages umgesetzt werden. An dieser Stelle stimmen wir inhaltlich grundsätzlich mit dem vorliegenden Antrag überein. Ich zitiere aus dem Koalitionsvertrag:

„Wir wollen schrittweise einen höheren Anteil bei den Erstattungen an die Rentenver

sicherung für die Ansprüche aus den Sonder- und Zusatzversorgungssystemen der ehemaligen DDR übernehmen und damit die ostdeutschen Bundesländer entlasten“.

Dass nun Vertreter der Bundesregierung angekündigt haben, dass es hierbei zu zeitlichen Verzögerungen kommt, ist das absolut falsche Signal. Es ist richtig, dass unsere Landesregierung dazu öffentlich kritisch Stellung genommen hat. Denn die ostdeutschen Bundesländer brauchen dringend eine Entlastung in diesem Bereich.

Auch die im Koalitionsvertrag zu findende Fondslösung für Härtefälle findet unsere volle Unterstützung. Es könnten dann auch - die Ministerin hat es bereits erwähnt - die Fälle der zu DDR-Zeiten geschiedenen Frauen mit berücksichtigt werden. Selbstverständlich muss sich auch der Bund an dieser Stelle entsprechend finanziell beteiligen.

Gerade in Anbetracht der vielen gebrochenen Erwerbsbiografien in den ostdeutschen Bundesländern nach der friedlichen Revolution ist die geplante Grundrente richtig. Sie soll denjenigen gewährt werden, die mindestens 35 Jahre eingezahlt haben bzw. entsprechend Zeiten der Kindererziehung und Pflegezeiten nachweisen können. Sie soll 10 % über dem Grundsicherungsbedarf liegen.

Auch wenn derzeit die Zahlen im Bereich der Grundsicherung in Sachsen-Anhalt recht niedrig sind, müssen wir wohl erwarten, dass sie in den kommenden Jahren steigen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn in diesem Hohen Hause die Forderung gestellt wird, die Rente sofort anzugleichen, dann muss man sich einmal anschauen, welche positiven Meldungen wir in den letzten Wochen auch feststellen konnten. Die nächste Rentenerhöhung wird für die Ostrentner um 3,37 % höhere Renten bringen. Damit erreichen sie bereits 95,8 % des Westniveaus.

Der Unterschied zwischen den Rentnerinnen und Rentnern im Osten und den westdeutschen Rentenbeziehern ist somit deutlich kleiner als die Differenz bei der Einkommenssituation zwischen West- und Ostdeutschland.

(Zustimmung von Siegfried Borgwardt, CDU, und von Markus Kurze, CDU)

Diese beträgt nämlich noch rund 16 %. Es ist also zu erwarten, dass das Ziel der Angleichung der Renten bereits vor dem Jahr, das auf der Bundesebene vereinbart worden ist, erreicht werden kann.

Nichtsdestotrotz: Ja, die Rentengerechtigkeitslücke muss dringend geschlossen werden. Wer eine schnelle gesetzliche Anpassung fordert, darf aber auch diejenigen nicht vergessen, die jetzt

in die Rente einzahlen. Denn auf die Vorteile des Nachteilsausgleichs für ostdeutsche Beschäftigte bei der Höherbewertung ihres Einkommens habe ich bereits in Debatten zu anderen Tagesordnungspunkten hingewiesen.

Meine Kollegen von der LINKEN, Sie haben angesprochen, es sei ungerecht, dass die Dame, die 2006 angefangen habe zu arbeiten, noch als Ostrentner verzeichnet worden sei. Das führte aber gleichzeitig dazu,

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Besser ge- stellt!)

dass sie - weil sie entsprechend eingruppiert worden ist - im westdeutschen Vergleich mehr Rentenpunkte für das niedrigere Gehalt bekommen hat. Das muss man also auch beachten. Eine Rosinenpickerei wird voraussichtlich auch im Bundesrat keine Mehrheit finden. Daher ist Ihre Forderung an dieser Stelle unrealistisch.

Ich darf noch einmal betonen, dass sich die CDULandtagsfraktion als Interessensverwalter aller Generationen versteht, inklusive der jetzigen, aber auch der zukünftigen Rentner in unserem Bundesland. Ich bitte daher in diesem Sinne um die Zustimmung zu unserem Alternativantrag und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Frau Bahlmann hat eine Frage an Herrn Krull. Diese kann sie jetzt stellen.

Herr Krull, ist es richtig, dass Sie weiterhin als zweite Säule der Altersversorgung auf die private Altersversorgung setzen, um Lücken aus der gesetzlichen Rente zu kompensieren, und diese somit nur für die Menschen möglich machen, die über genügend Einkommen verfügen, und damit Hartz-IV-Empfänger, Minijobber und andere Geringverdiener ausschließen?

Zur Rente in Deutschland gehören drei Säulen. Das ist die gesetzliche Rentenversicherung, das ist die private Rentenversicherung und das ist die betriebliche Vorsorge. Selbstverständlich ist es so, dass alle drei Säulen beachtet werden müssen.

Es ist auch so, dass in Sachsen-Anhalt die gesetzliche Rente tatsächlich die wesentliche Einkommensart bei der jetzigen Rentnergeneration ist. Aber ich stehe zu allen drei Säulen. Es ist auch das Ziel unserer Politik, dass möglichst viele Menschen in die dritte Säule der privaten Altersvorsorge einzahlen können, weil sie mit entspre

chenden Jobs in diesem Land ihr Leben durch eigenes Erwerbseinkommen gestalten können. Das ist auch Ziel unserer Politik.

(Zustimmung von Ulrich Thomas, CDU)

Es gibt noch eine Frage von Frau Heiß. Bitte sehr.

Vielen Dank. - Herr Krull, Sie haben gesagt, dass es zügig eine Veränderung und eine Angleichung geben und dass der Bund sich so schnell wie möglich den Kosten widmen müsse, damit die Länder nicht mehr so hohe Kosten haben.

Ich frage mich bloß: Wenn das alles so zügig gehen soll, warum nehmen Sie dann nicht zügig unseren Antrag an, in dem sogar eine Zeitschiene vorgeschlagen wird, anstatt in Ihrem Antrag mit sehr vagen Aussagen zu agieren? Wenn man wirklich etwas zügig machen will - ich finde, 30 Jahre nach der Wiedervereinigung, das ist nicht zügig, das ist ein sehr langsamer Zug -, dann frage ich mich, warum Sie keine Zeitschiene vorgeben und unseren Antrag nicht unterstützen.

Weil wir glauben, dass unser Formulierungsvorschlag, der wahrscheinlich auch die Mehrheit dieses Hauses finden wird, an dieser Stelle die bessere Alternative ist. Wir setzen darauf, dass die wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land unter der CDU-geführten Bundesregierung so gut sein wird, dass die Anpassung auf 100 % des Westwertes und die Angleichung der Renten in Ost und West noch vor 2025 stattfinden wird.

(Zustimmung bei der CDU)

Eine kurze Nachfrage noch.

Ich habe es noch nicht verstanden. Warum ist Ihr Antrag die bessere Alternative, Herr Krull?

(Markus Kurze, CDU: Das hast du doch schon erklärt! - Zuruf von der AfD: Weil die Mehrheiten nicht da sind!)

Geschätzte Frau Kollegin Heiß, lesen Sie sich unseren Antrag noch einmal durch, dann werden Sie es selber erkennen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)