Protocol of the Session on June 22, 2018

Zum anderen können die Eichenbestände gefährdet sein; denn bei einem Massenbefall sind die Fraßschäden durchaus beachtlich. Wenn die Eiche zweimal kahl gefressen worden ist, dann ist sie tatsächlich im Bestand gefährdet.

Die Bekämpfung ist aufwendig. Das ist allen klar. Hinzu kommt, dass zwei Rechtskreise zur Anwendung kommen, nämlich zum einen das Pflanzenschutzrecht bei Maßnahmen von waldexistenzieller Bedrohung. Zum anderen kommt das Biozidrecht über das Chemikaliengesetz zur Anwendung, das beim Einsatz zum Schutz des Menschen gültig wird.

Was in einem Rechtskreis zulässig ist, kann in den anderen Regularien unzulässig sein. Hinzu kommen Firmengeheimnisse, die Auskünfte schwierig machen, wenn es um die Zulassung geht oder um die Zukunft bereits existierender Mittel.

Es macht einen manchmal fassungslos, wenn man allein schon sieht, welche rechtlichen Schwierigkeiten diesbezüglich auftreten; denn es geht um die Gesundheit von Menschen.

Die vorhandenen Mittel werden bei großflächiger Verbreitung durch Befliegen ausgebracht. Es besteht auch die Möglichkeit, die Mittel vom Boden aus zu verbreiten. Eine weitere Methode ist das Absaugen. Das Absaugen hat mehrere Vorteile. Es ist eine schonende Methode, weil sie sehr spezifisch auf den Eichenprozessionsspinner wirkt, allerdings ist sie sehr aufwendig. Ein echter Vorteil ist, dass die Haare dabei zu einem großen Teil ebenfalls entfernt werden.

Meine Damen und Herren! Der Aufwand ist ein Grund für die Auseinandersetzungen, die wir seit Langem um den Eichenprozessionsspinner führen. Es standen hierfür 330 000 € zur Verfügung, wovon die Wälder profitiert haben. Es geht um die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners im Wald, also im Wesentlichen am Waldrand und an den Wegen.

Dass sich die Kommunen allein gelassen fühlen, ist ein Zustand, der schon lange anhält.

(Beifall bei der LINKEN)

Im letzten Jahr stand die Sperrung des Elberadweges im Raum. Ich bin einigermaßen fassungslos, dass erst der Verzweiflungsakt eines Bürgermeisters eine Reaktion der Landesregierung auslöste. Wie kann es sein, dass sich ein Bürgermeister erst selbst wegen Körperverletzung im Amt anzeigen musste, bis Sie reagieren.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Ganz zu schweigen von den Menschen, die bereits gesundheitliche Schäden davongetragen haben. Auslöser war in diesem Fall die schwere allergische Reaktion eines achtjährigen Mädchen.

Ich weiß, was jetzt alles kommt. Dass die Gefahrenabwehr Sache der Kommunen ist, ist ein ganz beliebtes Argument. Meine Damen und Herren, Sie müssen die Kommunen aber auch finanziell in die Lage versetzen, diese Gefahrenabwehr zu betreiben, wenn es zu einem Massenbefall kommt; dies ist aber nicht geschehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Landesregierung wird jetzt sagen, sie habe alles gemacht. Anhand der Unterlagen kann ich es chronologisch durchgehen.

2015 - Beschlussrealisierung. Eine interministerielle Arbeitsgruppe unter Federführung des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt soll eingesetzt werden. Bis Ende des zweiten Quartals 2015 soll ein Konzept, das einen Maßnahmenplan enthält, vorgelegt werden. Zudem sollte die Forschung vorangebracht werden.

2016 - Pressemitteilung des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt. Das Landeszentrum Wald ist der zentrale Ansprechpartner für die Bekämpfung.

2017 - Ausschuss für Umwelt. Die interministerielle Arbeitsgruppe zur Koordinierung ist eingerichtet - dabei ging es um den Elberadweg - und im Jahr 2018 wird alles besser.

2018 - Innenausschuss. Die interministerielle Arbeitsgruppe hat beraten. Im Ausschuss wurde die Frage nach einem Bekämpfungskonzept gestellt. Die Antwort darauf war lapidar: Es ist darauf hinzuweisen, dass es ein landesweites Bekämpfungskonzept nicht geben kann, weil das Auftreten des Baumes Eiche vielschichtig ist.

Meine Damen und Herren! Das ist eine tolle Erkenntnis einer interministeriellen Arbeitsgruppe - unglaublich. Ich frage mich, was seit dem Jahr 2015 an diesem Punkt passiert ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Trotz aller interministeriellen Arbeitsgruppen und anderer Aktivitäten stehen wir wieder am gleichen Punkt. Was machen wir jetzt? Was steht im Antrag? - Raten Sie einmal!

(Wulf Gallert, DIE LINKE: Eine Gruppe!)

- Sehr gut. - Ein interministerieller Arbeitskreis, diesmal unter der Leitung des Sozialministeriums soll eingerichtet werden. Ich bin gespannt, was dort passiert. Man muss wohl dabei gewesen sein, um zu verstehen, was diesbezüglich in der Landesregierung stattfindet.

Das Landeszentrum Wald hat eigentlich die Kompetenzen und die Kapazitäten zur Bekämpfung. Eine Bekämpfung aus einer Hand ist eine ganz vernünftige Maßnahme. Die Kommunen können sich dorthin wenden und das Landeszentrum Wald kann diese Aufgaben übernehmen. Außerdem kann dort ein naturschutzfachliches Monitoring stattfinden, das immer noch im Raum steht.

Ich habe allerdings das Gefühl, dass es wieder einmal um das schnöde Geld geht, also um die Frage, welches Ressort bezahlt und wer die Mittel bereitstellen muss. Das, meine Damen und Herren, ist schon ziemlich peinlich; denn es geht um die Gesundheit der Menschen vor Ort.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen möchten wir eine Landeszuständigkeit definieren; denn jetzt werden hierfür auf einmal Landesmittel zur Verfügung gestellt. Die Ausreichung der Mittel über den Ausgleichsstock ist einigermaßen bürokratisch und kleinlich. Mal sehen, was davon vor Ort ankommt. Bis Sie so weit sind, ist die Prozession wahrscheinlich vorbei, keine Ahnung.

Ich glaube allerdings, dass die Landesregierung erst dann, wenn sie sagt, wir haben hierfür die Verantwortung und wir müssen den Kommunen helfen, tatsächlich bereit ist, sich konzeptionell so aufzustellen, dass dieses Chaos im nächsten Jahr nicht wieder stattfindet. Es kostet zwar etwas, aber es bringt auch etwas.

(Zustimmung bei der LINKEN)

In Brandenburg hat man den Eichenprozessionsspinner einigermaßen in den Griff bekommen. Diesbezüglich schreibt das Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft, seit 15 Jahren werde der Eichenprozessionsspinner bekämpft, aber eine Ausbreitung finde weiterhin statt. Ich weiß nicht, warum Brandenburg das hinbekommt und wir im Land nicht.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Deswegen muss das Land handeln und die Kommunen unterstützen. Damit es keinen Konflikt mit irgendwelchen anderen Rechtskreisen gibt, haben wir versucht, eine Lösung zu finden. Die Kommunen können sich an das Land wenden und das Land erklärt seine Zuständigkeit und handelt.

Das hat einfach etwas damit zu tun, dass niemand sagen kann, damit werde die kommunale Selbstverwaltung außer Kraft gesetzt; denn das möchten wir nicht. Eine Kommune, die sich in der Lage sieht, eigenständig zu handeln, soll das weiterhin können.

Es geht eben um die Gesundheit der Menschen vor Ort. An dieser Stelle braucht es eine Landeszuständigkeit und es braucht verantwortungsvolles Handeln. Wachen Sie auf und fangen Sie beherzt an!

(Zustimmung bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Lange. Wortmeldungen sehe ich nicht. - Jetzt wird für die Landesregierung die Ministerin Frau Grimm-Benne sprechen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es sind Bilder, die einem im Kopf bleiben. Das Mädchen aus der Altmark, das durch den Kontakt mit dem Eichenprozessionsspinner Verletzungen erlitten hat. Ihr Foto ist in den vergangenen Tagen durch die Medien gegangen.

Ich habe aber auch nicht vergessen, wie die Eichen aussehen, die Bürgermeister Kloth mir im vergangenen Jahr in Seehausen gezeigt hat. Und ich habe das Gespräch mit der dortigen Hausärztin noch im Ohr.

In den Gemeinden wird viel versucht, um die Gesundheitsgefahren einzudämmen. Aber es braucht mehr Hilfe, besser vernetzte Hilfe. Stückwerk bringt nichts.

(Zustimmung bei der SPD)

Wenn ein Baum von den Nestern befreit wird und der Nachbarbaum nicht, ist de facto nichts erreicht.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Die Landesregierung hilft darum in Zukunft besonders betroffenen Gemeinden stärker als bisher. Mein Ministerium wird, weil es um Gesundheitsschutz geht, diese Koordinierung ab sofort übernehmen.

(Beifall bei der SPD)

Denn, meine Damen und Herren Abgeordneten, der Befall der Eichen ist nicht nur ein Problem der Forstwirte. Der Eichenprozessionsspinner kann bei massenhaftem Auftreten eben auch die Gesundheit des Menschen ernsthaft gefährden.

Herr Lange hat es bereits ausgeführt. Die Zuständigkeiten für die Bekämpfung dieser Raupe sind zersplittert. Das ist nicht zu ändern, schon gar nicht von heute auf morgen. Aber was man nicht hinnehmen muss und darf, ist, dass sich besonders betroffene Kommunen allein gelassen fühlen, auch finanziell allein gelassen fühlen.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich bin froh, dass die Landesregierung jetzt deutlich gesagt hat, dass sie handeln werde. Und ich bin froh, dass die interministerielle Arbeitsgruppe, die es zu diesem Thema gibt, in der kommenden Woche in der Altmark sein wird, um sich die Situation anzuschauen, um vor allen Dingen einen Handlungsplan für das Jahr 2019 aufzustellen und eine Handreichung zur Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners für die Kommunen zu erarbeiten.

Ziel ist es, in einer konzertierten Aktion mit finanzieller Beteiligung des Landes auf möglichst allen Flächen, für die nach fachlicher Einschätzung eine Bekämpfung notwendig ist, Maßnahmen durchzuführen. Ich stelle mir vor, dass man sich bei dem Rundgang andere Plätze ansieht, insbesondere Spielplätze, Flächen an Kitas und Schulen, an Krankenhausstandorten und öffentliche Plätzen, also überall dort, wo sich viele Menschen begegnen.

Die Landkreise und Gemeinden haben viel versucht, um dem Eichenprozessionsspinner Paroli zu bieten. Im Landkreis Stendal zum Beispiel ist großräumig koordiniert bekämpft worden.