Protocol of the Session on June 20, 2018

Die Änderung in § 141 Abs. 4, die Hinzuziehung eines Wirtschaftsprüfers durch das Rechnungsprüfungsamt zur Prüfung des Jahresabschlusses betreffend, lehnen wir ebenfalls ab. Es sollte vielmehr eine hinreichende personelle Ausstattung der Rechnungsprüfungsämter sichergestellt werden, statt externe Wirtschaftsprüfer hinzuzuziehen.

Die Stimmführerschaft im GKG lehnen wir ebenfalls ab. Hierzu haben wir schon in den Fachausschüssen entsprechend vorgetragen und begründet.

Noch einige Worte zu dem Änderungsantrag der AfD. Sie haben zur Unzeit einen Gesetzentwurf vorgelegt und nun, förmlich in letzter Minute, auch Ihren Änderungsantrag. Diesen lehnen wir ab, zum einen weil Sie, wie Frau Schindler vorhin schon ausgeführt hat, Geflüchteten, Jugendlichen und Einwohnern mit Zweitwohnsitz jegliche Rechte und Beteiligungen absprechen und sich wie immer als Demokratiefeinde entlarven,

(Beifall bei der LINKEN)

zum anderen weil Sie nach wie vor dem Irrglauben unterliegen, die Ortschaftsräte würden im stillen Kämmerlein tagen. Zudem wollen Sie unzulässigerweise in die Finanzhoheit der Gemeinden eingreifen. Ihre Anliegen gehen fehl. Soweit Sie aus unserem Antrag abgeschrieben haben, hätten Sie sich die Mühe sparen können. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe keine Nachfragen. Deswegen können wir nunmehr in der Debatte fortfahren. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abg. Herr Striegel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In unseren Städten, Gemeinden und Landkreisen erleben Bürgerinnen und Bürger die Wirkung von Entscheidungen jeden Tag am eigenen Leib. Sie bekommen mit, wie ein Gebäude entsteht, wie Straßen erneuert werden oder wie der Spielplatz ausgestattet ist. Ihnen fällt aber auch sofort auf, woran es vor Ort fehlt: an sicheren Radwegen oder einer gut ausgestatteten Sportstätte. Im kommunalen Raum entscheidet sich, ob ein Gemeinwesen gelingt.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen deshalb die Kommunen, unsere Städte, Gemeinden und Landkreise, weiter stärken. Wir wollen ausreichend finanzielle Mittel bereitstellen, damit in den Kommunen gut gewirtschaftet werden kann und damit alle kommunalen Aufgaben erledigt werden können.

Wir wollen die Kommunen in unserem Land auch fit für die Zukunft machen. Deshalb streiten wir für ein E-Government-Gesetz, das auch die Städte, Gemeinden und Landkreise erfasst und dafür sorgt, dass Bürgerinnen und Bürger kommunale Dienste in Zukunft online in Anspruch nehmen können.

Leitspruch bei der Reform des Kommunalverfassungsgesetzes war und ist für uns GRÜNE: Wir wollen Mitmachen möglich machen. Die Bürgerinnen und Bürger sollten die Möglichkeit haben, von Anfang an in Entscheidungsprozesse einbezogen zu werden. Als Koalitionsfraktionen haben wir deshalb dafür gesorgt, dass die Möglichkeiten zum Mitmachen weiter ausgebaut werden.

Das KVG geht mit seinen Möglichkeiten zu mehr Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern definitiv in die richtige Richtung. Sachsen-Anhalt ist damit nicht mehr das Schlusslicht im Hinblick auf direkte Demokratie, sondern im guten Mittelfeld unterwegs. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, ganz ehrlich, ich verstehe Ihre Kritik an dieser Stelle nicht. Es ist, glaube ich, maßlos, zu behaupten, wir hätten uns mit Ihrem Entwurf nicht beschäftigt.

Insbesondere die Anhörungen im Ausschuss haben gezeigt, dass Menschen Lust auf mehr Demokratie haben, dass sie sich einbringen und Ideen verwirklichen wollen, die direkt vor ihrer Haustür umgesetzt werden können.

In dem durch die Koalition vorgelegten Entwurf eines Kommunalverfassungsgesetzes werden bei Einwohneranträgen und Bürgerbegehren die Antragsvoraussetzungen vereinfacht und die erforderlichen Quoren gesenkt. Das ist der richtige Weg. Überdies werden damit informiertere Entscheidungen ermöglicht. Der Zugang zu Informa

tionen für die Bürgerinnen und Bürger vor einer Abstimmung wird erweitert und erleichtert.

Wir haben auch die Beteiligungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger ortsnäher ausgestaltet. Wir GRÜNE finden es richtig, dass auch Stadtteile, sofern gewünscht, Ortsteile bilden können. Stadtteile können sehr unterschiedlich sein, unterschiedliche Probleme haben. Die Menschen identifizieren sich häufig vor allem mit dem Stadtviertel, in dem sie leben; das ist i h r Kiez. Dies haben wir berücksichtigt und individuelle Beteiligungsmöglichkeiten geschaffen.

Eine weitere bedeutsame Änderung nimmt die Beschlussempfehlung bei § 137 KVG vor. Der Landesrechnungshof soll nunmehr auf Ersuchen der jeweiligen Kommunalaufsichtsbehörde oder der oberen Kommunalaufsicht auch andere kreisangehörige Gemeinden und Verbandsgemeinden überörtlich prüfen können. Hierdurch sollen die bestehenden Kompetenzen der Aufsichtsbehörden nicht beschnitten, sondern die Möglichkeiten der Aufdeckung und Aufklärung entsprechender Geschäfte vorangetrieben werden.

Im Hinblick auf die Ergebnisse der aktuellen Prüfungen des Landesrechnungshofes zu Derivategeschäfte halten wir von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine Ausweitung der Prüfkompetenz für dringend geboten.

Das Kommunalverfassungsgesetz ist ein wichtiges Gesetzesvorhaben für die Menschen in Sachsen-Anhalt. In knapp einem Jahr wählen wir landauf, landab neue Stadt- und Gemeinderäte und bestimmen die Mitglieder unserer Kreistage neu. Grundlage deren Arbeit wird das neue Kommunalverfassungsgesetz sein.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen Sachsen-Anhalts Städte, Gemeinden und Landkreise blühen sehen. Wir kämpfen für starke GRÜNE in den Räten. Mit dem KVG geben wir diesen Räten, vor allem aber den Bürgerinnen und Bürgern mehr Möglichkeiten zur Mitbestimmung an die Hand. Das ist der Erfolg unseres neuen Kommunalverfassungsgesetzes. Es macht mehr Mitmachen möglich. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Chris Schulenburg, CDU)

Danke. Ich sehe auch hierzu keine Nachfragen. - Bevor wir in der Debatte fortfahren, begrüßen wir ganz herzlich auf unserer Besuchertribüne Damen und Herren der IG-Metall-Senioren aus Halberstadt. Herzlich willkommen bei uns!

(Beifall im ganzen Hause)

Nun spricht für die Fraktion der CDU der Abg. Herr Krull. Herr Krull, Sie haben das Wort.

Es dauert einen Moment.

(Tobias Krull, CDU, fährt das Rednerpult hoch - Ulrich Thomas, CDU: Mein Gott, war das tief! Das war ja tief, das Rednerpult! - Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir stehen heute vor der Aufgabe, die Änderung der Kommunalverfassung und anderer kommunalrechtlicher Vorschriften zu beschließen. Welchen hohen Stellenwert die kommunale Selbstverwaltung in Deutschland hat, machen zwei Tatsachen deutlich: Die kommunale Selbstverwaltung ist in Artikel 28 des Grundgesetzes und in Artikel 87 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt ausdrücklich geschützt.

Seit der ersten Einbringung des Gesetzentwurfs hat sich im Rahmen unterschiedlicher Beratungen und nicht zuletzt aufgrund der Anhörungen einiger Änderungsbedarf und Ergänzungsbedarf ergeben. Dem haben wir, die regierungstragenden Fraktionen, in unseren beiden Änderungsanträgen entsprochen.

Dabei galt es, das Gleichgewicht zu finden zwischen der Stärkung der Elemente der direkten Demokratie, wie im Koalitionsvertrag verabredet, sowie den Ergebnissen des Abschlussberichtes der Enquete-Kommission „Stärkung der Demokratie“. Gleichzeitig bestand die Notwendigkeit, die repräsentative Demokratie zu stärken, um gerade in Anbetracht der im nächsten Jahr anstehenden Kommunalwahlen Frauen und Männer erneut oder erstmalig für eine Kandidatur für die Ortschafts-, Stadt-, Gemeinde- sowie Verbandsgemeinderäte und Kreistage zu gewinnen.

An dieser Stelle sage ich herzlichen Dank den Frauen und Männern, die sich in der Kommunalpolitik für ihre Bürgerschaft engagieren.

(Zustimmung von Dagmar Zoschke, DIE LINKE)

Gerade weil die CDU in Sachsen-Anhalt die Kommunalpartei ist und die meisten kommunalen Mandatsträger stellt, ist uns das ein besonderes Anliegen. Und seien Sie versichert, wir haben die feste Absicht, dies auch nach dem Mai 2019 zu tun.

(Minister Holger Stahlknecht: Genau!)

Im Folgenden möchte ich nun zu einigen Punkten genauer ausführen. Wie bereits in der genannten Enquete-Kommission besprochen, wollen wir das Instrument des Einwohnerantrags attraktiver gestalten. Dazu senken wir die Quote von 5 % auf

3 %. Bisher, meine sehr geehrten Damen und Herren, wurde dieses Instrument leider nur sehr selten genutzt, um von der Bürgerschaft eine Aufforderung in Richtung der Vertretung abzugeben, sich mit einem bestimmten Thema zu beschäftigen. Richtig ist auch, dass dort jetzt Einwohner ab 14 Jahren aktiv werden können.

Bezüglich der Absenkung der Quoren für Bürgerentscheide auf den bundesdeutschen Durchschnitt von 20 % gehen wir einen weiteren Schritt in die Richtung der Stärkung der direkten Demokratie.

Im Rahmen der parlamentarischen Debatte neu aufgenommen wurde die Möglichkeit, dass bei einer Einigung zwischen den Initiatoren eines Bürgerentscheides und der kommunalen Vertretung von der tatsächlichen Durchführung eines Bürgerentscheides Abstand genommen werden kann. Dies ist sicherlich nicht nur im Sinne aller Beteiligten, sondern spart auch öffentliche Mittel, die zur Durchführung eines solchen Verfahrens aufgewendet werden müssten.

Ich muss an dieser Stelle auch ganz deutlich sagen, dass von einem Teil meiner Fraktion die Schaffung der Möglichkeit, zusätzliche Ortschaften auch bei nichtörtlicher Abgrenzung einzurichten, durchaus kritisch gesehen wird, auch weil sich durch die Einbindung von weiteren Ortschaftsräten der Organisationsaufwand und die Anzahl möglicher Fehlerquellen vergrößern. Wir setzen aber grundsätzliches Vertrauen in die kommunale Selbstverwaltung und darauf, dass die Räte mit dieser Möglichkeit sowie mit dem weiteren Gestaltungsspielraum des KVG im Sinne einer leistungsfähigen und organisatorisch handlungsfähigen Arbeit vor Ort umgehen.

Kommen wir zu der Änderung des § 98 KVG. Sowohl bei der Anhörung als auch bei anderen Gelegenheiten wurde die große Sorge vieler Kommunen deutlich, dass die Gemeinden, wenn dieser Paragraf so in Kraft tritt, Schwierigkeiten bekommen würden, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, oder dass zusätzliche Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen notwendig sein könnten. Als regierungstragende Fraktionen haben wir uns deshalb dazu bekannt, diese Regelung erst im Jahr 2023 in Kraft treten zu lassen.

Aufgrund aktueller Ereignisse bzw. der Prüfungsergebnisse des Landesrechnungshofes haben wir eine Klarstellung zum grundsätzlichen Verbot von Derivategeschäften aufgenommen. Darüber hinaus wurde intensiv darüber diskutiert, wie die Kompetenzen des Landesrechnungshofes besser genutzt werden können. Auch wenn sich einige Mitglieder meiner Fraktion weitergehende Regelungen gewünscht hätten, wird der gefundene Kompromiss, der in die Beschlussempfehlung des

Innenausschusses eingearbeitet worden ist, dem Anliegen grundsätzlich gerecht.

(Zuruf: Nee!)

Dabei sei daran erinnert, dass es die erste Aufgabe der Kommunalaufsicht ist, die Kommunen bei der selbstständigen Aufgabenwahrnehmung zu unterstützen.

Nach Hinweisen haben wir uns dazu entschlossen, die Möglichkeit von Neinstimmen bei nur einer Bewerberin oder bei nur einem Bewerber bei den Wahlen zum Hauptverwaltungsbeamten, also Bürgermeister, OB, Landrat bzw. Bürgermeisterin, Oberbürgermeisterin oder Landrätin, wieder aus dem Gesetzesvorschlag zu streichen und es bei der bisherigen Regelung zu belassen.

Wenn jemand mit einer Person und deren Kandidatur nicht einverstanden ist, gibt es selbstverständlich die Möglichkeit, selbst zu kandidieren oder andere zu unterstützen. Eine Negativkampagne gegen eine Person oder eine Abwahl einer Person ohne konstruktiven Gegenvorschlag kann mit der Streichung verhindert werden.

Weitere Hinweise der kommunalen Spitzenverbände haben wir aufgegriffen, so auch beim kommunalen Versorgungsverband.

Im Sinne einer Gesamtbetrachtung der vorliegenden Gesetzentwürfe bitte ich darum, der entsprechenden Beschlussempfehlung des Innenausschusses zu folgen und darüber entsprechend positiv abzustimmen. Den Gesetzentwurf der LINKEN werden wir demzufolge ablehnen.

Und in Richtung der AfD sei noch Folgendes bemerkt: Der Antrag kam zu spät. Und wenn Sie per copy and paste in Ihren Anträgen etwas formulieren möchten, sollten Sie vielleicht auch den Ideengeber einmal fragen, ob er damit einverstanden ist. Aber das wurde von dem entsprechenden Ideengeber auch schon gesagt. Bitte entwickeln Sie also auch mal eigene Ideen und nicht nur copy and paste. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe keine Nachfragen. Ich wollte nur sagen, Herr Krull, einen Gesetzentwurf der LINKEN kann man heute nicht mehr ablehnen, weil es dazu keine Beschlussempfehlung gibt. Dies nur, damit hier nicht bei irgendjemandem Verwirrung entsteht.

Am Ende der Debatte kommen wir nun zum Redner der AfD-Fraktion. Der Abg. Herr Roi hat das Wort.