In Ordnung. - Damit ist dieser Debattenbeitrag beendet. Für die Fraktion DIE LINKE hat nunmehr der Abg. Herr Lange das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Was Natura 2000 bedeutet, wurde bereits erklärt. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, dies umzusetzen. Tun sie es nicht, droht ein Klageverfahren der EU. Die Strafandrohungen der EU haben im Jahr 2015 auch in Deutschland eine Rolle gespielt. Somit ist der Zeitdruck, unter dem die Verordnung jetzt erstellt wird, bereits genannt.
Meine Damen und Herren! Dass die entsprechende Bewegung zur Umsetzung von Natura 2000 erst durch das drohende Vertragsverletzungsverfahren der EU entstanden ist, ist ein politisches Armutszeugnis.
In Sachsen-Anhalt ist das ein Armutszeugnis für die CDU-geführten Landesregierungen seit 2002. Diese Debatte, meine Damen und Herren von der CDU, geht für Sie an dieser Stelle nämlich nach hinten los. Man muss hier einmal festhalten, dass es die Helden der CDU waren, die als zuständige Minister nicht gehandelt haben. Sie hätten sich längst um die Umsetzung bemühen können.
(Siegfried Borgwardt, CDU: Aber freiwillig, Herr Lange! - Zurufe von Bernhard Daldrup, CDU, von Lars-Jörn Zimmer, CDU, und von Lydia Funke, AfD)
Sagen Sie einmal, meine Herren und Damen von der CDU, lieber Herr Zimmer, irgendwie haben Sie doch gerade den Schuss nicht gehört, oder? Wir haben ein Insektensterben, uns droht der stumme Frühling, wir haben Artensterben - und Sie sagen, man möchte einen Naturschutz haben, den man am besten nicht merkt. Wie soll das denn funktionieren? Wie soll das denn gehen? Sorry!
Das ist wirkungsloser Naturschutz. Und freiwillig? Wenn das freiwillig so funktionieren würde, wie Sie sich das vorstellen, dann brauchten wir gar nicht darüber zu reden; denn dann hätten wir diese ganzen Probleme in der Natur nicht. Aber freiwillig macht es keiner. Also müssen wir über den Schutzstatus reden.
Meine Damen und Herren! In der Tat fordert der Zeitdruck von den Verwaltungen auf allen Ebenen viel ab. Auch das Beteiligungsverfahren ist, wie wir im Ausschuss erläutert bekommen haben, sehr umfassend. Auf Details möchte ich nicht weiter eingehen; das hat die Ministerin getan. Um
so überraschender ist die heutige Aktuelle Debatte; denn in der Ausschusssitzung Ende Februar 2018 hätte man ebenfalls frei und ergebnisoffen diskutieren können.
Die Umsetzung und die Verordnung werden vielerorts diskutiert. Das alles ist nicht beschwerdefrei. Auch ich kenne Beispiele, wo Einwendungen dem Landesverwaltungsamt zur Kenntnis gegeben wurden und daraufhin ein lapidarer Brief kam, nach dem Motto: Vielen Dank, aber wir entscheiden das vom grünen Tisch, also nach Aktenlage. Das sind dann Briefe, die vor Ort durchaus für Aufregung sorgen. So etwas sollten wir uns sparen.
Deswegen fordere ich die Landesregierung auf, alles dafür zu tun, dass die Kommunikation mit den Beteiligten und den Betroffenen vor Ort gesucht wird und dass ernsthaft an praktikablen Lösungen bei Nutzungskonflikten gearbeitet wird, wobei der Fokus tatsächlich auf dem Praktikablen liegen sollte. Wir haben im Ausschuss vernommen, dass dies das Ziel der für die Verordnung Verantwortlichen ist. Bitte bleiben Sie weiter dran.
Das gilt auch für die Festlegung der sensiblen Gebiete. Hier muss die Einbeziehung vor Ort ebenso erfolgen. Denn eines ist doch klar: Der Naturschutz braucht die Akzeptanz bei den Menschen. Jeder, mit dem ich über Natura 2000 gesprochen habe, hat Einigkeit signalisiert. Natürlich möchte man den Naturschutz, natürlich möchte man den Naturschutz als wichtiges Anliegen ansehen, nur, die Regulierungen sollten mit Augenmaß erfolgen. Das war ein oft genannter Hinweis.
So ist die Zugänglichkeit der Gewässer für die Angler ein Herzensthema. Sie kennen das Problem an der Elbe. Über die Stege, die auch weiterhin nutzbar sein sollten, haben wir im Ausschuss schon gesprochen. Auch wurde über die Frage der Genehmigungsverfahren für das Betreten mit größeren Gruppen gesprochen. So kam der Hinweis, dass Gruppengrößen, beispielsweise bei Pflegemaßnahmen, oft nicht abgeschätzt werden können, oder auch dass bei Begehungen mit Schulen die Teilnehmerzahl nicht begrenzt werden soll.
Es ist die Angst vor Bürokratie und vor Verfahren, die noch unklar sind. Ich weiß, dass es dazu auch Abstimmungen gibt. Die Einwendungen zur Verordnung werden gerade abgewogen. Wir als LINKE setzen darauf, dass dabei das Augenmaß in dem nötigen Umfang eine Rolle spielt.
Meine Damen und Herren! Das gilt übrigens für die unteren Naturschutzbehörden ebenso. Die Landesregierung hat in der Ausschusssitzung und
auch heute deutlich gemacht, dass insbesondere der Aufwand für die Kreise mit vielen Natura-2000-Gebieten hoch ist. Hierbei ist eine Unterstützung des Landes notwendig. Genehmigung, Umsetzung, Kontrolle - all das sind Aufgaben, die die Landkreise bewältigen müssen. Dazu sind neue Stellen zum Teil unumgänglich. Hierbei muss ganz klar das Prinzip „Wer bestellt, bezahlt auch“ über das FAG umgesetzt werden.
Denn Aufgabenerweiterungen in diesem Umfang sind ohne Unterstützung durch das Land unzumutbar. Ich glaube nicht, dass die zehn Stellen dafür ausreichen werden. Das ist sicherlich eine Unterstützung, aber bei dem, was in den Kreisen tatsächlich an Mehraufwand erledigt werden muss, müssen wir als Land auch ein Stück weit mithelfen.
Zudem ist es notwendig, die nötige Rechtssicherheit herzustellen. Die Hinweise auf Formulierungen und unbestimmte Rechtsbegriffe sollten aufgegriffen werden, damit die Kreise kein Umsetzungschaos erleben müssen. So war ich überrascht von der Auslegung von gewidmeten Wegen, die benutzt werden dürfen; denn nicht jeder existierende benutzbare Weg ist gewidmet, weil damit auch Unterhaltungspflichten einhergehen. Das sollte dringend überprüft werden.
Meine Damen und Herren! Eine Aussage der Ministerin im Ausschuss hat mich dann aufhorchen lassen - das kam auch heute noch einmal -, nämlich dass die Landwirtschaft nur in geringem Maße betroffen ist. Es macht natürlich Sinn - das wurde vorhin auch angemerkt -, wenn gesagt wird: Wir möchten nicht, dass die Landwirte ihre Betriebe aufgeben, weil vieles im offenen Land notwendig ist, um den Naturschutz ein Stück weit zu befördern und die Arten dort leben zu lassen. Das ist in der Logik von Natura 2000 sicherlich auch korrekt. Ich bleibe aber bei der These von gestern, dass sich die Landwirtschaft, sowohl die Tierhaltung als auch die Pflanzenproduktion, ändern muss, damit wir den dramatischen Artenverlust umkehren.
Der Mensch darf die Natur nicht weiter zurückdrängen, aus moralischen Gründen, aber auch weil er seine eigenen Lebensgrundlagen dadurch gefährdet.
Meine Damen und Herren! In letzter Zeit wird auch über ein weiteres Problem debattiert, das ein Zielkonflikt sein könnte. Es muss ein Waldumbau erfolgen, und zwar so, dass unsere Wälder an den Klimawandel angepasst sind und Monokulturen verschwinden. In jedem Fall ist ein Waldumbau von Beständen mit risikobehafteten Baumarten, also Fichtenreinbeständen, zu beispielsweise Mischbeständen dringend erforderlich. Hierzu sind
die bestehenden standortbezogenen Baumartenempfehlungen unter Berücksichtigung des Klimawandels zu überarbeiten. Es wird darauf hingewiesen, dass dafür auch nicht heimische Baumarten wie die Roteiche geeignet seien. Dies beiße sich aber mit Natura-2000-Regeln, wonach heimische Baumarten in diesen Schutzgebieten zu verwenden seien.
Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Konflikt ein rein kommerzieller ist oder ob er wirklich existiert; denn auch heimische Baumarten wie Eichenarten und Eschen können dem Klimawandel trotzen. Ich bin mir sicher, dass dieses Problem lösbar ist.
Meine Damen und Herren! Dort, wo die Koexistenz zwischen Mensch und Natur vernünftig läuft und die Natur sich trotz oder wegen des Eingriffs des Menschen vernünftig entwickelt, wie am Stausee in Kelbra, darf man es mit den Einschränkungen nicht übertreiben. Es braucht vielmehr, wie ich vorhin gesagt habe, praktikable Lösungen vor Ort. Das ist das Ziel.
Übrigens gibt es - Frau Funke hat es vorhin gesagt; wir hatten das Thema auch im Ausschuss, ich weiß aber nicht, ob Sie das gehört haben - für die Veranstaltung „See in Flammen“ bereits eine Lösung.
Meine Damen und Herren! Wir haben die moralische Pflicht, die Natur zu schützen. Wir brauchen eine intakte Natur, um die Lebensgrundlagen für uns und für nachfolgende Generationen zu erhalten. Das gemeinsame, länderübergreifende Netzwerk von Schutzgebieten in der EU, das durch die FFH-Richtlinie und die Vogelschutzrichtlinie geschaffen wurde, ist ein wichtiger Grundpfeiler. Die Belange des Naturschutzes brauchen die höchste Aufmerksamkeit, aber auch die nötige Akzeptanz in der Bevölkerung.
Lassen Sie uns in diesem Sinne die Natura-2000Verordnung mit Vernunft und Augenmaß im Interesse des Naturschutzes erstellen. - Vielen Dank.
Danke, Herr Präsident. - Es ist eine Bemerkung, weil ich direkt angesprochen worden bin, Herr Kollege Lange. Ich darf noch einmal zitieren: Wenn wir Natura 2000 so umsetzen, dass die Menschen nicht merken, dass sie in einem Schutzgebiet leben, dann ist mir um deren Akzeptanz nicht bange. Ich hoffe, Sie verstehen den Satz jetzt, nachdem ich einige Ausführungen dazu gemacht habe.
weil Sie vom Staat her denken und nicht vom Individuum her. Gehen Sie in unsere Großschutzgebiete, gehen Sie in einen Naturpark. Gehen Sie beispielsweise in den von mir angesprochenen Naturpark Dübener Heide und sprechen Sie mit den Menschen. Dort werden Sie erfahren und erleben, dass die Umsetzung von Schutzgebieten mit den Menschen gemeinsam vereinbart wurde, dass mit ihnen gemeinsam gehandelt wird und dass die Menschen dort, ohne dass man irgendetwas merkt, mit und in der Natur leben. So ist das gemeint. Bitte vom Individuum her und nicht vom Staat her denken.
Herr Zimmer, wir uns einig in dem Sinne, dass man vor Ort natürlich - das habe ich auch gesagt - für Akzeptanz für den Naturschutz sorgen muss. Aber wenn Sie sagen, man würde den Naturschutz nicht bemerken, dann wäre das zumindest in dem Sinne seltsam, wie es die Ministerin angedeutet hat: Dass man in einer sich gut entwickelnden Natur lebt, vielleicht auch in einer sich besser entwickelnden Natur, das merkt man hoffentlich. - Das ist die eine Sache.
Die andere Sache ist: Selbst dort, wo man mit Menschen darüber redet, wie man Schutzmaßnahmen umsetzt, ist es so, dass sich die Menschen an diesen Schutzmaßnahmen orientieren. Auch das bemerken die Leute.
Das war mein Hinweis darauf, dass ein Naturschutz, den man nicht bemerkt, weil man sich vielleicht weiterhin auf alten, tradierten Wegen bewegt und sich auch selbst nicht umstellt, ein wirkungsloser Naturschutz sein würde.
In diesem Sinne stimme ich mit Ihnen überein. Man sollte mit den Menschen vor Ort gemeinsam für Akzeptanz sorgen und schauen, wie man den Naturschutz voranbringen kann. Wenn man dann sagt: „Okay, ich kann das so umsetzen, das stört mich nicht weiter“, dann sind wir uns wieder einig.
Danke. - Damit sind wir am Ende des Debattenbeitrags angelangt. Zum Abschluss der Debatte spricht der Vertreter der Fraktion BÜND
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Es ist Frühling, heute schon fast Sommer. Wir haben sommerliche Temperaturen. Die Natur