Protocol of the Session on March 9, 2018

Damit komme ich zu Punkt 3 des Antrages der Fraktion DIE LINKE, wonach die Landesregierung beauftragt werden soll, in der Behindertengleichstellungsverordnung Regelungen zu schaffen, die es hörbehinderten Menschen zur Ausübung ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit ermöglichen, Gebärdensprachdolmetscherinnen anzufordern. Diese Forderung würde eine eigene Leistung begründen, die bislang nicht durch den Regelungsbereich unserer Verordnung abgedeckt ist.

Erlauben Sie mir aber dazu folgende Anmerkung: Das Land stellt mit dem sogenannten Dolmetschertopf als freiwillige Leistung Mittel für Gebärdensprachdolmetscherleistungen auch im privaten Bereich bereit. Auf diese Mittel können selbstverständlich auch Menschen mit Hörbehinderung zurückgreifen, um die notwendigen Kommunikationshilfen zur Ausübung ihres Ehrenamtes zu erhalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Abschließend möchte ich betonen, dass das Land sehr wohl bestrebt ist, die Gebührensätze angemessen auszugestalten. Das sehen Sie auch daran, dass wir uns bereits zum 1. September 2017 auf eine Anpassung der Vergütung im Rahmen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben auf das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz geeinigt haben und dieses Niveau jetzt innerhalb der Honorarhöhe einsetzen.

Wir sind schon jetzt bestrebt, die besseren Vergütungen auszureichen. Um in vielen Bereichen tatsächlich eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen - an dieser Stelle haben wir uns das Arbeitsleben herausgesucht -, ist es erforderlich, solche Vergütungsmaßstäbe anzusetzen, damit dies in Anspruch genommen werden kann und damit wir für diese Menschen eine bessere Eingliederung in das Arbeitsleben erreichen können.

Das sind die ersten Punkte, und ich hoffe, dass wir mit unserem Antrag weitere Punkte prüfen und auch angesichts der bevorstehenden Haushaltsberatungen prüfen können, ob wir mit Blick auf den aktuellen Haushaltsplan weitere Leistungen gewährleisten können. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Ich sehe keine Wortmeldungen für Fragen. Ich danke der Ministerin für die Ausführungen. - Für die CDU spricht der Abg. Herr Krull. Herr Krull, Sie haben das Wort

Danke. - Sehr geehrter Landtagsvizepräsident! Meine sehr geehrten Mitglieder des Hohen Hauses! „Wer nicht sieht, verliert die Dinge - wer nichts hört, die Menschen.“ Dieses Zitat der taubblinden Helene Keller macht mit nur wenigen Worten sehr deutlich, was es bedeutet, wenn man nichts mehr hören kann.

Dazu gehört auch, dass Schwerhörigkeit und Taubheit nicht von außen wahrnehmbar sind. Dies führt bei Unwissenden häufig zu Vorurteilen und falschen Annahmen. Infolgedessen werden die Betroffenen isoliert und es kommt zu unangenehmen Situationen. Die Menschen ziehen sich zurück, weil sie das nicht noch einmal erleben wollen.

An dieser Stelle sind die Gebärdensprachdolmetscher und Gebärdensprachdolmetscherinnen für die Betroffenen ein wichtiger Partner, um mit ihrer Umwelt in Kontakt zu treten. Dies ist auch ein Selbstverständnis der Dolmetscherinnen und Dolmetscher, der sich in Punkt 1 der Berufs- und Ehrenordnung der Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher bzw. Übersetzer wiederfindet.

Das Land bzw. der Landtag hat sich mit dem § 1 des Behindertengleichstellungsgesetzes folgende Selbstverpflichtung gegeben: Benachteiligung von Menschen mit Behinderung im Land SachsenAnhalt zu verhindern und zu beseitigen, gleichwertige Lebensbedingungen und Chancengleichheit sowie gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen.

Auf dieser Basis wurde die Behindertengleichstellungsverordnung erlassen, die regelt, dass die Gebärdendolmetscher je angefangener halber Stunde 27,50 €, also für eine Stunde 55 €, erhalten. Hinzu kommen gegebenenfalls die anfallende Umsatzsteuer, Pauschalen für Fahrt- und Wartezeiten in Höhe von 27,50 € bis 90 €. Diese Werte stammen aus dem Jahr 2012.

Die Höhe der Honorarsätze war bereits am Rande eines Kommunikationsforums für gehörlose Menschen, an dem ich teilnehmen durfte, im Vorfeld der letzten Bundestagswahl ein Thema.

Das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) des Bundes sieht dagegen Honorare in Höhe von 75 € für Dolmetscher bei Simultan

übersetzungen vor. Dies gilt auch für Reise- und Wartezeiten.

Das Land bzw. das Integrationsamt haben sich - das wurde schon erwähnt - bei der Anpassung der Vergütung der Leistung von Gebärdendolmetscherinnen und -dolmetschern im Rahmen der begleitenden Hilfen im Arbeitsleben kompromissfähig gezeigt. Der hier gefundene Kompromiss ist aus meiner Sicht auch für andere Bereiche anwendbar.

Mit dem vorliegenden Alternativantrag folgen wir also grundsätzlich dem Ansinnen der Antragsteller, aber bevor wir die entsprechenden Sätze anpassen, wollen wir einen Vergleich mit anderen Bundesländern anstellen, um eine verlässliche Datenbasis zu bekommen.

Die Ergebnisse sollen dann auch im zuständigen Ausschuss vorgestellt werden. Dies wäre aus unserer Sicht auch die passende Gelegenheit, sich mit einem weiteren Punkt des Antrages der Fraktion DIE LINKE zu beschäftigen, nämlich der Finanzierung von Dolmetscherleistungen bei ehrenamtlicher Tätigkeit. Auf den Dolmetschertopf wurde bereits hingewiesen.

Wie meine geschätzte Kollegin der Fraktion DIE LINKE möchte auch ich den Damen und Herren, die hier für uns als Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher arbeiten, Dank sagen; denn ich kann mir vorstellen, dass es aufgrund der Diskussionskultur in diesem Haus eine nicht immer ganz einfache Aufgabe ist.

(Beifall bei der CDU)

In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zum Alternativantrag und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Es gibt keine Fragen. Ich danke Herrn Krull für die Ausführungen. - Für die AfD spricht der Abg. Herr Schmidt. Herr Schmidt, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE mit dem Titel „Anpassung der Kostensätze für Gebärdensprachdolmetscher“ ist ein wichtiger Antrag. Wir als soziale Heimatpartei erkennen auch die Thematik und wollen uns hier intensiv beteiligen.

In Punkt 1 geht es darum, dass die Fahrtkostenpauschale nicht die tatsächlichen Aufwendungen abbildet und auch nicht erstattet. Das ist natürlich richtig. An dieser Stelle muss man nachbessern.

In Punkt 2 des Antrages geht es um die Kostensätze, die seit dem Jahr 2012 existieren und nicht angehoben worden sind.

Mit Blick auf das Bundesniveau sind an dieser Stelle deutliche Steigerungen zu verzeichnen. Beispielsweise bekommen Gebärdensprachdolmetscher mit Berufsqualifizierung derzeit 75 € pro Stunde, in Sachsen-Anhalt nur 65 € pro Stunde, mit Qualifizierung wären dies statt derzeit 35 € pro Stunde ca. 56 € pro Stunde. Somit können wir die Punkte 1 und 2 des Antrages mittragen.

In Bezug auf Punkt 3 frage ich mich jedoch, wie das umgesetzt werden soll. Wer trägt die Kosten hierfür? Soll der Verein die Kosten tragen? - Das bezweifle ich; denn das könnte sich kaum ein Verein leisten. Oder soll der Staat die Kosten tragen? - Aber dann frage ich mich, wie viele Antragsberechtigte es gibt, wie viele Gebärdensprachdolmetscher zusätzlich benötigt werden und wie das Konzept aussehen soll. Leider ist im Antrag der Fraktion DIE LINKE nicht detailliert dargestellt, wie sie sich das vorstellt. Vielleicht erklären sie das nachher etwas genauer. Das würde mich freuen.

Der Alternativantrag der Kenia-Koalition ist sachlich korrekt und wir können ihn inhaltlich mittragen. Gerade der Punkt 2 des Antrages ist begrüßenswert, da wir die Möglichkeit bekommen, uns intensiv im Ausschuss damit zu beschäftigen.

Ich finde es sehr gut, dass Sie auf eine politisch korrekte Schreibweise geachtet haben und alles durchgegendert haben. Ich bin gespannt, ob das künftig auch von den Gebärdensprachdolmetschern zu erwarten ist.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Wir werden den Antrag der Kenia-Koalition unterstützen.

(Zustimmung bei der AfD)

Ich danke Herrn Schmidt für die Ausführungen. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abg. Frau Lüddemann. Frau Lüddemann, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Zum konkreten Anliegen haben die Einbringer und die Ministerin das Wesentliche gesagt. Natürlich teilt meine Fraktion dieses Anliegen vollumfänglich. Die Worte Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher lassen sich im Übrigen in der Tat sehr gut übersetzen, Herr Kollege Schmidt. Ich hatte gestern - das haben Sie möglicherweise gesehen - eine Besuchergruppe des Gehörlosenzentrums Wittenberg zu Gast. Dabei wurde tat

sächlich so übersetzt, wie wir es sagen. Das geht ganz gut.

Ich denke, um wieder zum Antrag zurückzukommen, sobald wir einen Überblick über die Honorarsätze im Bundesgebiet gemäß den entsprechenden Länderverordnungen haben, werden wir auch in diesem Fall eine angemessene Vergütung hinbekommen.

Die Notwendigkeit solcher Übersetzungsleistungen im Rahmen des Nachteilsausgleichs sollte unbestritten sein. Erst gestern hatte ich eine Besuchergruppe hier im Haus zu Gast; eigentlich wollte ich es erst jetzt erwähnen, aber es hat vorhin ganz gut gepasst.

Ich möchte ein konkretes Feld herausgreifen. Wir möchten den Anspruch auf Gebärdensprachdolmetscherleistungen im Rahmen der Kinderbetreuung stärken. Das ist ein Aspekt, der heute noch nicht zur Sprache kam, weswegen ich ihn erwähnen möchte. Gerade bei Elterngesprächen über die Entwicklung des eigenen Kindes im frühkindlichen Bereich besteht oftmals ein Bedarf, der vor Ort nicht abgedeckt werden kann.

Hamburg hat mit seinem entsprechenden Anspruch im Rahmen des dortigen Kita-Gesetzes gezeigt, wie man das machen kann. Wir sollten in unsere Überlegungen einbeziehen - das würde ich im Rahmen der heutigen Debatte gern anregen -, ob wir einen entsprechenden Passus in unser Kita-Gesetz verankern wollen.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE, und von Eva von Angern, DIE LINKE)

Grundsätzlich gilt: Inklusion gibt es nicht zum Nulltarif. Niemand hat gesagt oder kann sagen, dass es leicht wird, aber es führt kein Weg daran vorbei. Gleichberechtigte Teilhabe ist schlicht und ergreifend ein Menschenrecht und darf in einem so reichen Land wie Deutschland nicht unter Kostenvorbehalt stehen.

Entsprechend ist es auch ein berechtigter Anspruch aller tauben Kinder, ihre eigentliche Sprache, eben die Gebärdensprache - Frau Zoschke hat es, sie hatte auch mehr Redezeit, sehr anschaulich dargestellt - zu erlernen.

Dass seit dem Schuljahr 2015/2016 ein schulpraktisch erprobter Lehrplan für das Unterrichtsfach Deutsche Gebärdensprache in Sachsen-Anhalt vorliegt, ist in diesem Zusammenhang zu begrüßen. Die Anerkennung der Gebärdensprache durch das Bundesgleichstellungsgesetz wird damit konkret umgesetzt.

Seit der Zeit der ersten Gebärdensprachschule, Ende des 18. Jahrhunderts, sind wir also ein Stück vorangekommen. Ich denke, man darf es auch einmal etwas positiv formulieren: Noch nie in

der Geschichte war die Teilhabe so umfassend wie heute. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass das auch so bleibt, und deswegen müssen wir die Kostensätze anpassen.

Wenn Schwarz-Rot jetzt noch das bereits im vorigen Koalitionsvertrag verabredete barrierefreie Notrufsystem für Gehörlose stemmt - wir haben gestern über den Koalitionsvertrag auf der Bundesebene gesprochen -, dann haben wir ein weiteres deutliches Zeichen, das gut in den Gesamtzusammenhang passt.

Lassen Sie uns hier im Land mit der ernsthaften und fundierten Prüfung der hiesigen Vergütungsstruktur beginnen.

Ich bitte ebenfalls um Zustimmung zu dem Alternativantrag.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE, von Olaf Meister, GRÜNE, von Tobias Krull, CDU, und von Siegfried Borgwardt, CDU)

Ich sehe keine Wortmeldungen für Fragen. - Doch, Herr Schmidt hat sich zu Wort gemeldet, Frau Lüddemann.

Ich habe es gesehen.

Herr Schmidt, Sie haben das Wort.