Protocol of the Session on January 25, 2018

(Beifall bei der LINKEN)

Damit könnte ein Teil der Forderungen der Volksinitiative sofort erfüllt werden.

Diese wird sich bei einem Gesprächstermin im Februar bei Ministerpräsident Haseloff nochmals für eine schnelle Umsetzung der Forderungen einsetzen und spätestens nach der nächsten Ausschreibung für Einstellungen in den Schuldienst im März die Erfüllung unserer Forderungen bewerten sowie über unser weiteres Vorgehen entscheiden.

Im Namen der Volksinitiative wünsche ich uns eine Lösung vor Einleitung eines Volksbegehrens im Mai 2018. Ihre Entscheidung für mehr Lehrerinnen und Lehrer bis April 2018 wäre dagegen eine gute Palisade. Bitte verständigen Sie sich fraktionsübergreifend auf einen Schulkompromiss

bei der Personalausstattung der allgemeinbildenden Schulen.

Seit drei Nächten überlege ich, wie ich Ihnen diesen täglichen Kampf unseres pädagogischen Ausbildungspersonals transparent vermitteln kann, sodass alle Landtagsabgeordneten endlich die richtige Position einnehmen, die wir, Ihre Wählerinnen und Wähler, brauchen. Wo? - Natürlich hinter dem Schlagbaum, bei uns, dem Volk, der Basis und den Sie Finanzierenden. Leiten Sie mit uns endlich die Bildungswende ein!

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von André Poggenburg, AfD)

Fast 100 000 Wählerinnen und Wähler haben ihr Votum für sofort mehr Lehrerinnen und Lehrer gegeben. Die 177 000 Schülerinnen und Schüler, 350 000 Eltern, das Doppelte an Großeltern lassen die betroffene Anzahl von Personen auf über eine Million Menschen in diesem Land anwachsen. Sie werden es Ihnen honorieren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht hierbei nicht um die Frage, ob jeder Spielplatz eine Schaukel oder jeder kleine Fußballplatz normgerechte Tore hat, sondern es geht um das Elementarste, um die Zukunftsfähigkeit unseres Landes.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir leben zunehmend in einer Wissensgesellschaft. Der ungelernte, wenig qualifizierte Arbeiter wird auf breiter Front zunehmend durch Roboter und Maschinen ersetzt. Es geht doch darum, unsere Schülerinnen und Schüler fit für ihre Zukunft zu machen, das heißt, sie optimal im Sinne von Fach- und Sozialkompetenzen auszubilden, ihnen Werte und Geborgenheit in ihrer Heimat zu vermitteln, das Land für die Zukunft fit zu machen und unseren Bürgerinnen und Bürgern Perspektiven im Land zu geben, dem wachsenden Fachkräftemangel so gut wie möglich zu begegnen; denn bis zum Jahr 2030 wird ein Verlust von 300 000 Arbeitskräften in unserem Land erwartet.

So können viele Betriebe wegen fehlender Fachkräfte nicht weiter wachsen und manche von ihnen überlegen, den Standort hier aufzugeben. Das können Sie in den Statistiken nachschlagen oder im Rotary-Club, dem Landeselternrat, bei der Agentur für Arbeit oder auch beim Anstehen beim Bäcker hören.

Um unser Land an allen Orten attraktiv zu halten bzw. zu machen für den Zuzug und Verbleib von Fachkräften - dabei denken wir nicht nur an Lehrer, Ärzte, Topmanager oder Wissenschaftler -, ist es notwendig, weitgehend zu einer prosperierenden Wirtschaft und finanziellen Unabhängigkeit unseres Landes zu gelangen.

(Zustimmung)

Ich habe Ihnen hier einen Apfel mitgebracht. Niemand hier im Raum zweifelt daran, dass er nach unten fällt. Das ist ein Naturgesetz. Viele von uns haben in ihrer Schulzeit die Anekdote gelernt, dass Newton eben durch die Beobachtung eines Apfels die Erdanziehung und schließlich das Gravitationsgesetz entdeckte. Auch in tausend mal tausend Jahren werden die Naturgesetze noch gelten.

Nun schauen Sie sich doch einmal die Geschichte unseres Landes seit 1990 an. Wir haben doch viel erreicht: sinkende Arbeitslosenzahlen, weitgehender sozialer Frieden, weniger Bedarf an Sozialhilfe, Finanzhilfen von EU und Bund, ein zumindest akzeptables Maß an innerer Sicherheit. Aber das alles sind keine Naturgesetze.

Um diese Dinge auch in Zukunft noch genießen zu können, bedarf es eines funktionierenden Bildungssystems und kluger Entscheidungen.

Deshalb unterstützen Sie im Rahmen der Pflichten, in denen Sie gegenüber Ihren aktuellen und künftigen Wählern stehen, die Forderungen der Volksinitiative! - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der LINKEN - Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zu- stimmung bei der CDU und bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Jaeger. - Bevor wir in die Fünfminutendebatte der Fraktionen einsteigen, hat der Minister Herr Tullner das Wort. Bitte, Herr Minister.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Jaeger, liebe Vertreter der Volksinitiative! Wir sind in SachsenAnhalt in der Situation, dass wir vor großen Problemen in der Bildungspolitik stehen. Manche sprechen von Katastrophen, manche sprechen von großen Missständen. Über die Begrifflichkeiten kann man sich streiten. Der Fakt ist richtig.

Wir haben in den letzten Jahren - mit „wir“ meine ich selbstkritisch die Regierungskoalitionen - das Hauptaugenmerk sehr viel stärker auf die finanzpolitische Konsolidierung gelegt, die richtig und notwendig war, weil wir heute davon profitieren, und haben bestimmte Kehrtwenden, Trendwenden und Problemstellungen nicht richtig analysiert.

Das, was wir eingefordert haben, die Trendwende in der Bildungspolitik, ist faktisch mit der neuen Regierungskoalition fundamentiert worden. Wir haben aus den Erfahrungen des Wahlergebnisses, das in großen Teilen auch bildungspolitisch

determiniert war, Schlussfolgerungen gezogen, indem wir gesagt haben: Wir brauchen mehr Personal an den Schulen. Wir brauchen eine bessere Ausstattung an den Schulen. Deswegen haben wir im Koalitionsvertrag die 14 500 sogenannten VZÄ, was ein Plus von 500 VZÄ darstellt, vereinbart.

Das ging mit einer Unterrichtsversorgung von 103 % einher und war mit der Annahme verbunden, dass wir von Schülerzahlen ausgehen, die leicht sinken oder stabil sind.

Nun wissen wir, dass Prognosen so sind, wie sie sind. Wir stellen fest: Die Schülerzahlen steigen. Darauf müssen wir reagieren, weil wir die Probleme an den Schulen - Sie haben es eindrücklich geschildert - nicht nur ernst nehmen, sondern lösen wollen. Das ist unsere Aufgabe.

Deswegen haben wir gemeinsam - das macht ja auch die Komplexität des Verfahrens aus - verabredet - streitbehaftet; denn in Kenia wird ja über Bildungspolitik gestritten, und zwar nicht, weil wir uns zanken wollen, sondern weil wir um die besten Lösungen ringen wollen -, wie wir mehr Ressourcen und mehr Qualifizierung im Schulsystem erreichen können.

Dazu braucht man Grundlagen. Die Grundlagen haben wir geschaffen. Die eine Grundlage liest man heute in der Zeitung, die Frage, wie viele Lehrer wir in den nächsten Jahren ausbilden müssen. Diesbezüglich wird jetzt von einigen wieder künstlich Streit geschürt.

Fakt ist, wir haben diese Grundlage in der nächsten Woche bei uns im Kabinett auf der Tagesordnung. Und auf wundersame Weise hat das Thema vor dem Kabinett schon wieder die Öffentlichkeit erreicht. Aber sei es drum.

Wenn wir diese Grundlage geschaffen haben, wissen wir, wie wir vorgehen, welche Bedarfe wir haben, welche Fachbedarfe wir haben und welche Einstellungsperspektiven wir künftig brauchen.

Wir haben Grundlagen geschaffen für die Ausstattung mit pädagogischen Mitarbeitern. Wir haben Grundlagen geschaffen, was Förderschulkonzepte angeht. All diese inhaltlich notwendigen Konzepte und Grundlagen für politisches Handeln haben wir in den letzten fast zwei Jahren geschaffen. Ich glaube, darauf können wir aufbauen.

Nun, meine Damen und Herren, kommt es darauf an, welche Zahlen wir jetzt liefern. Wir haben in der Wahlperiode bisher 1 200 neue Kolleginnen und Kollegen in den Schuldienst eingestellt, so viele wie nie zuvor.

(Zustimmung bei der CDU)

Trotzdem wissen wir, dass wir in der Summe eigentlich nur den Iststand, wenn wir gut waren,

hingeschrieben haben. Denn der Kollege Lippmann weist in der Kleinen Anfrage zu Recht nach, dass das Mehr durch Schwangerschaftsvertretung, Elternzeit, Langzeiterkrankungen weithin aufgebraucht wird. Deswegen müssen wir - das machen wir auch - handeln.

Vielen Dank, dass Sie diese politische Debatte im Land angestoßen haben, die natürlich noch einmal zu Recht den Finger in die Wunde gelegt hat. Das zeigt eben auch, wie wichtig Bildungspolitik nicht nur für die Politik und für die Zukunft dieses Landes ist, sondern auch, wie sie von den Menschen draußen gelebt wird. Das ist ein wichtiger Befund, auf dem wir hier aufbauen können und mit dem wir jetzt umgehen können.

Was machen wir denn nun, meine Damen und Herren? - Ich fange einmal bei den pädagogischen Mitarbeitern an.

Zum ersten Mal seit zehn Jahren wurden überhaupt wieder pädagogische Mitarbeiter eingestellt. Das war ja eine Residualgröße, die nach und nach aus dem Haushalt verschwunden war. Wir werden in den nächsten Haushalt 300 Stellen für pädagogische Mitarbeiter in unserem Land einstellen können, damit wir dem uns auferlegten Anspruch, dem wir aber nie gerecht geworden sind, gerecht werden können, damit nicht nur in den Förderschulen, sondern auch in jeder Grundschule pädagogische Mitarbeiter in einer bestimmten Größenordnung vorhanden sind. Das wollen wir durchsetzen. Das werden wir durchsetzen. Das werden wir auch im Rahmen der Haushaltsverhandlungen beschließen.

Lehrer, meine Damen und Herren: Wir haben uns die Zahl von 14 500 Lehrern vorgenommen. Wir hatten aufgrund von Ressourcendiskussionen einen Stufenplan. Den Stufenplan haben wir in den Koalitionsfraktionen vorgezogen. Das haben wir auch in der Beschlussempfehlung noch einmal deutlich dokumentiert. Wir wollen also bereits im Jahr 2019 die 14 500 Lehrer sicherstellen.

Nun sagen Sie: Das ist zu spät, zu wenig. Die Leute sind jetzt da und wollen eingestellt werden.

Deswegen, meine Damen und Herren, habe ich mit dem Finanzminister verabredet - um zu zeigen, dass wir Ihre Argumente nicht nur wahrnehmen, sondern auch reagieren -, dass wir in diesem Jahr 1 000 Lehrerstellen ausschreiben, um zum 1. Januar 2019 oder Anfang 2019 mit 14 500 Lehrern in den Schuldienst zu starten.

Damit haben wir, glaube ich, eine Grundlage geschaffen, auf der wir diese Probleme angehen können.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Auch dann wird die Frage lauten: Reicht das aus? Reicht es aus, zu sagen: 1 000 Lehrer und 400 pädagogische Mitarbeiter? - Ich sage: Das wird nicht reichen.

Deswegen werden wir im nächsten Jahr - das ist auch mit dem Finanzminister verabredet worden und steht in der Beschlussempfehlung - genau dieses Thema, dass ca. 800 VZÄ durch Dauerunterbrecher, wie der Finanzminister es nennt, also Langzeiterkrankungen, Elternzeit und Mutterschutz, blockiert werden, ebenfalls angehen.

Diese 800 VZÄ werden wir also auch noch angehen. Dann sind wir schon bei 15 300 VZÄ. Dann haben wir 1 300 VZÄ mehr in dieser Wahlperiode geschaffen. Das sind Grundlagen, an denen man, glaube ich, sehen kann, dass wir dem Anspruch gerecht werden können, wenn auch Ihr Anspruch und Ihre Ungeduld, was das Tempo betrifft, größer sind.

Die entscheidende Frage dieses Jahres wird nicht sein, dass wir zu wenig VZÄ haben. Die Frage wird vielmehr sein, dass wir die Kolleginnen und Kollegen auch finden, meine Damen und Herren. Das ist dann mein Job. Ich habe große Bauchschmerzen, das alles hinzubekommen. Wir gucken nach Sachsen, wir gucken nach Thüringen, wir gucken nach Niedersachsen: Überall werden Lehrer gesucht. Die Bedarfszahlen liegen vor. Da kommt sofort das Thema Seiten- und Quereinsteiger ins Spiel.

Meine Damen und Herren! Ich bin doch bereit, bis dahin zu gehen, wo es verantwortbar ist und wo es quietscht. Das mache ich auch. Aber erklären Sie mir am Ende einmal: Jeden Lehrer soll ich einstellen. Ich bringe ein Beispiel, ein Gymnasiallehrer für Altgriechisch/Latein. Wir haben an zwei Schulen das Fach Altgriechisch. Soll ich ihn einstellen, obwohl ich den Bedarf gar nicht habe? Da sagen wir: Der Lehrer kann sozusagen als Lehrer auch andere Fächer unterrichten?

Diese Fragen müssen wir doch miteinander beantworten. Denn am Ende ist doch der Bildungserfolg unserer Kinder das Entscheidende, was wir miteinander erreichen wollen. Es kann doch nicht sein, dass wir nur sagen, wir wollen Lehrer einstellen. Die Qualität unserer Ausbildung muss uns doch trotz aller Not zumindest ein paar Gedanken wert sein.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LIN- KEN)