Protocol of the Session on December 20, 2017

Danke. Ich sehe keine Wortmeldungen für Nachfragen. - Ich möchte, bevor wir in unserer Debatte fortfahren, ganz herzlich die zweite Schülergruppe aus Köthen begrüßen. Herzlich willkommen bei uns!

(Beifall im ganzen Hause)

Ich möchte jetzt in der Debatte fortfahren. Für die Fraktion der SPD hat die Abg. Frau Dr. Pähle das Wort. Bitte sehr.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Die SPD hat sich im Jahr 2016 für die Bildung einer Koalition mit CDU und GRÜNEN aus einem einfachen, aber fundamentalen Grund entschieden: aus Verantwortung für die Demokratie.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ulrich Thomas, CDU: Das war beim Bund genauso!)

Wir wollten es schaffen und wir wollen es nach wie vor schaffen,

(Frank Scheurell, CDU: Wir auch!)

dass demokratische Parteien über alle Unterschiede hinweg gemeinsam das Land regieren und stabile Grundlagen für eine gute Zukunft legen. Wir wollten und wollen vor allem auch, dass demokratische Parteien durch diese Koalition denen die Stirn bieten, die unsere Demokratie von rechts angreifen, und diese Aufgabe bleibt.

(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

In der Tat gibt es in dieser Regierungsmehrheit, bestehend aus CDU, SPD und GRÜNEN, weniger Gemeinsamkeiten als in einer solchen Koalition wie in Brandenburg oder wie in Thüringen, oder auch weniger als in einer großen Koalition wie in Niedersachsen.

Kenia ist eine Koalition, in der pausenlos Leute über ihren eigenen Schatten springen müssen, und das wird sich kaum ändern.

(Beifall)

Ich glaube, an der Stelle können mir meine Kollegin Conny Lüddemann und mein Kollege Siegfried Borgwardt zustimmen. Sie ist deshalb auch kein Vorbild für andere Länder oder gar für den Bund. Aber sie ist auch kein Jammertal, und wir müssen deshalb nicht immerzu daran leiden.

(Beifall bei der SPD - Zuruf: Ja!)

Was mich an dieser politischen Konstellation stört, ist nicht der Streit zwischen den Parteien. Das ist normal und unvermeidlich. Mich stört, dass dieser Streit oft nicht über Sachfragen geführt wird, die hier im Landtag und in der Regierung gelöst werden können und sollen, sondern dass der Streit zum Selbstzweck geführt wird, auch innerhalb der Koalition. Das will ich zugeben.

Mich stört, dass diese Konflikte oft so ausgetragen werden, dass der Streit als solcher die Nachricht ausmacht

(Beifall)

und nur ganz ganz selten das Ergebnis kommentiert oder darüber berichtet wird.

Sachsen-Anhalt wird ordentlich regiert. Ministerpräsident Haseloff hat das eben ausführlich geschildert.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Aber Kenia streitet über. Das ist es, was alle Redaktionen in Sachsen-Anhalt im Stehsatz haben

und vermutlich längst als feste Tastenbelegung auf ihrer Twitter-Tastatur.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Die Antwort darauf ist allerdings kein Zukleistern von Meinungsunterschieden, sondern eine Orientierung auf mehr ergebnisorientierte Debatte.

Mich stört weit über Kenia hinaus die Kultur des halbleeren Glases, die in unserem Land so verbreitet ist.

(Zustimmung bei der SPD und von der Re- gierungsbank)

Ich habe manchmal den Eindruck, einer RankingListe wird nur dann geglaubt, wenn SachsenAnhalt tatsächlich wieder einmal auf Platz 16 steht. Ansonsten wird immer ein Fragezeichen dahintergesetzt.

Wir haben es uns abgewöhnt und unter den Tisch fallen lassen, dass Sachsen-Anhalt die bundesweit beste Kinderbetreuung hat, und diskutieren über die Fortentwicklung der gesetzlichen Grundlage manchmal so, als stecke die frühkindliche Bildung bei uns in einer Sackgasse.

Wir vergessen, wie leistungsfähig und hoch angesehen unsere Wissenschafts- und Forschungslandschaft ist. Dabei sind das Pfunde, mit denen wir wuchern können und müssen.

(Beifall bei der SPD)

Wir übersehen manchmal selbst, welche Potenziale in unserem Land stecken, ob in der Tourismusentwicklung, bei Start-ups oder in der klassischen wirtschaftlichen Industrie wie in den Chemieregionen oder bei den Automobilzulieferern.

Die Kultur des halb leeren Glases hat einen großen Nachteil: Sie schickt allen außerhalb des Landes die Nachricht: Kommt bloß nicht hierher! Das ist nicht nur schlecht für die wirtschaftliche Entwicklung, das ist auch ganz schlecht für das Selbstbewusstsein der Sachsen-Anhalterinnen

und Sachsen-Anhalter.

Aber um eines ganz klar zu sagen: Was dem Ansehen dieses Landes wirklich schadet, was außerhalb des Landes tatsächlich negativ registriert wird, das ist die Menschenfeindlichkeit in Wort und Tat, die Rechtsextremisten in diesem Land an den Tag legen, gleichgültig ob im Landtag oder auf der Straße.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der AfD)

Das Geschwür am deutschen Volkskörper war dabei nur ein Tiefpunkt hier im Parlament. Die Liste der Feindbilder, die da beschworen werden, nimmt sicher kein Ende. Studierende, Sozialarbeiter, Feministinnen, Umweltschützer, die Volks

initiative, sogar, ganz egal und immer wieder, Flüchtlinge, Flüchtlinge, Flüchtlinge.

(Zurufe von der AfD)

Ich kann Ihnen den Vorwurf nicht ersparen: Sie, meine Herren, setzen Sachsen-Anhalt herab, indem Sie die Menschen in unserem Land herabsetzen.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der AfD)

Und obwohl Sie Ihr Personal aus schlagenden Verbindungen rekrutieren, von der allerjüngsten Auszubildenden wahrscheinlich abgesehen,

(Oh! bei der AfD)

obwohl Sie Ihr Personal aus diesen Verbindungen rekrutieren, beherrschen Sie hier am Rednerpult weder das Florett noch den Säbel. Die einzige Waffe, die Sie führen können, ist die Dreckschleuder.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der AfD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Drittel Amtszeit, das ist schon ein merkwürdiger Anlass für eine Bilanz.

(Zurufe von der AfD)

Aber eine Weihnachtspause kann immer auch Anlass sein zum Nachdenken, für Besinnung und für gute Vorsätze.

Ich plädiere dafür, dass wir im nächsten Jahr alle ein wenig in die politische Kultur investieren, in die politische Kultur, die sachbezogen,

(Zuruf von der AfD)

meinungsfreudig, vielfältig, ergebnisorientiert und bürgernah ist

(Zuruf von der AfD - Eva Feußner CDU: Und im unangemessenen Umgangston!)